BT-Drucksache 15/1827

Drogenbekämpfung im internationalen Rahmen und im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung

Vom 21. Oktober 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1827
15. Wahlperiode 21. 10. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jürgen Klimke, Gerlinde Kaupa, Jens Spahn, Andreas Storm,
Annette Widmann-Mauz, Dr. Wolf Bauer, Günter Baumann, Clemens Binninger,
Wolfgang Bosbach, Hartmut Büttner (Schönebeck), Monika Brüning, Verena
Butalikakis, Dr. Hans Georg Faust, Norbert Geis, Roland Gewalt, Ralf Göbel,
Reinhard Grindel, Michael Hennrich, Martin Hohmann, Hubert Hüppe, Hartmut
Koschyk, Barbara Lanzinger, Maria Michalk, Dorothee Mantel, Erwin Marschewski
(Recklinghausen), Stephan Mayer (Altötting), Hildegard Müller, Beatrix Philipp,
Dr. Ole Schröder, Matthias Sehling, Matthäus Strebl, Thomas Strobl (Heilbronn),
Gerald Weiß (Groß-Gerau), Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU

Drogenbekämpfung im internationalen Rahmen und im Zusammenhang mit der
EU-Osterweiterung

Nach dem Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Dro-
gensucht (EBDD) von 1997 ist Cannabis die am weitesten verbreitete illegale
Droge in den Ländern der Europäischen Union. Mit großem Abstand folgen
Amphetamine, Kokain und Heroin. Durch die Erweiterung der Europäischen
Union können Drogen auf neuen Vertriebswegen nach Deutschland und Europa
gelangen. Die Beitrittsstaaten der EU werden hierdurch mit zusätzlichen Pro-
blemen konfrontiert. Im Rahmen des Erweiterungsprozesses der EU haben die
Beitrittsländer ihre Drogenkontrollmaßnahmen an die Übernahme und Umset-
zung des gemeinschaftlichen Besitzstandes (acquis communautaire) anzupas-
sen versucht.
Neben geeigneten und angemessenen repressiven Maßnahmen kann die Ein-
dämmung der Drogenherstellung sowie des Drogenanbaus in den Entwick-
lungsländern auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit geschehen.
Zur effektiven Bekämpfung des Drogenschmuggels und -handels innerhalb der
EU ist die Schulung und die Zusammenarbeit von Polizeikräften beim Kampf
gegen die organisierte Kriminalität nötig. Das Problem bei der Drogenbekämp-
fung innerhalb der EU besteht unter anderem auch darin, dass zwar in allen EU-
Staaten eine identische Einteilung in legale und illegale Drogen besteht, doch
die strafrechtliche Praxis sich stark unterscheidet.

Wir fragen die Bundesregierung:
I. Herstellung von Drogen
1. Welche illegalen Drogen werden in der EU konsumiert?
2. Welche illegalen Drogen werden in Deutschland konsumiert?
3. In welchen Ländern und in welchem Umfang werden Drogen, die in Europa

erhältlich sind, angebaut bzw. hergestellt?

Drucksache 15/1827 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

4. In welchen Ländern werden hauptsächlich synthetische Drogen, die in
Europa erhältlich sind, hergestellt?

5. Unterscheiden sich die in Europa erhältlichen Drogen in ihrer Qualität?
Wenn ja, wie sehen diese Qualitätsmerkmale aus?

6. Werden in den Beitrittsländern der EU Drogen hergestellt?
Wenn ja, in welchen Ländern werden welche Drogen in welcher Größen-
ordung hergestellt?

7. Durch welche Maßnahmen versuchen welche Institutionen der Bundes-
republik Deutschland und der EU die Drogenherstellung in den Mitglieds-
und Beitrittsländern zu unterbinden?

II. Entwicklungspolitik und Drogenherstellung
8. Bestehen Konzepte in der Entwicklungspolitik zur Verhinderung des Dro-

genanbaus und -konsums in Entwicklungsländern?
Wenn ja, welche Strategie verfolgen diese Konzepte und welche Positionen
in den Einzelplänen des Bundeshaushalts stehen für diese Anti-Drogen-
Konzepte und -Strategien zur Verfügung?

9. Haben die Mittel „Repression“ und „Alternative Entwicklung“ einen Stel-
lenwert innerhalb der Zusammenarbeit mit Drogenanbauländern, und wenn
ja, welchen? Inwieweit hat sich der strategische Ansatz der „Alternativen
Entwicklung“ bewährt?
Welche konkreten Erfolgsbeispiele gibt es?

10. Welche Position bezieht die Bundesregierung zur chemischen Besprühung
von Drogenanbaugebieten z. B. in Kolumbien?
Gibt es Besprühungsmethoden ohne nennenswerte Schäden für Böden und
Umwelt?

11. Trifft es zu, dass steigender Alkoholkonsum in den Entwicklungsländern
höhere Kosten bei der Entwicklungszusammenarbeit verursacht?
Wenn ja, wie wird bei Entwicklungsprojekten dieses Problem berücksich-
tigt?

12. Wird im Rahmen der Entwicklungspolitik auf das Problem des Konsums
von Drogen in den Erzeugerländern eingegangen, und wenn ja, wie?

13. Haben „Prävention“ und „Suchthilfe“ einen Stellenwert innerhalb der Ent-
wicklungspolitik, und wenn ja, welchen?

14. Inwieweit spielt es für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit
Afghanistan eine Rolle, dass das Land mittlerweile wieder zum weltweit
mit Abstand größten Heroinproduzenten aufgestiegen ist?

15. Wie und mit welchen Mitteln will die Bundesregieurng im Sinne der von
ihr erklärten „wirkungsvollen Unterstützung“ der Drogenbekämpfungspro-
gramme der Kabuler Zentralregierung eine substanzielle Änderung dieses
Zustandes erreichen?

16. Welchen Beitrag soll die deutsche ISAF-Sicherheits-Insel zur wirkungsvol-
len Drogenbekämpfung leisten und welche Rolle soll dabei die Bundes-
wehr spielen?
Wie definiert die Bundesregierung „wirkungsvolle Unterstützung“ der
Drogenbekämpfungs-Programme der Zentralregierung?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1827

17. Trifft es zu, dass der deutsche Botschafter in Kabul am 10. und 11. Septem-
ber 2003 nach Gesprächen mit dem afghanischen Außen- und Innenminis-
ter einen Bericht an die Bundesregierung geschickt hat, der das Konzept
der Bundesregierung zur Erweiterung des deutschen Engagements in
Afghanistan betreffend ausdrücklich den Wunsch der afghanischen Regie-
rung beinhaltet, die Bundeswehr zur Drogenbekämpfung einzusetzen, und
wenn ja, wie gedenkt die Bundesregierung diese Bitten umzusetzen?

18. Unterstützt die Bundesregierung die Drogenbekämpfungsprogramme der
Vereinten Nationen, und wenn ja, in welchem Umfang?

19. Unterstützt das „Aktionsprogramm Drogen und Entwicklung“ auch Pro-
jekte in Afghanistan und im Nahen Osten, und wenn nein, warum nicht?

III. Behördliche Zusammenarbeit
20. Auf welchen Routen und auf welche Art und Weise werden illegale Drogen

in die EU und nach Deutschland geschmuggelt?
21. Auf welchen Routen und auf welche Art und Weise werden Zigaretten in

die EU geschmuggelt?
22. Hat die EU-Osterweiterung Folgen für den Drogen- und Zigaretten-

schmuggel nach Deutschland, und wenn ja, welche?
23. Ergreift die Bundesregierung Maßnahmen, um den Drogenschmuggel nach

Deutschland zu unterbinden, und wenn ja, welche?
24. Bereitet sich die Bundesregierung auf die veränderte Situation beim Dro-

genschmuggel nach der EU-Osterweiterung vor, und wenn ja, wie?
25. Welche technischen Möglichkeiten zum Aufspüren von Drogen bestehen

an den zukünftigen EU-Außengrenzen?
26. Werden Maßnahmen seitens Deutschland und der EU unternommen, um

Zoll und Polizei der EU-Beitrittsstaaten im Umgang mit Drogenschmuggel
zu schulen, und wenn ja, welche sind dies?

27. Arbeitet die deutsche Polizei mit den Ermittlungsbehörden der EU-Bei-
trittskandidaten auf dem Gebiet der Drogenbekämpfung zusammen, und
wenn ja, in welchem Umfang?

28. Wie stellt sich die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Gewinnung aus-
sagekräftiger Lagebilder, der Weiterentwicklung strategischer und operati-
ver Konzepte zur Bekämpfung der Drogenkriminalität sowie der Abstim-
mung bei Ermittlungsverfahren dar?

29. Hat die Thematik „Korruption“ Auswirkungen auf die Zusammenarbeit
von deutschen Ermittlungsbehörden mit Dienststellen innerhalb der EU,
den EU-Beitrittsländern und Ländern, in denen Drogen hergestellt werden,
und wenn ja, welche?

30. Verfolgen die anderen Mitgliedstaaten sowie die Beitrittsländer der EU
eine nationale Drogenpolitik, und wenn ja, mit welcher Zielsetzung?

31. Wie unterscheidet sich die strafrechtlich Praxis beim Thema Betäubungs-
mittel innerhalb der Mitgliedstaaten der EU sowie der EU-Beitrittsländer
(bitte einzeln aufschlüsseln)?

32. Spielt das Kaliningrader Gebiet für den Drogenhandel in die EU eine
Rolle, und wenn ja, welche?

Drucksache 15/1827 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

33. Welche konkreten Maßnahmen zur Drogenbekämpfung wurden im
Rahmen der Abschlusserklärung der Staats- und Regierungschefs der
EU einerseits und des russischen Präsidenten andererseits anlässlich des
EU-Russland-Gipfels getroffen?

34. Für welche Drogen in welchen Mengen aus welchen EU-Ländern und EU-
Beitrittsländern stellt Deutschland ein Drogentransitland dar, und in welche
Länder sollten die jeweiligen sichergestellten Drogen transportiert werden?

35. Welche deutschen Behörden sind bei der Drogenfahndung an den Grenzen
und in den grenznahen Räumen mit welchem finanziellen Aufwand betei-
ligt?

36. Welche Fahndungserfolge erzielen die einzelnen Behörden, d. h. welcher
Personenkreis aus welchen Ländern wird mit welchen Drogen in welchen
Mengen von welchen deutschen Behörden aufgegriffen?

37. Wie gestaltet sich die Einhaltung des Schengener Abkommens an den
zukünftigen EU-Außengrenzen der Beitrittsländer, und sind diese in der
Lage, die Inhalte des Abkommens einzuhalten?

38. In welcher Höhe müssen von deutscher bzw. EU-Seite finanzielle Mittel
zur Verfügung gestellt werden, damit die Beitrittsländer das Schengener
Abkommen einhalten können?

39. Wie sieht die jeweilige behördliche Zusammenarbeit im Rahmen des
Schengener Abkommens mit den einzelnen Beitrittsländern aus?

40. Inwieweit machen die deutschen Behörden in den an die Beitrittsländer
grenzenden Bundesländern bei der Drogenfahndung von der Schleierfahn-
dung Gebrauch?

41. Wie viele und welche Drogen (legal und illegal) und Betäubungsmittel
wurden in den einzelnen an die Beitrittsländer grenzenden Bundesländern
mit Hilfe der Schleierfahndung sichergestellt?

42. Wie schlüsselt sich die Sicherstellung von legalen und illegalen Drogen-
mengen an den einzelnen Grenzen und in den grenznahen Räumen zu den
Beitrittsländern in den vergangenen zehn Jahren auf?

IV. Folgen des Drogenkonsums
43. Wie viele Drogentote gab es in den letzten fünf Jahren innerhalb der EU

und in den EU-Beitrittsländern (bitte einzeln in Relation zur Bevölkerungs-
zahl aufschlüsseln)?

44. Wie viele Menschen welcher Altersgruppen innerhalb der einzelnen EU-
Länder, der einzelnen EU-Beitrittsländer und in Deutschland sind von lega-
len und illegalen Drogen abhängig (exakte Aufschlüsselung nach Drogen-
art, Altersklassen und Ländern)?

45. Hat der Konsum illegaler Drogen in den EU-Beitrittsländern Folgen für
deren Volkswirtschaft und das Gesundheitssystem, und wenn ja, welche?

46. Hat der Missbrauch von Alkohol, Zigaretten und Arzneimitteln in den EU-
Beitrittsländern Folgen für deren Volkswirtschaft und das Gesundheitssys-
tem, und wenn ja, welche?

47. Hat der Konsum illegaler Drogen in Deutschland Folgen für die Volkswirt-
schaft und das Gesundheitssystem, und wenn ja, welche?

48. Hat der Missbrauch von Alkohol, Zigaretten und Arzneimitteln in Deutsch-
land Folgen für die Volkswirtschaft und das Gesundheitssystem, und wenn
ja, welche?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/1827

V. Jugendliche und Drogen
49. Wie viele Jugendliche in der EU sind im Schnitt ab welchem Alter von

welchen Drogen abhängig?
50. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über den Drogenhandel in Schulen

innerhalb der einzelnen EU-Mitgliedstaaten und der EU-Beitrittsländer?
Wenn ja, welche?

51. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über spezifische Szene- und Mode-
drogen?
Wenn ja, welche sind dies?

VI. Prävention
52. Bestehen europaweite bzw. innerhalb der EU nationale Präventionsmaß-

nahmen, die auf die Folgen des legalen und illegalen Drogenkonsums hin-
weisen?
Wenn ja, welche?

53. Welche gesetzlichen Bestimmungen im Umgang mit Drogen bestehen in-
nerhalb der EU und der EU-Beitrittsländer?

54. Welche Vorschriften beim Jugendschutz bestehen beim Erwerb von Alko-
hol und Zigaretten innerhalb der EU und der EU-Beitrittsstaaten?

55. Ergreift die Bundesregierung Maßnahmen, um durch eine europaweite An-
gleichung von Jugendschutzbestimmungen den Erwerb von Alkohol und
Zigaretten an Minderjährige soweit wie möglich zu unterbinden?
Wenn ja, wie?

56. Gibt es innerhalb der EU und in den EU-Beitrittsstaaten gesetzliche
Bestimmungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs unter Drogeneinfluss?
Wenn ja, welche?

57. Auf welchem Stand ist die Suchtberatung und die Behandlung Drogen-
süchtiger in den EU-Beitrittsstaaten?

58. Gibt es in den EU-Beitrittsstaaten Substitutionsprogramme für Drogen-
süchtige, und wenn ja, welches Konzept verfolgen diese?

59. Wie hoch ist die Tabak- und Alkoholsteuer in den einzelnen EU-Ländern
und den einzelnen EU-Beitrittsländern?

60. Ist eine Veränderung der Konsummuster in den einzelnen EU-Ländern und
EU-Beitrittsländern hinsichtlich der Veränderungen bei der Tabak- und
Alkoholsteuer erkennbar und sind Präventionserfolge ersichtlich?

VII. Internethandel von Drogen
61. Spielt das Internet beim Erwerb legaler Suchtmittel, Betäubungsmittel und

halluzinogener Stoffe eine Rolle, und wenn ja, welche?
62. Wie sieht die Rechtslage beim Versand von legalen Suchtmitteln, Betäu-

bungsmitteln und halluzinogenen Stoffen per Internet aus?
63. Bestehen behördliche Eingriffsmöglichkeiten auf dem Gebiet des Internet-

handels mit legalen Suchtmitteln, Betäubungsmitteln und halluzinogenen
Stoffen, und wenn ja, welche?

64. Wie wird der Jugendschutz beim Internethandel von legalen Suchtmitteln,
Betäubungsmitteln und halluzinogenen Stoffen gewährleistet?

Drucksache 15/1827 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

65. Bestehen Eingriffsmöglichkeiten, um gegen im Internet veröffentlichte An-
leitungen zum Herstellen und zum Gebrauch illegaler Drogen vorzugehen,
und wenn ja, welche?

Berlin, den 21. Oktober 2003
Jürgen Klimke
Gerlinde Kaupa
Jens Spahn
Andreas Storm
Annette Widmann-Mauz
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Clemens Binninger
Wolfgang Bosbach
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Monika Brüning
Verena Butalikakis
Dr. Hans Georg Faust
Norbert Geis
Roland Gewalt
Ralf Göbel
Reinhard Grindel
Michael Hennrich
Martin Hohmann
Hubert Hüppe
Hartmut Koschyk
Barbara Lanzinger
Maria Michalk
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski (Recklinghausen)
Stephan Mayer (Altötting)
Hildegard Müller
Beatrix Philipp
Dr. Ole Schröder
Matthias Sehling
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Wolfgang Zöller
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