BT-Drucksache 14/6092

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung -14/5640- Entwurf eines zwieten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-Änderungsgesetz- 2. AAüGÄndG)

Vom 17. Mai 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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6092

14. Wahlperiode

17. 05. 2001

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Monika Balt, Petra Bläss, Maritta Böttcher, Dr. Ruth Fuchs,
Dr. Klaus Grehn, Dr. Barbara Höll, Gerhard Jüttemann, Dr. Heidi Knake-Werner,
Rolf Kutzmutz, Heidemarie Lüth, Pia Maier, Kersten Naumann, Rosel Neuhäuser,
Dr. Ilja Seifert, Roland Claus und der Fraktion der PDS

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksache 14/5640 –

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des
Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes
(2. AAÜG-Änderungsgesetz – 2. AAÜGÄndG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinen Urteilen vom 28. April 1999
über die Regelungen zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften
aus den zahlreichen Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der ehemali-
gen DDR entschieden. Hierbei hat das Bundesverfassungsgericht wesentli-
che Regelungen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes
(AAÜG) für mit dem Grundgesetz unvereinbar und (teilweise) nichtig er-
klärt. Das 2. AAÜG-Änderungsgesetz orientiert sich sehr eng an den zwin-
genden verfassungsrechtlichen Anforderungen, schöpft die Spielräume kei-
neswegs aus und bleibt teilweise sogar hinter den Urteilen zurück.

2. Mit diesem Gesetz offenbart aber die Bundesregierung, dass sie die vollstän-
dige Beseitigung des Rentenstrafrechts keineswegs beabsichtigt. Die Bun-
desregierung begründet dieses Gesetz mit den rechtlichen Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts. So lässt sich die
Bundesregierung von der „befriedenden Wirkung“ dieser juristischen Ent-
scheidungen leiten. Dies dient als wesentliche Begründung für die inhaltli-
che Leitlinie: „Zur Vermeidung erneuter ideologisch geführter Diskussionen
geht der Gesetzgeber grundsätzlich nicht über die Vorgaben des Bundesver-
fassungsgerichts hinaus.“

3. Rentenrechtlich hat das Bundesverfassungsgericht aber entschieden, dass al-
lenfalls nicht durch Leistungen begründete Entgelte bei der Rentenberech-
nung unberücksichtigt bleiben dürfen. Wenn nicht nachgewiesen werden
kann, dass in bestimmten Bereichen oder bei bestimmten Berufsgruppen
überhöhte Gehälter gezahlt wurden, ist eine Entgeltkürzung bei der Renten-
berechnung unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze nicht zulässig. Krite-
rien wie „Staatsnähe“, „staatstragende und systemerhaltende Tätigkeit“ oder
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„Ausübung einer leitenden Funktion“ sind nicht geeignet, eine Differenzie-
rung der Renten zu begründen.

4. Gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf vom März 2000 gibt es
trotz massiver Kritik der Betroffenenverbände kaum Veränderungen. So
werden bei ehemaligen Mitarbeitern des MfS/AfNS, leitenden Staatsfunkti-
onären sowie höheren Offizieren der Nationalen Volksarmee und der Volks-
polizei wie im ursprünglichen Referentenentwurf die Renten willkürlich ge-
kürzt, obwohl nachgewiesen ist, dass dies unter dem Aspekt „überhöhter
Einkommen“ nicht gerechtfertigt ist. Das bedeutet, dass die Rentenansprü-
che ehemaliger Mitarbeiter des MfS/AfNS auf der Basis von höchstens 100
v. H. des Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet berechnet werden. Für an-
dere „staats- und systemnahe“ Mitarbeiter bzw. Bedienstete gilt, dass der
bisherige besitzgeschützte Zahlbetrag von höchstens 2 010 DM nach den
Sätzen der alten Bundesländer zu dynamisieren ist. Auch die anderen be-
standsgeschützten Zahlbeträge „nicht systemnaher“ Zusatzversorgungssys-
teme vom Juli 1990 sollen ab 1. Juli 1992 nach den niedrigeren Sätzen der
alten Bundesländer angepasst werden, obwohl das Bundesverfassungsge-
richt eine Dynamisierung ab 1. Januar 1992 im Umfang der Sätze der neuen
Bundesländer gefordert hat.

5. Die einzigen spürbaren Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Geset-
zesstand vom 11. November 1996 betrifft die Aufhebung der vorläufigen
Zahlbetragsbegrenzung für Leistungen aus den „nicht systemnahen“ Zusatz-
versorgungssystemen von 2 700 DM. Darüber hinaus erhöhen sich die Ren-
tenansprüche der ehemaligen Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn und
der Deutschen Post entsprechend dem Urteil des Bundessozialgerichts vom
10. November 1998, wenn sie am 1. Januar 1974 bereits mindestens zehn
Jahre ununterbrochen in diesen Bereichen beschäftigt waren.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die vollständige Beseitigung des Rentenstrafrechts umzusetzen. Seit 11 Jahren
wird das Rentenrecht missbraucht, um über dreihunderttausend ehemaligen
DDR-Bürgerinnen und -Bürgern aus politischen Motiven willkürlich ihre Ren-
tenansprüche zu kürzen. Das Gesetz sollte folgende Maßnahmen berücksichti-
gen:

1. Die Aufhebung der Entgeltbegrenzung für „staats- und systemnahe“ Mit-
glieder entsprechender Zusatz- und Sonderversorgungssysteme. „Staats- und
Systemnähe“ sind kein Kriterium für überhöhtes Einkommen. Deshalb sind
die bisherigen und im Gesetz weiterhin vorgesehenen Begrenzungen zu
streichen, da sie eine pauschale Regelung darstellen, die nicht nur Staats-
funktionäre erfasst, sondern gleichermaßen Mediziner, Techniker und an-
dere Angehörige der Intelligenz, welche gezwungen wurden der zusätzli-
chen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates beizutreten.

2. Die bestandsgeschützten Zahlbeträge sind ab 1. Januar 1992 nach den Sät-
zen der neuen Bundesländer zu dynamisieren. Das Bundesverfassungsge-
richt stellte fest, dass der besitzgeschützte Zahlbetrag eine Größe darstelle,
die den Stand der einzelnen Rentenansprüche und -anwartschaften im Ren-
tengefüge der DDR widerspiegele. Würde dieser Betrag lediglich mit den
niedrigeren Sätzen der alten Bundesländer dynamisiert, könnte der Umfang
der Rentenansprüche aus Zusatz- und Sonderversorgungen im Verhältnis zu
den übrigen SGB VI-Renten in den neuen Bundesländern nicht gehalten
werden.

3. Für ehemalige Mitarbeiter des MfS/AfNS sollen die Versorgungsansprüche
bis zur Hälfte des über dem Durchschnittsgehalt übersteigenden Entgelts an-
erkannt werden. Damit würden überhöhte Entgelte in ausreichendem Maße
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ausgegliedert und andererseits eine erneute pauschale Abstrafung, die den
tatsächlichen Verhältnissen in Bezug auf eine differenzierte Gehaltshöhe
und Qualifikation nicht gerecht wird, verhindert.

4. Auch bereits bestandskräftige Renten- oder Versorgungsbescheide sind
nachzubessern. Eine Beschränkung auf diejenigen Betroffenen, die gegen
ihren Renten- oder Versorgungsbescheid geklagt haben, verstößt gegen das
Gleichbehandlungsprinzip.

Berlin, den 14. Mai 2001

Monika Balt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Dr. Ruth Fuchs
Dr. Klaus Grehn
Dr. Barbara Höll
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Dr. Ilja Seifert
Roland Claus und Fraktion

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