Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2011, Az. VIII ZR 333/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5987

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
[X.]II ZR 333/10
vom
7. Juni 2011
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.]II.
Zivilsenat des [X.] hat am 7. Juni 2011
durch den Richter Dr.
Frellesen als Vorsitzenden, die
Richterinnen
Dr.
Milger
und Dr.
Hessel sowie [X.]
[X.] und Dr.
Bünger
beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision
der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
552a Satz
1, §
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision we-gen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO) zugelassen, da eine Reihe von klärungsbedürftigen Fragen zu [X.] gewesen sei, die eine Vielzahl von Fällen beträfen. Diese Erwägung trägt indessen weder den vom Berufungsgericht genannten [X.] noch liegt einer der weiteren im Gesetz genannten Zulassungsgründe vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Alt.
1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Alt.
2 ZPO) erforderlich.
Die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, ob einem Gasversorgungs-unternehmen gegenüber einem Normsonderkunden ein einseitiges Preisände-rungsrecht zusteht, sind durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. [X.] ist geklärt, unter welchen
Voraussetzungen bei einem Normsonder-1
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-
kundenvertrag
(auf den das für den
Tarifkundenvertrag geltende gesetzliche Preisänderungsrecht nach §
4 Abs.
1, 2 [X.] bzw. [seit dem 8. November 2006]
§
5 Abs.
2 [X.] weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung findet, vgl. nur Senatsurteile vom 9. Februar 2011 -
[X.]II
ZR 295/09, [X.], 1342
Rn.
23; vom 14. Juli 2010 -
[X.]II
ZR 246/08, [X.], 50
Rn.
25,
zur Veröffentlichung in [X.], 180
ff. vorgesehen, und [X.]II
ZR 327/07, [X.], 384 Rn.
12; vom 13. Januar 2010 -
[X.]II
ZR 81/08, NJW-RR 2010, 1202 Rn.
25; jeweils mwN)
von einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung eines Preisänderungsrechts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgegangen werden kann (vgl. nur Senatsurteile vom 9. Februar 2011 -
[X.]II
ZR 295/09, aaO Rn.
26
ff.; vom 14.
Juli 2010 -
[X.]II
ZR 246/08, aaO Rn.
32
ff., 38 ff.; vom 13.
Januar 2010 -
[X.]II
ZR 81/08, aaO Rn.
17; jeweils mwN), ob beim Fehlen einer wirksamen Vereinbarung eines Preisänderungsrechts ein solches aus der ergänzenden Auslegung des [X.] hergeleitet werden kann (Senatsurteile vom 9. Februar 2011 -
[X.]II
ZR
295/09, aaO Rn.
38
f.; vom 14.
Juli 2010 -
[X.]II
ZR 246/08, aaO Rn.
49
ff.; vom 13. Januar 2010 -
[X.]II
ZR 81/08, aaO Rn.
26
ff.; jeweils mwN) und ob in einer vorbehaltlosen Zahlung der vom [X.] einseitig erhöhten Gaspreise durch den Kunden eine stillschweigende Zustimmung zu dem erhöhten Preis gesehen werden kann, wenn es bereits an einem wirksamen Preisanpassungsrecht des [X.]s fehlt, weil die Preisanpassungsregelung nicht Vertragsbestandteil des [X.] geworden oder unwirksam ist (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 2010 -
[X.]II
ZR 246/08, aaO Rn.
57-59, 65 f.; vom 9.
Februar 2011 -
[X.]II
ZR 295/09, aaO Rn.
40-42; jeweils mwN; vgl. hinge-gen für den Fall einer wirksamen Einbeziehung der [X.] mit dem sich hie-raus
ergebenden Preisänderungsrecht
in den Normsonderkundenvertrag: [X.] vom 14. Juli 2010 -
[X.]II
ZR 327/07, aaO Rn.
18).
-
4
-
Der vorliegende Fall weist keinen darüber hinausgehenden Klärungsbe-darf auf.
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist das Berufungsgericht zutreffend vom Vorliegen eines Normsonderkundenver-trages und von der Unwirksamkeit des in diesem Vertrag vorgesehenen Preis-änderungsrechts der Beklagten ausgegangen. Gegen diese von den Parteien in den Tatsacheninstanzen nicht in Zweifel gezogene rechtliche Bewertung [X.] sich die Revision nicht.
b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich ein einseitiges Preis-änderungsrecht der Beklagten (auch) nicht aus einer ergänzenden Vertragsaus-legung herleiten. Das Berufungsgericht hat,
gestützt auf die Rechtsprechung des Senats,
bereits das Vorliegen der Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung verneint. Dies begegnet auf der Grundlage der rechtsfehler-frei getroffenen Feststellungen keinen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch [X.] Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rech-nung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 2011 -
[X.]II
ZR 295/09, aaO Rn.
38; vom 13. Januar 2010 -
[X.]II
ZR 81/08, aaO Rn.
27; jeweils mwN).
Das ist hier nicht der Fall. Der Beklagten steht gemäß Ziffer [X.]. 1. der Vertragsbedingungen das Recht zu, sich mit einer Kündigungsfrist von drei [X.] jeweils zum Ende des [X.] vom Vertrag zu lösen. In ei-3
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5
-
nem solchen Fall ist ihr, auch wenn sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, ein Festhalten am Vertrag zu den bestehenden Bedingungen nicht ohne Weiteres unzumutbar (vgl. [X.] vom 9. Februar 2011 -
[X.]II
ZR 295/09, aaO Rn.
39 mwN).
Die Klägerin hat bereits gegen die erste hier streitgegenständliche Preis-erhöhung der Beklagten einen -
vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als un-eingeschränkt und auch auf künftige Zahlungen bezogen angesehenen
-
Wi-derspruch erhoben und in der Folgezeit durch weitere Widersprüche und schließlich durch die Erhebung der vorliegenden Klage deutlich gemacht, dass sie mit den Preiserhöhungen der Beklagten nicht einverstanden ist. Für die [X.] bestand deshalb Anlass, eine Kündigung des mit der [X.] -
etwa mit dem Ziel der Rückkehr in ein Tarifkundenverhältnis
-
in Betracht zu ziehen, um auf diese Weise einer unbefriedigenden Erlössituation zu begegnen.
Ohne Erfolg macht die Revision das Vorliegen eines im Senatsurteil vom 14. Juli 2010 ([X.]II ZR 246/08, aaO Rn. 52) angesprochenen, aber offen gelas-senen Ausnahmefalls geltend. Die vom Senat im vorgenannten Urteil ange-sprochene Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung, da es bereits an der Grundvoraussetzung des über einen längeren [X.]raum hinweg unterbliebenen Widerspruchs gegen die Preiserhöhungen fehlt. Denn die Klägerin hat, wie [X.], bereits der ersten Preiserhöhung widersprochen.
c) Anders als die Revision meint, ist auch die Beurteilung des [X.], dass die -
zumal unter Vorbehalt erfolgte
-
Zahlung der [X.] nicht als konkludente Zustimmung der Klägerin zur Erhöhung der [X.] zu verstehen ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Sie entspricht den 8
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-
Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats zu Normsonderkundenverträgen (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2010 -
[X.]II
ZR 246/08, aaO Rn.
57-59 mwN).
d) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Vorbringen der Beklagten, einem Bereicherungsan-spruch stehe jedenfalls für die Zahlungen der Klägerin in der [X.] vom 1. Okto-ber 2005 bis 1. Oktober 2007 der Einwand der Verwirkung entgegen, auseinan-dergesetzt und hierdurch den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Es besteht im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt für die Annahme einer (teilweisen) Verwirkung des Anspruchs auf Rückzahlung der [X.]. Die Verwirkung eines Rechts setzt nach der Rechtspre-chung des [X.] voraus, dass zu dem Umstand des [X.]ablaufs ([X.]moment) besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Um-stände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der [X.] werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (st. Rspr., z.B. Senatsurteil vom 17. Februar 2010 -
[X.]II
ZR 104/09, [X.], 253 Rn.
19; [X.], Urteil vom 20. Oktober 1988
-
[X.]I
ZR 302/87, [X.]Z 105, 290, 298). [X.] Umstände, die ein Vertrauen der Beklagten rechtfertigten, die Klägerin werde die [X.] nicht zurückverlangen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Übergangenen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revision insoweit nicht auf. Schon aus dem Inhalt des ersten Wider-spruchsschreibens ergab sich vielmehr deutlich, dass die Klägerin mit der Preiserhöhung nicht einverstanden war
und deshalb künftige Zahlungen nur unter Vorbehalt leisten und die [X.] gegebenenfalls [X.] werde. Bei dieser Sachlage rechtfertigte der Umstand, dass die Klägerin gegen die drei darauf folgenden Preiserhöhungen keinen Widerspruch erhob, sondern ein solcher erst wieder gegen die Preiserhöhungen
zum 1. Oktober 2007 und zum 1. Januar 2008 erfolgte, nicht das Vertrauen der Beklagten, die 11
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Klägerin werde die [X.] aus der [X.] zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem 1. Oktober 2007 nicht mehr zurückfordern.
e) Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den von der Beklagten geltend gemachten Einwand der Entreicherung (§
818 Abs.
3 BGB) in den Gründen seiner Entscheidung zwar erwähnt, sich mit ihm jedoch nicht inhaltlich befasst und damit den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt, geht fehl, weil sich die von der Revision vermisste ausdrückliche inhaltliche Befassung auf Seite 11 des Berufungsurteils findet.
Im Übrigen steht §
818 Abs.
3 BGB dem Bereicherungsanspruch der Klägerin
auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht entgegen.
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Dr. Frellesen
Dr. Milger
Dr. Hessel

Dr. [X.]
Dr. Bünger

Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt

worden.
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
79 [X.] 4143/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 12.11.2010 -
22 [X.]/10 -

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Meta

VIII ZR 333/10

07.06.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2011, Az. VIII ZR 333/10 (REWIS RS 2011, 5987)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5987

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VIII ZR 333/10

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