Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.12.2021, Az. X R 2/20

10. Senat | REWIS RS 2021, 9784

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Aufteilung von Alterseinkünften eines Ruhestandsbeamten des EPA


Leitsatz

1. Die Grundversorgung des Ruhegehalts eines ehemaligen Bediensteten des EPA ist in Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG (Versorgungsbezüge) und sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG (Leibrente) aufzuteilen, sofern der Bedienstete von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, eine zuvor aufgebaute Anwartschaft bei der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung auf das Versorgungssystem des EPA zu übertragen und diese Übertragung vor dem 01.01.2011 erfolgt ist.

2. Die Aufteilung des Ruhegehalts ist nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO zu schätzen. Hierfür kann das Verhältnis der jeweiligen ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten zueinander einen sachgerechten Maßstab bieten.

3. Soweit das Ruhegehalt als Leibrente zu besteuern ist, ist es für Veranlagungszeiträume ab 2005 der Basisversorgung zuzuordnen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG).

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des [X.] vom 24.07.2019 - 9 K 2869/17 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die für die Streitjahre 2009 bis 2014 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden.

2

Der im Jahr (...) geborene Kläger war seit dem (...) beim [X.] ([X.]) verbeamtet. Das [X.] ist Exekutivorgan der [X.] ([X.]). Die [X.] ist eine zwischenst[X.]tliche Einrichtung, die auf Grundlage des [X.] gegründet wurde.

3

Mit Beginn des Jahres (...) trat der Kläger in den Ruhestand. Seitdem bezieht er nach Maßgabe der Versorgungsordnung für das [X.] ([X.]) ein Ruhegehalt. Dies setzt sich zusammen aus einer Grundversorgung, einer Haushaltszulage und sog. Teilausgleichszahlungen.

4

Vor Aufnahme seiner Tätigkeit beim [X.] war der Kläger rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens zwischen der [X.] und der [X.] über die Durchführung des Art. 12 der Versorgungsordnung für das [X.] ([X.]) vom 08.12.1995 ([X.] 1996, 961) kann sich ein Beamter oder Vertragsbediensteter des [X.], der in der [X.] gesetzlichen Rentenversicherung versichert war, die Summe der dort eingezahlten Beiträge zuzüglich 3,5 % Zinsen für jedes vollendete Jahr nach der Beitragszahlung bis zum Zeitpunkt der Übertragung auf das Versorgungssystem des [X.] übertragen lassen. Von dieser Möglichkeit machte der Kläger Gebrauch. Dementsprechend überwies die [X.] ([X.]) am (...) einen als "pauschalen Rückkaufwert" bezeichneten Betrag von 151.625,56 DM in das Versorgungssystem des [X.]. Altersversorgungsansprüche des [X.] gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung erloschen damit.

5

Das [X.] rechnete den gutgeschriebenen Betrag unter Anwendung eines jährlichen Zinssatzes von 3,5 % auf den Zeitpunkt der Verbeamtung des [X.] zurück und ermittelte einen Betrag von (...) DM. Hieraus leitete es zusätzliche ruhegehaltsfähige Dienstjahre von vier Jahren, elf Monaten und 21 Tagen ab.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) erfasste das Ruhegehalt für die Streitjahre zunächst in Gänze als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Einsprüche hatten insoweit Erfolg, als das [X.] im Rahmen einer für die Streitjahre zusammengefassten [X.] wegen der Übertragung der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der Grundversorgung einen Anteil von 16 % als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] des Einkommensteuergesetzes (EStG) und das restliche Ruhegehalt weiterhin als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG berücksichtigte. Die Berechnung der Aufteilung nahm das [X.] nach den Regelungen im Schreiben des [X.] ([X.]) zur einkommensteuerlichen Behandlung der Pensionen ehemaliger Bediensteter der koordinierten Organisationen und der [X.] vom 03.08.1998 ([X.], 1042) vor (dort [X.]. 5 ff., 9).

7

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab. Es hielt den vom [X.] zugrunde gelegten Aufteilungsmaßstab für die in Rede stehenden Einkünfte für zutreffend. Unter Berücksichtigung des [X.]-Schreibens in [X.], 1042 habe das [X.] zu Recht zunächst den Kapitalwert der Grundversorgung aus den Gesamtruhegehaltsansprüchen auf den Zeitpunkt des Pensionsbeginns ermittelt und sei hierbei von einem Betrag von (...) € ausgegangen. Hiervon abzusetzen sei der Kapitalanteil an der Grundversorgung, der auf das am 01.09.1998 von der [X.] überwiesene Guthaben von 151.625,56 DM entfalle. Das [X.] sei weiter zutreffend davon ausgegangen, jenen Betrag zunächst auf volle Tausend DM aufzurunden (152.000 DM) und sodann unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 % p.a. für den Zeitraum von der Übertragung (...) bis zum Rentenbeginn (...), d.h. für aufgerundet volle (...) Jahre [X.] (...). Der Kapitalwert der Leibrente am Gesamtwert der Versorgungsleistung betrage somit 16 %. Die von den Klägern vertretene Ansicht, das von der [X.] im Jahr (...) überwiesene Guthaben zunächst mit jährlich 3,5 % auf den Dienstbeginn abzuzinsen und den so ermittelten Betrag (...) mit 5,5 % p.a. bis zum Eintritt in den Ruhestand [X.], sei unzutreffend.

8

Mit ihrer Revision bringen die Kläger vor, es müsse der Kapitalwert der übertragenen [X.] aufgezinst werden. Der von der [X.] überwiesene Betrag enthalte Zinsen von (...) DM, die nicht in ruhegehaltsfähige Dienstjahre umgerechnet worden seien, sondern dem [X.] zustünden. Würde der vom [X.] auf den Dienstbeginn am (...) errechnete Kapitalwert von (...) DM für aufgerundet (...) Dienstjahre mit 5,5 % p.a. aufgezinst, ergäbe sich ein Betrag von (...) € und demnach ein Anteil der Leibrente an der Grundversorgung von 22,88 % (aufgerundet 23 %).

9

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das angefochtene Urteil und die [X.] vom 20.10.2017 insoweit aufzuheben, als die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2009 bis 2014 jeweils mit der Maßgabe abgeändert werden, dass die Grundversorgung des Ruhegehalts des [X.] zu 23 % den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] EStG und zu 77 % den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG zugeordnet wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Das [X.] hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die unterschiedliche Anwendung eines Zinssatzes für die Abzinsung von 3,5 % sowie von 5,5 % für die [X.] sei systematisch nicht erklärbar. Zudem falle bei der Berechnungsmethode der Kläger der Wert der übertragenen [X.] um mehr als (...) DM höher aus als das tatsächlich übertragene Guthaben; dies widerspreche dem Übertragungsbescheid der [X.]. In der Sache nichts anderes ergäbe sich, würde man --wie vom [X.] in der angefochtenen Entscheidung verprobt-- die Einkünfte nach der Maßgabe aufteilen, dass der hinzuerworbene Anteil an [X.] Dienstzeit von 4,9757 Jahren ins Verhältnis zur Gesamtdienstzeit des [X.] (...) gesetzt werde (15,91 %).

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Das [X.] hat zwar zu Recht entschieden, dass das vom Kläger bezogene Ruhegehalt hinsichtlich der Grundversorgung in Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und sonstige Einkünfte aufzuteilen ist (dazu unten 1.). Soweit das Ruhegehalt den sonstigen Einkünften zuzuordnen ist, handelt es sich um wiederkehrende Bezüge [X.] 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. [X.] [X.], die nachgelagert zu besteuern sind (unten 2.). Allerdings hält die vom [X.] vorgenommene Aufteilung der Einkünfte der Höhe nach einer rechtlichen Überprüfung nicht stand (unten 3.). Die nicht spruchreife Sache geht zwecks Neuberechnung der Einkünfte an die Vorinstanz zurück (unten 4.).

1. Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht im Streit, dass die Grundversorgung des [X.] aus dessen vom [X.] bezogenen Ruhegehalt dem Grunde nach in Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] (Versorgungsbezüge) und Einkünfte aus [X.]n nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. [X.] [X.] aufzuteilen ist.

a) Einkünfte "aus früheren Dienstleistungen" i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] liegen nur insoweit vor, als sie dem Steuerpflichtigen aus eben diesem Rechtsgrund zufließen. Dies ist der Fall, wenn der Steuerpflichtige jene Einkünfte --abgesehen von der erbrachten [X.] ohne rechtlich ins Gewicht fallenden Eigenbetrag erhält, also ohne Leistung aus seinem Vermögen oder für seine Rechnung ([X.]surteile vom 07.02.1990 - X R 36/86, [X.], 16, [X.] 1990, 1062, unter 2.c und 3.a; vom 22.11.2006 - X R 29/05, [X.], 124, [X.] 2007, 402, unter [X.], sowie vom 23.02.2017 - X R 24/15, [X.], 140, [X.] 2017, 636, Rz 30).

[X.]) Die Notwendigkeit der steuerrechtlichen Aufteilung eines Ruhegehalts in Versorgungsbezüge und [X.]n hat der erkennende [X.] bereits ausdrücklich für den Fall entschieden, in dem ein Bediensteter der [X.] ([X.]) erworbene Ansprüche aus einem Versorgungsfonds in das zum 01.07.1974 neu geschaffene Pensionssystem der [X.] übertragen hatte. Begründet hat der [X.] dies damit, dass Erträge aus der Nutzung eigenen Vermögens --dort die eingebrachten Ansprüche aus dem [X.] nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet werden können ([X.]surteil in [X.], 16, [X.] 1990, 1062, unter 2.c).

bb) Gleiches gilt, soweit --wie im [X.] das Ruhegehalt eines ehemaligen Bediensteten des [X.] auf der Übertragung von Anwartschaften bei der [X.] gesetzlichen Rentenversicherung beruht. Insoweit hat der [X.] in der Vorsorgephase Aufwendungen aus eigenen Mitteln geleistet, sodass die Zahlungen anteilig als [X.] gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.] zu qualifizieren sind. Diese Erwägungen liegen auch der [X.]sentscheidung in [X.], 140, [X.] 2017, 636 zugrunde. Dort hat der [X.] für einen zum vorliegenden Fall nahezu identischen Ausgangssachverhalt einleitend unter Rz 28 der Gründe formuliert, Ruhegehaltszahlungen der EPO ([X.]) seien insoweit als Versorgungsbezüge i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] anzusehen, als sie nicht auf der Übertragung von bei der [X.] begründeten [X.]en beruhten.

b) Aus § 3 Nr. 55e [X.] ergibt sich kein anderes Ergebnis. Diese durch das [X.] ([X.]) vom 07.12.2011 ([X.], 2592) eingefügte Vorschrift regelt in ihrem Satz 1, dass die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überst[X.]tlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung steuerfrei sind, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überst[X.]tlichen Einrichtung dienen. Satz 2 bestimmt sodann, dass die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 zu den Einkünften gehören, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt.

Zwar liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift vor. Der Kläger hat im Jahr (...) auf Grund Art. 1 Abs. 1 [X.] --einem Abkommen [X.] 3 Nr. 55e Satz 1 [X.]-- sein bei der [X.] aufgebautes [X.]srecht auf eine zwischenst[X.]tliche Einrichtung (EPO) übertragen; diese Übertragung diente der Begründung (bzw. gleichgestellt der Verstärkung) von dortigen [X.]. Demzufolge entfiele nach § 3 Nr. 55e Satz 2 [X.] das Gebot einer Aufteilung des Ruhegehalts; die gesamten Bezüge des [X.] wären den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzuordnen.

Allerdings gilt die Vorschrift nach Maßgabe der allgemeinen zeitlichen Anwendungsregel des § 52 Abs. 1 [X.] grundsätzlich erstmals für den Veranlagungszeitraum 2011 und ist somit im Hinblick auf die bereits im Jahr (...) vollzogene Übertragung der [X.] im Streitfall nicht anwendbar. Soweit § 52 Abs. 5 [X.] i.d.F. des [X.] im Speziellen regelt, dass § 3 Nr. 55e [X.] auch auf Übertragungen vor dem 01.01.2012 anzuwenden ist, sofern noch keine bestandskräftige Steuerfestsetzung erfolgt ist, ist zu beachten, dass dies wiederum nicht gilt, wenn der Steuerpflichtige die Nichtanwendung beantragt. Von einem solchen --zumindest konkludent gestellten-- Antrag ist im Streitfall auszugehen, da der Kläger für die Streitjahre eine Aufteilung seiner Ruhegehaltszahlungen beansprucht.

2. Soweit das Ruhegehalt des [X.] den sonstigen Einkünften zuzuordnen ist, handelt es sich um eine nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. [X.] [X.] nachgelagert zu besteuernde [X.]. Hiervon gehen übereinstimmend auch die Beteiligten aus.

a) § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. [X.] Satz 1 [X.] bestimmt, dass [X.]n und andere Leistungen, die u.a. aus den gesetzlichen Rentenversicherungen erbracht werden, nach näherer Maßgabe der Sätze 2 bis 8 der Vorschrift grundsätzlich mit dem Besteuerungsanteil zu erfassen sind. Für nicht unter [X.]. [X.] fallende [X.]n und andere Leistungen, bei denen in den einzelnen Bezügen Einkünfte aus Erträgen des Rentenrechts enthalten sind, gilt dagegen die [X.] (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. bb Sätze 1 sowie 3 f. [X.]).

b) Das wesentliche Charakteristikum der Einkünfte des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. [X.] [X.] ist, dass sie die sog. erste Schicht des von der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Abschlussbericht der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen, [X.], Bd. 74) der seit dem Veranlagungszeitraum 2005 geltenden Neuregelung zugrunde gelegten "[X.]" bilden und der Basisversorgung dienen. Zu dieser ersten Schicht der Basisversorgung gehören [X.]n und andere Leistungen, die auf einem durch Beiträge erworbenen Anspruch gegen einen gesetzlichen oder privaten Versorgungsträger auf lebenslängliche Versorgung beruhen, frühestens ab dem 60. Lebensjahr oder bei Erwerbsunfähigkeit gezahlt werden und bei denen die Anwartschaften nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein dürfen (ständige Rechtsprechung des [X.] --[X.]--, u.a. [X.]surteile vom [X.], [X.], 361, [X.] 2011, 628, Rz 25; vom 23.10.2013 - X R 3/12, [X.], 287, [X.] 2014, 58, Rz 27; vom 12.12.2017 - X R 39/15, [X.], 203, [X.] 2018, 579, Rz 17, sowie vom 19.05.2021 - X R 20/19, [X.], 237, Rz 25). Weitere Merkmale einer gesetzlichen Rentenversicherung sind, dass die Beitragszahlungen auf einer gesetzlichen Anordnung beruhen, die Versicherung für den betroffenen Personenkreis obligatorisch ist und die Leistungen als solche öffentlich-rechtlicher Art zu erbringen sind ([X.]surteil in [X.], 237, Rz 25, m.w.N.).

Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn ein Steuerpflichtiger eine im Inland zu versteuernde [X.] nicht von einer inländischen, sondern von einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Hierbei ist eine rechtsvergleichende Qualifizierung der ausländischen Einkünfte nach [X.] Recht vorzunehmen. Maßgebliche Gesichtspunkte sind die [X.] der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis (vgl. [X.]surteile in [X.], 361, [X.] 2011, 628, Rz 23 f., sowie vom 23.10.2013 - X R 33/10, [X.], 332, [X.] 2014, 103, Rz 16 f.). Dementsprechend ist bei [X.] im Wege rechtsvergleichender Betrachtung zu prüfen, welcher Einkunftsart sie zugehören und ggf. welchem Regelwerk innerhalb dieser Einkunftsart sie zu unterwerfen sind. Das bedeutet, dass ausländische Alterseinkünfte strukturell und inhaltlich mit den jeweils bestimmenden Charakteristika der inländischen Alterssicherungssysteme abzugleichen sind. Vollkommene Übereinstimmung ist allerdings unwahrscheinlich und deshalb nicht erforderlich ([X.]-Urteil vom 26.11.2014 - VIII R 38/10, [X.], 22, [X.] 2016, 657, Rz 28). Den ausländischen [X.] insoweit gleichzusetzen sind Alterseinkünfte aus einer internationalen Organisation (vgl. [X.]surteil vom 05.04.2017 - X R 50/14, [X.], 393, [X.] 2017, 1187, Rz 16 f. - Altersrente der Vereinten Nationen).

c) Nach diesen Grundsätzen ist der Teil der Grundversorgung aus dem Ruhegehalt, der auf die übertragene [X.] aus der [X.] entfällt, bei rechtsvergleichender Betrachtung als gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. [X.] [X.] steuerbare [X.] einzuordnen.

[X.]) Die nach Maßgabe der [X.] gewährten Bezüge entsprechen insoweit allen Merkmalen, die für Leistungen der "ersten Schicht" der Altersversorgung charakteristisch sind. So hat ein Bediensteter des [X.], der mindestens zehn anrechnungsfähige Dienstjahre abgeleistet hat, Anspruch auf ein Ruhegehalt (Art. 7 [X.]); jener Anspruch entsteht grundsätzlich bei Vollendung des 60. Lebensjahres (Art. 8 Abs. 1 [X.]). Anhaltspunkte für eine Beleih-, Übertrag- oder Kapitalisierbarkeit des Anspruchs bestehen nicht. Bei der gebotenen rechtsvergleichenden Betrachtung steht die Rechtsgrundlage für die Beitragszahlung (u.a. Art. 41 Abs. 1 [X.]) einer gesetzlichen Anordnung gleich. Eine gesetzliche Anordnung im Sinne einer st[X.]tlichen (öffentlich-rechtlichen) Regelung wäre für eine zwischenst[X.]tliche Organisation wie die EPO und deren Organe nicht möglich. Schließlich dienen auch für den Kläger persönlich die Zahlungen aus dem Versorgungssystem des [X.] tatsächlich als "Basis" seiner Alterssicherung.

bb) Gegen die anteilige Zuordnung zu den Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. [X.] [X.] spricht nicht, dass mit der Übertragung der [X.] auf das Versorgungssystem des [X.] alle Ansprüche des [X.] gegen die inländische gesetzliche Rentenversicherung erloschen (§ 1 Abs. 4 [X.]). Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass das [X.] die übertragene Anwartschaft [X.] auch in Gestalt eines anderen Systems-- fortführte. Hätte der Kläger nicht zur Übertragung auf das Versorgungssystem des [X.] optiert, wären die späteren Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung solche aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. [X.] [X.] gewesen. Nichts anderes kann gelten, wenn die bislang erworbene Anwartschaft von einem Dritten schuldbefreiend übernommen wird.

3. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die vom [X.] angewandte Methode für die Aufteilung der Grundversorgung aus dem Ruhegehalt in Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und sonstige Einkünfte.

a) In welchem Umfang die Grundversorgung des Ruhegehalts des [X.] den sonstigen Einkünften zuzuordnen ist, ist nicht eindeutig ermittelbar und bedarf daher einer Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung [X.]) i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]O. Hierbei ist es Sache der Tatsacheninstanz, zu entscheiden, welcher Schätzungsmethode sie sich bedienen will, sofern diese geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen (statt vieler [X.]sbeschluss vom 13.09.2016 - X B 146/15, [X.], 1747, Rz 16). Die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen durch das [X.] gehört zu den tatsächlichen Feststellungen, an die der [X.] als Revisionsinstanz grundsätzlich nach § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist. Eine Bindung entfällt aber, wenn das [X.] gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder gegen die Denkgesetze verstoßen hat. Die gewonnenen Schätzungsergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (u.a. [X.]-Urteil vom 09.11.2017 - III R 20/16, [X.]E 260, 113, [X.] 2018, 278, Rz 19; Lange in [X.]/[X.]/[X.], § 118 [X.]O Rz 163 ff., m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Die vom [X.] angewandte Berechnungsmethode ist nicht geeignet, im Streitfall eine sachgerechte Schätzung des auf die Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a [X.]. [X.] [X.] entfallenden Anteils der Ruhestandsbezüge des [X.] zu vermitteln.

[X.]) Das [X.] kann sich für seine Auffassung nicht auf das BMF-Schreiben in [X.], 1042 berufen, da dieses in erster Linie die Aufteilung von [X.] ehemaliger Bediensteter der koordinierten Organisationen regelt, sofern diese vor Einführung eines einheitlichen [X.] mit Wirkung zum 01.07.1974 Beiträge in einen Versorgungsfonds gezahlt und das dort aufgebaute --aus versteuertem Einkommen erbrachte-- Guthaben an die jeweilige koordinierte Organisation abgetreten haben. Zwar gibt [X.]. 9 jenes Schreibens vor, dass die dortigen Grundsätze auch für die von der EPO (dem [X.]) gezahlten Pensionen gelten. Diese Gleichstellung beruht darauf, dass die EPO (das [X.]) für ihre Bediensteten ein Versorgungssystem eingerichtet hat, das in vollem Umfang dem Pensionssystem für die ehemaligen Bediensteten der koordinierten Organisationen entspricht (vgl. bereits BMF-Schreiben vom 17.12.1979, [X.] 1979, 699).

bb) Im Streitfall sind allerdings keine steuerrechtlichen Folgen aus der seinerzeitigen Umstellung des [X.] zu beurteilen, sondern solche, die aus der Übertragung von Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung in das bereits langjährig bestehende Versorgungssystem des [X.] herrühren. Auch das unter [X.]. 5 des [X.] aufgezeigte Berechnungsbeispiel für eine Aufteilung der Einkünfte belegt ebenso wie die unter [X.]. 6 aufgeführte [X.], dass die dortigen Grundsätze nur für die Abtretung von Guthaben in zeitlichem Zusammenhang mit der Einführung der seinerzeit neuen Pensionssysteme gelten sollen. Den vorliegend relevanten Fall einer erst mit --erheblichem-- zeitlichem Versatz erfolgten Übertragung von Guthaben an die jeweilige Organisation regelt das BMF-Schreiben nicht.

cc) Die Schätzungsmethode des [X.] führt zu verzerrten und damit unschlüssigen Ergebnissen.

(1) Der [X.] hält es zwar nicht für grundsätzlich ausgeschlossen, eine Aufteilung des Ruhegehalts dergestalt vorzunehmen, dass zunächst die Höhe der voraussichtlichen Gesamtbezüge durch eine an der statistischen Lebenserwartung ausgerichteten Kapitalisierung bestimmt und in einem zweiten Schritt errechnet wird, welcher Anteil an übertragener [X.] aus der gesetzlichen Rentenversicherung eingesetzt wird, um das Gesamtvolumen an der zugesagten Grundaltersversorgung zu erreichen. Soweit die Finanzverwaltung das übertragene Guthaben nach [X.]. 5 des [X.] mit 5,5 % p.a. bis zum Pensionsbeginn aufzinst, dürfte dieser Zinssatz der Regelung in § 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes ([X.]) entnommen sein.

(2) Allerdings leidet die Schätzung des [X.] insoweit an einem systematischen Fehler, als es einen nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu vereinbarenden Kapitalwert für die übertragene Altersversorgungsanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Schätzungsparameter berücksichtigt hat. Die Kläger tragen zu Recht vor, dass das von der [X.] im Jahr (...) überwiesene Guthaben von 151.625,56 DM nicht in voller Höhe für Rechnung des [X.] in das Versorgungssystem des [X.] eingebracht wurde. Vielmehr hat sich das [X.] im Zuge der gemäß Art. 12 [X.] zu ermittelnden zusätzlichen [X.] nicht an der als "pauschalen Rückkaufwert" bezeichneten Überweisung der [X.] in vorgenannter Höhe, sondern an dem auf den [X.] des [X.] abgezinsten Wert von (...) DM orientiert. Der in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] festgelegte und von der [X.] gezahlte [X.] von jährlich 3,5 % wurde somit nicht zugunsten des [X.] berücksichtigt. [X.] war lediglich die Summe der bisherigen Beitragszahlungen an die [X.]. Die Verzinsung diente vielmehr dazu, dem [X.] einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die aus der [X.] übertragenen Beiträge bislang nicht zugunsten des eigenen Versorgungssystems angelegt werden konnten. Der hiergegen gerichtete Einwand des [X.], dem Kläger stehe der Zins zumindest "zeittechnisch" zu, ist für den [X.] nicht nachvollziehbar.

(3) Wollte man dagegen mit der Auffassung der Kläger das im Jahr (...) übertragene Guthaben zunächst mit 3,5 % p.a. auf den Dienstbeginn abzinsen, um es in einem unmittelbar folgenden Rechenschritt für den --teilweise [X.] Zeitraum vom Dienst- bis zum Pensionsbeginn mit 5,5 % p.a. wieder [X.], ergäbe sich ein nicht realitätsgerechtes --unschlüssiges-- Gesamtergebnis. Der auf die [X.]nbesteuerung entfallende Anteil an der Grundversorgung fiele wegen der betragsmäßigen überschießenden [X.] unweigerlich zu hoch aus. Dies zeigt sich bereits daran, dass bei Zugrundelegung der vorgenannten Berechnungsparameter das von der [X.] im Jahr (...) übertragene Guthaben --wie vom [X.] zutreffend erkannt und berechnet-- mit (...) DM zu veranschlagen gewesen wäre und damit fast (...) DM über dem Nominalwert läge.

(4) Der [X.] hält es zudem für ausgeschlossen, diese Unstimmigkeit durch den Ansatz eines einheitlichen Ab- und [X.]ssatzes auszugleichen. Würde ein einheitlicher Zinssatz von 5,5 % zugrunde gelegt, stünde dies im Widerspruch zu Art. 1 Abs. 1 Satz 1 [X.], der eine Verzinsung der geleisteten Beiträge von lediglich 3,5 % p.a. vorsieht. Der auf den Dienstbeginn des [X.] abzuzinsende Kapitalwert der übertragenen [X.] wäre damit zu gering. Eine durchgängige Verzinsung bis zum Pensionsbeginn mit 3,5 % p.a. wäre wiederum nicht mit § 12 Abs. 3 [X.] in Einklang zu bringen.

dd) Der aufgezeigte Rechtsfehler führt dazu, dass die Schätzung des [X.] den [X.] revisionsrechtlich nicht nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindet.

4. Ausreichende Feststellungen, die eine eigene Schätzung des [X.]s hätte ermöglichen können, liegen nicht vor. Aus diesem Grunde geht die nicht spruchreife Sache zur weiteren Sachaufklärung an die Vorinstanz zurück. Das [X.] wird die Aufteilung der Grundversorgung des Ruhegehalts nach Maßgabe einer geeigneten und zu schlüssigen Ergebnissen führenden Methode erneut zu schätzen haben.

a) Der [X.] weist --ohne Bindungswirkung nach § 126 Abs. 5 [X.]O-- darauf hin, dass es sich anbieten könnte, eine sachgerechte Schätzung anhand des Verhältnisses der durch die Übertragung der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung hinzuerworbenen zu den gesamten ruhegehaltsfähigen Dienstjahren des [X.] vorzunehmen. Hierdurch würde sich zum einen die streitige Problematik der Ab- und [X.] der eingebrachten [X.] nicht stellen. Zum anderen ergäbe sich ein offenkundig realitätsgerechtes Bild, in welchem Umfang die Grundversorgungskomponente des Ruhegehalts des [X.], die sich nach ruhegehaltsfähigen Dienstjahren bemisst, auf Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung zurückzuführen ist.

b) Mit einer solchen Rechnung hat das [X.] im ersten Rechtsgang seine Schätzung bereits verprobt. Der [X.] kann allerdings mangels hinreichender Feststellungen des [X.] hierzu nicht ausreichend sicher erkennen, ob die Summe aus der vom Kläger tatsächlich absolvierten Dienstzeit beim [X.] vom (...) und der infolge der Übertragung des bei der [X.] aufgebauten Guthabens hinzuerworbenen ruhegehaltsfähigen Dienstjahre ([X.], elf Monate und 21 Tage = 4,9757 Jahre) nach Maßgabe der insoweit einschlägigen Regelungen der [X.] insgesamt (...) ruhegehaltsfähige Dienstjahre ergibt. Insofern dürfte es im zweiten Rechtsgang angezeigt sein, die Kläger zur näheren Erläuterung und Vorlage eines Bescheids über die Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre aufzufordern.

5. [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X R 2/20

15.12.2021

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 24. Juli 2019, Az: 9 K 2869/17, Urteil

§ 3 Nr 55e EStG 2009, § 19 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2009, § 19 Abs 2 EStG 2009, § 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst aa EStG 2009, § 162 Abs 1 S 1 AO, § 12 Abs 3 BewG 1991, Art 1 Abs 1 VII960961, VII960961, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011, EStG VZ 2012, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.12.2021, Az. X R 2/20 (REWIS RS 2021, 9784)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9784


Verfahrensgang

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Az. 9 K 2869/17

FG München, 9 K 2869/17, 24.07.2019.


Az. X R 2/20

Bundesfinanzhof, X R 2/20, 15.12.2021.


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