Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.12.2015, Az. 1 WB 38/15

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2015, 1410

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Gegenstand

Gesundheitliche Eignung für Zweitstudium; Erledigung


Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Antrag, die dem Antragsteller im Verfahren vor dem [X.] einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen dem [X.] aufzuerlegen, wird abgelehnt.

Tatbestand

I

1

Der Rechtsstreit betraf den Antrag des Antragstellers, ihm ein Studium der Zahnmedizin als Zweitstudium zur Erlangung der [X.] im Fachgebiet Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu genehmigen.

2

Der 19.. geborene Antragsteller war Soldat auf [X.] in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes. Aufgrund der Entlassungsverfügung des [X.] (im Folgenden: [X.]) vom 10. August 2015 hat seine ursprünglich auf 17 Jahre festgesetzte Dienstzeit vorzeitig mit Ablauf des 30. November 20.. geendet. Er war mit Wirkung vom 1. Juli 20.. zum Leutnant ernannt worden. Das (damalige) Personalamt der [X.] hatte ihn ab 1. Oktober 20.. zum Studium der Medizin beurlaubt. Er war zum 1. Oktober 20.. zum [X.] versetzt worden und hatte das Studium der Humanmedizin an der Universität K. aufgenommen.

3

Mit Schreiben vom 20. Januar 2012 hatte der Antragsteller erstmals die Genehmigung eines Zweitstudiums Zahnmedizin mit dem Ziel der Gebietsweiterbildung Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie beantragt. Diesen Antrag hatte das Personalamt der [X.] mit Bescheid vom 19. Juni 2012 abgelehnt. Den nach erfolglosem Beschwerdeverfahren unter dem 8. August 2013 gestellten Antrag auf Entscheidung des [X.] (Verfahren BVerwG 1 [X.] 8.14) hat der Senat mit Beschluss vom 19. Juni 2014 zurückgewiesen.

4

Bereits mit Schreiben vom 28. Januar 2013 hatte der Antragsteller erneut die Genehmigung eines Zweitstudiums Zahnmedizin zur Erlangung der [X.] im Fachgebiet Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie beantragt. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. April 2013 lehnte das Personalamt der [X.] den Antrag auf der Grundlage einer für den Antragsteller negativen Entscheidung der Auswahlkonferenz der [X.] vom 16. April 2013 ab.

5

Die dagegen unter dem 25. Mai 2013 eingelegte und mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28. Januar 2014 begründete Beschwerde des Antragstellers wies das [X.] - [X.] 2 - mit Bescheid vom 26. Juni 2014 zurück.

6

Gegen diesen seinen Bevollmächtigten am 2. Juli 2014 zugestellten Bescheid hat der Antragsteller am 4. August 2014 (Montag) die Entscheidung des [X.] beantragt und formell- sowie materiellrechtliche Einwände gegen die Ablehnungsentscheidung vorgetragen (Verfahren BVerwG 1 [X.] 2.15). Den Antrag hat das [X.] - [X.] 2 - mit seiner Stellungnahme vom 2. Februar 2015 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Es hat ausgeführt, dass ein Anspruch des Antragstellers auf Genehmigung des Zweitstudiums oder auf Neubescheidung schon deshalb nicht bestehe, weil der Antragsteller bereits sein derzeitiges Studium aus gesundheitlichen Gründen nicht vollenden könne. Er sei derzeit nicht verwendungsfähig. Für ein Zweitstudium sei er gesundheitlich nicht geeignet.

7

Im gerichtlichen Verfahren BVerwG 1 [X.] 2.15 hat der Antragsteller beantragt, das [X.] unter Aufhebung des Bescheids des [X.] der [X.] vom 30. April 2013 und des [X.] des [X.] vom 26. Juni 2014 zu verpflichten, ihm ein Zweitstudium zur Erlangung der [X.] im Fachgebiet Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu genehmigen, hilfsweise seinen Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8

Auf Antrag des Antragstellers vom 9. März 2015 und nach Anhörung des [X.] sowie des [X.]disziplinaranwalts hat der Senat mit Beschluss vom 18. März 2015 (BVerwG 1 [X.] 2.15) beschlossen, das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zur Feststellung der Dienstunfähigkeit des Antragstellers auszusetzen.

9

Mit Schriftsätzen vom 20. August 2015 und vom 2. Oktober 2015 hat das [X.] - [X.] 2 - mitgeteilt, dass der Antragsteller mit Verfügung des [X.] vom 10. August 2015 gemäß § 55 Abs. 2 SG wegen Dienstunfähigkeit entlassen worden sei. Die Verfügung sei dem Antragsteller am 18. August 2015 eröffnet worden; dieser habe keinen Rechtsbehelf dagegen eingelegt. Die Entlassung des Antragstellers werde mit Ablauf des 30. November 2015 wirksam. Bis zu diesem [X.]punkt sei der Antrag auf gerichtliche Entscheidung offensichtlich unbegründet, weil dem Antragsteller die gesundheitliche Eignung für ein Zweitstudium fehle. Ab dem 1. Dezember 2015 werde sich der Rechtsstreit erledigt haben, weil das Zweitstudium ein aktives Dienstverhältnis als Soldat voraussetze. Einer Erklärung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache schließe sich das [X.] bereits jetzt an.

Daraufhin hat der Senat das ausgesetzte Verfahren mit Verfügung vom 8. Oktober 2015 unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 [X.] 38.15 wieder aufgenommen und den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22. Oktober 2015 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt,

die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Das [X.] - [X.] 2 - hat mit Schreiben vom 4. November 2015 seine Erklärung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache wiederholt und ist dem [X.] entgegengetreten. Der [X.]disziplinaranwalt hat mit Schriftsatz vom 12. November 2015 mitgeteilt, dass er seinen ursprünglich unter dem 15. Oktober 2015 im Namen des [X.]s gestellten Antrag auf Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht aufrechterhalte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen. Die Gerichtsakte des Verfahrens BVerwG 1 [X.] 8.14 hat dem Senat zusätzlich bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

II

Der Senat kann offenlassen, ob sich der Rechtsstreit um die strittige Genehmigung bereits mit der am 18. September 2015 eingetretenen Bestandskraft der Entlassungsverfügung vom 10. August 2015 in der Hauptsache erledigt hat (wovon ersichtlich der Antragsteller ausgeht) oder ob die Erledigung erst durch das Wirksamwerden der Entlassung des Antragstellers mit Ablauf des 30. November 2015 (§ 55 Abs. 2, Abs. 6 Satz 2 [X.]) ausgelöst worden ist.

Wenn - wie hier - keine einseitige Erledigungserklärung des Antragstellers vorliegt, sondern die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist kein Raum mehr für eine gerichtliche Feststellung, wodurch und seit wann der Rechtsstreit erledigt ist. Vielmehr hat das angerufene Gericht bei dieser Sachlage das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 [X.] nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 [X.], § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 [X.]; stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22. April 2008 - 1 WB 4.08 - Rn. 8 m.w.N.).

Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Aufwendungen nicht dem [X.] aufzuerlegen.

Denn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Bescheide des Personalamts der [X.]eswehr vom 30. April 2013 und des [X.]esministeriums der Verteidigung vom 26. Juni 2014 sowie auf Verpflichtung des [X.]esministeriums der Verteidigung, dem Antragsteller ein Studium der Zahnmedizin als Zweitstudium zur Erlangung der [X.] im Fachgebiet Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu genehmigen bzw. ihn insoweit neu zu bescheiden, hätte ohne die Erledigung der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg gehabt.

Das Studium einer der verschiedenen medizinischen Disziplinen bzw. Approbationsrichtungen stellt - wie der Senat bereits im Beschluss vom 19. Juni 2014 (BVerwG 1 WB 8[X.], [X.] Rn. 19 und Rn. 21) ausgeführt hat - regelmäßig den zentralen Bestandteil der Ausbildung eines [X.]s dar und betrifft die dienstliche Verwendung dieses Soldaten, um die es auch dann geht, wenn der [X.] die Genehmigung eines Zweitstudiums anstrebt. Die dienstliche Verwendung eines Soldaten, hier des Antragstellers, hat sich nach § 3 Abs. 1 [X.] an Eignung, Befähigung und Leistung zu orientieren. Zur Eignung gehört neben der geistigen und charakterlichen Eignung die körperliche, insbesondere die erforderliche gesundheitliche Eignung (vgl. dazu Walz/[X.]/Sohm, [X.], 2. Aufl. 2010, § 3 Rn [X.], 16; Scherer/[X.], [X.], 9. Aufl. 2013, § 3 Rn. 16). Speziell für die [X.] ergibt sich dieses Erfordernis auch aus Nr. 3.9 Abs. 5 Satz 1 des "Rahmenerlasses für die Einstellung, rechtliche Stellung, Ausbildung, Betreuung und Fürsorge der [X.] und [X.]innen" vom 17. Oktober 2007 (BMVg [X.] 3 - Az 35-30-31/32-88-02), der den angefochtenen Entscheidungen zugrunde lag. Dort ist die Möglichkeit der Entlassung eines [X.]s wegen fehlender gesundheitlicher Eignung unter Hinweis auf § 55 Abs. 2 [X.] geregelt.

Mit der am 18. September 2015 bestandskräftig gewordenen Entlassungsverfügung des [X.]esamtes für das Personalmanagement der [X.]eswehr vom 10. August 2015 steht fest, dass der Antragsteller auf der Grundlage eines truppenärztlichen Gutachtens vom 18. Mai 2015 zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Damit steht zugleich fest, dass er nicht über die gesundheitliche Eignung für das in Rede stehende Zweitstudium verfügt.

Bereits aus diesem Grund hätte danach das [X.] bzw. Neubescheidungsbegehren des Antragstellers erfolglos bleiben müssen, ohne dass es auf die Frage ankam, ob die in den angefochtenen Bescheiden ausgeführten Ablehnungsgründe rechtmäßig waren oder nicht.

Meta

1 WB 38/15

02.12.2015

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 3 Abs 1 SG, § 92 Abs 3 S 1 VwGO, § 21 Abs 2 S 1 WBO, § 20 Abs 3 WBO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.12.2015, Az. 1 WB 38/15 (REWIS RS 2015, 1410)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1410

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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