Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2011, Az. 3 AZR 669/09

3. Senat | REWIS RS 2011, 3802

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Gegenstand

Betriebsrentenanwartschaft - Neuberechnung


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 11. August 2009 - 7 [X.]/08 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Versorgungsanwartschaften der Klägerin auf der Basis ungezillmerter Versicherungstarife neu zu berechnen.

2

[X.]ie Klägerin war vom 1. Juli 1998 bis zum 31. Januar 2006 bei der Beklagten als Leiterin Personalwesen tätig. Sie hatte mit ihrer früheren Arbeitgeberin eine Entgeltumwandlungsvereinbarung geschlossen. [X.]ie Arbeitgeberin hatte als Versicherungsnehmerin zugunsten der Klägerin bei der [X.] (künftig: [X.]) eine [X.]irektversicherung abgeschlossen. In diese Versicherung trat die Beklagte ein. [X.]ie Parteien vereinbarten am 26. August 1998 eine weitere Entgeltumwandlung hinsichtlich des Weihnachtsgeldes in Höhe von 1.200,00 [X.]M. [X.]azu wurde eine [X.]irektversicherung bei der [X.] abgeschlossen. Im Januar 2004 und im März 2005 schlossen die Parteien vier weitere Entgeltumwandlungsverträge für eine über die [X.] als Unterstützungskasse abzuwickelnde Altersversorgung. [X.]ie Leistungen aus diesen vier Vereinbarungen sind durch eine Rückdeckungsversicherung abgedeckt. Außerdem wurden unter dem 12. Januar und 11. Februar 2004 im Wege der Entgeltumwandlung [X.] über „Metallrente“ bei der [X.] abgeschlossen. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stellte die Klägerin die Versicherungen beitragsfrei.

3

Sowohl der [X.]irektversicherung bei der [X.], den [X.], an deren Bedingungen sich die entsprechenden Versorgungszusagen orientieren, als auch den [X.] [X.] liegen gezillmerte Tarife zugrunde, so dass die vollen Provisions- und Abschlusskosten jeweils durch die ersten Beitragszahlungen beglichen wurden. Nach den der Klägerin aus Anlass ihres Ausscheidens gegebenen Auskünften lag deshalb der jeweilige Rückkaufswert der Versicherungen unter den gezahlten Beiträgen.

4

[X.]ie Klägerin hat die Ansicht vertreten, gezillmerte Tarife seien im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung unzulässig. Ihr stünden daher gegen die Beklagte in der Höhe Versorgungsansprüche zu, als wären die Abschlusskosten der Verträge auf die gesamte Vertragslaufzeit verteilt. [X.]eshalb sei die Beklagte zur Neuberechnung ihrer Versorgungsanwartschaften auf der Basis einer Verteilung der Abschlusskosten auf die gesamte Vertragslaufzeit verpflichtet.

5

[X.]ie Klägerin hat zuletzt beantragt:

        

1.    

[X.]ie Beklagte hat die unverfallbaren Anwartschaften der Klägerin auf betriebliche Altersversorgung aus folgenden Entgeltumwandlungen

                 

-       

[X.] mit den Versicherungsnummern der Rückdeckungsversicherungen

                                   

-       

                                   

-       

                                   

-       

                                   

-       

                 

-       

[X.]irektversicherung [X.] mit der Versicherungsschein-Nummer

                                   

-       

                 

-       

M mit den Versicherungsnummern

                                   

-       

                                   

-       

                 

neu zu berechnen und der Neuberechnung ungezillmerte Versicherungstarife ohne Stornoabschläge zugrunde zu legen mit ratierlich auf die Vertragslaufzeit verteilter Abschlussprovision entsprechend § 87a HGB.

        

2.    

[X.]ie Beklagte hat die Berechnung offenzulegen und die tariflichen Rechnungsgrundlagen mitzuteilen.

6

[X.]ie Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch auf Neuberechnung bestehe nicht. Sie sei so lange berechtigt, von den von ihr für richtig gehaltenen Berechnungsgrundlagen auszugehen, bis gerichtlich etwas Gegenteiliges festgestellt worden sei.

7

[X.]as Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. [X.]as [X.] hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die zuletzt gestellten Klageanträge weiter. [X.]ie Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.

9

I. Gegen die Zulässigkeit der Revision bestehen keine Bedenken. Ihre Begründung entspricht den an eine Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen.

1. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dazu hat sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen und konkret die Gründe darzulegen, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (st. Rspr. des [X.], vgl. nur 18. November 2008 - 3 [X.] - Rn. 14, [X.] § 242 Ruhegehalt - Pensionskassen Nr. 6). Allerdings kann von einem Rechtsmittelführer nicht mehr an Begründung erwartet werden, als sie die Vorinstanz selbst aufgewendet hat (vgl. für die Berufungsbegründung: [X.] 28. Mai 2009 - 2 [X.] - Rn. 18, [X.] ZPO § 520 Nr. 2).

2. Das [X.] hat einen Anspruch der Klägerin auf Auskunftserteilung mit der Begründung abgelehnt, die sich aus § 4a Abs. 1 [X.] ergebende Auskunftspflicht diene nicht dazu, Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Arbeitgeber über den Inhalt der Versorgungszusage auszutragen. Eine andere Anspruchsgrundlage für die begehrte Auskunft bestehe nicht. Mit dieser Argumentation hat sich die Klägerin in der Revisionsbegründung zwar nicht auseinandergesetzt. Sie hat jedoch in der Revision ihren Anspruch erstmals auch auf § 2 [X.] gestützt. Dies hat sie zwar im Einzelnen nicht näher begründet. Im Hinblick darauf, dass das [X.] diese Vorschrift nicht als mögliche Anspruchsgrundlage herangezogen hat, waren weitergehende Ausführungen der Klägerin zur Begründung ihrer Rechtsansicht jedoch nicht erforderlich.

II. Die Revision ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen der Klage nicht stattgegeben. Die Klägerin verlangt die Neuberechnung ihrer [X.]en nach dem von ihr für richtig gehaltenen Berechnungsweg in der Weise, dass die Anwartschaften unter Zugrundelegung ungezillmerter Versicherungsverträge berechnet, also die Abschlusskosten für die Versicherungen auf die gesamte Vertragslaufzeit verteilt werden. [X.] Ziel des Klagebegehrens ist deshalb die Erteilung einer Auskunft in Form der Neuberechnung der [X.]en. Auf eine derartige Auskunft hat die Klägerin keinen Anspruch.

1. Der Anspruch folgt nicht aus § 4a [X.].

Nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 [X.] hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei einem berechtigten Interesse auf dessen Verlangen schriftlich mitzuteilen, in welcher Höhe aus der bisher erworbenen unverfallbaren Anwartschaft bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze ein Anspruch auf Altersversorgung besteht. Diese Bestimmung wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch das Alterseinkünftegesetz vom 5. Juli 2004 ([X.]I S. 1427, Art. 8 Nr. 3 und Nr. 6, Art. 18) anstelle des früheren, nahezu inhaltsgleichen § 2 Abs. 6 [X.] in das Gesetz eingefügt. Sie begründet ebenso wenig wie die Vorgängerregelung einen Anspruch auf Neuberechnung mit dem Ziel der Klärung von Streitfragen bei der Berechnung einer [X.].

Die Auskunft nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 [X.] ist weder ein abstraktes noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Vielmehr handelt es sich um eine Wissenserklärung, die dem Arbeitnehmer Klarheit über die Höhe der zu erwartenden Betriebsrente verschaffen soll ([X.] 17. Juni 2003 - 3 [X.] - EzA [X.] § 2 Nr. 20). Entsprechend ihrem Zweck muss die Auskunft so ausgestaltet sein, dass der Arbeitnehmer sie überprüfen kann. Die Bemessungsgrundlagen und der Rechenweg sind so genau zu bezeichnen, dass der Arbeitnehmer die Berechnung nachvollziehen kann ([X.] 9. Dezember 1997 - 3 [X.] - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]E 87, 250). Die Auskunft dient nicht dazu, einen Streit über den Inhalt des Versorgungsanspruchs zu beseitigen. Sie soll lediglich Meinungsverschiedenheiten über die Berechnungsgrundlagen aufdecken und dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben, derartige Streitigkeiten noch vor dem Eintritt des [X.] durch eine Klage auf Feststellung des Inhalts und der Höhe der [X.] zu bereinigen. Eine Klage auf Erteilung einer anderen Auskunft ist dazu nicht geeignet ([X.] 9. Dezember 1997 - 3 [X.] - zu [X.] 2 b der Gründe, aaO). Der Arbeitgeber ist nicht an den Inhalt der Auskunft gebunden. Eine unrichtige Auskunft kann ihn allenfalls zum Schadensersatz verpflichten ([X.] 8. November 1983 - 3 [X.] - [X.] [X.] § 2 Nr. 3 = EzA [X.] § 2 Nr. 4). Daher kann der Arbeitgeber bei der Erteilung der Auskunft so lange von den seiner Ansicht nach geltenden Berechnungsgrundlagen ausgehen, bis die Geltung anderweitiger Bestimmungen rechtskräftig festgestellt ist oder über sie zwischen den Parteien Einigkeit erzielt wurde. Bei Streitigkeiten über die Höhe der Verpflichtung ist der Arbeitnehmer gehalten, solange der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, im Wege der Feststellungsklage seine Rechte zu verfolgen ([X.] 9. Dezember 1997 - 3 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, aaO).

2. Der Anspruch folgt auch nicht aus § 2 [X.]. Diese Bestimmung regelt nur die Höhe der gesetzlich unverfallbaren [X.] eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Aus dieser Vorschrift ergibt sich kein Anspruch auf Auskunft.

3. Schließlich folgt der Anspruch nicht aus [X.] und Glauben (§ 242 BGB). Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit ein Rückgriff auf diese Grundsätze im Hinblick auf den gesetzlich ausdrücklich geregelten Auskunftsanspruch in § 4a Abs. 1 Nr. 1 [X.] noch in Betracht kommt. Jedenfalls verlangen [X.] und Glauben nicht, eine Vertragspartei zu verpflichten, vor der endgültigen Klärung der zutreffenden Berechnungsgrundlagen eine unter Umständen komplizierte Neuberechnung der [X.] vorzunehmen. Dazu kann sie nach [X.] und Glauben allenfalls dann verpflichtet sein, wenn die Berechnungsgrundlagen endgültig geklärt sind.

[X.]. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

        

        

    Möller    

        

    [X.]    

                 

Meta

3 AZR 669/09

23.08.2011

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Nürnberg, 22. November 2007, Az: 15 Ca 4227/07, Urteil

§ 4a BetrAVG, § 2 BetrAVG, § 242 BGB, § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 Buchst a ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2011, Az. 3 AZR 669/09 (REWIS RS 2011, 3802)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3802

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Referenzen
Wird zitiert von

11 Sa 758/22

4 Sa 1342/16 B

4 Sa 1315/16 B

4 Sa 1339/16 B

11 Ca 9976/12

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