Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.08.2002, Az. 4 StR 230/02

4. Strafsenat | REWIS RS 2002, 1990

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] StR 230/02vom6. August 2002in der Strafsachegegenwegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. August 2002 gemäߧ 349 Abs. 2 und 4 StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 11. Februar 2002 aufgeho-ben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einerEntziehungsanstalt angeordnet worden ist. Dieser [X.] entfällt.2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen. Jedoch werden die Gebühr für das [X.] um ein Drittel ermäßigt und der Staatskasse einDrittel der in der Rechtsmittelinstanz entstandenen not-wendigen Auslagen des Angeklagten auferlegt. Der An-geklagte hat die den [X.] im [X.] entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Miß-brauchs eines Kindes in 41 Fällen, wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindesin 14 Fällen sowie wegen sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen zu einerGesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. [X.] hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt undin der Sicherungsverwahrung angeordnet und bestimmt, daß die Unterbringung- 3 -in der Entziehungsanstalt vor der Strafe und der dieser nachfolgenden Siche-rungsverwahrung zu vollziehen ist. Mit seiner auf die Verletzung sachlichenRechts gestützten Revision wendet sich der Angeklagte nur gegen die Anord-nungen der freiheitsentziehenden Maßregeln. Sein Rechtsmittel hat in dem ausder Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.Während die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwah-rung aus den in der Antragsschrift des [X.] vom 25. Juni2002 dargelegten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagtenaufweist (§ 349 Abs. 2 StPO), begegnet die Anordnung der Unterbringung ineiner Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) durchgreifenden rechtlichen Bedenken.Die [X.] hat die Unterbringung des Angeklagten in einer Ent-ziehungsanstalt angeordnet, obwohl nach den rechtsfehlerfrei getroffenenFeststellungen auszuschließen ist, daß durch eine erfolgreiche Suchtbehand-lung eine Verringerung der Tätergefährlichkeit erreicht werden kann.Zwar kann die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB grundsätzlichnicht allein deswegen verneint werden, weil außer der Sucht noch weitere [X.] eine Disposition für die Begehung von Straftaten [X.] (BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1 und 2). Gleichwohldarf die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht ausschließlich zurBesserung des [X.], also ohne gleichzeitige günstige Auswirkungen auf [X.] der öffentlichen Sicherheit im Sinne einer Verminderung der vomalkoholabhängigen Täter ausgehenden Gefährlichkeit erfolgen. Vielmehr isterforderlich, daß bei erfolgreichem Verlauf der Behandlung jedenfalls dasAusmaß der Gefährlichkeit des [X.] nach Frequenz und krimineller Intensität- 4 -der von ihm zu befürchtenden Straftaten deutlich herabgesetzt wird (vgl. [X.] § 64 Zusammenhang, symptomatischer 2).Hieran gemessen, hält die Anordnung der Unterbringung in einer Ent-ziehungsanstalt rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die [X.] hatbeim Angeklagten zwar eine Alkoholabhängigkeit im Sinne eines Hanges nach§ 64 Abs. 1 StGB bejaht und festgestellt, daß der Hang zu übermäßigem Alko-holgenuß die Taten des pädophil veranlagten, einschlägig vorbestraften underheblich rückfallgefährdeten Angeklagten durch eine "zusätzliche" [X.] begünstigt habe. Sie istjedoch sachverständig beraten zu dem Ergebnis gelangt, daß selbst im Falleeiner erfolgreichen Alkoholtherapie die Rückfallgefahr beim Angeklagten "[X.] wesentlich" vermindert werden könne ([X.]), da auch ohne Alkohol-einfluß in Anbetracht der pädophilen Neigung des Angeklagten einschlägigeRückfälle zu erwarten seien ([X.]). Damit sind günstige Auswirkungen einererfolgreich verlaufenden Entziehungsbehandlung auf die Interessen der öffent-lichen Sicherheit nicht dargetan. Die Unterbringung des Angeklagten in einerEntziehungsanstalt ist deshalb mit dem Sinn und der inneren Rechtfertigungdieser Anordnung nicht zu vereinbaren (vgl. BGHR StGB aaO).Da weitere Feststellungen hierzu nicht zu erwarten sind, muß die [X.] nach § 64 StGB entfallen. Die vom [X.] gemäß § 72Abs. 3 Satz 1 StGB bestimmte Vollstreckungsreihenfolge wird dadurch gegen-standslos.Das Rechtsmittel hat somit teilweise Erfolg. Entsprechend diesem [X.] die Revisionsgebühr um ein Drittel zu ermäßigen und der Staatskasse ein- 5 -Drittel der im Revisionszuge entstandenen notwendigen Auslagen des Ange-klagten aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 StPO). Der [X.] sieht aber keinen [X.] Angeklagten von einem Teil der notwendigen Auslagen der Nebenklägerim Revisionsverfahren zu entlasten (BGHR StPO § 473 Abs. 4 Quotelung 7).#RiBGH Dr. Ernemann befindetsich in Urlaub und ist deshalbgehindert zu unterschreiben Tepperwien Sost-Scheible

Meta

4 StR 230/02

06.08.2002

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.08.2002, Az. 4 StR 230/02 (REWIS RS 2002, 1990)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1990

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.