Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2010, Az. VI ZR 231/09

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 463

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 14. Dezember 2010 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 249 Ga Der Geschädigte kann Ersatz der angefallenen Reparaturkosten verlangen, wenn es ihm entgegen der Einschätzung des vorgerichtlichen Sachverständi-gen gelungen ist, eine fachgerechte und den Vorgaben des Sachverständigen entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den [X.] nicht übersteigt. [X.], Urteil vom 14. Dezember 2010 - [X.]/09 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis 2. November 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des [X.] vom 1. Juli 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klägerin mehr als 38 • nebst Zinsen hieraus zugesprochen worden sind. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 22. Mai 2008 [X.]. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 95% und die Beklagte 5%. Von Rechts wegen Tatbestand:Die Klägerin begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsun-fall vom 9. Mai 2007, für den die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfall-verursachers dem Grunde nach unstreitig haftet. 1 - 3 - Die Klägerin beauftragte am 10. Mai 2007 einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zum Schadensumfang. In dem Gutachten er-mittelte dieser voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 3.746,73 • brutto, einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 2.200 • und einen Restwert in [X.] von 800 •. 2 Die Klägerin hat das Fahrzeug den Vorgaben des Sachverständigen ent-sprechend - allerdings unter Verwendung von Gebrauchtteilen - gegen Zahlung von 2.139,70 • brutto reparieren lassen und bis Anfang Juni 2008 weiter ge-nutzt. Die Beklagte hat der Klägerin die Nebenkosten, die Reparaturkosten und eine Nutzungsausfallentschädigung für 15 Tage in Höhe von 38 • täglich er-stattet. Mit ihrer Klage hat die Klägerin weitere 720,30 • Reparaturkosten sowie erstinstanzlich für weitere zwei Tage und zweitinstanzlich für einen weiteren Tag Nutzungsausfallentschädigung verlangt. Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe nicht nur die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten, sondern fiktive Reparaturkosten bis zu 130% des [X.] zu zahlen. 3 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das [X.] die Beklagte zur Zahlung eines weiteren Betrags in [X.] von 758,30 • nebst Zinsen verurteilt und die Klage hinsichtlich der Zinsen teilweise abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. 4 - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Beklagten weitere 720,30 • Reparaturkosten zu. Ein erforderlicher Reparaturaufwand bis zu 130% des [X.] des Fahrzeugs könne grundsätzlich verlangt werden, wenn die durch Sachverständigengutachten ermittelten Reparaturkos-ten diesen Betrag überstiegen und der Geschädigte durch eine fachgerechte Reparatur zum Ausdruck bringe, dass er das Fahrzeug in einen Zustand wie vor dem Unfall versetzen wolle. Diese Voraussetzungen lägen nach dem [X.] des Gerichtssachverständigen vor. Das Fahrzeug der Klägerin sei unter Verwendung von Gebrauchtteilen fachgerecht repariert worden, da die verwen-deten Ersatzteile den beschädigten Fahrzeugteilen gleichwertig seien. 5 Der Klägerin stehe auch die beanspruchte Nutzungsentschädigung für einen weiteren Tag, insgesamt also für 16 Tage, zu. 6 I[X.] Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht der Klägerin weitere Reparaturkosten in Höhe von 720,30 • zugesprochen hat. Hinsichtlich der zusätzlichen Nutzungsausfallentschädigung für einen weiteren Tag ist das Berufungsurteil nicht zu beanstanden. 7 1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne über die bereits ersetzten Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 • hinaus von der [X.] die Erstattung weiterer Reparaturkosten in Höhe von 720,30 • [X.], steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats. 8 - 5 - Insoweit begehrt die Klägerin den Ersatz fiktiver Reparaturkosten in Höhe von bis zu 130% des vom Sachverständigen ermittelten [X.], obwohl für die tatsächlich durchgeführte Reparatur nur Kosten in Höhe von 2.139,70 • angefallen sind. Nach der Rechtsprechung des Senats können [X.] Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs liegen, bis zur so genannten 130%-Grenze nur verlangt werden, wenn sie tat-sächlich angefallen sind und die Reparatur fachgerecht und zumindest wertmä-ßig in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur [X.] seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2005 - [X.] ZR 70/04, [X.] 162, 161, 167 ff.; vom 8. Dezember 2009 - [X.] ZR 119/09, [X.], 363 Rn. 5 ff.). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist damit nicht die generelle Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung bis zur 130%-Grenze eröffnet. Die Klägerin kann mithin über die bereits gezahlten [X.] angefallenen Reparaturkosten hinaus nicht den Ersatz weiterer [X.] verlangen. 2. Keinen Erfolg hat die Revision, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht der Klägerin Nutzungsausfall in Höhe von 38 • für einen weiteren Tag zugesprochen hat. 9 a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vor-bringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Scha-densbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteil vom 18. Mai 2010 - [X.] ZR 293/08, [X.], 1054 Rn. 3 m.w.N.). Im Streitfall ist die Schätzung des Tatrichters revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat insbesondere der Klägerin nur den 10 - 6 - im [X.] beantragten weiteren Nutzungsausfall für einen Tag zuerkannt, also nicht einen Nutzungsausfall sowohl hinsichtlich des [X.] als auch hinsichtlich des Tags, an welchem das reparierte Fahrzeug aus der Werkstatt abgeholt wurde. Zudem ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] den Nutzungsausfall auch für die [X.] zugesprochen hat, in der die Klägerin wegen ihres Fahrradunfalls verletzt war, weil ihr Ehemann das Fahr-zeug (auch) benutzt hat und davon auszugehen ist, dass er sie während dieser [X.] - etwa bei notwendigen Arztbesuchen - befördert hätte. b) Die Revision ist auch nicht deswegen begründet, weil die Beklagte gegen den Anspruch auf Zahlung weiterer Nutzungsausfallentschädigung die Aufrechnung mit überzahlten Reparaturkosten erklärt hat. Die Klägerin hat im Streitfall nämlich nicht nur einen Anspruch auf Ersatz des [X.] in Höhe von 1.400 •; ihr steht vielmehr der Ersatz der von der [X.] gezahlten Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 • zu. 11 Zwar ist die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur - wie hier - mehr als 30% über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so [X.] die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130% des [X.]) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespal-ten werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 - [X.] ZR 67/91, [X.] 115, 375, 378 ff.; vom 10. Juli 2007 - [X.] ZR 258/06, [X.], 1244 Rn. 6). In [X.] Urteil vom 10. Juli 2007 hat der Senat offen gelassen, ob der Geschädigte gleichwohl Ersatz von Reparaturkosten verlangen kann, wenn es ihm [X.] - 7 - lich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130%-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundla-ge seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2007 - [X.] ZR 258/06, aaO Rn. 7; [X.], Verkehrsrecht aktuell 2009, 149, 150 ff.). Im Streitfall übersteigen die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten in Höhe von 2.139,70 • selbst bei Berücksichtigung eines nach der Reparatur verbleibenden Minderwerts von 50 • den vom vorgerichtlichen Sachverständi-gen ermittelten Wiederbeschaffungswert nicht. Jedenfalls unter solchen Um-ständen, bei denen zwar die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkos-ten über der 130%-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber - auch unter [X.] von Gebrauchtteilen - gelungen ist, eine nach Auffassung des [X.] beratenen Berufungsgerichts fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den [X.] nicht übersteigen, kann ihm aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Abrechnung der konkret angefallenen [X.] nicht verwehrt werden. Die entsprechende Bewertung des Berufungsge-richts, welche in Einklang mit dem Gutachten des Gerichtssachverständigen und der Stellungnahme des vorgerichtlichen Sachverständigen vom 13. Juni 2008 steht, bewegt sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO und lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Klägerin stehen mithin die konkret angefallenen Kosten der Reparatur zu, die seitens der Beklagten be-reits erstattet worden sind. 13 - 8 - 3. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. 14 Galke Zoll [X.]
[X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 22.05.2008 - 9 C 6/08 - [X.], Entscheidung vom 01.07.2009 - 12 S 42/08 -

Meta

VI ZR 231/09

14.12.2010

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2010, Az. VI ZR 231/09 (REWIS RS 2010, 463)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 463

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