Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. 4 StR 165/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 6024

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4
StR 165/13
vom
8. Mai 2013
in der Strafsache
gegen

wegen erpresserischen Menschenraubes
u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und
nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8.
Mai
2013
gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28.
November 2012, soweit es ihn betrifft,
mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine allgemeine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen erpresserischen [X.] in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen ge-richtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Verfahrensrüge Erfolg.
1.
Nach den Feststellungen des [X.] steuerte der
Angeklagte seinen PKW plötzlich
vor den vom Zeugen C.

geführten Wagen
und zwang
diesen zu einer Notbremsung. Er
forderte die Nebenklägerin in

auf, in seinen
1
2
-
3
-
PKW, in dem auch die frühere Mitangeklagte

B.

saß,
umzusteigen;
dem kam die sehr verängstigte Nebenklägerin nach. Während
einer Fahrt noch im Stadtgebiet
von
Hamburg entschlossen
sich
der Angeklagte und B.

, die
Nebenklägerin
gegen deren Willen
nach
[X.] zu verbringen, um ihren Lebensgefährten
D.

zur Zahlung eines
ausstehenden Betrages aus einem
Drogengeschäft zu bewegen. In
[X.] hielt man sich im Haus des nieder-ländischen
Staatsangehörigen
A.

Bo.

auf. Bis zu ihrer Befreiung
durch
die [X.] Polizei

Morgen
des zweiten

gen der
An-geklagte
und
B.

die Nebenklägerin durch gegen Leib und Leben gerichtete
Drohungen dazu, ihren [X.] und eine Freundin zur
Beschaffung von
insgesamt 7.500

drängen.
2.
Die vom Beschwerdeführer zulässig erhobene Aufklärungsrüge ge-mäß §
244 Abs.
2 StPO greift durch.
a)
Folgendes liegt zu
Grunde:
Die Staatsanwaltschaft stellte in ihrer Begleitverfügung zur Anklageerhe-bung das Verfahren ein, soweit es sich gegen A.

Bo.

gerichtet hatte;
sie verneinte insoweit einen hinreichenden Tatverdacht
im Sinne des §
170 Abs.
2 Satz
1 StPO. Der in der Anklageschrift als Zeuge aufgeführte

Bo.

wurde schließlich auf Drängen der Verteidigerin des Angeklagten zur [X.] formlos geladen;
er erschien jedoch nicht. Nach Erörterung der Sach-
und Rechtslage stimmten die Staatsanwaltschaft, der [X.], die Verteidiger und die Angeklagten
der Verlesung der Niederschrift über die poli-zeiliche Beschuldigtenvernehmung

Bo.

s zu.
Der Vorsitzende
der Jugend-
kammer
kündigte die spätere Verlesung des Protokolls an;
diese unterblieb [X.], ohne dass den Akten Gründe
hierfür zu entnehmen wären.
3
4
5
-
4
-
b)
Das verstieß gegen §
244 Abs.
2 StPO.
Das [X.] hat die Verurteilung des Angeklagten

neben weiteren Beweiserwägungen

auf die für glaubhaft befundene Aussage der Neben-klägerin gestützt. Dies gilt insbesondere, soweit der Angeklagte behauptet
hatte, diese
sei freiwillig mit nach [X.] gefahren und habe sich freiwillig in dem Haus

Bo.

s
aufgehalten. Bei dieser Beweislage gebot es §
244
Abs.
2 StPO, allen erkennbaren und sinnvollen Möglichkeiten
zur Aufklärung
des
Sachverhalts nachzugehen (vgl. [X.], Urteil vom
10.
November 1992

1
StR
685/92, [X.]R StPO §
244 Abs.
6 Beweisantrag
23; zuletzt [X.], [X.] vom 19.
März 2013

5
StR
79/13). Deshalb hätte sich das [X.]
gedrängt sehen müssen, jedenfalls die protokollierte Aussage des damaligen Beschuldigten

Bo.

im Ermittlungsverfahren gemäß §
251 Abs.
1 Nr.
1 StPO
(vernehmungsersetzend)
zu verlesen.

Bo.

hatte unmittelbar die näheren
Umstände des Aufenthalts der Nebenklägerin seit deren Ankunft in [X.] wahrgenommen und hierüber auch detaillierte, die Einlassung des Angeklagten (und der früheren Mitangeklagten) stützende
Angaben gemacht.
Der [X.] kann nicht ausschließen, dass sich das [X.] nicht von der Glaubhaftigkeit der Aussage der Nebenklägerin überzeugt hätte, wenn es die Angaben

Bo.

s
ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt hät-
te und dementsprechend das Urteil anders ausgefallen wäre.
3.
Da das Verfahren sich nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten richtet, verweist der [X.] die Sache gemäß §
354 Abs.
2 Satz
1 StPO an eine allgemeine Strafkammer des [X.] zurück (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
März 2004

4
StR
518/03).
6
7
8
9
-
5
-
4.
Für die neue Verhandlung weist der [X.] darauf
hin, dass die An-nahme des [X.], der Angeklagte habe die erste Variante des
§
239a Abs.
1 StGB verwirklicht, auf der Grundlage der bisher getroffenen [X.] durchgreifenden Bedenken begegnet. Nach den Feststellungen auf UA
S.
10 fasste der Angeklagte den Entschluss, die Rückzahlung des aus dem Drogengeschäft mit D.

ausstehenden Geldbetrages zu erzwingen,
erst,
nachdem er
sich zuvor
bereits der Nebenklägerin
bemächtigt hatte. Dies könnte lediglich die Voraussetzungen der zweiten Variante des §
239a Abs.
1 StGB erfüllen. In diesem Fall würde freilich
die Annahme von Tateinheit mit einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß §
315b StGB
Bedenken
be-gegnen. Dessen Voraussetzungen
hat das [X.] allerdings ebenfalls nicht vollständig festgestellt, weil sich aus dem angefochtenen Urteil nicht ergibt, dass der Angeklagte mit [X.] gehandelt hat (vgl. zu die-sem Erfordernis in dem hier gegebenen Fall des sog. Inneneingriffs grund-legend [X.], Urteil
vom 20.
Februar 2003

4
StR
228/02, [X.]St 48, 233).
Roggenbuck
Cierniak
Franke

Bender
Quentin
10

Meta

4 StR 165/13

08.05.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. 4 StR 165/13 (REWIS RS 2013, 6024)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6024

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.