Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. IX ZR 232/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2605

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZR 232/12

vom

19. September 2013

in dem
Rechtsstreit

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.],
die
Richter
Prof. [X.], [X.], Grupp und die Richte-rin
Möhring

am
19. September
2013
beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 12.
Zivilsenats des [X.] vom 16.
August 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 69.096,66

Gründe:

Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.

1. Zu Unrecht beanstandet die Beschwerde
unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) und des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG), das Berufungsgericht habe bei Anwendung des §
133 Abs.
1 [X.] nicht zwischen dem Eintritt der [X.] und ihrer Kenntnis unterschieden.

Tatsächlich
hat das Berufungsgericht bei der Schuldnerin eine De-ckungslücke von 10
v.H.
festgestellt und daraus ihre Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 1 [X.]) hergeleitet. Ferner
ist es davon ausgegangen, dass den Ge-1
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schäftsführern der Schuldnerin die Zahlungsunfähigkeit bekannt war. Damit hat es die notwendige Differenzierung zwischen objektiven und subjektiven [X.] getroffen.

2. Die im Blick auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe bei der Prüfung der Zahlungseinstellung (§
17 Abs.
2 Satz
2 [X.]) zu Unrecht gestundete Forderungen in die Liquiditätsprü-fung eingestellt, ist bereits nicht entscheidungserheblich, weil das Berufungsge-richt die (zumindest drohende) Zahlungsunfähigkeit (§
17 Abs.
1
[X.]) aus der Feststellung einer Deckungslücke hergeleitet hat und die Ausführungen mithin eine bloße Hilfsbegründung bilden. Davon abgesehen hat das Berufungsgericht angenommen, dass ungeachtet der Stundungsvereinbarung andere fällige [X.] seitens der Schuldnerin nicht bedient werden konnten.

3. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG liegt nicht vor, soweit sich die Beklagte darauf beruft, das Berufungsgericht habe ihr Vorbringen nicht bedacht, von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bei Erhalt der ersten
Zahlung noch keine Kenntnis gehabt zu haben.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte bereits zwölf Tage vor der ersten Zahlung ihre Tätigkeit auf-genommen habe und deshalb über die Liquiditätslage der Schuldnerin unter-richtet gewesen sei. Vor diesem Hintergrund wurde das Vorbringen der [X.] tatsächlich berücksichtigt.

4. Ohne Erfolg macht die Beklagte unter Berufung auf Art.
103 Abs.
1 GG und eine Obersatzabweichung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) gel-tend, rechtsverbindliche
Zahlungszusagen ihrer Gesellschafter hätten einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin entgegengestanden.
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Mit Hilfe einer Zahlungszusage, durch die sich die Gesellschafter gegen-über ihrer GmbH verpflichten, dieser die zur Erfüllung ihrer jeweils fälligen [X.] benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, kann die Zahlungsunfähig-keit der GmbH vermieden werden. Dies setzt jedoch -
falls nicht der GmbH ein ungehinderter Zugriff auf die Mittel eröffnet wird

außerdem voraus, dass die Gesellschafter ihrer Ausstattungsverpflichtung tatsächlich nachkommen ([X.], Urteil vom 19.
Mai 2011 -
IX
ZR 9/10, [X.], 1085 Rn.
21). Mangels eines tatsächlichen Zahlungsflusses konnte im Streitfall
nicht allein aufgrund der Er-klärung ihrer Gesellschafter von einer Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ausgegangen
werden.

5. Zu Unrecht meint die Beschwerde
unter Berufung auf den Zulas-sungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO), die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähig-keit der Schuldnerin sei jedenfalls entfallen, weil sie infolge der [X.] der Gesellschafter nachträglich von dieser Möglichkeit ausgegangen sei.

Allein die Erteilung einer Zahlungszusage durch die Gesellschafter war nicht geeignet, die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu beseitigen. Mangels einer der Beklagten erkennbaren Liquidi-tätszufuhr an die Schuldnerin bestanden die auf eine Zahlungsunfähigkeit hin-deutenden Umstände weiter. Darum scheidet ein Wegfall der Kenntnis der [X.] von vornherein aus ([X.], Urteil vom 19.
Mai 2011 -
IX
ZR 9/10, [X.], 1085 Rn.
23).
Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit
wird
auch nach der von der Beschwerde angeführten, nur verkürzt wiedergegebenen
Senatsent-scheidung ([X.], Urteil vom 10.
Januar 2013 -
IX
ZR 13/12, [X.], 180 7
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Rn.
34) allein dann
beseitigt,
wenn die Umstände, die zwingend auf eine (dro-hende) Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, nicht mehr gegeben sind. Eine nachträgliche Änderung der Tatsachengrundlage scheidet im Streitfall mangels einer erkennbaren Liquiditätszufuhr aus ([X.], Urteil vom 19.
Mai 2011, aaO).

6. Ohne Erfolg
beruft sich die Beklagte darauf, die Vorsatzanfechtung scheide hier mit Rücksicht auf einen Sanierungsversuch aus.

Sowohl der Gesichtspunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit als auch derjenige der Inkongruenz können ihre Bedeutung als Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners verlieren, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist. Voraussetzung hierfür ist, dass zu der [X.] der [X.] Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegt, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und

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begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt ([X.], Urteil vom 21.
Februar 2013 -
IX
ZR 52/10, [X.], 763 Rn.
11). Im Streitfall fehlt es bereits an einem schlüssigen Sanierungskonzept. Eine ernsthafte und begründete Aussicht auf einen Sanierungserfolg war darum nicht gerechtfertigt.

[X.] Pape

Grupp Möhring
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.12.2010 -
10 O 335/09 -

O[X.], Entscheidung vom 16.08.2012 -
I-12 U 6/11 -

Meta

IX ZR 232/12

19.09.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. IX ZR 232/12 (REWIS RS 2013, 2605)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2605

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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