Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.02.2014, Az. I R 48/11

1. Senat | REWIS RS 2014, 8175

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Gegenstand

Ausnahmsweiser Abzug "finaler" ausländischer Betriebstättenverluste bei der Ermittlung des Gewinns


Leitsatz

1. Der Senat hält auch für Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 sowie Art. 13 Abs. 2 DBA-Belgien daran fest, dass Deutschland für (laufende und Veräußerungs-)Verluste, die ein in Deutschland ansässiges Unternehmen in seiner in Belgien belegenen Betriebstätte erwirtschaftet, kein Besteuerungsrecht hat (sog. Symmetriethese; ständige Rechtsprechung) .

2. Ein Verlustabzug kommt abweichend davon aus Gründen des Unionsrechts nur ausnahmsweise in Betracht, sofern und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste im Quellenstaat --als sog. finale Verluste-- steuerlich unter keinen Umständen anderweitig verwertbar sind (Anschluss an die ständige Rechtsprechung des EuGH). Eine derartige "Finalität" ist gegeben, wenn die Verluste im Quellenstaat aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden können oder ihr Abzug in jenem Staat zwar theoretisch noch möglich, aus tatsächlichen Gründen aber so gut wie ausgeschlossen ist und ein wider Erwarten dennoch erfolgter späterer Abzug im Inland verfahrensrechtlich noch rückwirkend nachvollzogen werden könnte (Bestätigung des Senatsurteils vom 9. Juni 2010 I R 107/09, BFHE 230, 35) .

3. Wird eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebstätte entgeltlich oder unentgeltlich übertragen, ist ein nach § 2a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG 1997 abgezogener Betriebstättenverlust nach § 2a Abs. 4 Nr. 2 i.d.F. von § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 i.d.F. des StBereinG 1999 (jetzt § 52 Abs. 3 Satz 7 EStG 2009) im Veranlagungszeitraum der Übertragung dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen; § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 ist in der vorgenannten Fassung für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2005 anzuwenden. Die Vorschrift bleibt im Veranlagungszeitraum 1999 danach unanwendbar, wenn die Übertragung der Betriebstätte (hier durch Verkauf an eine Kapitalgesellschaft) zwar im abweichenden Wirtschaftsjahr 1998/1999, tatsächlich jedoch noch im Kalenderjahr 1998 vorgenommen worden ist .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH mit einem seinerzeit abweichenden Wirtschaftsjahr zum 28. Februar, deren Geschäftsanteile im Streitjahr 1999 zu 60 v.H. von der R-GmbH --zugleich einem Zuliefererbetrieb der [X.] und zu jeweils 20 v.H. von den [X.] gehalten wurden. Sie betrieb das Großhandelsgeschäft mit [X.] Eisspezialitäten und mit dem Zubehör für den Betrieb von [X.]. Im Jahre 1996 gründete sie eine Zweigniederlassung in [X.], deren Aufbau sie mit einem Darlehen der R-GmbH finanzierte. Für die Niederlassung erstellte die Klägerin eine gesonderte Buchführung, deren Ergebnisse in den [X.] Jahresabschluss eingingen. Als Ergebnisse der [X.] Betriebstätte berücksichtigte die Klägerin in ihren [X.] Jahresabschlüssen für den Veranlagungszeitraum 1997 aus dem Wirtschaftsjahr 1996/1997 einen Verlust in Höhe von 88.816 DM und im Veranlagungszeitraum 1998 aus dem Wirtschaftsjahr 1997/1998 einen Verlust in Höhe von 354.514 DM. Insoweit fand die Regelung in § 2a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) Anwendung, die letztmals für den Veranlagungszeitraum 1998 anzuwenden war (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1 EStG 1997 i.d.F. des [X.] 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 [[X.], 402, BStBl I 1999, 304], nachfolgend § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.[X.] von steuerlichen Vorschriften --Steuerbereinigungsgesetz 1999-- vom 22. Dezember 1999 --EStG 1997 n.F.-- [[X.], 2601, [X.], 13], jetzt § 52 Abs. 3 Satz 4 EStG 2009), jeweils [X.]. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.] 1999).

2

Durch Kaufvertrag vom 12. November 1998 veräußerte die Klägerin das Betriebsvermögen ihrer [X.] Niederlassung rückwirkend zum 31. August 1998 an eine [X.] Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Naamloze vennootschap, deren Gesellschafter ebenfalls die [X.] waren. In ihrer Gewinnermittlung für das Rumpfwirtschaftsjahr 1998/1999 berücksichtigte die Klägerin aus dem Wirtschaftsjahr vom 1. März bis 31. August 1998 aus der [X.] Betriebstätte gewinnmindernd einen laufenden Verlust in Höhe von 169.708 DM und einen Veräußerungsverlust in Höhe von 504.523 DM, ferner Zinszahlungen aus dem Aufbaudarlehen in Höhe von 39.286 DM; diese Zahlungen hatte sie nicht der gesonderten Buchführung der [X.] Betriebstätte zugeordnet.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) lehnte es ab, im Streitjahr die Verluste aus der [X.] Betriebstätte zu berücksichtigen. Sie seien sämtlich nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 [X.]. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 sowie Art. 13 Abs. 2 des Abkommens zwischen der [X.] und dem Königreich [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 11. April 1967 --DBA-[X.]-- ([X.] 1969, 18, BStBl I 1969, 39) von der [X.] Besteuerung auszunehmen.

4

Die Klage gegen den hiernach geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1999 war erfolgreich. Das [X.] ([X.]) gab ihr durch Urteil vom 16. Juni 2011  6 K 445/09 statt und hob den Änderungsbescheid auf; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2011, 2088 abgedruckt.

5

Das [X.] stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

7

Dem Revisionsverfahren ist das [X.] ([X.]) beigetreten. Es hat sich in der Sache dem [X.] angeschlossen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet.

9

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 [X.]bs. 2 [X.]. [X.]bs. 1 [X.]StG 1999) unbeschränkt steuerpflichtige [X.]lägerin erwirtschaftete mit ihrer in [X.] belegenen Betriebstätte im Streitjahr Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von [X.]rt. 7 [X.]bs. 1 Satz 2 und [X.]bs. 2 DB[X.]-[X.]. Die Einkünfte aus der Betriebstätte können gemäß [X.]rt. 7 [X.]bs. 1 Satz 2 DB[X.]-[X.] sowie --betreffend die Gewinne aus der [X.] gemäß [X.]rt. 13 [X.]bs. 2 DB[X.]-[X.] in [X.] besteuert werden und sind nach [X.]rt. 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 DB[X.]-[X.] als aus [X.] stammende Einkünfte in der [X.] ([X.]) von der Steuer befreit. Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach [X.] Recht.

2. Da sich der Begriff der Betriebstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des [X.]s, dass nicht nur Betriebstättengewinne, sondern ebenso [X.]e aus der Bemessungsgrundlage der [X.] Steuer auszunehmen sind. Das gilt auch für die mit [X.] vereinbarte [X.]. Zwar weicht diese von der Regelungsfassung in [X.]rt. 23 [X.]bs. 1 des Musterabkommens der [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen ab; denn danach "nimmt" der [X.]nsässigkeitsstaat die betreffenden Einkünfte unter den gegebenen Umständen "von der Besteuerung aus", während sie nach [X.]rt. 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 DB[X.]-[X.] "von der Steuer befreit" sind. Doch bedingt die unterschiedliche Formulierung keine unterschiedliche rechtliche Behandlung der Verluste. Deutlich wird das nicht zuletzt anhand von Nr. 14 des zum DB[X.]-[X.] ergangenen [X.] vom 11. [X.]pril 1967 ([X.] 1969, 46, BStBl I 1969, 49), wo unter Bezugnahme auf [X.]rt. 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 und [X.]bs. 2 Nr. 1 DB[X.]-[X.] ausdrücklich die Steuerfreistellung der Verluste aus in dem jeweils anderen Vertragsstaat liegenden Betriebstätten angesprochen wird. Der [X.] nimmt deswegen, um Wiederholungen zu vermeiden, beispielhaften Bezug auf seine Urteile vom 17. Juli 2008 I R 84/04 ([X.], 398, [X.], 630) und vom 3. Februar 2010 I R 23/09 ([X.], 305, [X.], 599), beide für die [X.] mit [X.], und vom 9. Juni 2010 I R 107/09 ([X.], 35), dort für die [X.] mit [X.], sowie seinen Beschluss vom 29. November 2006 I R 45/05 ([X.], 149, [X.], 398), dort für die [X.] mit [X.] (s. auch [X.], Urteil vom 13. März 2013  10 [X.] 2067/12, [X.], 1430).

3. Letzteres --die Bezugnahme auf das [X.]surteil in [X.], 35-- gilt gleichermaßen für die unter den Beteiligten kontroverse Frage danach, ob die in [X.] erlittenen, aber nach [X.] Steuerrecht ermittelten und ihrer Höhe nach unstreitigen Verluste als sog. finale Verluste in [X.] trotz der prinzipiellen Freistellung ausnahmsweise abzugsfähig sind, weil sie in [X.] definitiv nicht mehr verwertet werden können und deswegen die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit (nach [X.]rt. 43 [X.]. [X.]rt. 48 des [X.] [X.] i.d.F. des [X.] zur Änderung des [X.] [X.], der Verträge zur Gründung der [X.]en und einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --[X.]--, [X.]mtsblatt der [X.]en 1997, Nr. [X.], 1, jetzt [X.]rt. 49 [X.]. [X.]rt. 54 des [X.] [X.]rbeitsweise der [X.] i.d.[X.] zur Änderung des [X.] [X.] und des [X.] [X.] --[X.]EUV--, [X.]mtsblatt der [X.] --[X.]BlEU-- 2008, Nr. [X.], 47) ihre Berücksichtigung in [X.] als dem [X.]nsässigkeitsstaat einfordert; jenem Staat wird für diesen Fall die "[X.]usfallbürgschaft" für die [X.]bzugsfähigkeit der andernfalls gänzlich unberücksichtigt bleibenden Verluste abverlangt. Der [X.] hat eine derartige [X.]bzugsnotwendigkeit für Sachverhalte angenommen, in welchen der [X.] aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden kann, beispielsweise bei der entgeltlichen Übertragung der Betriebstätte, also der Situation des Streitfalls. Er hat sich dabei auf die einschlägige Spruchpraxis des Gerichtshofs der [X.] (früher Gerichtshof der [X.]en) --[X.]-- (namentlich in dessen Urteil vom 15. Mai 2008, [X.], [X.]/06, [X.]. 2008, [X.], [X.], 692) gestützt, und er sieht sich daran durch die Folgeentscheidungen des [X.] bestätigt. Insbesondere im Urteil vom 21. Februar 2013, [X.], [X.]/11 ([X.] Steuerrecht --DStR-- 2013, 392), hat er seine Spruchpraxis bekräftigt, und nichts anderes ergibt sich aus der jüngsten Entscheidung, dem Urteil vom 7. November 2013, [X.], [X.]/11 ([X.], 2441). [X.] Erwartungen, welche in beiden Verfahren durch die jeweiligen Schlussanträge der Generalanwältin [X.]okott (vom 19. Juli 2012, Internationales Steuerrecht --[X.]-- 2012, 618) sowie des Generalanwalts [X.] (vom 21. März 2013, [X.], 312) und der darin zum [X.]usdruck gekommenen Fundamentalkritik an der Spruchpraxis zu den sog. finalen Verlusten geschürt worden sind (s. aus wissenschaftlicher Sicht dagegen unter dem [X.]spekt des sog. Folgerichtigkeitsgebots grundlegend auch [X.]arrenbrock, Die steuerliche Berücksichtigung ausländischer [X.]e im Inland, 2013, S. 162 ff. und passim), haben sich hingegen nicht erfüllt; der [X.] hat sich den Schlussanträgen in beiden Fällen erklärtermaßen --in "geradezu stoischer Manier" (so [X.], [X.] --[X.]-- 2013, 381, 383)-- nicht angeschlossen, vielmehr seine bisherigen Rechtsstandpunkte vollauf beibehalten. Nichts anderes gilt, was das [X.]-Urteil vom 25. Februar 2010, [X.], [X.]/08 ([X.]. 2010, [X.]) anbelangt; soweit vor allem die Finanzverwaltung darin ein [X.]brücken des Gerichtshofs von der vorgängigen Rechtsprechung zu erkennen glaubte (vgl. z.B. [X.]/Staats, [X.] 2010, 668; [X.], [X.] 2013, 216; [X.], [X.] 2011, 24), hat sich das nicht bewahrheitet (s.a. [X.] in [X.]irchhof, EStG, 13. [X.]ufl., § 2a Rz 5 und 5a, m.w.N.). Der [X.] hat dieserhalb nach allem keinen Grund, nun seinerseits seine Rechtsprechung, welche auf der [X.]-Judikatur aufbaut, in Frage zu stellen oder abermals den [X.] gemäß [X.]rt. 267 [X.]bs. 3 [X.]EUV anzurufen; die einschlägigen Rechtsfragen sind geklärt (vgl. [X.]-Urteil vom 6. Oktober 1982, [X.], [X.]. 283/81, [X.]. 1982, 3415; s.a. [X.] in [X.]irchhof, a.a.[X.], § 2a Rz 5a, m.w.N.).

4. Der tatrichterlich festgestellte und den [X.] bindende (vgl. § 118 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) Sachverhalt des Streitfalls veranlasst ebenfalls nicht zu einer abweichenden Einschätzung.

a) Zwar ist es Sache des Steuerpflichtigen, die "finale" Nichtverwertbarkeit der [X.]uslandsverluste im Betriebstättenstaat nachzuweisen. Das aber ist nach den Feststellungen des [X.] zum [X.] Steuerrecht geschehen. [X.]llerdings lassen sich die streitgegenständlichen [X.]e danach womöglich bei einem neuerlichen Engagement der [X.]lägerin in [X.] in irgendeiner Weise --beispielsweise durch Wiedereröffnung einer [X.] steuerlich zukünftig effektuieren. Doch ist de facto nichts dafür dargetan oder ersichtlich, und das ist angesichts des Streitjahres und der vergangenen [X.] auch eher unwahrscheinlich. Sollte sich eine derartige Verlustnutzung dennoch ergeben haben oder noch ergeben, böte das [X.] allgemeine [X.]bgabenrecht vermittels § 175 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 der [X.]bgabenordnung ([X.]) die verfahrensrechtliche Handhabe, dem rückwirkend Rechnung zu tragen; auch dazu ist auf das [X.]surteil in [X.], 35 zu verweisen. Dem vom F[X.] und dem beigetretenen [X.] ins Feld geführten [X.]rgument, allein die nach [X.] Steuerrecht rechtlich bestehende abstrakte Möglichkeit einer künftigen Verlustnutzung genüge, um eine "Finalität" der Verluste im unionsrechtlichen Sinne auszuschließen, folgt der [X.] jedenfalls dann nicht, wenn eine solche Möglichkeit nur "auf dem Papier steht" und keinen Bezug zu den tatsächlichen Gegebenheiten aufweist und deswegen aus tatsächlichen Gründen so gut wie ausgeschlossen ist. Dass der Verlustabzug im anderen Vertragsstaat aus rechtlicher --und aus unionsrechtlich damit prinzipiell unbeachtlicher (vgl. dazu [X.]-Urteil vom 23. Oktober 2008, [X.]rankenheim Ruhesitz am [X.], [X.]/07, [X.]. 2008, [X.], sowie im [X.]nschluss daran z.B. [X.]surteil in [X.], 305, [X.], 599)- Sicht nicht gänzlich ausgeschlossen ist, tritt dann für die Frage nach der endgültigen Unverwertbarkeit der ausländischen Verluste zurück (vgl. umfassend und m.w.[X.], [X.] im [X.]onzern, 2010, S. 522 ff.).

b) Ebensowenig bietet der festgestellte Sachverhalt [X.]nhaltspunkte dafür, dass die [X.]lägerin sich vermittels des Verkaufs ihrer [X.] Betriebstätte "willkürlich" oder "freiwillig" in die ihr unter den gegebenen Umständen steuerlich günstige Situation "finaler" Verluste begeben hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der [X.] im Rahmen der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit aus betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit erfolgt ist. Soweit das F[X.] in der mündlichen Verhandlung insoweit einen "Beliebigkeitsfaktor" angesprochen hat, ist das deshalb nicht weiterführend. [X.] oder beliebigen Transaktionen der beteiligten Steuerpflichtigen, um "finale Verluste" zu generieren, unterfallen --wie sonst auch-- dem allgemeinen abgabenrechtlichen Missbrauchsvorbehalt (§ 42 [X.]). Gibt die zu beurteilende Sachverhaltsgestaltung aber dafür nichts her, besteht kein Grund, die Berücksichtigung "finaler Verluste" unter einen allgemeinen Missbrauchsvorbehalt zu stellen (s. auch [X.] in [X.]irchhof, a.a.[X.], § 2a Rz 5a; [X.], Die Unternehmensbesteuerung 2011, 504; s. auch [X.], Grenzüberschreitende Verlustverrechnung als [X.]erngebiet des Europäischen Steuerrechts, 2011, S. 224 ff., S. 234 ff., jeweils m.w.N.; [X.], a.a.[X.], S. 417, S. 524 f.). Für den Streitfall hat das F[X.] in diese Richtung denn auch keine belastbaren Mutmaßungen angestellt. Dass der Verkauf der Betriebstätte an eine konzernverbundene Gesellschaft erfolgt ist, gibt für sich genommen dafür jedenfalls keine Handhabe. Und ohnehin bleibt zu berücksichtigen, dass die [X.] im Streitjahr 1999 kaum in der Lage gewesen sein dürften, die erst Jahre später entwickelte Spruchpraxis des [X.] zu den sog. finalen Verlusten zu antizipieren und ihre Gestaltungen vorgreiflich danach auszurichten. Schon das allein widerspricht entsprechenden [X.]nnahmen.

5. Da die in Rede stehenden Verluste solche des Streitjahres sind, stellt sich schließlich nicht die Frage, ob das Streitjahr auch das [X.]bzugsjahr im Sinne des sog. Finalitätsjahres ist (s. auch dazu [X.]surteil in [X.], 35, sowie [X.]sbeschluss vom 9. November 2010 I R 16/10, [X.] 231, 554). Der Verlustabzug aus der Veräußerung der Betriebstätte ist folglich im Streitjahr aus Gründen unionsrechtlicher [X.]nforderungen unabhängig davon zu gewährleisten, dass der [X.] Gesetzgeber im Einkommensteuer- und [X.]örperschaftsteuerrecht bedauerlicherweise bislang davon abgesehen hat, einschlägige [X.]bzugsvorschriften zu schaffen.

6. Der [X.] hat allerdings erwogen, ob es unbeschadet dessen und der danach konstatierten Berücksichtigung der in Rede stehenden Verluste als "finale" dennoch eines weiteren [X.]bwartens bedürfte, bis der [X.] in der ihm vorliegenden ([X.]) Rechtssache [X.]/13, Nordea Bank Danmark [X.]/S ([X.]BlEU 2013, Nr. [X.], 11) entscheidet. Diese Erwägung schlägt jedoch nicht durch.

a) In jener beim [X.] anhängigen Rechtssache geht es um die "asymmetrische" Situation der Nachbesteuerung nach vorherigem Verlustabzug, wie sie bis zum Veranlagungszeitraum 1998 (s. § 52 [X.]bs. 3 Satz 2 EStG 1997 n.F., jetzt § 52 [X.]bs. 3 Satz 4 EStG 2009) in § 2a [X.]bs. 3 und 4 EStG 1997 (a.F.) auch in [X.] geregelt war. Die Vorlagefrage des [X.] Gerichts (des [X.]) geht in diesem Zusammenhang dahin, ob "[X.]rt. 49 [X.]EUV [X.]. [X.]rt. 54 [X.]EUV (früher [X.]rt. 43 [X.]. [X.]rt. 48 [X.]) und [X.]rt. 31 des EWR-[X.]bkommens [X.]. [X.]rt. 34 einen Mitgliedstaat, der einer gebietsansässigen Gesellschaft den laufenden [X.]bzug von Verlusten einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Betriebstätte gestattet, an einer vollständigen Nachbesteuerung der Verluste der Betriebstätte (in dem Umfang, in dem ihnen keine Gewinne in späteren Jahren entsprechen) bei der genannten Gesellschaft (hindern), wenn die Betriebstätte geschlossen wird und in diesem Zusammenhang ein Teil ihres Geschäfts an eine verbundene Gesellschaft übertragen wird, die im gleichen Staat wie die Betriebstätte ansässig ist, und davon auszugehen ist, dass die Möglichkeiten der Berücksichtigung der betreffenden Verluste ausgeschöpft sind". Doch ist diese Situation nach den tatrichterlichen Feststellungen im Streitfall nicht einschlägig.

aa) Zwar hat die [X.]lägerin danach mit ihrer [X.] Betriebstätte in den Vorjahren (laufende) Verluste (im Wirtschaftsjahr 1996/1997 in Höhe von 88.816 DM und im Wirtschaftsjahr 1997/1998 in Höhe von 354.514 DM) erwirtschaftet, welche nach Maßgabe des genannten § 2a [X.]bs. 3 EStG 1997 (a.F.) in den jeweiligen Wirtschaftsjahren auf [X.]ntrag vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden waren (vgl. dazu auch Nr. 14 des zum DB[X.]-[X.] ergangenen [X.] vom 11. [X.]pril 1967, [X.] 1969, 46, BStBl I 1969, 49). Diese abgezogenen Verluste wären aber wohl nach § 2a [X.]bs. 4 EStG 1997 in dessen zwischenzeitlich geänderten, vom Veranlagungszeitraum 1999 an geltenden Fassung des § 52 [X.]bs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. (jetzt § 52 [X.]bs. 3 Satz 7 EStG 2009), jeweils [X.]. § 8 [X.]bs. 1 [X.]StG 1999, [X.]. Mit jener Regelungsfassung hat der Gesetzgeber nämlich --um etwaigen [X.]usweggestaltungen vorzubeugen-- (Ersatz-)Tatbestände geschaffen, u.a. in § 2a [X.]bs. 4 Nr. 2 EStG 1997 in der vorgenannten Fassung. Wird eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebstätte entgeltlich übertragen, ist danach ein nach § 2a [X.]bs. 3 Satz 1 und 2 EStG 1997 abgezogener [X.] im Veranlagungszeitraum der Übertragung dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen (vgl. dazu bereits [X.]sbeschluss vom 16. Dezember 2008 I R 96/05, [X.], 744). Das betrifft nach den tatrichterlichen Feststellungen auch den Streitfall und gilt letztlich unabhängig davon, dass die in Rede stehenden (laufenden) Verluste des Streitjahres (in Höhe von insgesamt 713.517 DM) aus unionsrechtlichen Gründen infolge "Finalität" als solche abziehbar sind (vgl. [X.], [X.] 2013, 220, 224).

bb) [X.] ist § 2a [X.]bs. 4 i.d.F. von § 52 [X.]bs. 3 Satz 5 EStG 1997 in der vorgenannten Fassung "für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2005" anzuwenden und damit für das Streitjahr nicht anwendbar. Denn im Streitfall erfolgte die Betriebstättenveräußerung bereits am 12. November 1998 mit Wirkung zum 31. [X.]ugust 1998. Dass der [X.] dennoch dem Veranlagungszeitraum 1999 zuzurechnen ist, liegt allein an dem abweichenden Wirtschaftsjahr der [X.]lägerin zum 28. Februar, ändert aber nichts daran, dass die Hinzurechnung nach § 2a [X.]bs. 4 EStG 1997 --in Einklang mit dem Berechnungsschema, wie dies in R 29 [X.]bs. 1 Satz 2 der [X.]örperschaftsteuer-Richtlinien 2008 ([X.]. R 2 [X.]bs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR 2008--, s.a. R 3 EStR 1996) wiedergegeben ist, und in Einklang auch mit der aktenkundigen Rechtsauffassung der Betriebsprüfung des F[X.]-- außerhalb der steuerlichen Gewinnermittlung bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (vgl. dazu § 2 [X.]bs. 3 EStG 1997) vorzunehmen ist. Im Streitfall betrifft das die steuerliche Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 und damit den zum Ende des Veranlagungszeitraums 1998 zu berechnenden Gesamtbetrag der Einkünfte. Für diesen [X.]punkt war aber --letztmals (vgl. § 52 [X.]bs. 3 Satz 4 EStG 1997 n.[X.] noch § 2a [X.]bs. 3 und 4 EStG 1997 (a.F.) und (noch) nicht die neukonzipierte Hinzurechnungsvorschrift anzuwenden, und wohl deswegen ist auf eine etwaige veräußerungsbedingte Hinzurechnung der zuvor abgezogenen laufenden [X.]e bei der [X.]lägerin seitens des F[X.] denn auch verzichtet worden (obschon das u.U. auch auf Basis der früheren Regelung des § 2a [X.]bs. 4 EStG 1997 (a.F.) nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen wäre, vgl. dazu [X.] in [X.]/ [X.]/[X.]/[X.], [X.]ußensteuerrecht, § 2a EStG Rz 569; [X.] in [X.]irchhof, a.a.[X.], § 2a Rz 56, jeweils m.w.N.; zum "untechnischen" Verständnis des in § 2a [X.]bs. 4 EStG 1997 (a.F.) verwendeten Begriffs der Umwandlung einer Betriebstätte s. auch bereits [X.], Urteil vom 30. [X.]pril 1991 VIII R 68/86, [X.] 165, 46, [X.] 1991, 873). Dass nach § 4a [X.]bs. 2 Nr. 2 EStG 1997 der Gewinn des abweichenden Wirtschaftsjahres als in dem [X.]alenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet, und dass Letzteres in dasjenige [X.]alenderjahr fällt, nach dessen [X.]blauf die Einkommensteuer nach § 25 [X.]bs. 1 EStG 1997 --als den maßgebenden [X.] veranlagt wird, wirkt sich sonach auf die erstmalige [X.]nwendung von § 2a [X.]bs. 4 EStG 1997 i.d.F. von § 52 [X.]bs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. (jetzt § 52 [X.]bs. 3 Satz 7 EStG 2009) nicht aus.

b) [X.]onsequenz all dessen ist, dass die [X.]bzugsfähigkeit der "finalen Verluste" nach Maßgabe des unter zuvor (unter [X.]) Gesagten uneingeschränkt erhalten bleibt. Der Umfang der abzugsfähigen Verluste wird nicht durch damit zu saldierende [X.] nach § 2a [X.]bs. 4 Nr. 2 EStG 1997 i.d.F. von § 52 [X.]bs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. (jetzt § 52 [X.]bs. 3 Satz 7 EStG 2009) aus [X.]nlass der Betriebstättenveräußerung geschmälert.

Meta

I R 48/11

05.02.2014

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 16. Juni 2011, Az: 6 K 445/09, Urteil

§ 2 Abs 3 EStG 1997, § 2a Abs 3 EStG 1997, § 2a Abs 4 EStG 1997, § 4a Abs 2 Nr 2 EStG 1997, § 25 Abs 1 EStG 1997, § 2a Abs 4 Nr 2 EStG 1997 vom 22.12.1999, § 52 Abs 3 S 2 EStG 1997 vom 22.12.1999, § 52 Abs 3 S 5 EStG 1997 vom 22.12.1999, § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, Art 7 Abs 1 S 2 DBA BEL, Art 7 Abs 2 DBA BEL, Art 13 Abs 2 DBA BEL, Art 23 Abs 1 S 1 Nr 1 S 1 DBA BEL, Art 43 EG, Art 48 EG, § 52 Abs 3 S 4 EStG 2009, § 52 Abs 3 S 7 EStG 2009, Art 49 AEUV, Art 54 AEUV, § 8 Abs 1 KStG 1999, § 42 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.02.2014, Az. I R 48/11 (REWIS RS 2014, 8175)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8175

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