Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2007, Az. StB 18/06

3. Strafsenat | REWIS RS 2007, 5476

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]BESCHLUSS StB 18/06 vom 31. Januar 2007 Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja __________________ [X.] § 102 Die "verdeckte [X.]" ist mangels einer Ermächtigungsgrundla-ge unzulässig. Sie kann insbesondere nicht auf § 102 [X.] gestützt werden. Diese Vorschrift gestattet nicht eine auf heimliche Ausführung angelegte Durch-suchung. [X.], [X.]. vom 31. Januar 2007 - StB 18/06 - Ermittlungsrichter des [X.] in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen des Verdachts der Gründung einer terroristischen Vereinigung u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat am 31. Januar 2007 gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2, § 304 Abs. 1 und 5 [X.], § 120 Abs. 1 Nr. 6, § 135 Abs. 2 [X.] beschlossen: Die Beschwerde des [X.] gegen den [X.]uss des Ermittlungsrichters des [X.] vom 25. November 2006 - 1 [X.]/2006 - wird verwor-fen. Die St[X.]tskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten zu tragen. Gründe: [X.] Der [X.] führt gegen den Beschuldigten und weitere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Gründung einer terroristischen Vereinigung und anderer Straftaten. Er hat beim [X.] des [X.] beantragt, "gemäß § 102, § 105 Abs. 1, § 94, § 98, § 169 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Durchsuchung des von dem Beschuldigten be-nutzten [X.]/Laptops, insbesondere der auf der Festplatte und im Arbeitsspeicher abgelegten Dateien ..., und deren [X.]agnahme anzuord-nen und den Ermittlungsbehörden zur verdeckten Ausführung dieser Maßnah-me zu gestatten, ein hierfür konzipiertes Computerprogramm dem [X.] zur Installation zuzuspielen, um die auf den Speichermedien des Computers abgelegten Dateien zu kopieren und zum Zwecke der Durchsicht an die [X.] - 3 -lungsbehörden zu übertragen" (im Folgenden: verdeckte Online-Durch-suchung). Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand liegt es nahe, dass auf dem Computer verfahrensrelevante Informationen abgespeichert sind. Mit [X.]uss vom 25. November 2006 - [X.].: 1 [X.]/2006 - hat der Ermittlungsrichter des [X.] den Antrag abgelehnt. Hiergegen wendet sich der [X.] mit seiner Beschwerde. Der Ermittlungs-richter hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen. 2 I[X.] Die gemäß § 304 Abs. 5 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat der Ermittlungsrichter des Bundes-gerichtshofs die verdeckte [X.], die erheblich in Grundrechte des Betroffenen eingreift, nicht gestattet; denn es fehlt an der erforderlichen formell-gesetzlichen Befugnisnorm. 3 1. Entgegen der Meinung des [X.] ist die verdeckte [X.] nicht durch § 102 [X.] (Durchsuchung beim Verdächti-gen) in Verbindung mit § 110 [X.] (Durchsuchung von Papieren, auch von e-lektronischen Speichermedien, vgl. [X.] NJW 2006, 976, 980; 2005, 1917, 1921; [X.] NStZ 2003, 670; [X.], [X.] 49. Aufl. § 110 Rdn. 1) und §§ 94 ff. [X.] ([X.]agnahme) gedeckt (ebenso [X.] in Hoeren/[X.], Handbuch [X.]. 704; [X.] 1995, 489, 494; [X.] GA 2000, 563, 572 f.; [X.], [X.] f.; aA: [X.] - [X.], 28; [X.] NStZ 2005, 121, 123 ff.; [X.] 1999, 281, 285). 4 a) Die Anordnung einer auf verdeckte Ausführung angelegten Durchsu-chung findet in §§ 102 ff. [X.] keine Grundlage. Das gilt unabhängig davon, ob - wie hier - ihr Gegenstand ein Computer und ihr Ziel das Auffinden bestimmter Dateien ist mit der Folge, dass auch das Recht auf informationelle [X.] - 4 -stimmung (vgl. [X.]E 65, 1 ff.; [X.] NJW 2006, 976, 979 f.) berührt wird, oder ob die Suche nach körperlichen Gegenständen erlaubt werden soll. Das Bild der Strafprozessordnung von einer rechtmäßigen Durchsuchung ist [X.] geprägt, dass [X.] am Ort der Durchsuchung körperlich anwesend sind und die Ermittlungen offen legen (vgl. [X.] NJW 2006, 976, 981; [X.] [X.]O Rdn. 704; [X.] in [X.][X.], 25. Aufl. § 102 Rdn. 1; [X.] in [X.]. § 102 Rdn. 1; Bär [X.]O 494; [X.] [X.]O 572 f.; aA: [X.] 285; [X.] [X.]O 121, 123). [X.]) Dafür sprechen zunächst die Vorschriften der Strafprozessordnung über die Durchführung der Durchsuchung. § 106 Abs. 1 Satz 1 [X.] sieht [X.] ein Recht des Inhabers der zu durchsuchenden Räume oder Gegen-stände auf Anwesenheit vor ("... darf ... der Durchsuchung beiwohnen", vgl. Ru-dolphi in SK-[X.] § 106 Rdn. 2; [X.] [X.]O § 106 Rdn. 2). Bei seiner Abwesenheit ist gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 [X.], wenn möglich, sein Vertreter oder ein Erwachsener aus dem [X.] oder Nachbarschaft zuzuzie-hen. § 105 Abs. 2 [X.] verlangt bei einer Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums, die ohne Beisein des [X.] oder des St[X.]tsanwalts stattfindet, nach Möglichkeit die Beiziehung eines Gemeindebeamten oder von zwei Gemeindemitgliedern, die nicht Polizeibeam-te oder Ermittlungspersonen der St[X.]tsanwaltschaft sein dürfen. Die Fassun-gen des § 105 Abs. 2 Satz 1 [X.] ("... sind ... zuzuziehen") und des § 106 Abs. 1 Satz 2 [X.] ("... ist ... zuzuziehen") postulieren Pflichten der Ermittlungsorga-ne (vgl. [X.] [X.]O § 105 Rdn. 16 f., § 106 Rdn. 1, 6; [X.] [X.]O § 105 Rdn. 10, § 106 Rdn. 4). Nach § 107 Satz 1 [X.] ist dem von der Durchsu-chung Betroffenen nach deren Beendigung auf Verlangen eine schriftliche Durchsuchungsbescheinigung zu erteilen, was voraussetzt, dass ihm zeitnah die Kenntnis von der erfolgten Durchsuchung vermittelt wird. Diese Vorschrift will gewährleisten, dass der Betroffene unmittelbar nach Beendigung der Maß-nahme über den Grund der Durchsuchung informiert wird und damit Gelegen-heit erhält, deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls nachträg-lich Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. [X.] [X.]O § 107 Rdn. 1). 6 - 5 - Diese Regelungen sind nach ihrem Wortlaut (siehe oben) sowie nach ih-rem Sinn und Zweck, den von einer Durchsuchung Betroffenen zu schützen, als wesentliche Förmlichkeiten zwingendes Recht und nicht lediglich Vorschriften, die zur beliebigen Disposition der Ermittlungsorgane stehen. Von ihrer Beach-tung hängt die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung ab (vgl. [X.] [X.]O § 105 Rdn. 56, § 106 Rdn. 15; [X.] [X.]O § 105 Rdn. 17, 18, § 106 Rdn. 1; [X.] [X.]O § 105 Rdn. 14; [X.] [X.]O § 105 Rdn. 10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Einschränkung "wenn möglich" in § 105 Abs. 2 Satz 1 [X.] und § 106 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Unmöglich im Sinne dieser Vorschriften ist die Beiziehung von Zeugen nur dann, wenn die durch Tatsachen begründete naheliegende Möglichkeit besteht, dass durch die Suche nach bereiten Zeugen der Erfolg der Durchsuchung vereitelt wird (vgl. [X.] [X.]O § 105 Rdn. 55; [X.] [X.]O § 105 Rdn. 18). Sie darf aber nicht aus ermittlungstaktischen Er-wägungen unterbleiben, um den Tatverdächtigen über die Durchsuchung sowie die gegen ihn geführten Ermittlungen in Unkenntnis zu halten. 7 Der Gegenauffassung, es handle sich nicht um zwingendes Recht, son-dern um bloße Ordnungsvorschriften (so [X.] [X.]O 121, 124), kann nicht gefolgt werden. Dass § 105 Abs. 2 [X.] und § 106 Abs. 1 [X.] lediglich die Art und Weise der Durchführung einer Durchsuchung und nicht ihre Anordnung selbst regeln, ändert nichts daran, dass sie aus den dargelegten Gründen von den Ermittlungsorganen zwingend einzuhalten sind (vgl. [X.] [X.]O § 105 Rdn. 21, § 106 Rdn. 1; [X.] [X.]O § 107 Rdn. 6; [X.] [X.]O § 105 Rdn. 30, § 106 Rdn. 1). Zutreffend ist allerdings, dass in der Diskussion um die Frage, ob aus der Verletzung dieser Vorschriften ein Beweisverwertungsverbot folgt, diese zuweilen als bloße Ordnungsvorschriften bezeichnet werden (vgl. [X.] [X.]O § 106 Rdn. 1, § 107 Rdn. 1; siehe dazu aber auch die Ent-scheidung des [X.] NJW 2005, 1917, 1923, nach der zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensver-stößen ein Beweisverwertungsverbot als Folge einer fehlerhaften Durchsu-chung und [X.]agnahme von Datenträgern und darauf vorhandenen Daten 8 - 6 -geboten ist). Es mag dahin gestellt bleiben, ob diese Begriffsbildung sinnvoll oder eher verwirrend ist. Jedenfalls aber darf sie sich nicht verselbständigen. Aus dem Umstand, dass nach überwiegender Meinung ein Verstoß gegen [X.] Regelungen kein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat und sie zur [X.] als Ordnungsvorschriften bezeichnet werden, kann nicht geschlossen werden, ihre Befolgung stünde zur Disposition der [X.]. Dieser Schluss würde die Frage nach den Voraussetzungen für eine rechtmäßige Durchsuchung mit der nach den Rechtsfolgen einer rechts-widrig durchgeführten Maßnahme vermengen. Nach alledem ist es den Ermittlungsbehörden - unabhängig davon, wo-nach gesucht wird - verboten, eine richterliche Durchsuchungsanordnung [X.] heimlich durchzuführen, um auf diese Weise dem Tatverdächtigen keine Hinweise auf die gegen ihn geführten Ermittlungen zu geben und den Erfolg weiterer Ermittlungen nicht zu gefährden. Dementsprechend versteht es sich, dass [X.] keine Durchsuchung anordnen darf, die - wie die verdeckte [X.] - von vornherein darauf abzielt, bei ihrem Vollzug die ge-setzlichen Schutzvorschriften des § 105 Abs. 2 und des § 106 Abs. 1 [X.] [X.] zu setzen. 9 Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht mit der Erwägung begründen, eine verdeckt durchgeführte Durchsuchung sei von der Befugnisnorm des § 102 [X.] gedeckt, weil sie für den Betroffenen weniger belastend sei als die offen durchgeführte Durchsuchung, bei der eine Wohnung betreten wird (so aber [X.] [X.]O 121, 124). Das Gegenteil trifft zu: Jede heimliche Durchsuchung ist im Vergleich zu der in §§ 102 ff. [X.] geregelten offenen Durchsuchung wegen ihrer erhöhten Eingriffsintensität eine Zwangsmaßnahme mit einem neuen, eigenständigen Charakter. Die offene Durchführung gibt dem [X.] die Möglichkeit, je nach den Umständen die Maßnahme durch Herausgabe des gesuchten Gegenstandes abzuwenden bzw. in ihrer Dauer und Intensität zu begrenzen, ferner ihr - gegebenenfalls mit Hilfe anwaltlichen Beistands - be-reits während des Vollzugs entgegen zu treten, wenn es an den gesetzlichen 10 - 7 -Voraussetzungen fehlt, oder aber zumindest die Art und Weise der Durchsu-chung zu kontrollieren, insbesondere die Einhaltung der im [X.] gezogenen Grenzen zu überwachen (vgl. [X.] NJW 2006, 976, 981; Bär [X.]O 489, 494). Die heimliche Durchsuchung nimmt dem Betroffenen diese Möglichkeiten. [X.]) Auch systematische Erwägungen sprechen dafür, die Durchsuchung im Sinne des § 102 [X.] nur als eine offen auszuführende Maßnahme zu er-lauben. 11 Die besonders grundrechtsintensiven Ermittlungsmaßnahmen mit techni-schen Mitteln (wie etwa die Überwachung der Telekommunikation, die Wohn-raumüberwachung und der Einsatz technischer Mittel), die ohne Wissen des Betroffenen erfolgen können, sind in §§ 100 a bis 100 i [X.] geregelt. Für sie bestehen gerade auch wegen ihrer Heimlichkeit hohe formelle (vgl. § 100 b Abs. 2, Abs. 6 Satz 2, § 100 c Abs. 5 Satz 4, § 100 d Abs. 1 - 4 [X.]) und ma-terielle Anforderungen an die Anordnung und die Durchführung. Insbesondere dürfen sie nur beim Verdacht bestimmter schwerer Straftaten angeordnet wer-den, wenn andere erfolgversprechende Aufklärungsmittel nicht vorhanden sind und sie nicht in den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung ein-greifen (vgl. § 100 a Satz 1, § 100 c Abs. 1, 2 und 4, § 100 f Abs. 1 und 2 [X.]). Die einzelnen Befugnisnormen regeln maßnahmespezifisch, unter wel-chen Voraussetzungen Dritte von den Maßnahmen betroffen sein dürfen (vgl. § 100 a Satz 2, § 100 c Abs. 3 und 6, § 100 f Abs. 3 und 4 [X.]). Sie enthalten ausführliche Regelungen über den A[X.]ruch der Maßnahmen, die Verwertung der gewonnenen Erkenntnisse und die Vernichtung personenbezogener Infor-mationen (vgl. § 100 a Abs. 4 - 6, § 100 c Abs. 5 - 7, § 100 d Abs. 5 und 6, § 100 f Abs. 5 [X.]). 12 - 8 -Vergleichbar hohe Eingriffsschranken für die Anordnung einer Durchsu-chung beim Verdächtigen gemäß § 102 [X.] bestehen nicht. Es genügt für sie der Anfangsverdacht einer beliebigen Straftat. Die Durchführung der Durchsu-chung und der Umgang mit den dabei gewonnenen Daten sind nicht annähernd streng geregelt. 13 b) Nach alledem findet die verdeckte [X.] in § 102 [X.] keine Rechtsgrundlage. 14 Dabei ist maßgeblich, dass diese Vorschrift nur zu einer offen ausgeführ-ten Durchsuchung ermächtigt. Dagegen kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die in den Speichermedien eines Computers abgelegten Daten im Ein-zelfall ähnlich sensibel und schutzwürdig sein können wie das in einer Wohnung nichtöffentlich gesprochene Wort und dass die Maßnahme wegen der Durch-sicht einer Vielzahl unterschiedlicher Daten als ein besonders schwerwiegender Eingriff in das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung er-scheinen mag. Denn unter diesem Aspekt unterscheidet sich die verdeckte On-line-Durchsuchung nicht von einer im Rahmen einer offenen Durchsuchung vorgenommenen Auswertung von elektronischen Datenträgern, die als unbe-denklich angesehen wird (vgl. [X.] NJW 2006, 976, 980 ff.; 2005, 1917, 1919 f.; NStZ 2002, 377 f.; [X.] [X.]O § 110 Rdn. 2). Desgleichen braucht auch nicht entschieden zu werden, ob die verdeckte [X.] wegen der großen Menge an möglicherweise sensiblen Daten, die dem Zugriff der [X.] ausgesetzt sind, eher einer Wohnraumüberwachung als [X.] (so der angefochtene [X.]uss), was zwar unter dem Aspekt der Heimlichkeit der Fall sein mag, unter dem Aspekt der Dauer-haftigkeit der Maßnahme aber zweifelhaft erscheint. Auch wenn die Anordnung einer verdeckten Online-Durchsu-chung in der Weise beschränkt wird, dass nur der auf dem betroffenen Computer vorhandene Bestand an Daten einmal - in einem oder mehreren Arbeitsschritten - kopiert und übertragen werden darf (so [X.]-Ermittlungsrichter wistra 2007, 28) und somit die Nutzung des Computers ([X.] und laufende Internetrecherchen) nicht über einen längeren 15 - 9 -Zeitraum überwacht wird, kann sie schlicht wegen ihrer Heimlichkeit in § 102 [X.] keine Stütze finden. Soweit argumentiert wird, sie sei zulässig, insbesondere sei das [X.] gemäß § 106 Abs. 1 Satz 1 [X.] gewahrt, weil der [X.] während der Übertragung des zu durchsuchenden Datenbestandes an die Ermittlungsbehörde "online" sein müsse (vgl. [X.] [X.]O 121, 124), wird ver-kannt, dass nach Sinn und Zweck dieser Schutzvorschrift die Anwesenheit des Betroffenen oder der anderen Personen gerade die Beobachtung und Kontrolle der Durchsuchung ermöglichen soll, die rein körperliche Anwesenheit ohne die Möglichkeit der Kenntnisnahme dies aber nicht gewährleistet. 16 2. Auch andere Eingriffsnormen der Strafprozessordnung erlauben die verdeckte [X.] nicht. 17 a) Die Maßnahme kann nicht auf § 100 a [X.] (Überwachung der Tele-kommunikation) gestützt werden (anders für den einmaligen heimlichen Zugriff auf eine passwortgeschützte Mailbox [X.] - Ermittlungsrichter NJW 1997, 1934 ff.). Zwar muss der Computerbenutzer bei der Übertragung der zu [X.] Daten an die Ermittlungsbehörde mit Hilfe des aufgespielten [X.] "online" sein, so dass diese Bestandteil des ohnehin bestehenden [X.] sind. Jedoch wird dadurch die verdeckte [X.] nicht zur Telekommunikation (vgl. zum Begriff der Telekommunikation § 3 Nr. 22 und 23 TKG in der Fassung vom 22. Juni 2004 und [X.] NJW 2003, 2034 f.), weil nicht die Kommunikation zwischen dem Tatverdächtigen und einem Dritten überwacht, sondern zielgerichtet eine umfassende Übermittlung der auf dem Zielcomputer vor Beginn des [X.] gespeicherten Daten an die ermittelnde Stelle zum Zwecke der Suche nach Beweismitteln oder weiteren möglichen Ermittlungsansätzen ausgelöst wird (vgl. [X.] [X.]O 121, 123; [X.] [X.]O 573 f.). Der Datenfluss während des "Online"-Status des Computers wird somit lediglich aus technischen Gründen zum Zwecke der Übertragung der in den Speichermedien abgelegten Dateien benutzt. 18 - 10 -b) Die Eingriffsermächtigung des § 100 c [X.] (Wohnraumüberwa-chung) rechtfertigt die verdeckte [X.] nicht, weil ein Computer auf elektronischem Weg durchsucht und nicht das in einer Wohnung nichtöf-fentlich gesprochene Wort mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden soll (vgl. [X.] [X.]O Rdn. 705). 19 c) Auch § 100 f Abs. 1 Nr. 2 [X.] (Einsatz technischer Mittel) scheidet als Befugnisnorm aus; denn diese Vorschrift gestattet nur den heimlichen Ein-satz besonderer für [X.] bestimmter technischer Mittel außer-halb von Wohnungen wie Peilsender, satellitengestützte Ortungssysteme und Nachtsichtgeräte (vgl. [X.]St 46, 266, 271 ff.; [X.] [X.]O Rdn. 705; [X.] [X.]O 121, 122). 20 d) [X.] des § 161 [X.] erlaubt nur Zwangsmaßnahmen, die von einer speziellen Eingriffsermächtigung der Strafprozessordnung nicht erfasst werden und lediglich geringfügig in die Grundrechte des Betroffenen eingreifen (vgl. [X.] [X.]O § 161 Rdn. 1; [X.] NStZ 2000, 563, 564). 21 3. Entgegen der Auffassung des [X.] kann § 102 [X.] zur verdeckten [X.] auch dann nicht ermächtigen, wenn zusätzlich die für die Überwachung von Telekommunikation (§ 100 a [X.]) und Wohnraum (§ 100 c [X.]) normierten hohen Eingriffsvoraussetzungen - wie Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung, Subsidiarität gegenüber weniger belastenden Ermittlungsmaßnahmen - gegeben sind (so aber [X.] - Ermittlungsrichter wistra 2007, 28; [X.] [X.]O 121, 124) und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit "besonders" beachtet wird. Es ist unzulässig, einzelne Elemente von [X.] zu kombinieren, um eine Grundlage für eine neue technisch mögliche Ermittlungsmaßnahme zu schaffen. Dies würde dem Grundsatz des Gesetzesvorbehaltes für Eingriffe in Grundrechte (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie dem Grundsatz der Normenklarheit und Tatbestandsbe-stimmtheit von strafprozessualen Eingriffsnormen widersprechen (vgl. [X.] NJW 2006, 976, 979; 2005, 1338, 1339 f.; [X.] [X.]O Rdn. 703 f.). Der [X.] - 11 -satz der Verhältnismäßigkeit begrenzt im Einzelfall gesetzliche Befugnisse, eine fehlende Ermächtigungsgrundlage kann er nicht ersetzen. 4. Eine offen ausgeführte Wohnungsdurchsuchung und [X.]agnahme des Computers mit anschließender Durchsuchung der Speichermedien gemäß §§ 98 ff., 102, 110 [X.], deren Voraussetzungen gegeben wären, ist nicht an-zuordnen. Der [X.] hat ausdrücklich erklärt, dass lediglich eine verdeckte [X.] beantragt wird. [X.] von [X.]

Meta

StB 18/06

31.01.2007

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2007, Az. StB 18/06 (REWIS RS 2007, 5476)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5476

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.