Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.05.2019, Az. II R 22/17

2. Senat | REWIS RS 2019, 7022

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Gegenstand

Wertfortschreibung zur Beseitigung eines Bewertungsfehlers


Leitsatz

1. NV: Ein Bewertungsfehler liegt vor, wenn die Finanzbehörde bei der Schätzung der Jahresrohmiete über die tatsächliche Ausstattung und Gestaltung des zu bewertenden Grundstücks und damit über Schätzungsgrundlagen im Irrtum war und die Jahresrohmiete unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse der Höhe nach offensichtlich unzutreffend geschätzt hat .

2. NV: Eine wesentliche Veränderung von Räumen kann vorliegen, wenn durch Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen ihre Beschaffenheit derart verbessert wurde, dass keine Vergleichbarkeit mehr mit dem Zustand des ursprünglichen Baujahrs besteht, sondern sie einem späteren Baujahr zuzuordnen sind. Die übliche Miete richtet sich dann nach dem Entgelt für Räume des späteren Baujahrs .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 09.11.2016 - 4 K 1098/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist seit 2010 Eigentümer einer Wohnung auf dem Grundstück ... (Grundstück).

2

Das Grundstück wurde 1870 mit einem dreistöckigen Vorder- und einem zweistöckigen Rückgebäude bebaut. Vorder- und Rückgebäude stehen unter Denkmalschutz. Im Erdgeschoss ([X.]) des teilunterkellerten [X.] befand sich eine Werkstatt mit Lager. Im ersten Obergeschoss (1. OG) und im Dachgeschoss ([X.]) lagen je zwei Mietwohnungen. Die Mietwohnungen bestanden jeweils aus [X.]n und hatten weder Bad noch Toilette. Eine Außentoilette war im Treppenhaus auf jedem Stockwerk vorhanden. Die Wohnungen wurden über Einzelöfen beheizt.

3

Mit notariell beurkundeten Verträgen jeweils vom 28. September 2007 erwarb die GbR das Grundstück; zudem wurde das Anwesen nach § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes (W[X.]) in einen Miteigentumsanteil von 700/1 000 an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen im Vordergebäude (Einheit 1) und einen Miteigentumsanteil von 300/1 000 an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen im Rückgebäude (Einheit 2) aufgeteilt.

4

2008 bis 2010 wurden Vorder- und Rückgebäude saniert und renoviert. Das Anwesen wurde mit einer zentralen Gasheizungsanlage und neuen Versorgungsleitungen, die nunmehr unter [X.] verlegt wurden, ausgestattet. Die [X.] von Vorder- und Rückgebäude wurden umgebaut und zu Wohnraum ausgebaut. Zu diesem Zweck wurden die Dachstühle in wesentlichen Teilen statisch verstärkt sowie erneuert und gedämmt. Im Rückgebäude entstanden aus den bisher im [X.], 1. OG sowie [X.] befindlichen vier Wohnungen und der Werkstatt nunmehr zwei Wohnungen, darunter die Wohnung Nr. 10 mit 91,23 qm --Wohneinheit 10--. Sie umfasst [X.] des [X.], das vormals allgemeine Treppenhaus sowie [X.], OG und [X.] der rechten Haushälfte. Durch Abriss von Zwischenwänden wurden in allen Geschossen der Wohneinheit 10 Räume vergrößert. Die Außentoiletten wurden abgebaut. Im [X.] der Wohneinheit 10, in dem nunmehr neben einer Diele [X.] vorhanden sind, wurde ein Bad neu errichtet. Im 1. OG mit drei Zimmern wurde ein weiteres Bad eingerichtet sowie eine Terrasse geschaffen. Im umgebauten [X.] wurden [X.] und eine kleine Dachterrasse eingerichtet. In das neue Dach des [X.] wurden Dachfenster sowie Gauben eingebaut und das Dach begrünt. Das Rückgebäude erhielt ferner u.a. neue Isolierglasfenster und Türen.

5

Mit notariell beurkundeter Teilungserklärung vom 29. Januar 2010 wurde das Gebäude nach dem W[X.] in zehn Wohnungs- bzw. [X.] geteilt. Der Kläger erwarb einen Miteigentumsanteil von 185,92/1 000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohneinheit 10 (Wohnungseigentum 10).

6

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) im Wege der [X.] auf den 1. Januar 2011 für das Grundstück/Wohnungseigentum 10 einen Einheitswert in Höhe von 5.675 € fest. Der Berechnung der [X.] legte er eine übliche monatliche Miete in Höhe von 1,95 DM/qm zugrunde. Diese entnahm er dem finanzamtseigenen Mietspiegel (Spalte für Altbauten mit Sammelheizung und Bad mit einem Baujahr vor dem 21. Juni 1948 der Gemarkung X).

7

Nachdem das [X.] im September 2012 von den an Vorder- und Rückgebäude vorgenommenen Baumaßnahmen Kenntnis erlangt hatte, stellte es im Wege der fehlerbeseitigenden Fortschreibung gemäß § 22 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes ([X.]) mit Wert- und Artfortschreibungsbescheid ([X.]) vom 2. Oktober 2012 den Einheitswert für das Grundstück/Wohnungseigentum 10 auf den 1. Januar 2012 auf 8.334 € fest. Die der Berechnung des [X.] zugrunde gelegte übliche monatliche Miete in Höhe von 3 DM/qm schätzte das [X.] nunmehr aufgrund einer anderen Spalte des finanzamtseigenen Mietspiegels für die Gemarkung X (Spalte für Mietwohnungen, Baujahr 1960 und später, mittlere Ausstattung). Die Feststellung des [X.] erging gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung ([X.]) vorläufig hinsichtlich der Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des [X.] verfassungsgemäß sind.

8

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2017, 1238 veröffentlicht.

9

Mit seiner Revision macht der Kläger eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), § 22 Abs. 3 Satz 1 und § 79 Abs. 2 [X.] geltend.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den [X.] vom 2. Oktober 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 15. März 2013 dahingehend abzuändern, dass der Einheitswert für das Grundstück/Wohnungseigentum 10 auf den 1. Januar 2012 auf 5.420 € festgestellt wird.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das Finanzgericht ([X.]) hat zu Recht entschieden, dass der [X.] auf den 1. Januar 2012 vom 2. Oktober 2012 rechtmäßig ist. Das [X.] konnte für die Schätzung der üblichen [X.] den für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich erarbeiteten [X.] für Mietwohnungen Baujahr 1960 und später heranziehen. Die Voraussetzungen einer fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung lagen überdies vor.

1. Die Bewertung von Wohnungseigentum und Teileigentum erfolgt gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 [X.] nach den allgemein geltenden Vorschriften der §§ 76 bis 91 [X.]. Für die Bestimmung der [X.] (§ 75 [X.]) ist die Nutzung des auf das Wohnungseigentum und Teileigentum entfallenden Gebäudeteils maßgebend (§ 93 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist das zu mehr als achtzig Prozent Wohnzwecken dienende Wohnungseigentum im Wege des Ertragswertverfahrens (§§ 78 ff. [X.]) nach den Vorschriften zu bewerten, die für [X.] maßgebend sind. Das gilt auch, wenn das Wohnungseigentum der [X.] nach als Zweifamilienhaus anzusehen ist ([X.], [X.] und VStG, § 93 [X.] Rz 13).

a) Die Höhe des [X.] basiert gemäß § 78 Satz 1 [X.] im Ertragswertverfahren auf dem Grundstückswert. Der Grundstückswert ergibt sich nach § 78 Satz 2 [X.] durch Anwendung eines im Anhang zum [X.] enthaltenen Vervielfältigers (§ 80 [X.]) auf die [X.] (§ 79 [X.]) unter Berücksichtigung gewisser pauschaler Ermäßigungen und Erhöhungen (§§ 81 und 82 [X.]). Durch diese Bewertungsmethode soll in einem vereinfachten, typisierten Verfahren der Bodenwert wie auch der Gebäudewert in einem Rechenschritt ermittelt und so der gemeine Wert, also der Verkehrswert des jeweiligen Grundstücks annähernd abgebildet werden (Urteil des [X.] --BVerfG--vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14, [X.], 531, [X.] --[X.]-- 2018, 403, Rz 11; Urteil des [X.] --[X.]-- vom 19. September 2018 - II R 20/15, [X.], 193, Rz 19).

b) Die maßgebliche [X.] richtet sich bei Fortschreibungen gemäß § 79 Abs. 1 und 5 [X.] nach der für das Grundstück aufgrund vertraglicher Vereinbarungen im [X.] gezahlten tatsächlichen Miete. War das Grundstück im [X.] am 1. Januar 1964 nicht vermietet, bestimmt sich die [X.] gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 [X.] nach der üblichen Miete (vgl. [X.] in [X.], 531, [X.] 2018, 403, Rz 112). Die übliche Miete ist in Anlehnung an die [X.] zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird (§ 79 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

c) Zur Schätzung (§ 162 Abs. 1 Satz [X.]) der üblichen Miete ziehen die Finanzbehörden überwiegend Mietspiegel heran, die regelmäßig nach Baujahren, mietpreisrechtlichen Gegebenheiten, [X.] und Gemeindegrößen gegliederte [X.] zum Stand vom 1. Januar 1964 ausweisen. Im Hinblick auf die [X.] unterteilen die Mietspiegel meist in einfache, mittlere, gute und sehr gute Ausstattung und legen hierfür Rahmensätze für die anzuwendenden Mietwerte fest (vgl. [X.] in [X.], 531, [X.] 2018, 403, Rz 12, 113). Die Heranziehung dieser auf den [X.] 1. Januar 1964 aufgestellten Mietspiegel für die Schätzung der üblichen Miete gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf diesen Zeitpunkt ist zulässig, wenn eine Schätzung der üblichen Miete im unmittelbaren Vergleich daran scheitert, dass nach Art, Lage und Ausstattung vergleichbare vermietete Objekte am 1. Januar 1964 nicht oder nicht in hinreichender Zahl vorhanden waren und die Mietspiegel in ihren Aufgliederungen nach Mietpreisregelungen und den anderen gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 [X.] maßgebenden Kriterien (insbesondere Baujahr und Ausstattung) den vom Gesetz gestellten Anforderungen für die Schätzung der üblichen Miete entsprechen ([X.]-Urteile vom 16. Mai 2018 - II R 37/14, [X.], 364, [X.] 2018, 692, Rz 17, m.w.N., und in [X.], 193, Rz 22). Bei Wohnungseigentum, das zu mehr als achtzig Prozent Wohnzwecken dient, sind die Vorgaben des finanzamtsinternen Mietspiegels für Mietwohnungen ebenfalls maßgebend.

d) Die übliche Miete i.S. des § 79 Abs. 2 Satz 2 [X.] wird auch bei [X.] (§ 22 Abs. 1 [X.]) immer nach den Wertverhältnissen im [X.] geschätzt (§§ 27, 79 Abs. 5 [X.]; vgl. [X.]-Urteil in [X.], 193, Rz 20). Sie richtet sich nach der [X.], die zum 1. Januar 1964 regelmäßig für ein Jahr für die Räume in dem Zustand gezahlt würde, in dem sie sich zum jeweiligen Feststellungszeitpunkt befinden (§ 79 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 [X.]). Hat sich durch bauliche Maßnahmen am Gebäude der Zustand der Räume so wesentlich verändert, dass sie nicht mehr mit Räumen des ursprünglichen Baujahrs des Gebäudes vergleichbar, sondern einem späteren Baujahr zuzuordnen sind, richtet sich die übliche Miete nach dem Entgelt für Räume des späteren Baujahrs (vgl. [X.]-Urteil vom 5. Mai 1999 - II R 54/97, [X.]/NV 2000, 169, unter II.2.). Eine wesentliche Veränderung kann vorliegen, wenn durch Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen die Beschaffenheit der Räume derart verbessert wurde, dass keine Vergleichbarkeit mehr mit dem Zustand des ursprünglichen Baujahrs besteht.

e) Bei der Schätzung der üblichen Miete i.S. des § 79 Abs. 2 Satz 2 [X.] sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Den Zustand von Grundstück und Gebäude zum jeweiligen Feststellungszeitpunkt hat die Finanzbehörde im Rahmen der Ermittlung der [X.] zu klären.

Ist ein Mietspiegel hinsichtlich der Belegenheit der Grundstücke und der Ausstattungsvarianten der Gebäude hinreichend differenziert, gewährleistet er einen geeigneten Schätzungsrahmen. Die Schätzung der üblichen Miete erweist sich erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt. Allein eine Abweichung von den tatsächlichen Gegebenheiten reicht nicht aus (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 193, Rz 27).

Die durch die Finanzbehörde vorgenommene Schätzung ist durch das [X.] voll überprüfbar, da sie keine Ermessensentscheidung darstellt (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 193, Rz 23 f.).

2. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 [X.] in der für den streitigen Stichtag geltenden Fassung findet eine Wertfortschreibung (§ 22 Abs. 1 [X.]) auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt.

a) Unter einem Fehler i.S. des § 22 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist jede objektive Unrichtigkeit zu verstehen ([X.]-Urteil vom 31. Juli 1981 - III R 127/79, [X.]E 134, 164, [X.] 1982, 6, unter 1.). Eine Wertfortschreibung kann auch erfolgen, wenn sich seit der letzten [X.] die tatsächlichen Verhältnisse nicht geändert haben, die damalige Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse jedoch zu einem klarliegenden, einwandfrei feststellbaren [X.] geführt hat (vgl. [X.]-Urteil vom 7. Oktober 1955 - III 77/54 U, [X.]E 61, 453, [X.]I 1955, 375, unter II.2.).

b) Eine geänderte Schätzung der üblichen Miete, die zu einem anderen Einheitswert führt, stellt für sich regelmäßig keinen ausreichenden Grund dar, die anlässlich einer früheren [X.] erfolgte schätzweise Ermittlung der üblichen Miete als fehlerhaft zu behandeln. Für einen klaren und eindeutig feststellbaren [X.] reicht es aber aus, wenn die Finanzbehörde bei der Schätzung der [X.] über die tatsächliche Ausstattung und Gestaltung des zu bewertenden Grundstücks und damit über [X.] im Irrtum war und die [X.] unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse der Höhe nach offensichtlich unzutreffend geschätzt hat (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 134, 164, [X.] 1982, 6, unter 2.b).

3. Nach diesen Grundsätzen hat das [X.] zutreffend entschieden, dass der [X.] vom 2. Oktober 2012 rechtmäßig ist.

a) Eine Rechtswidrigkeit des [X.]s wegen eines Verfassungsverstoßes scheidet aus. Die im Streitfall anwendbaren Vorschriften über die Einheitsbewertung waren zwar jedenfalls seit dem 1. Januar 2002 nicht mehr verfassungsgemäß. Sie dürfen aber nach dem [X.] in [X.], 531, [X.] 2018, 403 im dargestellten Umfang auch im Streitfall weiter angewandt werden ([X.]-Urteil in [X.], 193, Rz 16).

b) Das [X.] konnte nach den maßgeblichen Vorschriften den Einheitswert für das Wohnungseigentum 10 auf den 1. Januar 2012 durch [X.] vom 2. Oktober 2012 im Rahmen einer fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung auf 8.334 € feststellen.

aa) Die Schätzung der üblichen Miete nach § 79 Abs. 2 Satz 2 [X.] für das Wohnungseigentum 10 war zulässig, weil bezogen auf den Stichtag 1. Januar 1964 für das --erst durch Baumaßnahmen in den Jahren 2008 bis 2010 entstandene-- Wohnungseigentum 10 tatsächlich gezahlte Mieten fehlen.

bb) Für die Ermittlung der für das Wohnungseigentum 10 üblichen Miete i.S. des § 79 Abs. 2 Satz 2 [X.] konnte das [X.] den für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich erarbeiteten Mietspiegel heranziehen. Nach den Feststellungen des [X.] enthielt der vom [X.] vorgelegte Mietspiegel eine ausreichende Differenzierung nach [X.] (u.a. Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen 1 [X.], 2 und 3 [X.], ab 4 [X.], Mietwohnungen), Baujahr (vor 21. Juni 1948, 21. Juni 1948 bis 1959, 1960 und später), Ausstattung (einfach, mittel, gut) und der Lage (Differenzierung nach Stadtteilen). Er gewährleistete einen geeigneten Schätzungsrahmen. Selbst wenn --wie der Kläger meint-- die dem Mietspiegel zugrunde liegenden Datenquellen nicht hinreichend dokumentiert wären, ist dies für die Heranziehung als Schätzungsgrundlage unerheblich. Der Mietspiegel mit einer gewissen Datenbreite soll nur einen Anhalt für die vorzunehmende Schätzung bieten, so dass Fehler in einzelnen Datengrundlagen keinen unmittelbaren Einfluss auf die Besteuerung haben (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 193, Rz 28).

cc) Das [X.] hat bei der Schätzung der üblichen Miete für das Wohnungseigentum 10 den durch den finanzamtsinternen Mietspiegel gezogenen Schätzungsrahmen nicht verlassen. Es hat der Ermittlung der [X.] auf den Feststellungszeitpunkt 1. Januar 2012 zu Recht die Mietspiegelmiete in Höhe von monatlich 3 DM/qm für Bauten 1960 und später/mit mittlerer Ausstattung/Wohnungen zugrunde gelegt. Nach den bindenden Feststellungen des [X.] entstand das Wohnungseigentum 10 neu aufgrund ausführlicher Umbaumaßnahmen in den Jahren 2008 bis 2010 durch Zusammenlegung der bisherigen in der rechten Haushälfte bestehenden Wohneinheiten sowie des Kellers und des vorherigen allgemeinen Treppenhauses zu einer Einheit. Es dient ausschließlich Wohnzwecken und verfügt nunmehr über einen eigenen separaten Eingang und --anstatt von vor dem Umbau allen Wohneinheiten allgemein zugänglichen [X.] über zwei nur zur dieser Wohnung gehörende Bäder im [X.] und im 1. OG sowie eine neu errichtete Dachterrasse im extensiv begrünten [X.]. Durch den Abriss von Zwischenwänden wurden in allen Geschossen Räume vergrößert. Das durch die Umbaumaßnahmen neu erstellte Wohnungseigentum 10 wird nicht mehr --wie die Räume im Rückgebäude bisher-- mit [X.], sondern mittels Zentralheizung beheizt. Es wurde u.a. mit neuen Versorgungsleitungen sowie neuen Isolierglasfenstern und Türen ausgestattet.

Durch diese Bau-, Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen wurde der Zustand der ursprünglichen Räume aus dem Jahr 1870 wesentlich verändert. Die Ausstattung bei Bad, Heizung und Fenster wurde an moderne Standards angepasst. Da die qualitative und quantitative Beschaffenheit der Räume zum Fortschreibungszeitpunkt 1. Januar 2012 nicht mehr dem Zustand von 1870, sondern mindestens von 1960 und später bei mittlerer Ausstattung entsprach, konnte das [X.] den dieser Kategorie des Mietspiegels entnommenen Quadratmeterpreis für die Schätzung der üblichen Miete zugrunde legen. Unerheblich in der Gesamtwürdigung der wesentlichen Veränderungen des Gebäudezustands ist --entgegen der Auffassung des [X.], dass die Mauern des Gebäudes nach wie vor aus dem Jahr 1870 stammen. Denn die Änderungen des baulichen Zuschnitts der Räume und die umfassende Sanierung der innerhalb der Mauern liegenden Gebäudesubstanzen waren so wesentlich, dass ihr renovierter Zustand nicht mehr dem ursprünglichen Baujahr 1870 entsprach.

Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG i.S. der Steuergerechtigkeit durch die Heranziehung der Sparte "Wohnungen, Räume Baujahr 1960 und älter, mittlerer Ausstattung" liegt nicht vor. Die Schätzung der üblichen Miete basierte nicht auf willkürlichen Grundlagen. Das [X.] konnte vielmehr nach Kenntnis der aufgeführten Renovierungs- und Sanierungsarbeiten zutreffend zu dem Schluss kommen, der Zustand der Räume entspreche (mindestens) dem Baujahr 1960 und später, mittlere Ausstattung, und daher den entsprechenden Quadratmeterpreis seiner Schätzung zugrunde legen.

c) Die Voraussetzungen für eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 [X.] lagen vor. Das [X.] ging bei Erlass des Nachfeststellungsbescheids am 19. Oktober 2010 von unzutreffenden tatsächlichen Verhältnissen und deshalb falschen [X.] aus. Es legte bei der üblichen Miete für das Wohnungseigentum 10 aus dem finanzamtsinternen Mietspiegel die Spalte für Altbauten mit Sammelheizung und Bad mit einem Baujahr vor dem 21. Juni 1948 zugrunde, obwohl das Gebäude durch umfangreiche Baumaßnahmen in den Jahren 2008 bis 2010 saniert und das Wohnungseigentum 10 mit qualitativ und quantitativ zumindest guter Ausstattung geschaffen wurde. Diesen Fehler bei den [X.] konnte das [X.] im Rahmen der Wertfortschreibung durch [X.] vom 2. Oktober 2012 beseitigen und für die Schätzung der üblichen Miete für das Wohnungseigentum 10 den zutreffenden [X.] ansetzen.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 22/17

22.05.2019

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 9. November 2016, Az: 4 K 1098/13, Urteil

§ 22 Abs 1 BewG 1991, § 22 Abs 3 BewG 1991, § 78 BewG 1991, § 79 BewG 1991, § 162 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.05.2019, Az. II R 22/17 (REWIS RS 2019, 7022)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7022


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II R 22/17

Bundesfinanzhof, II R 22/17, 22.05.2019.


Az. 4 K 1098/13

FG München, 4 K 1098/13, 09.11.2016.


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