Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2015, Az. XII ZR 99/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 4990

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 99/14
Verkündet am:

23. September 2015

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] §§ 328, 761, 1600 Abs. 5
a)
Eine Vereinbarung, mit welcher [X.] die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen, enthält regelmäßig zugleich einen von familien-rechtlichen Besonderheiten geprägten Vertrag zugunsten des aus der künstli-chen Befruchtung hervorgehenden Kindes, aus dem sich für [X.] dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein rechtlicher Vater einzu-stehen (im [X.] an Senatsurteil [X.]Z 129, 297 = FamRZ 1995, 861).
b)
Die Einwilligung des [X.]es muss gegenüber der Frau erklärt werden und [X.] keiner besonderen Form.
[X.], Urteil vom 23. September 2015 -
XII ZR 99/14 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23.
September 2015
durch den
Vorsitzenden Richter
Dose und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter, Dr.
Botur und Guhling
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13.
Zivilsenats des [X.] vom 4.
September 2014
wird auf Kosten des [X.]n zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen den [X.]n Unterhalt geltend und stützt den Anspruch auf eine zwischen ihrer Mutter und dem [X.]n im Rahmen einer heterologen Insemination geschlossene Vereinbarung.
Die Mutter der Klägerin und der [X.] unterhielten seit 2000 bis min-destens September 2007 eine intime Beziehung, ohne in einem gemeinsamen Haushalt zusammenzuleben. Da die Mutter sich ein Kind wünschte und der [X.] zeugungsunfähig war, führte der Hausarzt der Mutter am 23.
Juli 2007 mit Zustimmung des [X.]n, der auch das Fremdsperma beschafft
hatte, eine heterologe Insemination durch, die jedoch erfolglos blieb.
Der [X.] hatte auf einem seitens des Hausarztes vorgelegten "[X.]"
vom selben Datum handschriftlich vermerkt: "Hiermit erkläre ich, dass ich für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen 1
2
-
3
-
werde und die Verantwortung übernehmen werde!". Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gab es im Dezember 2007 und Januar 2008 weitere ein-vernehmliche Inseminationen, von denen
die
letzte zum Erfolg führte.
Die Klä-gerin wurde am 18.
Oktober 2008 geboren. Der [X.] zahlte für die Klägerin die Erstausstattung sowie für die Zeit von Oktober bis Dezember 2008 [X.]. Eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft des [X.]n blieb ohne [X.], weil dieser nicht der leibliche Vater der Klägerin ist.
Die Klägerin macht für die Zeit ab
März 2009
vertraglichen Unterhalt in einer
am gesetzlichen Kindesunterhalt orientierten Höhe geltend. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage auf die Be-rufung der Klägerin in der Hauptsache
stattgegeben. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des [X.]n, der weiterhin Klageabweisung erstrebt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in [X.], 514 veröffentlicht ist,
steht der Klägerin ein Anspruch aufgrund eines [X.] zu Gunsten Dritter zu. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin im Januar 2008 mit Zustimmung des [X.]n und mittels von ihm beschafften [X.] durch heterologe Insemination gezeugt worden sei. Bei der mit Einwilligung eines Ehemanns vorgenommenen hetero-logen Insemination handele es sich aus dessen Sicht um die "Übernahme der Elternschaft kraft Willensakts". Er gebe zu erkennen, dass er wie ein ehelicher Vater für das Kind sorgen wolle.
Das Verhalten könne aus Sicht der Ehefrau nur 3
4
5
-
4
-
so interpretiert werden, dass er die Unterhaltspflicht unabhängig davon über-nehmen wolle, ob eine
gesetzliche Unterhaltspflicht bestehe. Daher enthalte eine entsprechende Vereinbarung zwischen Ehegatten regelmäßig einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten berechtigenden Vertrag zu Guns-ten des aus der heterologen Insemination hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Ehemann dem Kind gegenüber die Pflicht ergebe, für dessen [X.] wie ein ehelicher Vater zu sorgen.
Dies gelte in gleicher Weise für [X.], der eine Einwilligung zur heterologen Insemination erteile, jedoch später die Vaterschaft nicht anerkenne. Die vom Gesetzgeber mit §
1600 Abs.
5 [X.]
aufgewertete
Einwilligung habe den Sinn, die Unterhaltspflicht von der biologischen wie recht-lichen Abstammung abzukoppeln. Weiter sei entscheidend, dass der [X.] durch seine Einwilligung in die Verwendung von Spendersamen die (Mit-)Verantwortung für die Zeugung des
Kindes übernommen habe, woran er sich festhalten lassen müsse. Die bloße Kenntnis von der Zeugung durch künstliche Insemination würde einen vertraglichen Unterhaltsanspruch noch nicht [X.]. Vielmehr bedürfe es einer Einverständniserklärung, die hier vorliege, weil der [X.] auch die zum Erfolg führende dritte Samenspende beschafft
und außerdem schriftlich erklärt habe, für alle Folgen einer eventuell auftretenden Schwangerschaft aufzukommen.
Die Höhe des Anspruchs ergebe sich aus §
1612
a [X.].

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

6
7
8
-
5
-
1. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Mutter der Klägerin und der [X.] einen die Klägerin unmittelbar [X.] zu Gunsten Dritter im Sinn von §
328 Abs.
1 [X.] abgeschlos-sen haben.
a) Nach der zur ([X.] ergangenen Recht-sprechung des Senats enthält eine Vereinbarung zwischen Eheleuten, mit wel-cher der Ehemann sein Einverständnis zu einer heterologen Insemination er-teilt, regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten gepräg-ten berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der heterologen Insemination hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Ehemann dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein
ehelicher Vater zu sorgen
(Se-natsurteil [X.]Z 129, 297 =
FamRZ
1995, 861, 862). Bei der mit Einwilligung des Ehemanns vorgenommenen heterologen Insemination handelt es sich aus seiner Sicht um die Übernahme der Elternschaft (der [X.]) durch Willensakt. Insofern ist
aus der Sicht des Ehemanns das Einverständnis mit der heterologen Insemination einer Adoption (§§
1741
ff.
[X.]) ähnlich. Anders als bei der Adoption handelt
es sich allerdings nicht um die Übernahme der [X.] oder geborenes Kind, durch den Willensakt soll vielmehr die Entstehung des Kindes erst ermöglicht werden ([X.]Z
129, 297 =
FamRZ
1995, 861, 862; vgl. auch Senatsurteil [X.]Z 197, 242 =
FamRZ
2013, 1209 Rn. 24; Coester-Waltjen NJW 1983, 2059).
Wenn der Ehemann auf diese Weise zu der Geburt eines Kindes durch seine Ehefrau beiträgt, gibt er damit zu erkennen, dass er für das Kind wie ein ehelicher Vater sorgen will. Das Verhalten des Ehemanns
kann
aus der Sicht seiner Ehefrau nur dahin [X.] werden, dass er eine Unterhaltspflicht unabhängig davon übernehmen will, ob die gesetzliche Unterhaltspflicht, deren Voraussetzungen an sich nicht ge-geben sind, (fort-)besteht
(Senatsurteil [X.]Z 129, 297 =
FamRZ
1995, 861, 862).
9
10
-
6
-
b) Die Willenserklärung des Ehemanns
besteht in der Einwilligung in
die künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten und entspricht insoweit der Einwilligung im Sinn von §
1600 Abs.
5 [X.]. Die
Einwilligung
nach §
1600 Abs.
5 [X.]
richtet sich

wenigstens mittelbar

auf
die Begrün-dung einer
der Vaterschaft entsprechenden Verantwortung und
ist eine [X.] (vgl. Senatsurteil [X.]Z 129, 297 =
FamRZ
1995, 861;
OLG Karlsruhe
FamRZ
2012, 1150;
OLG Oldenburg FamRZ
2015, 67; [X.]
2003, 805,
809
f.;
[X.] in [X.]/[X.]/Rittner Abstammungsrecht Rn.
63; MünchKomm[X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1600 Rn.
35
[X.]; [X.] Rechtliche Elternschaft bei medizinisch unterstützter Fortpflanzung S.
285
ff.,
327
ff.: [X.], der die Feststellung der rechtlichen Vater-schaft ermögliche; vgl. auch [X.] FamRZ 2003, 730, 733
f.).
Ob wegen der besonderen Natur der Erklärung die allgemeinen Regeln über Willenserklärun-gen uneingeschränkte Anwendung finden oder diese

etwa im Hinblick auf die Geschäftsfähigkeit

der Modifikation bedürfen (vgl. [X.] 2003, 805, 811
f.; [X.] Rechtliche Elternschaft bei medizinisch unterstützter Fortpflan-zung S.
318
ff. sowie
OLG Oldenburg FamRZ
2015, 67, 68), bedarf im vorlie-genden Fall keiner Entscheidung. Ebenfalls braucht nicht entschieden zu wer-den, ob über den Tatbestand des §
1600 Abs.
5 [X.] hinausgehend eine [X.]svereinbarung auch mit dem Inhalt abgeschlossen werden kann, dass das Kind nicht durch künstliche Befruchtung,
sondern durch [X.] mit einem Dritten gezeugt werden soll (vgl. etwa [X.] FS Schwab S.
923, 931).
[X.]) Die Einwilligung setzt ihrem Inhalt nach voraus, dass der [X.] [X.] die Stellung als Vater übernehmen will ([X.] 2003, 805, 809) und ein entsprechender Rechtsbindungswille besteht. Ein solcher
ist im Zweifel gegeben, wenn die Frau die Durchführung der heterologen
Insemination (oder der sonstigen künstlichen Befruchtung mit Fremdsperma) von der Mitwirkung 11
12
-
7
-
des [X.]es
abhängig gemacht hat.
Die bloße Kenntnis des [X.]es von der heterologen Insemination
stellt dagegen noch keine Willenserklärung dar und kann als solche abgesehen davon, dass sie im Fall der rechtlichen Vaterschaft den Lauf der Anfechtungsfrist in Gang setzt

1600
b [X.]), keine Rechtsfol-gen
auslösen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ
2012, 1150 und FamRZ
2014, 313; vgl. auch Senatsurteil [X.]Z 197, 242 =
FamRZ
2013, 1209 Rn.
15, 21).
bb) [X.] setzt die Abgabe der Erklärung gegenüber
der (ebenfalls einwilligenden) Frau voraus
([X.]/[X.] [X.]
14.
Aufl. §
1600 Rn.
28 [X.]; [X.] 2002, 261, 263). Diese
kann auch in der Weise erfolgen, dass
die Einwilligung
auf Veranlassung des die heterologe Insemination durchführenden Arztes erklärt
wird, wenn diese zugleich der Frau zur Kenntnis gebracht werden soll. So kann die Einwilligung des [X.]es etwa im Rahmen einer ärztlich assistierten künstlichen Be-
fruchtung erklärt werden, indem sie auf Veranlassung des Arztes gemäß Nr.
3.2.6 der (Muster-)Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion ([X.] 2006, [X.]) dokumentiert und unterzeichnet wird. Die Erklärung wird in solchen Fällen nicht (nur)
gegenüber dem behandelnden Arzt abgegeben, sondern zumindest auch gegenüber der Frau. Diese wird sodann jedenfalls dadurch die Annahme erklären, dass sie die Behandlung mit Rück-sicht auf
die Einwilligung des [X.]es durchführen
lässt.
Ob die Geltungsdauer der Einwilligung
des [X.]es etwa im Einzelfall zeitlich begrenzt oder unbefris-tet erklärt ist,
ist schließlich durch Auslegung zu ermitteln.
cc) Die Vertragserklärungen sind formfrei. Entgegen der Auffassung der Revision gilt für den Abschluss einer Unterhaltsvereinbarung der Wunscheltern zugunsten des zu zeugenden Kindes das
für die [X.] (§
761 Satz
1 [X.]) vorgesehene Schriftformerfordernis
weder unmittelbar noch entsprechend.
Auch aus sonstigen Gründen lässt sich ein Formerfordernis nicht herleiten.

13
14
-
8
-
(1) Bei der
Unterhaltsvereinbarung handelt es sich um eine Vereinbarung eigener Art, die sich von der [X.] in wesentlicher Hinsicht unterscheidet
([X.]Z 5, 302, 305 =
NJW 1952, 741; [X.], 119; [X.], 385, 391;
vgl.
[X.], 225 =
NJW 1992, 710; [X.] [X.] 78, 245). Anders als die [X.] ist die Unterhaltspflicht ihrem Wesen nach von der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten wie auch von der Leistungsfähigkeit
des [X.] abhängig. Das Gleiche gilt auch für den vertraglichen Unterhalt
je-denfalls dann, wenn dieser von den Vertragsparteien seinem Inhalt nach (ganz oder teilweise) am gesetzlichen Unterhalt orientiert worden ist. Demgegenüber ist die [X.] einer Anpassung an veränderte
Verhältnisse grundsätzlich nicht zugänglich ([X.], 385, 391; [X.]/[X.] [X.]
[2008] Vorbem. zu §§
759 -
761 Rn.
15 [X.]), woraus sich nicht zuletzt auch das Schriftformer-fordernis des §
761 Satz
1 [X.] rechtfertigt
(vgl. [X.]/[X.] [X.]
[2008] §
761 Rn.
1
[X.]).
(2) Auch der Rechtsgedanke des Übereilungsschutzes rechtfertigt die Annahme einer Formbedürftigkeit nicht. Zwar hat der Senat bereits hervorge-hoben, dass
das Gesetz an anderer Stelle für die Übernahme der Elternschaft durch Willensakt (namentlich durch Adoption oder Vaterschaftsanerkennung) besondere Schutzmechanismen vorsieht, die verhindern sollen, dass der
[X.] vorschnell eine derart starke und lange nachwirkende Bindung eingeht (Se-natsurteil [X.]Z 129, 297 =
FamRZ
1995, 861, 863).
Gleichzeitig
hat der Senat aber betont, die Lösung könne nicht darin bestehen, dass dem Ehemann, der durch seine Zustimmung zur heterologen Insemination die Geburt des Kindes entscheidend mitveranlasst habe, aus allgemeinen Gerechtigkeitsüberlegungen die Möglichkeit eröffnet werde, sich durch eine

von Fällen des Missbrauchs abgesehen

in seinem Belieben stehende Anfechtungsklage
seiner Verantwor-tung für das Kind zu entziehen (Senatsurteil [X.]Z 129, 297 =
FamRZ
1995, 861, 863).

15
16
-
9
-
Dementsprechend sieht das Gesetz auch in §
1600 Abs.
5 [X.] keine bestimmte Form der Einwilligung vor, obwohl diese Regelung die
rechtliche El-tern-Kind-Beziehung als solche
perpetuiert und zu Gunsten des Kindes
im Rahmen des Status nicht nur den
Unterhaltsanspruch festschreibt, sondern auch andere wichtige Rechte und Rechtspositionen wie das Erbrecht und ge-gebenenfalls
die vom Vater vermittelte St[X.]tsangehörigkeit.
Die Einwilligung nach §
1600 Abs.
5 [X.] ist formfrei (OLG Oldenburg [X.], 67; [X.] FamRZ 2008, 630; [X.] FamRZ 2013, 228, 229; [X.]/[X.] [X.]
[2011] §
1600 Rn.
78
f. [X.]; MünchKomm[X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1600 Rn.
35; [X.] JZ 2002, 651, 653; [X.] [X.] 2002, 75, 77). Einer im Gesetzgebungsverfahren zum Kinderrechteverbesserungsgesetz vom 9.
April 2002 ([X.]l.
I
S.
1239)
erhobenen Forderung, die Einwilligung formbedürftig zu stellen,
ist der Gesetzgeber nicht gefolgt (vgl. BT-Drucks. 14/2096 S.
10; [X.]/[X.] [X.]
[2011] §
1600 Rn.
78
f. [X.]; [X.] JZ 2002, 651, 653; [X.] [X.] 2002, 75, 77).
Es fehlt mithin an einer Rechtfertigung, aus dem Gesichtspunkt des Schutzes vor übereilten Erklärungen an die Unterhaltsvereinbarung höhere An-forderungen zu stellen als an die mit ihren Rechtsfolgen wesentlich weiterrei-chende Erklärung nach §
1600 Abs.
5 [X.], zumal die Folge der Einwilligung, die Zeugung des Kindes, sich von der (bloßen) Anerkennung oder Adoption eines Kindes deutlich unterscheidet
(vgl. bereits zur früheren Rechtslage Se-natsurteil [X.]Z 129, 297 =
FamRZ
1995, 861, 863).
dd) Der Annahme eines Vertrages
zugunsten Dritter auch gegenüber dem Kind steht nicht entgegen, dass das Kind zu dem Zeitpunkt, in dem
der [X.] sein Einverständnis mit der heterologen Insemination erklärt
hat, noch nicht gezeugt war. Zwar beginnt die Rechtsfähigkeit des Menschen erst mit der Vollendung der Geburt (§
1 [X.]). Es ist aber
allgemein anerkannt, 17
18
19
-
10
-
dass auch dem noch nicht erzeugten Kind
für den Fall seiner [X.] Rechte zugewendet
werden können, insbesondere auch durch einen Vertrag zugunsten Dritter (Senatsurteil [X.]Z
129, 297 =
FamRZ
1995, 861, 863
[X.]; [X.]/Jagmann [X.] [2009] §
328 Rn.
12 sowie §
331 Rn.
24 [X.]; vgl. §
331 Abs.
2 [X.]).
ee) Bis die zur Schwangerschaft führende künstliche Befruchtung
durch-geführt worden ist, kann der [X.] seine Zustimmung der Frau gegenüber im Grundsatz frei widerrufen und auf diese Weise die mit der Zustimmung verbun-dene Vereinbarung kündigen. Danach kann er sich dagegen weder durch eine einseitige Erklärung noch durch eine Vereinbarung mit der Frau von seinen dem Kind gegenüber übernommenen Verpflichtungen lösen
(Senatsurteil [X.]Z 129, 297 =
FamRZ
1995, 861, 863
f.
und vom 12.
Juli 1995

XII
ZR
128/94

FamRZ 1995, 1272, 1273
f.).
Darüber hinaus hat der Senat auch den Wegfall des Unterhaltsanspruchs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage für möglich gehalten und den Einwand etwa bei Anfechtung der Vaterschaft durch das Kind für durchgreifend erachtet (Senatsurteil [X.]Z 129, 297 =
FamRZ
1995, 861, 864
und vom 12.
Juli 1995

XII
ZR
128/94

FamRZ 1995, 1272, 1274
f.).
c)
Die ehelich geborene Kinder betreffende
Rechtsprechung des Senats ist vom [X.] folgerichtig auf die von nicht verheirateten [X.] vereinbarte Zeugung eines Kindes durch heterologe Insemination übertra-gen worden.
Die Tatbestände
der konsentierten heterologen Befruchtung sind

abgesehen von der abstammungsrechtlichen Anknüpfung der Vaterschaft

nicht wesentlich verschieden. Das ergibt sich schon aus ihrer Gleichstellung in §
1600 Abs.
5 [X.], welche nach den Gesetzesmaterialien des [X.] ausdrücklich dazu dienen soll, dass es für ehelich und nichtehelich geborene Kinder nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt
(BT-Drucks. 14/2096 S.
7). Dass
entgegen dieser Zielsetzung dennoch unter-20
21
-
11
-
schiedliche Ergebnisse gezeitigt werden, wenn der konsentierende nicht verhei-ratete Wunschvater später die Vaterschaft nicht anerkennt und der Schutz des nichtehelichen Kindes gegenüber dem ehelichen, für das eine Vaterschaft des Ehemanns nur in seltenen Ausnahmefällen scheitern dürfte, demzufolge unvoll-kommen bleibt, zeigt allenfalls eine
Unvollständigkeit der bestehenden Geset-zeslage auf
(vgl. auch [X.]/[X.] [X.] [2011] §
1600 Rn.
71, 75 [X.]), gibt indessen keinen Grund, das nichteheliche Kind im Hinblick auf den Unterhalt schlechter zu behandeln als das eheliche.
Entgegen der von der Revision
im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung ist die Regelung in §
1600 Abs.
5 [X.] demzufolge nicht als in dem Sinne abschließend zu verstehen, dass den einwil-ligen[X.] nur Rechtsfolgen treffen sollen, wenn er neben der Einwilligung auch die (formbedürftige) Anerkennung des Kindes erklärt hat. Vielmehr gebot die Gleichstellung nichtehelicher und ehelicher Kinder bereits vor der [X.] eine Anwendung der Senatsrechtsprechung zur Einwilligung des Ehemanns auch auf den nicht verheirateten Partner der Mutter, der die Vater-schaft nicht anerkennt. Mit §
1600 Abs.
5 [X.] verfolgt der Gesetzgeber hinge-gen das Ziel, dem Kind im Unterschied zur vorausgegangenen Rechtslage ei-nen einmal erworbenen Status zu sichern. Daraus folgt aber nicht, dass dem aus einer heterologen Befruchtung hervorgegangenen Kind, das den Status nicht erlangt hat, nicht der gleiche Schutz zukommen soll wie vor der [X.], zumal das Kinderrechteverbesserungsgesetz die Rechtsstellung des Kindes nur verbessern, nicht aber verschlechtern sollte
(vgl. auch Senats-urteil vom 26.
Januar 2005

XII
ZR
70/03

FamRZ 2005, 612, 614).
d)
Der Inhalt der vertraglichen Unterhaltspflicht
entspricht der Erklärung des [X.]es,
die Stellung als Vater übernehmen zu wollen. Der hieraus entste-hende Unterhaltsanspruch des Kindes bestimmt sich also hinsichtlich der 22
23
-
12
-
grundlegenden Voraussetzungen (Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit und [X.]shöhe)
entsprechend der gesetzlichen Regelung zum Verwandtenunter-halt (insbesondere §§
1602, 1603, 1610, 1612
a, 1612
b [X.]).
2. Die angefochtene Entscheidung entspricht den genannten Grundsät-zen und hält den Angriffen der Revision
stand.
Nach den insoweit
nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsge-richts wurde die Klägerin im Januar 2008 mit Zustimmung des [X.]n und durch heterologe Insemination gezeugt. Die Zeugung entsprach danach dem gemeinsamen Kinderwunsch der Mutter der Klägerin und des [X.]n
sowie dessen Erklärung vom 23.
Juli 2007, für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen zu wollen, was die Zahlung des Kindesunterhalts zweifelsfrei umfasst.
Dass der [X.] nach den getroffenen Feststellungen auch noch im Januar 2008 in die Behandlung einwilligte, hat das Berufungsge-richt zu Recht daraus gefolgert, dass er die zum Erfolg führende Samenspende beschafft hatte. Zudem trat er nach der Geburt der Klägerin wie ein Vater auf
und ließ sich mit der neugeborenen Klägerin und deren Mutter fotografieren.
Außerdem zahlte er
Teile der Erstausstattung sowie
dreimal monatlichen [X.].
Entgegen der Auffassung der Revision
ist damit auch festgestellt, dass der [X.] die Einwilligungserklärung zumindest auch gegenüber der Mutter abgab. Dass die schriftliche Erklärung beim Arzt
verblieb, hindert die Abgabe der Erklärung gegenüber der Mutter
nicht. Da die Erklärung zudem formfrei ist, ist schließlich auch aus dem weiteren Verhalten des [X.]n vor der Zeugung jedenfalls im Zusammenhang mit der Erklärung vom 23.
Juli 2007 zweifelsfrei eine gegenüber der Mutter abgegebene Einwilligungserklärung
zu entnehmen. Die Mutter hat die Erklärung spätestens
dadurch angenommen, dass sie mit 24
25
26
-
13
-
Rücksicht auf die Einwilligung des [X.]n

mit dessen Kenntnis

die künst-liche Befruchtung durchführen ließ, welche zur Geburt der Klägerin führte.
Der Höhe nach entspricht der vom Berufungsgericht zuerkannte [X.] §§
1610, 1612
a, 1612
b [X.] und ist weder von der Revision
angegrif-fen noch sonst zu beanstanden.

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.01.2014 -
2 [X.]/13 -

O[X.], Entscheidung vom 04.09.2014 -
13 U 30/14 -

27

Meta

XII ZR 99/14

23.09.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2015, Az. XII ZR 99/14 (REWIS RS 2015, 4990)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4990

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 99/14 (Bundesgerichtshof)

Kindesunterhalt: Übernahme der Unterhaltspflicht durch einen nicht verheirateten Mann bei Einverständnis mit heterologer Insemination


XII ZR 70/03 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 49/11 (Bundesgerichtshof)

Vaterschaftsanfechtung des Samen spendenden biologischen Vaters bei fehlender Einwilligung des rechtlichen Vaters; Vaterschaftsanfechtung zur Durchsetzung …


XII ZR 49/11 (Bundesgerichtshof)


5 C 28/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Anspruch auf Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz; durch anonyme Samenspende gezeugtes Kind; im Ausland bezogene Samenspende


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZR 99/14

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.