Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2007, Az. VIII ZR 337/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 892

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 337/06 Verkündet am: 14. November 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO mit einer Schriftsatzfrist bis zum 26. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] sowie die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 1. Dezember 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung eines Wohn-raummietverhältnisses. 1 Die [X.]n mieteten aufgrund eines Vertrages vom 14. September 1999 eine Wohnung der Klägerin in [X.]

. Der Formularmietver-trag enthält in §§ 9, 10 die folgenden Regelungen: 2 - 3 - "§ 9 Mietzahlungen [X.] Der Mietzins einschließlich der Abschlagszahlungen für die Neben-kosten ist monatlich im voraus und zwar spätestens am 3. Werktag des Monats kostenfrei an den Vermieter oder die von ihm zur Entge-gennahme ermächtige Person oder Stelle zu zahlen. Die Miete ist auf folgendes Konto: – zu überweisen. I[X.] Der Mieter verpflichtet sich, für die Bezahlung der Miete einen Dauer-auftrag zu erteilen oder eine Einzugsermächtigung im Lastschriftver-fahren zu erteilen. Diese kann jederzeit widerrufen werden. – § 10 Aufrechnung mit Gegenforderungen, Zurückbehaltung des Mietzinses – I[X.] Der Mieter kann nur mit Forderungen aus dem Mietverhältnis auf-rechnen, wenn sie unbestritten, rechtskräftig festgestellt oder [X.] sind. Dies gilt nicht für Mietzinsminderungen, die we-gen der [X.] des Mietzinses im laufenden Monat entstanden sind. Diese Rückforderungsbeträge eines eventuell zuviel bezahlten Mietzinses für den laufenden Monat können vom Mieter in den [X.] zur Aufrechnung gebracht werden. ..." Die [X.] zu 1 ist nach der Trennung von dem [X.]n zu 2 im April 2005 aus der gemieteten Wohnung ausgezogen. In der Folgezeit wurde die Miete für die Monate Juli bis Oktober 2005 verspätet gezahlt, und zwar für Juli am 29. Juli, für August am 2. September, für September am 28. September und für Oktober am 14. Oktober. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. Oktober 2005 wurden die [X.]n wegen der unpünktlichen Zahlung der Miete abgemahnt. Im Monat November 2005 wurde die Miete fristgerecht gezahlt, dagegen erfolg-ten die Zahlungen für den Monat Dezember 2005 und Januar 2006 wiederum 3 - 4 - verspätet am 20. Dezember 2005 und am 6. Januar 2006. Mit einem weiteren anwaltlichen Schreiben vom 21. Dezember 2005 erklärte die Klägerin die frist-lose, hilfsweise die fristgemäße Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlun-gen. Die Klägerin hat mit der Klage vorsorglich erneut eine Kündigung ausge-sprochen und die Räumung der Wohnung sowie die Zahlung von [X.] wegen vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 553,60 • verlangt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin hat Erfolg. 5 [X.] Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: 6 Der Klägerin stehe gegen die [X.]n kein Anspruch auf Räumung der Wohnung gemäß § 546 Abs. 1, § 985 BGB zu. Das Mietverhältnis sei weder durch eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 21. Dezember 2005 noch durch die erneut in der Klageschrift ausgesprochene Kündigung beendet worden (§§ 543, 573 BGB). Eine Wiederholung einer unpünktlichen Zahlung liege nicht vor, weil die Mietzahlungen vom 20. Dezember 2005 und vom [X.] für die jeweiligen Monate rechtzeitig gewesen seien. Der Bundesge-richtshof habe mit Beschluss vom 26. Oktober 1994 ([X.], 245 ff.) ent-schieden, dass die Kombination einer Mietvorauszahlungsklausel mit einer Formularklausel, durch welche die Aufrechnung bei [X.] - 5 - strittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen beschränkt werde, [X.] sei. Eine unangemessene Benachteiligung (§ 9 [X.]) liege in der [X.], wenn dem Mieter die Minderung zumindest für den ersten Monat, in dem der Mangel auftrete, weder durch Abzug vom geschuldeten Mietzins noch durch Aufrechnung mit einem auf der Überzahlung der Miete in diesem Monat beruhenden Bereiche-rungsanspruch gegenüber der Mietzinsforderung in den Folgemonaten ermög-licht werde. Beschränkungen des [X.] auch in der Durchsetzung durch Abzug von der Miete zwängen den Mieter auf den Klageweg und stellten eine unzulässige Einschränkung dar. Dieser Rechtsprechung werde auch nicht dadurch Rechnung getragen, dass § 10 Abs. 2 des [X.] eine Ausnahme für Mietzinsminderungen mache, die wegen der [X.] des Mietzinses im laufenden [X.] seien. Bei Entstehung eines Minderungsgrundes zum Ende eines Monats sei der Mieter wegen der [X.] und des standardisierten [X.] nicht in der Lage, die volle Mietzinszahlung bis zum dritten Werktag des nächsten Monats zu verhindern. Ein Dauerauftrag etwa müsse so erteilt sein, dass die Überweisung rechtzeitig auf dem Konto des Vermieters eingehe, also bereits vor dem dritten Werktag des Folgemonats erfolge, und er könne nicht kurzfristig zum Ende eines Monats noch geändert werden. Die Aufrech-nung mit der Rückforderung der Miete für diesen Folgemonat erlaube die Rege-lung des [X.] jedoch nicht, da nur mit [X.] wegen des ersten Monats seit Entstehung des Mangels aufgerechnet werden könne. Die nach der vorliegenden Klauselkombination faktische Einschränkung des [X.] führe zur Unwirksamkeit, da sich die Kammer dem vorste-hend zitierten Urteil des [X.] anschließe, wonach jegliche Ein-schränkung unangemessen sei und die [X.]sklausel unwirksam mache. 8 - 6 - Mangels einer wirksamen Kündigung komme auch ein Schadensersatz-anspruch für Rechtsanwaltskosten nicht in Betracht. 9 I[X.] 10 Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nachprü-fung nicht stand. 11 Das Berufungsgericht hat mit der gegebenen Begründung zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin nicht von den [X.]n die Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Schadensersatz für vorgerichtliche Anwalts-kosten verlangen kann, weil das Mietverhältnis nicht durch Kündigung gemäß § 543 Abs. 1, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen unpünktlicher Mietzahlung wirk-sam beendet worden sei. 1. Die [X.]n befanden sich mit der Zahlung der Miete für die Monate Juli bis Oktober 2005, für den Monat Dezember 2005 und den Monat Januar 2006 im Verzug, denn sie waren zur Vorauszahlung der Miete verpflichtet. Zwar ergibt sich dies nicht aus § 556b Abs. 1 BGB, denn diese Vorschrift findet im vorliegenden Fall keine Anwendung. Die Fälligkeit der Miete beurteilt sich hier gemäß Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB vielmehr weiterhin nach § 551 BGB aF, da es sich bei dem am 14. September 1999 geschlossenen Mietvertrag um ein am 1. September 2001 bereits bestehendes Mietverhältnis handelt. Danach wäre die Miete nicht, wie nunmehr nach § 556b Abs. 1 BGB, spätestens bis zum dritten Werktag des jeweiligen Monats, sondern erst am ersten Werktag nach Ablauf des jeweiligen Monats zu entrichten (§ 551 Abs. 1 Satz 2 BGB aF). Die Parteien haben jedoch in § 9 des [X.] eine abweichende [X.] dahin getroffen, dass die Miete monatlich im Voraus, und zwar [X.] am dritten Werktag des Monats, zu zahlen ist. 12 - 7 - 2. Diese [X.] ist wirksam. 13 14 a) Das Berufungsgericht ist aufgrund einer fehlerhaften Auslegung zum gegenteiligen Ergebnis gelangt. Es meint, der Mieter könne wegen des formu-larvertraglichen Aufrechnungsverbots Mietminderungen, die sich erst in dem Monat nach Entstehung des Mangels ergeben, in bestimmten Konstellationen nicht durchsetzen. Mangels einer rechtzeitigen Änderungsmöglichkeit eines [X.] werde die volle Miete für den Folgemonat überwiesen, die [X.] sehe aber lediglich eine Aufrechnung mit [X.] wegen des ersten Monats seit Entstehung des Mangels vor. Diese Auslegung findet weder in dem Wortlaut noch in dem Sinngehalt der Klausel eine Stütze und hält damit auch einer nur eingeschränkt möglichen Nachprüfung durch das Revisi-onsgericht nicht stand. Nach der Klausel kann mit [X.] we-gen Mietminderungen, die wegen der [X.] der Miete im laufenden Mo-nat entstanden sind, in den Folgemonaten aufgerechnet werden. Die Regelung ist schon nach ihrem Wortlaut nicht auf Rückforderungsbeträge aus dem ersten Monat seit der Entstehung des Mangels beschränkt, sondern ebenso auf die folgenden Monate anwendbar, weil der Mieter auch insoweit zur Vorauszahlung der Miete verpflichtet ist und damit Monat für Monat eine Mietminderung im [X.] entsteht. Eine andere Auslegung würde auch dem sachlichen Zusammenhang der Regelung widersprechen. Ob und in welchem Umfang die Miete gemindert ist, kann regelmäßig erst nach Ablauf eines Monats festgestellt werden, da erst dann feststeht, in welchem zeitlichen Umfang die Nutzung der Mietsache beeinträchtigt war. b) Aus dem Senatsbeschluss vom 26. Oktober 1994 ([X.], 245), auf den das [X.] Bezug nimmt, folgt kein anderes Ergebnis. Denn [X.] als nach der dort zu beurteilenden Regelung wird der Mieter im vorliegen-den Streitfall nicht darauf verwiesen, sein Minderungsrecht im Klagewege 15 - 8 - durchzusetzen. Die Aufrechnung hängt allein von der praktischen Möglichkeit im Einzelfall ab, die Mietminderung bei der nächsten Zahlung der Miete zu be-rücksichtigen. Dabei mag bei Vorliegen eines [X.] ein Zeitraum von über einem Monat verstreichen, wenn der Mangel erst gegen Ende des Monats entsteht und somit eine Kürzung der Miete im darauf folgenden Monat nicht mehr möglich ist. Eine Verschiebung der Verwirklichung des [X.] von ein oder zwei Monaten stellt jedoch keine unangemessene Be-nachteiligung dar (BGHZ, aaO, 249, m.w.N.). Erst wenn die Kombination von Vorauszahlungs- und [X.] dazu führt, dass der Mieter gezwungen ist, seinen [X.] im Klageweg durchzusetzen, liegt eine unzulässige Beschränkung des [X.] vor (BGHZ, aaO, 252 f.). Das ist hier nicht der Fall. II[X.] Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; das Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur End-entscheidung reif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getrof-fen hat, ob die Kündigung wegen unpünktlicher Zahlung berechtigt war. Die [X.] ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). [X.][X.] Hermanns [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.04.2006 - 12 C 31/06 - [X.], Entscheidung vom 01.12.2006 - 63 S 177/06 -

Meta

VIII ZR 337/06

14.11.2007

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2007, Az. VIII ZR 337/06 (REWIS RS 2007, 892)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 892

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 129/09 (Bundesgerichtshof)

Kündigung des Wohnraummietvertrages wegen fortlaufend unpünktlichen Mietzahlungen: Berechnung der mietvertraglich vereinbarten Mietzahlungsfrist von 3 Werktagen …


VIII ZR 129/09 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 301/10 (Bundesgerichtshof)

Formularmäßiger Wohnraummietvertrag: Inhaltskontrolle für eine Mietfälligkeitsklausel; fristlose Kündigung wegen fortlaufend unpünktlicher Mietzahlungen


VIII ZR 191/10 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Wirksamkeit einer Vorauszahlungsklausel in Kombination mit einer Aufrechnungsklausel; fristlose Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlung


I-10 U 159/05 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.