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PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 332/10 vom 13. Januar 2011 Na[X.]hs[X.]hlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentli[X.]hung: ja __________________________________ [X.] § 100g, [X.] §§ 113a, 113b Das Urteil des [X.] vom 2. März 2010 (1 BvR 256/08 u.a.) hat der Erhebung von Telekommunikationsdaten und deren Übermittlung zum Zwe[X.]k der Strafverfolgung während der Geltungsdauer und na[X.]h Maßgabe der einstweiligen Anordnung vom 11. März 2008 ni[X.]ht na[X.]hträgli[X.]h die Re[X.]htsgrundlage entzogen. Die Verwendung sol[X.]her Daten im Strafverfahren dur[X.]h ihre Einführung in die Haupt-verhandlung und Verwertung im Rahmen der Urteilsfindung bleibt au[X.]h na[X.]h dem 2. März 2010 re[X.]htmäßig. [X.], Urteil vom 13. Januar 2011 - 3 StR 332/10 - [X.]
- 2 - in der Strafsa[X.]he gegen wegen s[X.]hwerer Brandstiftung - 3 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 13. Januar 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] am [X.] [X.], die [X.] am [X.] [X.], [X.], [X.], [X.]als beisitzende [X.], Oberstaatsanwalt beim [X.] in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der [X.], Re[X.]htsanwalt als Verteidiger, [X.]als Urkundsbeamter der Ges[X.]häftsstelle, für Re[X.]ht erkannt: - 4 - 1. Dem Angeklagten wird na[X.]h Versäumung der Frist zur [X.] der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 23. April 2010 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezei[X.]hnete Urteil wird verworfen. Der Bes[X.]hwerdeführer hat die Kosten seines Re[X.]htsmittels zu tragen. Von Re[X.]hts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen s[X.]hwerer Brandstiftung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und se[X.]hs Monaten verurteilt. Dessen hier-gegen geri[X.]htete Revision rügt allgemein die Verletzung materiellen Re[X.]hts und beanstandet das Verfahren. Sie bleibt ohne Erfolg. 1 [X.] Erörterung bedarf ledigli[X.]h die Rüge, das [X.] habe [X.] des Mobiltelefons des Angeklagten zu Unre[X.]ht zu seinen Lasten 2 - 5 - verwertet; im Übrigen ist das Re[X.]htsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 [X.]. [X.] Der Rüge liegt zugrunde: 3 1. Na[X.]h den Feststellungen begab si[X.]h der Angeklagte am 2. November 2009 na[X.]h 19.00 Uhr in die Wohnung des kurzzeitig abwesenden Zeugen E. in [X.], wo er mit dessen Einverständnis bis zum [X.] hatte. Er wollte die Wohnung dur[X.]h Brandlegung zerstören. Um fahrläs-siges Handeln des Zeugen vorzutäus[X.]hen, s[X.]haltete er in der Kü[X.]he eine Herdplatte an, auf die er einen ni[X.]ht mehr feststellbaren Gegenstand legte. [X.] setzte er in der [X.] des Wohnraums neben dem Bett Materialien unbekannter Bes[X.]haffenheit in Brand. Das Feuer griff, wie vom Angeklagten beabsi[X.]htigt, auf das Bett über; Hitzes[X.]häden und Rau[X.]hgasablagerungen ma[X.]hten die gesamte Wohnung unbenutzbar. Um 19.39 Uhr verständigte eine Na[X.]hbarin die Feuerwehr. Während der Lös[X.]harbeiten ers[X.]hien der Angeklagte und erklärte einem anwesenden Polizeibeamten, er sei gekommen, um [X.] zu holen, die er bei seinem Auszug zurü[X.]kgelassen habe. 4 2. Der Angeklagte, der na[X.]h seinem Auszug aus der Wohnung des [X.] ein Hotelzimmer in [X.] bezogen hatte, hat si[X.]h dahin eingelassen, er sei erstmals na[X.]h Beginn der Lös[X.]harbeiten am Gebäude eingetroffen. Um die von ihm benötigten Medikamente zu holen, habe er die Bahn um 18.55 Uhr ab [X.] genommen, könne also ni[X.]ht s[X.]hon zur [X.] der Brandentstehung in S. gewesen sein. Diese [X.]assung hat das [X.] für widerlegt gehalten. Dabei hat es si[X.]h unter anderem darauf gestützt, dass das Mobiltele-fon des Angeklagten bereits ab 19.00 Uhr mehrfa[X.]h an einem zwis[X.]hen der Wohnung des Zeugen und dem [X.]stehenden Funkmast [X.] - 6 - loggt war, und zwar um 19.00 Uhr und 19.02 Uhr in einem Abstrahlberei[X.]h in Ri[X.]htung Bahnhof und um 19.36 Uhr und 19.37 Uhr in einem Abstrahlberei[X.]h, der die Wohnung des Zeugen erfasst. 3. Die Erhebung der beim Diensteanbieter (§ 3 Nr. 6 Bu[X.]hst. [X.]) [X.] Verkehrsdaten des [X.] hatte das [X.] dur[X.]h Bes[X.]hluss vom 15. Februar 2010 mit der Begründung angeordnet, der Angeklagte sei einer Katalogtat na[X.]h § 100a Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hst. s [X.] ver-dä[X.]htig. Ohne die Datenerhebung, wel[X.]her der Angeklagte zugestimmt habe, werde die Aufklärung seines Aufenthalts zur Tatzeit wesentli[X.]h ers[X.]hwert. Aus den mitgeteilten Daten fertigte die ermittelnde Polizeidienststelle eine Tabelle, die in der Hauptverhandlung am 26. Februar 2010 in Augens[X.]hein genommen und, soweit hier von Bedeutung, verlesen wurde. Im Fortsetzungstermin am 4. März 2010 ordnete der Vorsitzende die Vernehmung der für die [X.] an. Unter Hinweis auf das am 2. März 2010 er-gangene Urteil des [X.] zu §§ 113a [X.], 100g [X.] (1 BvR 256/08 u.a., [X.], 833) widerspra[X.]h die Verteidigerin nunmehr der Verwertung der erhobenen Daten. Dur[X.]h na[X.]hfolgenden Geri[X.]htsbes[X.]hluss bestätigte das [X.] die Anordnung des Vorsitzenden und führte zur Be-gründung aus, die Datenerhebung sei von der einstweiligen Anordnung des [X.] (Bes[X.]hluss vom 11. März 2008 - 1 BvR 256/08, [X.] 121, 1; im Folgenden bis zur Ents[X.]heidung in der Hauptsa[X.]he [Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 u.a., [X.], 833] verlängert) gede[X.]kt gewesen. Gegenstand des Verfahrens sei eine s[X.]hwere Straftat, so dass das Strafverfolgungsinteresse Vorrang vor dem S[X.]hutz des Grundre[X.]hts des Ange-klagten aus Art. 10 GG habe. 6 - 7 - I[X.] Entgegen der Auffassung des Bes[X.]hwerdeführers hat das [X.] die Verkehrsdaten des [X.] zu Re[X.]ht verwertet. Die Ge-winnung der Beweise weist keinen Re[X.]htsfehler auf (1.); die auf dieser re[X.]ht-mäßigen Grundlage beruhende Beweisverwendung dur[X.]h Einführung der Daten in die Hauptverhandlung und deren Verwertung im Rahmen der Beweiswürdi-gung ist ebenfalls ni[X.]ht zu beanstanden (2.). 7 1. Die am 15. Februar 2010 angeordnete Erhebung der Verkehrsdaten des Mobiltelefons des Angeklagten und damit einhergehend deren Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden dur[X.]h den Diensteanbieter war re[X.]htmäßig (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]; § 113a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Bu[X.]hst. [X.], Abs. 5 [X.]). 8 a) Allerdings hat si[X.]h der Senat na[X.]h Einsi[X.]ht in die vom Anbieter auf Anordnung des [X.]s erteilte Auskunft im Wege des [X.] da-von überzeugt, dass dieser - entspre[X.]hend der begleitenden Mitteilung - [X.] die Standortdaten ledigli[X.]h no[X.]h aufgrund seiner gesetzli[X.]hen Verpfli[X.]htung na[X.]h § 113[X.] vorgehalten und für eigene Zwe[X.]ke ni[X.]ht mehr benötigt hat; hierfür spri[X.]ht au[X.]h bereits der [X.]ablauf (vgl. [X.]/Bär, [X.], Vor § 100a Rn. 24, 26a [Stand: August 2010]). Ebenso ergibt die Überprüfung der mitgeteilten Datensätze, dass diese, anders als vom [X.] in seiner An-tragss[X.]hrift angenommen, nur im Zusammenhang mit [X.] gespei[X.]hert waren (§ 113a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Bu[X.]hst. [X.], Abs. 5 [X.]). 9 b) Zutreffend ist das [X.] indes davon ausgegangen, dass die besonderen Voraussetzungen, an die das Bundesverfassungsgeri[X.]ht in seiner einstweiligen Anordnung vom 11. März 2008 (1 BvR 256/08, [X.] 121, 1) die Übermittlung von allein na[X.]h § 113[X.] gespei[X.]herten Verkehrsdaten (§ 3 10 - 8 - Nr. 30 [X.]) geknüpft hatte, vorliegend erfüllt waren. Gegenstand des Verfah-rens ist eine Katalogtat im Sinne von § 100a Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hst. s [X.]. Na[X.]h den [X.] wiegt sie au[X.]h im Einzelfall s[X.]hwer (§ 100a Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Ni[X.]ht zu beanstanden ist au[X.]h die vom [X.] im Rahmen des ihm zustehenden [X.] (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 1. August 2002 - 3 [X.], [X.]St 47, 362, 366 f.) gewonnene Eins[X.]hätzung, dass die Er-fors[X.]hung des Sa[X.]hverhalts auf andere Weise wesentli[X.]h ers[X.]hwert gewesen wäre (§ 100a Abs. 1 Nr. 3 [X.]). [X.]) Das Urteil des [X.] vom 2. März 2010 hat der Erhebung sol[X.]her Daten und deren Übermittlung zum Zwe[X.]ke der [X.] während der Geltungsdauer und na[X.]h Maßgabe der einstweiligen Anord-nung vom 11. März 2008 ni[X.]ht na[X.]hträgli[X.]h die Re[X.]htsgrundlage entzogen. Das Bundesverfassungsgeri[X.]ht hat in seiner Hauptsa[X.]heents[X.]heidung vom 2. März 2010 zwar die §§ 113a, 113b [X.] insgesamt und § 100g Abs. 1 Satz 1 [X.] insoweit wegen Verstoßes gegen Art. 10 Abs. 1 GG für ni[X.]htig erklärt, als da-na[X.]h Verkehrsdaten na[X.]h § 113[X.] erhoben werden dürfen. Dadur[X.]h wird jedo[X.]h die Re[X.]htmäßigkeit des von der einstweiligen Anordnung gede[X.]kten, in der Datenerhebung und -übermittlung liegenden und insoweit abges[X.]hlossenen Grundre[X.]htseingriffs ni[X.]ht berührt (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 4. November 2010 - 4 [X.], Rn. 18 [ni[X.]ht tragend]; [X.], Bes[X.]hlüsse vom 13. April 2010 - 3 Ws 140/10 u.a.; OLG Mün[X.]hen, Bes[X.]hluss vom 27. Mai 2010 - 2 Ws 404/10; [X.]/Bär, § 100g Rn. 40a [X.] [Stand: August 2010]; Marlie/[X.], ZIS 2010, 524, 527 f.; [X.], NStZ 2010, 318, 319 f.; aA, allerdings ohne nähere Begründung, [X.], [X.], 587, 590; Ger[X.]ke, [X.], 281, 283). Einer einstweiligen Anordnung des [X.], die gesetzli[X.]he Regelungen vorläufig aussetzt, außer [X.] setzt oder modifiziert, kommt aus der Natur der Ents[X.]heidung Gesetzeskraft zu ([X.]/S[X.]hmidt-11 - 9 - [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 32 Rn. 173, 190 [Stand: Juli 2002]); sie wird dementspre[X.]hend im [X.] veröffentli[X.]ht (vgl. hier [X.] I 2008, 659, 2239; 2009, 3704). Ungea[X.]htet dessen, dass eine na[X.]hfol-gende Feststellung der Ni[X.]htigkeit der Norm (§ 78 [X.]) auf den [X.]punkt deren Inkrafttretens zurü[X.]kwirkt (vgl. Löwis[X.]h, [X.], 731 f.), s[X.]hafft eine sol-[X.]he einstweilige Anordnung gesetzesvertretendes Übergangsre[X.]ht und regelt die Re[X.]htslage für die [X.] ihrer Geltung endgültig ([X.]/S[X.]hmidt-[X.]/[X.]/[X.]/[X.], aaO § 32 Rn. 8 f.). Re[X.]htsakte auf der [X.] und während der Geltung einer vom Bundesverfassungsgeri[X.]ht erlassenen einstweiligen Anordnung behalten deshalb unabhängig vom Inhalt der späteren Hauptsa[X.]heents[X.]heidung grundsätzli[X.]h ihren re[X.]htli[X.]hen Bestand (aaO Rn. 175). Dies findet au[X.]h Bestätigung in der Re[X.]htspre[X.]hung des Bundesverfas-sungsgeri[X.]hts, wona[X.]h Wahlen, die auf der Grundlage einer die Vors[X.]hriften des Wahlre[X.]hts modifizierenden einstweiligen Anordnung stattfinden, au[X.]h für den Fall einer abwei[X.]henden Hauptsa[X.]heents[X.]heidung als gültig era[X.]htet wer-den ([X.], Bes[X.]hluss vom 17. Oktober 1990 - 2 [X.] u.a., [X.] 82, 353, 370; Urteil vom 12. Oktober 1989 - 2 [X.], [X.] 81, 53, 56). 2. Die Verwertung der re[X.]htmäßig gewonnenen Beweise dur[X.]h die [X.] erweist si[X.]h mit Bli[X.]k sowohl auf das verfassungs- als au[X.]h das ein-fa[X.]hre[X.]htli[X.]he Regelungsgefüge ebenfalls als re[X.]htsfehlerfrei (im Ergebnis ebenso [X.], Bes[X.]hlüsse vom 13. April 2010 - 3 Ws 140/10 u.a.; OLG Mün[X.]hen, Bes[X.]hluss vom 27. Mai 2010 - 2 Ws 404/10; [X.]/Bär, [X.], § 100g Rn. 40a [Stand: August 2010]; Marlie/[X.], ZIS 2010, 524, 527 f.; [X.], NStZ 2010, 318, 320). Die Einführung der übermittelten Daten in die [X.] sowie deren Verwertung im Rahmen der Urteilsfindung waren [X.] ni[X.]ht deshalb unzulässig, weil na[X.]h neuerem verfassungsre[X.]htli[X.]hen Verständnis jede weitere Verwendung erhobener Daten als eigenständiger 12 - 10 - Grundre[X.]htseingriff zu werten und die Re[X.]htsgrundlage für die Erhebung und Übermittlung der Daten zum [X.]punkt der Beweisverwertung vom Bundesver-fassungsgeri[X.]ht dur[X.]h seine Hauptsa[X.]heents[X.]heidung vom 2. März 2010 für ni[X.]htig erklärt worden ist. Im Einzelnen: a) Selbst bei re[X.]htswidriger Beweisgewinnung ist dem Strafverfahrens-re[X.]ht ein allgemein geltender Grundsatz dahin fremd, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvors[X.]hriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot na[X.]h si[X.]h zieht. Vielmehr ist in diesen Fällen über die Verwertung der Beweise je na[X.]h den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgebli[X.]hen Ge-si[X.]htspunkte und der widerstreitenden Interessen zu ents[X.]heiden. Dabei ist in den Bli[X.]k zu nehmen, dass die Annahme eines Verwertungsverbots ein wesent-li[X.]hes Prinzip des Strafverfahrensre[X.]hts - den Grundsatz, dass das Geri[X.]ht die Wahrheit zu erfors[X.]hen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsa[X.]hen und Beweismittel zu erstre[X.]ken hat, die von Bedeutung sind - eins[X.]hränkt. Aus diesem Grund stellt ein Beweisverwertungsverbot eine Aus-nahme dar, die nur bei ausdrü[X.]kli[X.]her gesetzli[X.]her Anordnung oder aus über-geordneten wi[X.]htigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 87 mwN). 13 b) Diese Grundsätze beanspru[X.]hen erst re[X.]ht und in verstärktem Maße Geltung, wenn - wie hier - die Gewinnung der Beweise re[X.]htmäßig war. Au[X.]h in diesem Fall s[X.]heidet deren Verwertung im Strafverfahren ausnahmsweise [X.] dann aus, wenn eine ausdrü[X.]kli[X.]he Vors[X.]hrift dies gebietet oder im Ein-zelfall übergeordnete wi[X.]htige Gründe entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen ni[X.]ht vor. 14 - 11 - aa) Eine ausdrü[X.]kli[X.]he gesetzli[X.]he Norm in Form eines selbstständigen Beweisverbots (vgl. [X.], [X.], 53. Aufl., [X.]. Rn. 50), wel[X.]he die Beweisverwertung hier verbietet, ist ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h. 15 [X.]) Sonstige übergeordnete Gründe stehen einer Verwertung ebenfalls ni[X.]ht entgegen. 16 (1) Werden Telekommunikationsdaten eines Bes[X.]huldigten für ein gegen ihn geführtes Strafverfahren herangezogen und genutzt, so ers[X.]höpft si[X.]h der Eingriff in sein Grundre[X.]ht aus Art. 10 Abs. 1 GG allerdings ni[X.]ht s[X.]hon in der Erhebung der Daten beim Diensteanbieter und in deren Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden. Vielmehr sind au[X.]h sämtli[X.]he na[X.]hfolgenden [X.] und Verwertungen der dur[X.]h die Datenerhebung gewonnenen In-formationen na[X.]h neuerer verfassungsre[X.]htli[X.]her Dogmatik ni[X.]ht mehr nur als Fortsetzung des Ersteingriffs, sondern als neue Grundre[X.]htseingriffe zu [X.], die jeweils einer eigenen gesetzli[X.]hen Ermä[X.]htigung bedürfen und an die-sem Grundre[X.]ht zu messen sind ([X.]/[X.], GG, Art. 10 Rn. 61, 87 [Stand: Januar 2010]; [X.], Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 u.a., [X.], 833, 835 f.). Dies gilt au[X.]h für deren Einführung in die [X.] na[X.]h den strafprozessualen Regeln über die Beweisaufnahme sowie deren Verwertung bei der Urteilsfindung (vgl. [X.], Urteil vom 27. November 2008 - 3 [X.], [X.]St 53, 64, 68). 17 (aa) Es kann dahinstehen, ob die fortdauernde Wirkung der die [X.] re[X.]htfertigenden einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsge-ri[X.]hts au[X.]h die Beweisverwertung legitimiert (vgl. [X.], Bes[X.]hlüsse vom 13. April 2010 - 3 Ws 140/10 u.a.; ähnli[X.]h [X.]/Bär, [X.], § 100g Rn. 40a [Stand: August 2010]). Dies könnte zweifelhaft sein, weil die §§ 113a, 113b [X.], § 100g Abs. 1 [X.] allein die Erhebung und die Spei[X.]herung der Daten 18 - 12 - beim Diensteanbieter und deren Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden regeln. Es ist deshalb fragli[X.]h, ob sie na[X.]h Wortlaut und Zwe[X.]k als Grundlage weiterer selbstständiger Grundre[X.]htseingriffe in Betra[X.]ht kommen können. Wie bei jedem im Ermittlungsverfahren unter re[X.]htmäßigem Eingriff in ein Grund-re[X.]ht gewonnenen Beweismittel ist Re[X.]htsgrundlage für die Einführung der Verkehrsdaten in die Hauptverhandlung - und damit für die erneute Beeinträ[X.]h-tigung des Grundre[X.]hts aus Art. 10 Abs. 1 GG - jedenfalls die in § 244 Abs. 2 [X.] statuierte Pfli[X.]ht des Geri[X.]hts, zur Erfors[X.]hung der Wahrheit die Beweis-aufnahme in der Hauptverhandlung auf alle im Verfahren gewonnenen Be-weismittel zu erstre[X.]ken, die für die Ents[X.]heidung von Bedeutung sind. Die re[X.]htli[X.]he Legitimation für die Verwertung der in die Hauptverhandlung einge-führten Daten zur Urteilsfindung - dem no[X.]hmaligen Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG - liefert dagegen § 261 [X.], der dem Tatri[X.]hter gebietet, si[X.]h seine Über-zeugung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu bilden, mithin [X.] die dort erhobenen Beweise zu würdigen (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 20. Mai 2010 - 2 BvR 1413/09, [X.], 2937, 2938; [X.], Urteil vom 10. Oktober 1979 - 3 [X.], [X.]St 29, 109, 110; [X.], [X.], 53. Aufl., § 244 Rn. 11 mwN). ([X.]) § 244 Abs. 2 und § 261 [X.] legen Anlass, Verwendungszwe[X.]k und Grenzen des weiteren Grundre[X.]htseingriffs hinrei[X.]hend berei[X.]hsspezifis[X.]h, präzise und normenklar fest (s. dazu [X.], Bes[X.]hluss vom 25. März 1992 - 1 BvR 1430/88, [X.] 85, 386, 403 f.; [X.]/[X.], GG, Art. 10 Rn. 138 [Stand: Januar 2010]). Ni[X.]ht etwa ist es hierzu erforderli[X.]h, alle denkbaren Beweismittel, die im Ermittlungs-, Zwis[X.]hen- oder Hauptverfahren außerhalb der Hauptverhandlung dur[X.]h Strafverfolgungsbehörden und Geri[X.]hte unter Be-einträ[X.]htigung eines Grundre[X.]hts re[X.]htmäßig gewonnen wurden, in die Vor-s[X.]hriften über die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung und die Verwer-19 - 13 [X.] der hierbei gewonnenen Beweisergebnisse für das Urteil (no[X.]hmals) enu-merativ aufzuzählen, um die weitere Verwendung der Beweismittel gesetzli[X.]h zu legitimieren. Derartiges würde vielmehr zu einer Gesetzesverästelung und -aufblähung führen, ohne dass hierdur[X.]h dem betroffenen Grundre[X.]htsträger tatsä[X.]hli[X.]h ein Mehr an Grundre[X.]htss[X.]hutz und Re[X.]htssi[X.]herheit gewährleistet wäre. (2) Im Übrigen ist ein Beweisverwertungsverbot zwar bereits von Verfas-sungs wegen zumindest bei s[X.]hwerwiegenden, bewussten oder willkürli[X.]hen Verfahrensverstößen geboten, bei denen die grundre[X.]htli[X.]hen Si[X.]herungen planmäßig oder systematis[X.]h außer a[X.]ht gelassen worden sind und deshalb na[X.]h der bisherigen Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] in Fällen anerkannt, in denen der absolute Kernberei[X.]h privater Lebensgestaltung be-rührt ist ([X.], Bes[X.]hluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, [X.], 61, 64). Jedes Beweisverwertungsverbot s[X.]hränkt allerdings die Beweis-mögli[X.]hkeiten der Strafverfolgungsbehörden zur Erhärtung oder Widerlegung des Verda[X.]hts strafbarer Handlungen ein und beeinträ[X.]htigt so die Findung ei-ner materiell ri[X.]htigen und gere[X.]hten Ents[X.]heidung; au[X.]h von Verfassungs we-gen stellt es mithin eine begründungsbedürftige Ausnahme dar ([X.], Be-s[X.]hlüsse vom 15. Oktober 2009 - 2 BvR 2438/08, [X.], 287; vom 20. Mai 2010 - 2 BvR 1413/09, [X.], 2937, 2938). 20 Eine derartige Ausnahme liegt hier ni[X.]ht vor. Bei der insoweit gebotenen Abwägung der Strafverfolgungsinteressen mit den betroffenen Individualinter-essen fällt ins Gewi[X.]ht, dass der mit der weiteren Verwertung der Daten ver-bundene Eingriff in das Grundre[X.]ht des Angeklagten aus Art. 10 Abs. 1 GG ni[X.]ht besonders s[X.]hwer wiegt; insbesondere wird der Kernberei[X.]h privater Le-bensgestaltung ni[X.]ht tangiert. Dabei ist zu berü[X.]ksi[X.]htigen, dass die §§ 113a, 21 - 14 - 113b [X.] zwar in der vom Gesetzgeber gewählten Fassung für ni[X.]htig erklärt worden sind, eine se[X.]hsmonatige anlasslose Spei[X.]herung von [X.] für eine Verwendung im Rahmen der Strafverfolgung, wie sie diese Vors[X.]hriften vorsahen, mit Art. 10 GG jedo[X.]h ni[X.]ht s[X.]hle[X.]hthin unver-einbar ist ([X.], Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 u.a., [X.], 833, 837). Im Übrigen bes[X.]hränkt si[X.]h der Eingriff auf die Feststellung des [X.] des Angeklagten; die Inhalte seiner Telekommunikation sind davon ni[X.]ht betroffen, sondern allenfalls deren Umstände. Die inhaltli[X.]hen Vorausset-zungen, an die das Bundesverfassungsgeri[X.]ht eine Verwendung von Vorratsda-ten für Zwe[X.]ke der Strafverfolgung knüpft, sind vorliegend gewahrt. Gegen den Angeklagten besteht ein dur[X.]h bestimmte Tatsa[X.]hen begründeter Verda[X.]ht ei-ner Straftat, deren Qualifizierung als s[X.]hwer in der Strafnorm - insbesondere dur[X.]h deren Strafrahmen - einen objektivierten Ausdru[X.]k findet (vgl. [X.] aaO 841). Wie bereits dargelegt, wiegt die dem Angeklagten vorgeworfene Straftat au[X.]h im Einzelfall s[X.]hwer (vgl. aaO); deren weitere Aufklärung wäre ohne die Verwertung der Daten wesentli[X.]h ers[X.]hwert. Die Effektivierung der Strafverfolgung ist ein legitimer Zwe[X.]k, der einen Eingriff in das [X.] grundsätzli[X.]h re[X.]htfertigen kann. Denn au[X.]h wenn die Straf-prozessordnung ni[X.]ht auf Wahrheitserfors[X.]hung "um jeden Preis" geri[X.]htet ist, s[X.]hränkt die Annahme eines Verwertungsverbots eines der wesentli[X.]hen Prin-zipien des Strafverfahrensre[X.]hts ein, nämli[X.]h den Grundsatz, dass das Geri[X.]ht die Wahrheit zu erfors[X.]hen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsa[X.]hen und Beweismittel zu erstre[X.]ken hat, die von Bedeutung sind (vgl. [X.], Bes[X.]hlüsse vom 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07, [X.], 1469, 1474; vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, [X.], 61, 64). (3) Der Senat sieht si[X.]h in seiner Auffassung dadur[X.]h bestätigt, dass das Bundesverfassungsgeri[X.]ht in seinem Urteil vom 2. März 2010 ledigli[X.]h die [X.] - 15 - s[X.]hung von den Diensteanbietern no[X.]h ni[X.]ht übermittelter Vorratsdaten ange-ordnet, si[X.]h indes zur Frage der Verwertbarkeit na[X.]h Maßgabe seiner einstwei-ligen Anordnung erhobener sowie bereits an die Strafverfolgungsbehörden übermittelter Daten ni[X.]ht verhalten und damit deren weitere Verwertung im Strafverfahren ni[X.]ht ausges[X.]hlossen hat. Der genannten Ents[X.]heidung kann deshalb ni[X.]ht die Intention des [X.] entnommen wer-den, dass die im Ermittlungsverfahren re[X.]htmäßig gewonnenen Daten im weite-ren Strafverfahren eins[X.]hließli[X.]h der Urteilsfindung ni[X.]ht mehr verwertet werden dürfen; auf diese Weise würde im Übrigen der Regelungsgehalt der in ihrer Wirkung fortbestehenden einstweiligen Anordnung letztli[X.]h konterkariert und der Verwertung re[X.]htmäßig gewonnener Beweise in systemwidriger Weise na[X.]hträgli[X.]h der Boden entzogen. (4) Die Unzulässigkeit der Einführung der Daten in die Hauptverhandlung und ihrer Verwertung im Rahmen der Beweiswürdigung na[X.]h dem Urteil des [X.] vom 2. März 2010 folgt au[X.]h ni[X.]ht aus dem Grund-satz, wona[X.]h bei einer Änderung des Strafverfahrensre[X.]hts anhängige Verfah-ren na[X.]h der neuen Re[X.]htslage fortzuführen sind (vgl. [X.], Urteil vom 27. No-vember 2008 - 3 [X.], [X.]St 53, 64, 67; [X.], [X.], 53. Aufl., § 354a Rn. 4 je mwN). Selbst wenn man diesen Grundsatz entspre-[X.]hend auf die hier vorliegende Konstellation überträgt, dass das Bundesverfas-sungsgeri[X.]ht eine strafprozessuale Frage im Wege einer einstweiligen Anord-nung vorübergehend regelt und der Inhalt der Ents[X.]heidung in der Hauptsa[X.]he zu derjenigen der einstweiligen Anordnung in Widerspru[X.]h steht, führt dies ni[X.]ht zur Unverwertbarkeit der erhobenen Daten. Denn wie bereits dargelegt [X.] si[X.]h hier sowohl die einstweilige Anordnung als au[X.]h das Hauptsa[X.]heurteil vom 2. März 2010 allein mit den Vors[X.]hriften der §§ 113a, 113b [X.], § 100g [X.] zur Spei[X.]herung der Daten beim Diensteanbieter sowie deren Übermitt-23 - 16 - lung an die Strafverfolgungsbehörden und damit mit einem zur [X.] der Haupt-verhandlung und Urteilsfindung beendeten prozessualen Ges[X.]hehen. Sie betreffen dagegen ni[X.]ht die für die Verwertung der Beweise im weiteren Straf-verfahren relevanten § 244 Abs. 2, § 261 [X.]. Diese Bestimmungen sind vielmehr dur[X.]h das genannte Urteil unberührt geblieben und waren deshalb vom [X.] in der Hauptverhandlung und bei der Urteilsfindung ohne Ein-s[X.]hränkung zu bea[X.]hten. 3. Na[X.]h alldem bedarf es keiner näheren Erörterung, ob das vom Ange-klagten zunä[X.]hst zu der ursprüngli[X.]hen Datenabfrage erklärte Einverständnis au[X.]h unabhängig von obigen Erwägungen die Beweiserhebung über die [X.] in der Hauptverhandlung und deren Verwertung bei der [X.] re[X.]htfertigte oder ob der Angeklagte dieses Einverständnis ni[X.]ht zumin-dest na[X.]h der Verkündung des verfassungsgeri[X.]htli[X.]hen Urteils vom 2. März 2010 wirksam zurü[X.]kziehen konnte. Keiner Betra[X.]htung bedarf au[X.]h die Frage, ob es von re[X.]htli[X.]her Bedeutung ist, dass die Verkehrsdaten als sol[X.]he s[X.]hon
24 - 17 - vor dem 2. März 2010 im Wege des [X.] verlesen worden [X.], während na[X.]h diesem Tag allein no[X.]h deren Auswertung dur[X.]h die [X.] der zuständigen polizeili[X.]hen Ermittlungsbeamten in die [X.] eingeführt wurde. [X.] [X.] [X.] S[X.]häfer [X.]
Meta
13.01.2011
Bundesgerichtshof 3. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2011, Az. 3 StR 332/10 (REWIS RS 2011, 10477)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 10477
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