Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.01.2013, Az. IV ZR 197/11

4. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 9180

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Firmenschutzversicherung unter Einschluss von Schäden durch Einbruchsdiebstahl: Anforderungen an eine gesonderte Mitteilung in Textform über die Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen bei Belehrung im Schadenmeldungsfragebogen


Leitsatz

1. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform i.S. von § 28 Abs. 4 VVG genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einen Schadenmeldungsfragebogen oder ein sonstiges Schreiben aufnimmt, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Versicherungsfalls gestellt werden.

2. In diesen Fällen muss sich die Belehrung durch ihre Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text derart abheben, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 10. Oktober 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Firmenschutzversicherung, welche auch den Schutz vor Einbruchsdiebstahl umfasst, ferner die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Nach seiner Behauptung wurde in der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 2009 in die Räume seines [X.] eingebrochen und eine Reihe von Werkzeugen und Maschinen entwendet, deren Wert der Kläger auf jedenfalls 31.000 € beziffert. Im Zuge von Verhandlungen mit dem Regulierungsbeauftragten der Beklagten unterzeichnete der Kläger ein ihm unterbreitetes Formular, welches mit "Vergleich und Abfindungserklärung" überschrieben war. Darin heißt es unter anderem:

"Mit Bewilligung einer Vergütung von 31.000 € erkläre ich [X.] hinsichtlich aller Entschädigungsansprüche, die ich anläßlich meines Versicherungsfalles vom [X.] (…) erhebe, für abgefunden. (…)

An diesen Vergleichsvorschlag halte ich [X.] nur dann gebunden, wenn die oben genannte Gesellschaft innerhalb von 20 Tagen nach Erhalt dieser Erklärung ihre Annahme durch Zahlung erklärt."

2

Zu einer Zahlung des genannten Betrages kam es nicht. Stattdessen forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 3. September 2009 auf, zahlreiche weitere Fragen zur Sachverhaltsaufklärung zu beantworten. Der Text des zweiseitigen Schreibens lautet am Ende:

"Abschließend erteilen wir Ihnen folgende Belehrung: (Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von [X.] nach dem Versicherungsfall)

Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen haben Sie uns nach Eintritt des Versicherungsfalles alle Angaben zu machen, die der Aufklärung des Tatbestandes dienlich sind (sogenannte Aufklärungsobliegenheit) oder zur Feststellung des Versicherungsfalls bzw. des Umfanges unserer Leistungspflicht erforderlich sind (sogenannte Auskunftsobliegenheit).

Verletzen Sie arglistig oder vorsätzlich die Obliegenheit zur Auskunft oder zur Aufklärung, werden wir von der Verpflichtung zur Leistung frei.

Verstoßen Sie hingegen grob fahrlässig gegen eine dieser Obliegenheiten, können wir unsere Leistung im Verhältnis zur Schwere Ihres Verschuldens kürzen. Die Kürzung wird unterbleiben, wenn Sie nachweisen, dass die Obliegenheit nicht grob fahrlässig verletzt wurde.

Trotz Verletzung Ihrer Obliegenheit zur Auskunft oder Aufklärung bleiben wir jedoch insoweit zur Leistung verpflichtet, als Sie nachweisen, dass die vorsätzliche oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung weder für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang unserer Leistungspflicht ursächlich war."

3

Dieser Text unterscheidet sich nicht von dem sonstigen Schriftbild des Schreibens, lediglich das einleitende Wort "Belehrung" ist fett, der nachfolgende in Klammern stehende Zusatz kursiv gedruckt.

4

Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe vorsätzlich die in dem Schreiben gestellten Fragen - und ebenso weitere Fragen aus nachfolgenden zwei Schreiben - nicht ausreichend, teilweise auch unzutreffend beantwortet. Sie hält sich schon deshalb für leistungsfrei, bestreitet aber auch das Vorliegen eines Versicherungsfalls mit Nichtwissen und zieht dabei insbesondere das Vorhandensein der vom Kläger als gestohlen gemeldeten Geräte am [X.] und deren angegebenen Wert in Zweifel.

5

Der Kläger meint, die Beklagte sei bereits infolge eines wirksam abgeschlossenen Vergleichs zur Leistung verpflichtet; auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung könne sie sich unter anderem deshalb nicht berufen, weil ihre Belehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.

6

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Dieses hat ausgeführt:

9

Ein Vergleich über die Versicherungsleistung sei nicht zustande gekommen.

Auf den Versicherungsvertrag könne der Kläger sein Begehren ebenfalls nicht mit Erfolg stützen, weil die Beklagte infolge der vorsätzlichen Verletzung seiner Auskunftsobliegenheit leistungsfrei sei. Dabei sei zugrunde zu legen, dass der Kläger die Frage nach einer Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und dem Vorliegen von [X.] nicht bzw. nicht zutreffend beantwortet habe. Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils stelle bindend fest, der Kläger habe unstreitig zum fraglichen Zeitpunkt die eidesstattliche Versicherung abgegeben gehabt und ein vollstreckbarer Titel gegen ihn habe vorgelegen. Dem Bestreiten dieser Umstände in zweiter Instanz stehe § 314 ZPO entgegen, nachdem ein Tatbestandberichtigungsantrag des Klägers erfolglos geblieben sei. Als neues Vorbringen könne dieses Bestreiten nicht zugelassen werden, da die Voraussetzungen des § 531 ZPO nicht vorlägen. Angesichts der im Schriftverkehr der Parteien wiederholten Hinweise der Beklagten auf die Folgen unzureichender Auskünfte sei davon auszugehen, dass der Kläger zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Einen [X.] nach § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] habe er nicht geführt.

Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung der Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit genüge den Anforderungen des § 28 Abs. 4 [X.]. Für eine "gesonderte Mitteilung" reiche ein drucktechnisch hervorgehobener Absatz am Ende eines Fragebogens aus. Die drucktechnische Hervorhebung der Belehrung erscheine noch ausreichend.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

1. Offen bleiben kann, ob der Kläger seine Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit verletzt hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das Berufungsgericht nach § 314 ZPO an die Feststellung des [X.] gebunden war, der Kläger habe unstreitig früher einmal die eidesstattliche Versicherung abgegeben und es liege ein vollstreckbarer Titel gegen ihn vor.

2. Vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 28 Abs. 2 [X.] kann schon deshalb nicht eintreten, weil die dem Kläger erteilte Belehrung über diese Rechtsfolgen den Anforderungen des § 28 Abs. 4 [X.] nicht genügt.

a) Allerdings trifft die Annahme des Berufungsgerichts zu, dass eine schriftliche Belehrung des Versicherungsnehmers auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder - wie hier - in einem individuellen Schreiben des Versicherers, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung eines behaupteten Versicherungsfalls gestellt werden, das Erfordernis einer "gesonderten Mitteilung in Textform" i.S. des § 28 Abs. 4 [X.] erfüllt.

aa) Der Wortlaut des vom [X.] jeweils mit Blick auf [X.] oder Hinweispflichten des Versicherers aufgestellten Formerfordernisses (vgl. neben § 28 Abs. 4 auch die §§ 19 Abs. 5, 37 Abs. 2 Satz 2, 51 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 2 [X.]) macht für sich genommen nicht hinreichend deutlich, ob "gesondert" eine absolute Trennung der Mitteilung von jeglichen anderen Texten oder lediglich von bestimmten Dokumenten fordert. Auch die Gesetzgebungsmaterialien geben darüber keinen Aufschluss (vgl. dazu [X.], [X.], 709, 710). Dort wird nur für die gesonderte schriftliche [X.] des Versicherungsnehmers nach § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] erläutert, deren Zweck, formularmäßige Verzichte zu vermeiden, erfordere eine ausdrückliche Erklärung in einem "gesonderten" Schriftstück (BT-Drucks. 16/3945 S. 60). Teilweise wird deshalb in der Literatur angenommen, es sei auch nach § 28 Abs. 4 [X.] stets eine absolute Trennung in der Weise geboten, dass die Belehrung nur mittels einer eigens verfassten Urkunde, die als "Extrablatt" neben der Belehrung keine weiteren Informationen enthalten dürfe, wirksam erfolgen könne ([X.], [X.], 163, 166; [X.], [X.], 45, 52 - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 [X.]; [X.], [X.], 1046; [X.], [X.], 1313, 1319 f. - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 [X.]; [X.] in [X.], [X.] 9. Aufl. § 19 Rn. 115 m.w.[X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. § 28 Rn. 114).

bb) Dem ist nicht zuzustimmen. Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung nimmt stattdessen zutreffend an, die von § 28 Abs. 4 [X.] geforderte Belehrung könne zusammen mit schriftlichen Fragen des Versicherers innerhalb eines Dokuments erteilt werden ([X.]/[X.], BB 2007, 2689; [X.] in [X.], [X.] 9. Aufl.; § 28 Rn. 177; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.], 2. Aufl. § 14 Rn. 8; [X.], [X.], 709, 710; [X.]/[X.], [X.] kompakt, 4. Aufl. [X.]; [X.], [X.], 468; [X.] in Looschelders/[X.], [X.] 2. Aufl. § 28 Rn. 130; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 28 Rn. 154; [X.] in HK-[X.], 2. Aufl. zu § 19 Rn. 42; [X.], [X.], 353, 356; [X.] in [X.], [X.] § 28 Rn. 340; [X.] [X.], 1448, 1449; [X.] r+s 2010, 412, 415; [X.] [X.], 465, 466 - zu § 19 Abs. 5 [X.]). Das folgt aus dem Gesetzeszweck. Danach ist eine gesonderte Mitteilung in Textform im Sinne des § 28 Abs. 4 [X.] als eine anlassbezogene, lediglich von den allgemeinen Vertragsunterlagen, insbesondere dem Versicherungsschein aber auch den Versicherungsbedingungen und dem Produktinformationsblatt, getrennte Form des Hinweises zu verstehen.

(1) Die nach § 28 Abs. 4 [X.] gebotene Belehrung über die im Falle der Verletzung einer Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit drohenden Rechtsfolgen soll dem Versicherungsnehmer vor der Beantwortung entsprechender Fragen des Versicherers eindringlich vor Augen führen, welche Bedeutung die vollständige, rechtzeitige und wahrheitsgemäße Information des Versicherers für dessen Leistungsverpflichtung hat. Der Versicherungsnehmer soll damit zu einer ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheiten angehalten, aus Gründen der Fairness zugleich aber auch vor den ihm anderenfalls drohenden Rechtsnachteilen gewarnt werden (vgl. dazu auch Rixecker in [X.]/Langheid, [X.] 3. Aufl. § 28 Rn. 104). Aus dieser Zielsetzung ergibt sich die Notwendigkeit, erst dann zu belehren, wenn von dem Versicherungsnehmer Angaben zu einem konkreten Versicherungsfall erwartet werden. Erst zu diesem Zeitpunkt ist es zweckmäßig, dass ihm die Belehrung vor Augen steht (vgl. zum ähnlichen Regelungszweck des § 19 Abs. 5 Satz 1 [X.] auch BT-Drucks. 16/3945 S. 65, 66). Das wäre nicht gewährleistet, wenn die Belehrung bereits vorsorglich für künftige Versicherungsfälle im [X.], den Versicherungsbedingungen, sonstigen Vertragsunterlagen oder Vertragsinformationen im Sinne des § 7 [X.] wirksam erteilt werden könnte. Diese Belehrung muss von den letztgenannten Dokumenten getrennt und erst dann erfolgen, wenn die Erfüllung eines Aufklärungs- oder Auskunftsverlangens des Versicherers ansteht.

(2) Diesem Zweck der Belehrung kann einerseits mittels eines - vom Wortlaut des § 28 Abs. 4 [X.] jedenfalls auch gedeckten - eigens für die Belehrung erstellten Dokuments ("Extrablattes") Rechnung getragen werden; andererseits lässt es sich mit dem Gesetzeszweck ebenso vereinbaren, die anlassbezogene Belehrung auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder in einem Schreiben zu erteilen, in welchem der Versicherer Fragen zur Aufklärung eines Versicherungsfalles stellt. Ein Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers, die Belehrung nicht im Kontext mit solchen Fragen zu erhalten, ist nicht erkennbar. Denn sie wird ihrer vom Gesetz bezweckten Warnfunktion gerade dann gerecht, wenn sie dem Versicherungsnehmer im unmittelbaren zeitlichen und auch räumlichen Zusammenhang mit den an ihn gerichteten Fragen zur Kenntnis gebracht wird.

(3) Diese am [X.] orientierte Auslegung des Begriffs der "gesonderten Mitteilung in Textform" im Sinne des § 28 Abs. 4 [X.] steht nicht im Widerspruch dazu, dass die in § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] vorausgesetzte "gesonderte schriftliche Erklärung" des Versicherungsnehmers (über einen Verzicht auf Vertragsinformationen) eine von sonstigen Erklärungen getrennte Urkunde verlangt. Die Gefahr vorschneller, weil formularmäßig vorbereiteter Verzichtserklärungen von Versicherungsnehmern, welcher § 7 Abs. 1 Satz 3 [X.] entgegenwirken will (vgl. dazu BT-Drucks. 16/3945 S. 60), besteht im Falle der von § 28 Abs. 4 [X.] geforderten Belehrung, bei der es sich um eine einseitige, nicht unmittelbar auf die Begründung von Rechten oder Pflichten gerichtete Informationserklärung des Versicherers handelt, nicht (vgl. [X.], [X.], 709, 710). Vielmehr kann es gemessen an ihrer Warnfunktion durchaus sinnvoll sein, wenn sie in demjenigen Formular enthalten ist, dessen unvollständige oder unrichtige Beantwortung für den Versicherungsnehmer Gefahren bergen kann.

b) Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung ist aber zu beanstanden, weil ihre drucktechnische Gestaltung nicht den Anforderungen genügt, die an eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 [X.] zu stellen sind.

aa) Mit dem [X.] hat der Gesetzgeber in § 28 Abs. 4 [X.] ein wesentliches Element der vom Senat zu § 6 Abs. 3 [X.] a.F. allein für Fälle vorsätzlicher, [X.] entwickelten Relevanzrechtsprechung (vgl. unter anderem Senatsurteile vom 16. Januar 1970 - [X.], [X.], 160, 164; vom 24. Juni 1981 - [X.], [X.], 182 m.w.[X.]; vgl. im Übrigen zur Entwicklung der Relevanzrechtsprechung: [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 6 Rn. 51-55; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 27. Aufl. § 6 Rn. 101) übernommen (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 69). Die Beschränkung der [X.] auf vorsätzliche, folgenlose Obliegenheiten ist dabei entfallen, weil letztere infolge des in § 28 Abs. 3 Satz 1 [X.] erweiterten [X.] ohnehin keine Leistungskürzung mehr zur Folge haben. Die [X.] betrifft nunmehr alle nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden [X.].

bb) Bereits in der Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt, dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war ([X.] aaO Rn. 64; [X.], Urteil vom 8. Mai 1967 - [X.], [X.]Z 48, 7, 9), sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung ([X.], 251, 252; [X.] ZfSch 1995, 338) abhob.

cc) Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des [X.]ses in das neue [X.] abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien - insbesondere auch zu dem ähnlichen [X.] des § 19 Abs. 5 [X.] - aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten (vgl. dazu [X.], [X.], 709, 710). Zwar mag sich die von der Rechtsprechung für jegliche Belehrung des Versicherers geforderte (vgl. insoweit Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - [X.], [X.], 497 unter 3 d zu § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F.) besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes - Fragen des Versicherers [X.] - Schreiben zu, ist im [X.] weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (vgl. [X.] [X.], 1448, 1449; [X.], Urteil vom 10. März 2011 - 2 O 105/10, juris Rn. 20; [X.], 465, 467 jeweils zu § 19 Abs. 5 [X.]; [X.] in [X.]-[X.] § 28 Rn. 340; vgl. zu § 37 Abs. 2 Satz 2 [X.]: [X.], 973, 974).

dd) Dem genügt die hier in Rede stehende Belehrung nicht. Ihr Text hebt sich weder in Schriftart oder -größe noch in Bezug auf Fett-, Kursiv- oder Normaldruck, Zeilenabstand, Zeilen- oder Absatzeinzüge oder Schriftfarbe ausreichend vom übrigen Text des Schreibens vom 3. September 2009 ab. Andere graphische Mittel zur Hervorhebung von Text, wie Balken, Kästen, Pfeile oder eine besondere Hintergrundfärbung werden ebenfalls nicht eingesetzt. Allein das fett gedruckte Wort "Belehrung" und die Kursivstellung des nachfolgenden Klammerzusatzes "(Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von [X.] nach dem Versicherungsfall)", die beide im Fließtext integriert und nicht nach Art einer Überschrift hervorgehoben sind, reichen nicht aus, um die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderem Maße auf den nachfolgenden, normal gedruckten Belehrungstext zu lenken, der sich über vier Absätze erstreckt, ohne dass aufgrund deren äußerer Gestaltung erkennbar wäre, dass es sich insoweit um eine vom sonstigen Inhalt des Schreibens gesondert erteilte rechtliche Information handelt.

Es kommt hinzu, dass die Fristsetzung zur Beantwortung der Fragen bis zum "30.09.2009" unmittelbar über dem Wort "Belehrung" ebenfalls fett gedruckt und zudem zentriert gesetzt ist, so dass sie die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderer Weise auf sich zieht und von der Bedeutung des nachfolgenden Textes ablenkt.

Auch der abschließende nahtlose Übergang von der Belehrung zur Grußformel lässt die rechtliche Bedeutung des Belehrungstextes nicht hinreichend erkennen.

III. [X.] bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, weil nunmehr geprüft werden muss, ob ein Versicherungsfall vorliegt und in welchem Umfang der Kläger gegebenenfalls Schäden erlitten hat.

Anders als der Kläger meint, ist seiner Klage nicht bereits aufgrund eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs stattzugeben. Die darauf zielenden Revisionsrügen erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unbehelflichen Versuch, die tatrichterliche Auslegung des Formulars "Vergleich und Abfindungserklärung" sowie die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Frage, ob ein Vergleich mündlich abgeschlossen worden ist, durch eigene, vermeintlich bessere Erwägungen zu ersetzen. Von einer weiteren Begründung wird insoweit nach § 564 ZPO abgesehen.

[X.]                         [X.]                                    Felsch

               Lehmann                      Dr. Brockmöller

Meta

IV ZR 197/11

09.01.2013

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, 10. Oktober 2011, Az: 3 U 13/11, Urteil

§ 28 Abs 4 VVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.01.2013, Az. IV ZR 197/11 (REWIS RS 2013, 9180)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9180

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 197/11 (Bundesgerichtshof)


9 U 142/03 (Oberlandesgericht Köln)


IV ZR 104/17 (Bundesgerichtshof)

Reiseabbruchversicherung: Inhaltskontrolle der in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltenen Klausel über Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach Eintritt …


IV ZR 242/13 (Bundesgerichtshof)

Vermögensschadenshaftpflichtversicherung einer gesetzlichen Krankenkasse: Obliegenheit zur Auskunftserteilung durch Stellungnahme des schadensverursachenden Sachbearbeiters; Ende der Verjährungshemmung …


I-4 U 138/05 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.