Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2012, Az. VI ZB 46/11

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7289

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB
46/11

vom

17. April
2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 670, 675; ZPO § 104 Abs. 2 Satz 3; [X.] [X.] Nr. 7008
Sind bleibende Ausgaben für vorsteuerabzugsberechtigte Prozessbevollmächtigte einer [X.] in Form gezahlter Umsatzsteuer wegen der Möglichkeit des [X.] nicht gegeben, dürfen dem Mandanten als Auftraggeber die entsprechenden [X.] nicht in Rechnung gestellt und können diese bei der [X.] nicht berücksichtigt werden.

[X.], Beschluss vom 17. April 2012 -
VI [X.]/11 -
[X.]isches OLG

LG [X.] (Oder)

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am
17. April
2012
durch den [X.], den
Richter
Zoll, die Richterin [X.], den Rich-ter Pauge und die Richterin von Pentz
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des [X.] vom 24.
Mai 2011 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
Beschwerdewert:
232,71

Gründe:
I.
Die [X.]en beendeten einen zwischen ihnen geführten Rechtsstreit durch Vergleich. Sie vereinbarten darin, dass von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleiches der Kläger 20
% und der Beklagte 80
% zu tragen habe. Mit Schriftsatz vom 25.
August 2008 beantragte der Kläger Kostenfestsetzung. Die Reisekosten seiner vorsteuerabzugsberechtigten Prozessbevollmächtigten machte er unter Vorlage von Belegen einschließlich der Umsatzsteuer geltend. Das [X.] hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.
Dezember 2008 die Gebühren und Auslagen ohne Reisekosten der
vorsteuerabzugsberechtig-ten
Prozessbevollmächtigten des [X.] angesetzt,
und die Umsatzsteuer [X.]. Die Reisekosten hat es gesondert in Höhe der geltend gemachten 1
-
3
-

Bruttobeträge (also einschließlich der angefallenen Umsatzsteuer) nach Be-rechnung der Umsatzsteuer auf die übrigen Kosten
angesetzt, weil die Umsatz-steuer
in den geltend gemachten Reisekosten bereits enthalten sei.
Gegen den Beschluss hat der Kläger
sofortige Beschwerde eingelegt
und beanstandet, dass
das [X.] die Reisekosten nicht vor der Berechnung der Umsatz-steuer
in den Kostenansatz eingestellt
hat.
Nach [X.] durch das Land-gericht hat das [X.] die Kostenfestsetzung des [X.]s
in-soweit
um einen Betrag von 1,44

zu Gunsten des [X.] abgeändert. Es hat dies damit begründet, dass zwar die anlässlich einer Geschäftsreise der Pro-zessbevollmächtigten des [X.] nach Nr.
7004 [X.]
[X.] entstandenen Fahrt-
sowie die Übernachtungskosten nach Nr.
7006 [X.]
[X.] Auslagen und als
Teil der Vergütung des Rechtsanwalts nach §
1 Abs.
1 Satz
1 [X.] gemäß Nr.
7008 [X.]
[X.] dem geltenden Umsatzsteuersatz unterworfen
seien. Da
die Prozess-bevollmächtigten
des [X.]
zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, dürften sie
für die Benutzung von Verkehrsmitteln
wie Taxi, Bahn oder Flugzeug oder für die Übernachtung jedoch nur die
hierfür angefallenen
Nettobeträge ansetzen. Auf
diese sei
nach Nr.
7008 [X.]
[X.] die Umsatzsteuer aufzuschlagen. Die Auslagen dienten nämlich dem Ersatz tatsächlicher Aufwendungen. Tatsächli-che Aufwendungen für Geschäftsreisen habe der Rechtsanwalt nur insoweit, als er nachhaltig aus seinem Vermögen für anlässlich einer Geschäftsreise an-fallende Unkosten aufkommen müsse. Das sei bei
einem vorsteuerabzugsbe-rechtigten Rechtsanwalt hinsichtlich der ihm in Rechnung gestellten Umsatz-steuer auf das Beförderungs-
bzw. Übernachtungsentgelt bzw. den [X.] nicht der Fall, weil er den Vorsteuerabzug geltend machen könne. Auch die Kostenerstattung für die obsiegende [X.] umfasse nur
angefallene notwendi-ge Gebühren und Auslagen. Könne sich der Rechtsanwalt im Wege des [X.] einen Teil der Auslagen in Form der zunächst verauslagten Um-satzsteuer von den Finanzbehörden erstatten lassen, entstünden letztlich inso--
4
-

weit keine Auslagen.
In der Kostenausgleichung des [X.]s seien ledig-lich Reisekosten des [X.] in Höhe von 1,80

h-tigt. Davon könne der Kläger 80
%, das seien 1,44

,
erstattet verlangen.
Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf eine
abweichende Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts vom 29.
Januar 1987 ([X.] 37/85,
[X.] 1987, 467) zur Frage der auf die Reisekosten des [X.] zu erstattenden Umsatzsteuer zugelassen. Der Kläger verfolgt mit der Rechtsbeschwerde die Festsetzung der Umsatzsteuer auf die geltend gemach-ten Bruttobeträge der Reisekosten
seiner damaligen Prozessbevollmächtigten weiter.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statt-haft und auch im Übrigen zulässig (§
575 ZPO). Sie ist aber nicht begründet. Mit Recht geht das
Beschwerdegericht von den
Nettobeträgen
der Reisekosten der
vorsteuerabzugsberechtigten Prozessbevollmächtigten
des [X.] aus
und setzt
sodann die Umsatzsteuer auf den Endbetrag
hinzu.
1. Bei der Beurteilung der Frage, in welchem Umfang der obsiegenden [X.] vom Prozessgegner Kosten zu erstatten sind, ist zwischen dem Innen-verhältnis des Auftraggebers
zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Au-ßenverhältnis zum Prozessgegner zu unterscheiden.
a) Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Auftraggeber
im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist.
Zur Vergütung eines Rechtsanwalts zählen neben den Gebühren auch die Auslagen (§
1 Abs.
1 Satz
1 [X.]). Was zu den Auslagen 2
3
4
5
-
5
-

zählt, ist in Teil
7 der Anlage 1 zu §
2 Abs.
2
[X.] ([X.] [X.] 7000 ff.) aufgelistet. Nach Vorbemerkung 7 Abs.
1 Satz 2 [X.] [X.] kann der Rechtsanwalt von sei-nem Auftraggeber
grundsätzlich
Ersatz der entstandenen Aufwendungen ver-langen (§
675 i.V.m.
§
670 BGB). Hierzu zählen
die Kosten für Fahrten mit dem eigenen PKW, Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sonstige Auslagen (wie Übernachtungskosten) und Tage-
und Abwesenheitsgelder
(Nr. 7003 bis 7006 [X.] [X.]). Nach [X.]
[X.] Nr. 7008 hat der Anwalt
auch
einen gesetzlichen An-spruch auf Ersatz der auf seine Vergütung nach dem Umsatzsteuergesetz ent-fallenden Umsatzsteuer
in voller Höhe (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
April 2010 -
1 WDS
-
KSt
6/09, ZfS
2010,
467
Rn.
22;
OLG
Dresden, JurBüro
2008, 372; Müller-Rabe in [X.], [X.], 19.
Aufl., [X.] 7008 Rn.
12; [X.] in Göttlich/Mümmler, [X.], 4.
Aufl., Stichwort: "Reisekosten", Anm.
8.4 Umsatz-steuer; Anwaltkommentar/[X.] [X.], 6.
Aufl., [X.]
7003-7006 Rn.
43
ff.;
Sterzinger, [X.], 1254, 1255). Ist ein Anwalt vorsteuerabzugsberechtigt, hat er gegenüber seinem Auftraggeber für Leistungen, die er erbringt, Umsatz-steuer zu verlangen und diese an das Finanzamt abzuführen
(vgl. [X.], [X.] vom 27. Juni 1996 -
IV
B 69/95, juris
Rn.
2). Andererseits kann er Um-satzsteuer, die er
selbst für die Inanspruchnahme von Leistungen zahlen muss, als Vorsteuer abziehen

15 Abs.
1 Nr.
1 UStG).

Die Zahlung der Umsatzsteuer auf umsatzsteuerpflichtige Auslagen stellt danach für den vorsteuerabzugsberechtigten Rechtsanwalt keine [X.] Ausgabe dar, weil die Umsatzsteuer wirtschaftlich im Wege des [X.] wieder zurückfließt. Der Rechtsanwalt darf seinem Auftraggeber Um-satzsteuerbeträge, die er als Vorsteuer geltend machen kann, nicht in Rech-nung stellen (Anwaltkommentar/[X.] aaO; Müller-Rabe in Gerold/
Schmidt, aaO Rn.
18
f.). Er ist gehalten, in seine Rechnung gegenüber seinem Auftraggeber die Aufwendungen
mit dem
Nettobetrag aufzunehmen, denn der Anwalt darf sich über seine Gebührenrechnung nicht auf Kosten des [X.]
-
6
-

bers bereichern. Würde er die aufgewendeten Reisekosten als Bruttobeträge
abrechnen, würde neben den [X.] auch der [X.] als Umsatz des Rechtsanwalts versteuert
werden, obwohl es sich dabei
jeden-falls
nicht um Umsatz handelt.

b)
Soweit das Bundesdisziplinargericht (Beschluss vom 29.
Januar 1987
-
IV
VL 37/85, [X.] 1987, 467) unter Berufung auf den Beschluss
des Bundes-finanzhofs ([X.],
Beschluss
vom 3.
Februar 1970 -
VII
B 129/69, [X.]E 98, 396 Rn.
398
f.) die Auffassung vertreten hat, dass die mit den Fahrtkosten gezahlte
Mehrwertsteuer Bestandteil der tatsächlichen Reiseaufwendungen und damit der dem Rechtsanwalt zustehenden Auslagen
ist, die unabhängig von der Mög-lichkeit des Vorsteuerabzugs erstattungsfähig sind, vermag der Senat
sich die-ser Auffassung für die zivilrechtliche Kostenerstattung nicht anzuschließen.

Für
das
Außenverhältnis
zwischen Auftraggeber und Prozessgegner, das auch der Entscheidung des [X.] zugrunde lag, ergibt sich schon aus §
104 Abs.
2 Satz
3
ZPO, dass [X.] im
Kostenfestset-zungsverfahren nur zu berücksichtigen
sind, wenn der Antragsteller die Erklä-rung abgibt, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Durch die-se Regelung soll vermieden werden, dass der vorsteuerabzugsberechtigte An-tragsteller mit einer Festsetzung der Beträge einen nicht gerechtfertigten [X.] erlangt (vgl. BT-Drucks. 12/6962, S.
111; siehe auch [X.],
NJW 1996, 382). Daraus kann gefolgert werden,
dass die vorsteuerabzugsbe-rechtigte [X.] vom kostenpflichtigen Gegner keine Umsatzsteuer erstattet ver-langen kann, mithin Umsatzsteuer, die im Wege des Vorsteuerabzugs zurück-fließt, kostenmäßig neutral bleibt. Nichts anderes kann
für
das Innenverhältnis der [X.] zu ihrem
Prozessbevollmächtigten gelten. Auch der vorsteuerab-zugsberechtigte Rechtsanwalt ist grundsätzlich
nicht berechtigt, seinem [X.] Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, wenn
er diese im Wege des 7
8
-
7
-

Vorsteuerabzugs zurückerhält. Er wäre sonst in Höhe der Umsatzsteuer berei-chert.

c) Von diesen Grundsätzen geht das Beschwerdegericht zutreffend aus. Mit Recht weist es darauf hin, dass der vorsteuerabzugsberechtigte Rechtsan-walt gehalten ist, den Vorsteuerabzug in Anspruch zu nehmen, weil er [X.] nicht notwendige Kosten
für seinen Auftraggeber verursacht. Da die Klä-gervertreter vorsteuerabzugsberechtigt
sind,
erhalten sie
die nach den vorge-legten Rechnungen für die Reisekosten erhobene Umsatzsteuer in der [X.] im Wege des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt zurück.
Sind Aufwen-dungen für die Prozessbevollmächtigten des [X.] letztlich nicht gegeben, dürfen
dem Mandanten
als Auftraggeber
die [X.]
nicht in Rechnung gestellt und können diese im Kostenansatz nicht berücksichtigt wer-den. Demzufolge hat das Beschwerdegericht mit Recht die Nettobeträge der geltend gemachten Reisekosten ermittelt und der Kostenfestsetzung zugrunde gelegt. Dagegen spricht -
entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde
-
nicht, dass bei der Kilometerpauschale die Umsatzsteuer
nicht herausgerechnet wird. Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass der [X.] in der Rechnung ausgewiesen wird

15 Abs.
1 Nr.
1 UStG). Für eine Pauschale kommt er mithin nicht in Betracht.
9
-
8
-

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §
97 Abs.
1 ZPO.

Galke
Zoll
[X.]

Pauge
von Pentz

Vorinstanzen:
LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 18.12.2008 -
17 O 379/06 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.05.2011 -
6 [X.]/09 -

10

Meta

VI ZB 46/11

17.04.2012

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2012, Az. VI ZB 46/11 (REWIS RS 2012, 7289)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7289

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZB 46/11

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