Bundessozialgericht, Urteil vom 16.05.2012, Az. B 3 KR 12/11 R

3. Senat | REWIS RS 2012, 6383

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhaus - Medizinischer Dienst der Krankenversicherung - Anfallen der Aufwandspauschale auch bei Prüfung einer zulässig gestellten Zwischenrechnung - Beauftragung zur Minderung des Abrechnungsbetrages


Leitsatz

1. Eine Aufwandspauschale für die Überprüfung einer Krankenhausabrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung kann auch bei der Prüfung einer zulässig gestellten Zwischenrechnung anfallen, wenn mit dessen Beauftragung die Minderung des Abrechnungsbetrags bezweckt war und das Krankenhaus die Krankenkasse über die Aufnahme ihres Versicherten rechtzeitig und vollständig unterrichtet hat.

2. Von der Minderung des Abrechnungsbetrags als Zweck der Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ist regelmäßig auszugehen, wenn der Krankenkasse im Zeitpunkt der Auftragserteilung jedenfalls eine erste Krankenhausabrechnung vorlag und die Prüfung zur Herabsetzung der geforderten Vergütung führen konnte.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 100 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Verpflichtung zur Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c [X.] idF des [X.] ([X.]) vom [X.] ([X.] 378).

2

Die Klägerin ist Betreiberin eines Krankenhauses, in dem eine Versicherte der Beklagten in der [X.] bis 15.2.2008 wegen paranoider Schizophrenie (F20.0) zum [X.] innerhalb von zwölf Monaten stationär behandelt worden ist. Die Klägerin zeigte die Aufnahme der Versicherten und weitere Daten im Wege des [X.] an; diese wurden im System der Beklagten am 21.12.2007 erfasst. Am [X.] ging ebenfalls per Datenträgeraustausch eine erste Zwischenrechnung der Klägerin bei der Beklagten ein. Diese beauftragte am 4.1.2008 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ([X.]) mit einer Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 [X.]. Zur Begründung verwies sie auf die dritte stationäre Aufnahme innerhalb von zwölf Monaten und erbat eine Klärung der Frage: "Ist die stationäre Aufnahme med. notwendig? Wenn ja, bis wann ist die stationäre Behandlung med. nachvollziehbar?" Nachdem ein Arzt des [X.] die Aufnahme und weitere stationäre Versorgung der Versicherten als nervenärztlich indiziert angesehen hatte, beglich die Beklagte in der Folgezeit sämtliche Zwischenrechnungen der Klägerin sowie deren Schlussrechnung in voller Höhe. Die Zahlung einer ebenfalls geforderten Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs 1c S 3 [X.] in Höhe von 100 Euro lehnte sie hingegen ab, weil sie keine Prüfung im Sinne dieser Vorschrift veranlasst habe.

3

Die Zahlungsklage hat das [X.] abgewiesen (Urteil vom [X.]), weil die Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 [X.] nur bei Prüfungen aufgrund einer Schlussrechnung in Betracht komme. Das L[X.] hat das erstinstanzliche Urteil auf die zugelassene Berufung der Beklagten geändert und diese antragsgemäß zur Zahlung von 100 Euro nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 7.6.2011): Die Beklagte habe eine Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie der ordnungsgemäßen Abrechnung nach § 275 Abs 1 Nr 1 [X.] veranlasst, die nicht zu einer Minderung des [X.] geführt habe. Der Anspruch auf die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 [X.] setze nicht voraus, dass im [X.]punkt der Prüfung durch den [X.] bereits eine Schlussrechnung vorliege. Vielmehr genüge es nach dem Wortlaut der Vorschrift, dass die Prüfung nicht zu einer Minderung des - unter Umständen auch später vom Krankenhaus geltend gemachten - [X.] führe, gleichgültig, ob der Krankenkasse die Schlussrechnung im [X.]punkt der Prüfung bereits zugegangen sei oder nicht.

4

Mit ihrer vom L[X.] zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das L[X.] habe nicht berücksichtigt, dass es sich hier um einen stationären psychiatrischen Langzeitbehandlungsfall gehandelt habe, dessen Prüfabfolge landesvertraglichen Regelungen unterworfen sei. Danach solle die Überprüfung grundsätzlich im Krankenhaus stattfinden, wenn sie während der [X.] erfolge, in der sich der Patient in stationärer Behandlung befinde. Das biete für das Krankenhaus erhebliche Vorteile, weil es sich auf die vom [X.] abgegebene Einschätzung einrichten könne. Insoweit verfolge die landesvertragliche Vereinbarung dasselbe Ziel wie § 275 Abs 1c [X.]. Daher müsse bei dessen Auslegung der zuvor geschlossene Landesvertrag ebenfalls berücksichtigt werden.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 7. Juni 2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 5. August 2009 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Zutreffend hat das [X.] entschieden, dass der Klägerin eine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c [X.] [X.] zusteht.

8

1. Rechtsgrundlage des zulässig mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 [X.] verfolgten Klagebegehrens ist § 275 Abs 1c [X.] [X.] Insoweit wird zunächst durch Satz 1 und 2 des § 275 Abs 1c [X.] klargestellt, dass bei Krankenhausbehandlung nach § 39 [X.] eine Prüfung nach § 275 Abs 1 [X.] [X.] zeitnah durchzuführen ist; diese Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den [X.] dem Krankenhaus anzuzeigen. Daran anschließend bestimmt § 275 Abs 1c [X.] [X.]: "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des [X.] führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro (ab dem [X.]: 300 Euro) zu entrichten." [X.] ist demnach § 275 Abs 1 [X.] [X.]. Hiernach haben die Krankenkassen [X.] bei stationärer Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des [X.] einzuholen, soweit es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist.

9

2. Ziel der Regelungen des § 275 Abs 1c [X.] - insbesondere der [X.] (vgl hierzu eingehend das Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 3 KR 14/11 R -) und der Aufwandspauschale - ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers, den bürokratischen Aufwand und dessen Folgen infolge der Kontrolle von [X.] auf [X.] möglichst gering zu halten.

a) Nach den klaren Vorstellungen des Gesetzgebers liegt es in der Verantwortung der Krankenkassen ("sind … wenn es … erforderlich ist, verpflichtet"), [X.] auch in medizinischer Hinsicht zu überprüfen. Zu einer elementaren Krankenkassenaufgabe rechnet es danach, auf die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 2 Abs 1 S 1, § 4 Abs 3, § 12 [X.]) zu achten, welches uneingeschränkt auch im Bereich des Leistungserbringungsrechts gilt (§ 70 Abs 1 [X.], vgl BSG [X.]-2500 § 275 [X.] 4). In diesem Sinne basiert § 275 Abs 1 [X.] [X.] auf der Pflicht einerseits der Krankenkassen, nur solche Leistungen zu bewilligen, und andererseits der Krankenhäuser, nur solche Leistungen zu bewirken, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Der Anspruch auf Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung nach § 39 [X.] setzt deshalb [X.] voraus, dass die Behandlung notwendig bzw erforderlich war (vgl dazu und zu den sich daraus ergebenden Anforderungen näher [X.] - BSGE 99, 111 = [X.]-2500 § 39 [X.]0, Rd[X.]5 ff, 27 ff). Es obliegt den Krankenkassen, gerade diese Voraussetzungen zu überprüfen und hierzu ggf den [X.] einzuschalten (vgl zu diesem Zusammenhang eingehend [X.], 214 = [X.]-2500 § 275 [X.] 3, Rd[X.]9).

b) Der Gesetzgeber des [X.] hat die Prüftätigkeit des [X.] allerdings ihrem Umfang nach kritisch bewertet und deshalb die Regelung des § 275 Abs 1c [X.] eingefügt. Zur Begründung heißt es (BT-Drucks 16/3100 S 171): "Von einzelnen Krankenkassen wird die Prüfungsmöglichkeit in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt. Dies führt zu unnötiger Bürokratie. Für einzelne Kassenarten liegen Hinweise zu [X.]n im Rahmen der Einzelfallprüfung in Höhe von 45 Prozent der Krankenhausfälle vor. Dies belastet die Abläufe in den Krankenhäusern teils erheblich, sorgt für zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand und führt in der Regel zu hohen und nicht gerechtfertigten Außenständen und Liquiditätsproblemen. Eine zeitnahe Prüfung ist nicht immer gewährleistet. Teilweise werden weit zurückliegende Fälle aus Vorjahren geprüft. … Als Beitrag zu dem angestrebten Bürokratieabbau werden Anreize gesetzt, um [X.] künftig zielorientierter und zügiger einzusetzen. … Mit der Pauschale wird eine vereinfachte, aber unbürokratische Regelung verfolgt. Sie kann deshalb keine Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall gewährleisten." Zudem hat der Gesetzgeber noch darauf hingewiesen, dass die [X.] bei gezielter Durchführung ihrer Einzelfallprüfung weitgehend vermeiden könnten; würden systematische Mängel bei der Abrechnung vermutet, könne dies im Rahmen der verdachtsunabhängigen Stichprobenprüfung nach § 17c des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ([X.]) geprüft werden (BT-Drucks aaO). Seine Zielvorstellung hat der Gesetzgeber mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz ([X.]) vom [X.] ([X.]) nochmals konkretisiert und die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c [X.] [X.] von 100 auf 300 Euro angehoben, weil deren ursprüngliche Höhe "nicht in dem erhofften Umfang zu einer Reduzierung der [X.] geführt" hat. Mit der Anhebung der Aufwandspauschale auf 300 Euro sollte deshalb der Anreiz erhöht werden, von ohne konkrete Verdachtsmomente initiierten [X.] abzusehen (vgl BT-Drucks 16/11429 S 47).

3. Die Pflicht zur Zahlung der Aufwandspauschale kann nach diesem Regelungskonzept durch jede Prüfung ausgelöst werden, die mit dem Ziel der Verminderung des Rechnungsbetrages - auch einer Zwischenrechnung - aus Anlass einer konkreten Krankenhausbehandlung (§ 39 [X.]) eingeleitet und durchgeführt wird.

a) Wie der 1. Senat des BSG bereits entschieden hat, löst aber nicht jede im Zusammenhang mit einer Krankenhausabrechnung ergebnislose Rückfrage der Krankenkasse beim Krankenhaus die Zahlungspflicht nach § 275 Abs 1c [X.] [X.] aus. Vielmehr muss es sich gerade um eine Prüfung nach § 275 Abs 1 [X.] [X.] handeln, nicht etwa um eine Stichprobenprüfung nach § 17c Abs 2 [X.] oder eine Anfrage aus anderen - zulässigen - Gründen. Unabhängig vom Ergebnis wird zB keine Aufwandspauschale ausgelöst, wenn es etwa darum geht, im Nachhinein eine vermutete Unterversorgung von Versicherten im Krankenhaus aufzudecken oder die Notwendigkeit ergänzender diagnostischer bzw therapeutischer Maßnahmen im [X.] an die Krankenhausbehandlung eines Versicherten abzuklären (vgl [X.], 214 = [X.]-2500 § 275 [X.] 3, Rd[X.]3).

Doch auch nicht jedes im Zusammenhang mit einer Krankenhausabrechnung ergebnislose Tätigwerden des [X.] führt zwangsläufig zur Fälligkeit der Aufwandspauschale. Wie der erkennende Senat mit Urteil ebenfalls vom 16.5.2012 (- B 3 KR 14/11 R -) nochmals bekräftigt hat, bestehen im Verhältnis zwischen Krankenhäusern, Krankenkassen und dem [X.] Auskunfts- und Prüfpflichten auf drei Ebenen: Auf der ersten Stufe der Sachverhaltserhebung hat das Krankenhaus zunächst alle Angaben nach § 301 Abs 1 [X.] zu machen, und zwar zutreffend und vollständig.Erschließen sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere [X.] den - medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten - Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 [X.] oder eines etwaigen Kurzberichts nicht selbst, ist auf der zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung ein Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 [X.] [X.] einzuleiten.Danach ist beim [X.] eine gutachtliche Stellungnahme einzuholen, wenn die vom Krankenhaus erteilten und ansonsten zur Verfügung stehenden Informationen zur Prüfung insbesondere von Voraussetzung, Art und Umfang der Krankenhausbehandlung nicht ausreichen. Dazu hat die Krankenkasse dem [X.] gemäß § 276 Abs 1 S 1 [X.] alle in ihrem [X.] befindlichen und zur Begutachtung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Im Rahmen einer nach diesen Voraussetzungen ordnungsgemäß eingeleiteten Prüfung hat das Krankenhaus schließlich auf der dritten Stufe der Sachverhaltserhebung - wenn sich also unter Auswertung der auf der ersten und zweiten Stufe verfügbaren Sozialdaten kein abschließendes Ergebnis finden lässt - dem [X.] auch über die Daten nach § 301 [X.] und einen etwaigen Kurzbericht hinaus alle weiteren Angaben zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die im Einzelfall zur Beantwortung der Prüfanfrage der Krankenkasse benötigt werden. Rechtsgrundlage hierfür ist § 276 Abs 2 S 1 Halbs 2 [X.]: "Haben die Krankenkassen nach § 275 Abs. 1 bis 3 eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlasst, sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist." Auf dieser Grundlage ist der [X.] ermächtigt, die erforderlichen Sozialdaten beim Krankenhaus anzufordern, und das Krankenhaus zu deren Vorlage verpflichtet. Die Pflicht zur Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c [X.] [X.] kommt nur auf [X.] der Sachverhaltsermittlung in Betracht, wenn also der [X.] auf Veranlassung der Krankenkasse Sozialdaten zur Rechnungsprüfung beim Krankenhaus gemäß § 276 Abs 2 S 1 Halbs 2 [X.] angefordert hat und es nicht zu einer Minderung des [X.] gekommen ist (vgl eingehend das Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 3 KR 14/11 R -).

b) Erforderlich und ausreichend für diesen Abrechnungsbezug der von der Krankenkasse eingeleiteten Prüfung ist, dass der Prüfauftrag an den [X.] durch einen Abrechnungsvorgang des Krankenhauses - Schlussrechnung oder auch Zwischenrechnung - ausgelöst worden ist. Zwischenrechnungen sind für vertraglich oder gesetzlich vorgesehene Voraus-, [X.] oder Teilzahlungen zulässig. Verbindliche Vertragsregelungen können hierzu in Verträgen nach § 112 [X.] oder in Vereinbarungen nach § 11 Abs 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) getroffen werden. Andernfalls greift § 8 Abs 7 S 1 und 2 KHEntgG ein; dort ist das Recht der Krankenhäuser auf angemessene Voraus- und Abschlagszahlungen geregelt. Im Gegenzug sind die Krankenkassen nicht gehindert, den [X.] bei hinreichendem Anlass auch Zwischenrechnungen über die stationäre Behandlung überprüfen zu lassen. Zielt der [X.] auf eine Minderung des [X.], führt er zu einem tatsächlichen Prüfaufwand des Krankenhauses (vgl [X.], 214 = [X.]-2500 § 275 [X.] 3, Rd[X.]6 f) und hat er keinen Erfolg, kann das Krankenhaus grundsätzlich hierfür die Aufwandspauschale beanspruchen (zur Ausnahme unzutreffender, das Prüfverfahren auslösende Rechnung vgl [X.], 214 = [X.]-2500 § 275 [X.] 3, Rd[X.]8 ff). Entscheidend ist nach den oa dargelegten Motiven des Gesetzgebers insoweit allein, dass der Prüfauftrag an den [X.] im Ergebnis auf eine Minderung des von der Krankenkasse zu entrichtenden Entgelts zielt - gleichgültig, ob Motiv für die [X.] "nur" eine Zwischenrechnung oder "schon" die Schlussrechnung ist.

c) Diesem Ergebnis widerspricht nicht die Regelung in § 275 Abs 1c [X.] [X.] Zwar kann nach Sinn und Zweck von Satz 3 dieser Vorschrift schon einer - erfolglosen - Prüfung von Zwischenrechnungen des Krankenhauses die Pflicht zur Zahlung einer Aufwandspauschale folgen, gleichwohl löst deshalb nicht jede Zwischenrechnung auch die [X.] des § 275 Abs 1c [X.] [X.] aus. Die beiden Regelungsbereiche haben eine unterschiedliche Zielrichtung: Zwischenrechnungen können den Lauf der Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c [X.] [X.] nicht in Gang setzen, weil insoweit auf den Versorgungsfall als Ganzes abzustellen ist. Nach Beendigung der Krankenhausbehandlung soll deren abrechnungsbezogene Überprüfung nur noch innerhalb einer bestimmten Frist zulässig sein, weil beiden Beteiligten an einem zeitnahen Abschluss des [X.] gelegen ist und mit zunehmender Zeitdauer eine Beurteilung des medizinischen Sachverhalts in der Regel nur noch schwer möglich ist (vgl BT-Drucks 16/3100 S 171). Dem entspricht die Regelung in § 9 Abs 1 S 1 des für die Beteiligten maßgeblichen Vertrages nach § 112 Abs 2 [X.] [X.] - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - vom 19.11.1999 (im Folgenden: [X.]), wonach der zuständigen Krankenkasse innerhalb von 14 Kalendertagen nach Beendigung der Krankenhausbehandlung eine Schlussrechnung zu übersenden ist; diese hat die Krankenkasse ebenfalls innerhalb einer Frist von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang zu bezahlen (§ 9 Abs 6 S 1 [X.]). In der Regel ist der Versorgungsfall damit zeitnah abgeschlossen. [X.] oder Abschlagszahlungen haben dagegen nur vorläufigen Charakter und schließen den Versorgungsfall nicht ab, sondern dienen allein dem Liquiditätsinteresse der Krankenhäuser. Gleichwohl entsteht für diese ein zusätzlicher Aufwand, wenn aus Anlass einer Zwischenrechnung eine [X.] seitens des [X.] erfolgt. Bleibt diese Prüfung iS von § 275 Abs 1c [X.] [X.] ergebnislos, ist es gerechtfertigt, dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale zuzuerkennen. Denn es macht für den Aufwand des Krankenhauses keinen Unterschied, ob die [X.] wegen einer Zwischen- oder erst nach der Schlussrechnung erfolgt. Deshalb kann eine Aufwandspauschale bei langdauernder Krankenhausbehandlung sogar mehrfach anfallen, wenn es sich um mehrere selbständige Prüfaufträge seitens der Krankenkasse handelt.

4. Von einer [X.] iS von § 275 Abs 1c [X.] [X.] - also von einer Prüfung zur potentiellen Verminderung der Krankenhausabrechnung - wird regelmäßig dann auszugehen sein, wenn der dem [X.] erteilte Prüfauftrag bei objektiver Betrachtungsweise eine Herabsetzung der im Raume stehenden Krankenhausvergütung zur Folge haben kann und zudem - wie hier - zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an den [X.] zumindest bereits eine erste Krankenhausrechnung ordnungsgemäß erstellt und bei der Krankenkasse eingegangen ist. In diesem Fall wird unwiderleglich vermutet, dass Ziel des beauftragten [X.]-Gutachtens eine Minderung der bereits geforderten oder zukünftig zu erwartenden Vergütung ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich ausschließlich nach den äußeren Umständen des Sachverhalts, nicht aber nach der inneren Willensrichtung der Beteiligten. Ohne Bedeutung ist deshalb, ob die Mitarbeiter der Krankenkasse vom Eingang der ([X.] bereits Kenntnis hatten oder ob sie dem [X.] auch ohne Rechnungsstellung seitens des Krankenhauses einen Prüfauftrag hätten erteilen wollen. Diese Umstände liegen in der ausschließlichen Verantwortung der Binnenorganisation der Krankenkassen und sind äußerer Erkenntnis in aller Regel nicht zugänglich, sodass sie für die Beurteilung der objektiven Ziele einer von der Krankenkasse eingeleiteten [X.]-Prüfung keine Bedeutung haben können.

Wegen der tatbestandlichen Anbindung der Aufwandspauschale an den Begriff "Minderung des [X.]" kann eine Pauschale folglich nicht verlangt werden, solange der Krankenkasse eine konkret bezifferte und deshalb der Minderung fähige Abrechnung noch nicht zugegangen ist. Nicht ausgelöst wird eine Aufwandspauschale deshalb, wenn der [X.] zur Prüfung nach § 275 Abs 1 [X.] [X.] - etwa zur Frage der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung - noch vor Eingang einer ersten Zwischenabrechnung beauftragt wird. Dabei gewonnene Erkenntnisse können zwar durchaus dazu führen, dass es später nicht zu einer Minderung des [X.] kommt. Der Wortlaut des § 275 Abs 1c [X.] [X.] wäre aber überspannt, würde man in solchen Fällen, in denen eine Vergütungsforderung des Krankenhauses noch gar nicht beziffert ist, bereits die Möglichkeit zur Zahlung einer Aufwandspauschale statuieren. Den Krankenkassen steht deshalb die Zeitspanne zwischen dem Zugang der Krankenhausaufnahmeanzeige und einer ersten Zwischenabrechnung zur Verfügung, innerhalb derer - sachlich tragfähige Gründe für diese frühzeitige Beauftragung des [X.] vorausgesetzt - Prüfungen nach § 275 Abs 1 [X.] [X.], etwa zur Notwendigkeit der stationären Behandlung, ohne die mögliche Kostenfolge des § 275 Abs 1c [X.] [X.] eingeleitet werden können.

Auf den Eingang der ([X.] ist allerdings nicht abzustellen, wenn das Krankenhaus nach den jeweils maßgebenden [X.] noch nicht zur Vorlage einer solchen Abrechnung berechtigt war. Entsprechendes gilt, wenn das Krankenhaus die Aufnahmeanzeige nicht unverzüglich an die Krankenkasse übersandt hat. Die ohnehin schon knappe Zeitspanne zur möglichen Überprüfung der Voraussetzungen des § 39 [X.] darf nicht durch eine verspätete Erfüllung der dem Krankenhaus obliegenden Pflichten weiter verkürzt werden.

5. Diese rechtlichen Konsequenzen bleiben entgegen der Auffassung der Beklagten von den Regelungen des auf Grundlage von § 112 Abs 1 [X.] geschlossenen [X.]es zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vom [X.] (im Folgenden: [X.]) unberührt. Nach dessen § 2 Abs 2 S 1 soll bei längerem stationärem Aufenthalt die Überprüfung im Krankenhaus stattfinden. Es kann offen bleiben, ob die damit vorgesehene Verfahrensweise bei psychiatrischen Langzeitbehandlungen - wie die Beklagte meint - gerade auch Vorteile für das Krankenhaus mit sich bringt. Denn Sinn dieser Regelung des [X.]es ist die Verpflichtung des [X.], [X.] "im Krankenhaus" zu begutachten und nicht erst später nach Aktenlage. Ob aber überhaupt eine Überprüfung durchgeführt wird, entscheidet die Krankenkasse nach § 275 Abs 1 [X.] [X.] unter Berücksichtigung der dort genannten Voraussetzungen; der [X.] gestaltet lediglich das dabei zu beachtende Verfahren näher aus.

6. Auf der Grundlage dessen hat das [X.] der Klägerin die im Streit stehende Aufwandspauschale zu Recht zuerkannt. Nach den mit zulässigen Revisionsrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 [X.]) Feststellungen hat die Beklagte den Prüfauftrag zu einem Zeitpunkt erteilt, zu dem die erste Zwischenabrechnung bereits bei ihr eingegangen war, weshalb die Veranlassung einer [X.] gemäß § 275 Abs 1 [X.] [X.] unwiderleglich zu vermuten ist, ohne dass es auf die konkrete Kenntnis des zuständigen Krankenkassenmitarbeiters ankommt. Die Krankenhausaufnahmeanzeige ist der Beklagten zügig und nicht verspätet zugegangen; die Frage nach der Notwendigkeit einer erneuten stationären Aufnahme der Versicherten hätte dem Grunde nach Folgen für das vom Krankenhaus geforderte Entgelt haben können. Folglich handelte es sich um eine [X.] iS von § 275 Abs 1c [X.] [X.], die nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrages geführt hat - die Beklagte hat deshalb eine Aufwandspauschale an die Klägerin zu entrichten.

           

7. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 S 1 [X.] iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 [X.] iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

                 

Meta

B 3 KR 12/11 R

16.05.2012

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Koblenz, 5. August 2009, Az: S 6 KR 495/08, Urteil

§ 112 Abs 1 SGB 5, § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5, § 275 Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 275 Abs 1c S 2 SGB 5, § 275 Abs 1c S 3 SGB 5, § 276 Abs 1 S 1 SGB 5, § 276 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB 5, § 301 Abs 1 SGB 5, § 17c Abs 2 KHG, § 8 Abs 7 S 1 KHEntgG, § 8 Abs 7 S 2 KHEntgG, § 11 Abs 1 KHEntgG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 16.05.2012, Az. B 3 KR 12/11 R (REWIS RS 2012, 6383)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6383

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