Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2000, Az. I ZB 37/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 1096

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[X.] ZB 37/98Verkündet am:21. September 2000WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein der [X.] die Markenanmeldung [X.] 713/14 Wz- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 21. September 2000 durch den Vorsitzenden RichterProf. Dr. [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der [X.]uß [X.] ([X.]) des [X.] vom25. Februar 1998 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung andas [X.] zurückverwiesen.Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 [X.].Gründe:[X.] Die Anmelderin, die [X.]ische Eidgenossenschaft, begehrt mitihrer am 5. November 1993 eingereichten Anmeldung die Eintragung derWortfolge[X.]für "Uhren und [X.] -Das [X.] hat die Anmeldung in zwei [X.]üssen, vondenen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unter-scheidungskraft, der [X.] auch wegen Bestehens eines Freihaltebedürf-nisses, zurückgewiesen.Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben.Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin [X.] weiter.I[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.1. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, daß beider Prüfung der vorliegenden Anmeldung ungeachtet ihres früheren Zeitrangsnach dem Inkrafttreten des [X.] (am 1. Januar 1995) dessen [X.] anzuwenden sind (§ 152 [X.]).2. Der Beurteilung des [X.], daß die [X.] schon deshalb nicht eingetragen werden könne, weil ihr das Eintra-gungshindernis fehlender Markenfähigkeit (§ 3 Abs. 1 [X.]) [X.], kann nicht zugestimmt werden.a) Das [X.] hat angenommen, daß der Wortfolge"[X.]", die - für jedermann im Inland verständlich - die [X.] [X.] bezeichne, die nach § 3 Abs. 1 [X.] erforderliche abstrakte Eignung,Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen andererUnternehmen zu unterscheiden, nicht zukomme. Namen von Behörden [X.] sonstigen staatlichen Stellen, auch jedermann verständliche Namen aus-ländischer staatlicher Stellen, bezeichneten nach der allgemeinen Verkehrs-auffassung keine im Wettbewerb auftretenden Unternehmen. Der [X.] -Hand sei zwar nicht grundsätzlich verwehrt, am freien Wettbewerb teilzuneh-men; staatliche Einrichtungen wie die [X.], die zu hoheitlichem [X.] seien, nähmen jedoch nicht am Wettbewerb teil. Das Markengesetzsei für den Schutz der Namen solcher Hoheitsträger nicht vorgesehen undauch nicht geeignet.b) Die Markenfähigkeit eines Zeichens ist nach § 3 Abs. 1 [X.] ab-strakt, d.h. ohne Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen,allein danach zu prüfen, ob das Zeichen als solches geeignet ist, Waren oderDienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines anderen [X.] zu unterscheiden (vgl. Begründung des [X.]. 12/6581 S. 65; [X.], [X.]. v. 8.12.1999 - [X.], [X.],321, 322 = [X.], 298 - Radio von hier). Dementsprechend ist die ab-strakte Markenfähigkeit auch ohne Berücksichtigung der Person des Anmel-ders und späteren Inhabers der Marke zu beurteilen. Dies hat das Bundespa-tentgericht - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - nicht übersehen.Seine Annahme, den Namen von Behörden oder sonstigen staatlichen [X.] als solchen bereits jede (abstrakte) Unterscheidungseignung, wird jedochvon der Rechtsbeschwerde zu Recht angegriffen.Die (abstrakte) Unterscheidungseignung eines Zeichens kann nur [X.] beurteilt werden. Maßgebend ist die Auffassung des Verkehrs. [X.] ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so auf, wie es ihmentgegentritt, unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise (vgl.[X.], [X.]. v. 15.7.1999 - I ZB 16/97, [X.], 1089, 1091 = [X.]; [X.]. v. 22.9.1999 - [X.], [X.], 231, 232 =[X.], 95 - [X.]; [X.]. v. 8.12.1999 - [X.], [X.], 502,- 5 -503 = [X.], 520 - [X.], jeweils m.w.N.) und stellt auch keinerechtlichen Erwägungen an.Die Markenfähigkeit der Namen von Behörden oder staatlichen Stellenist danach nicht von vornherein auszuschließen. Dem Verkehr ist bekannt, daßstaatliche Stellen - auch solche der Hoheitsverwaltung - Waren vertreiben (z.B.Bücher, Software, Landkarten) oder Dienstleistungen für Dritte erbringen. [X.] tatsächlichen Gegebenheiten, nicht die ihnen zugrunde liegende Rechts-lage, die im übrigen bei ausländischen Behörden mit der Rechtslage im Inlandnicht übereinstimmen muß, bestimmen die Verkehrsauffassung.Dem Zeichen "[X.]" kann danach nicht mit den Erwägungendes [X.] schon die abstrakte Markenfähigkeit für Waren oderDienstleistungen aller Art abgesprochen werden. Dies gilt um so mehr, als derenglischsprachige Begriff "[X.]" keine amtliche Bezeichnung der[X.] Armee ist.3. Auch die Beurteilung des [X.], daß die Wortfolge"[X.]" wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 undNr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen sei, weil sie keine ([X.]) Unterscheidungskraft besitze und nur eine Angabe über die Merkmaleder mit ihr versehenen Ware sei, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht [X.]) Das [X.] hat ausgeführt, daß Behördenbezeichnun-gen wie "[X.]", die im Inland ohne weiteres verstanden würden, nichtgeeignet seien, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von de-nen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Zumindest der inländische [X.] sehe Behörden und sonstige Verwaltungsträger nicht als Gewerbetrei-bende und ihren Namen nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von- 6 -Waren oder Dienstleistungen an. Staatliche Stellen seien nicht Hersteller vonWaren und handelten - von gewissen Gebrauchtwaren abgesehen - auch nichtmit Waren. Die Gebrauchtwaren, mit denen sie Handel trieben, stammten typi-scherweise von verschiedenen Herstellern, weil Behörden selbst gleiche [X.]n bei verschiedenen Herstellern bestellten. Bei den Verbrauchern überwiegedeshalb die Vorstellung, daß eine Behörde oder sonstige staatliche Stelle inerster Linie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen solle und wahrnehme, nichtaber, daß sie am Wettbewerb teilnehme und mit Waren handele oder sie garherstelle. Dies gelte in besonderem Maß für die [X.] eines Landes.Ein Behördenname werde zumindest bei Waren, als deren [X.] in Betracht komme, als allgemeine Qualitätsangabe aufgefaßt,weil Behörden vor dem Kauf eine Qualitätskontrolle durchführten. Dazu [X.], daß staatliche Stellen - wie eine Armee - meist keine Standardproduktekauften, sondern Spezialanfertigungen für ihre besonderen Zwecke, z.B. [X.] fliegertauglicher Bauart und Ausstattung. Die Aussage, daß eine Ware füreine bestimmte staatliche Einrichtung bestimmt, für sie nach ihren Vorgabengebaut sei, werde dadurch zu einer Beschaffenheitsangabe im Sinne einer Ty-penangabe ("[X.] Armee-Uhr"). Dies entspreche bei Taschenmessern(Messer des Typs "[X.] Soldatenmesser" bzw. "[X.] Offiziersmes-ser") längst der gängigen [X.]) Der Beurteilung des [X.], daß der Wortfolge"[X.]" die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche (konkrete)Unterscheidungskraft für "Uhren und Zeitmeßinstrumente" fehle, kann nichtzugestimmt werden.- 7 -(1) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist dieeiner Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterschei-dungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen einesUnternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden.Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. [X.] so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zuüberwinden (vgl. [X.], [X.]. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, [X.], 720,721 = [X.], 739 - Unter Uns; [X.]. v. [X.] - [X.], [X.], 722, 723 = [X.], 741 - [X.], jeweils m.w.[X.] Vorliegen einer konkreten Unterscheidungskraft kann nur bezogenauf den jeweiligen Einzelfall auf der Grundlage der insoweit maßgeblichenAuffassung der inländischen Verkehrskreise, die mit den Waren des [X.] angesprochen werden sollen, geprüft werden (vgl. [X.], [X.]. v.5.11.1998 - [X.], [X.], 495 f. = WRP 1999, 526 - Etiketten; [X.][X.], 502, 503 - [X.]). Dies bedeutet - abweichend von [X.] des [X.] -, daß den Namen von Behörden oder son-stigen staatlichen Stellen nicht von vornherein die Unterscheidungskraft abge-sprochen werden kann, noch weniger einer Wortfolge, die - wie "[X.]" - kein Behördenname ist, sondern nur - wenn auch trotz des eng-lischsprachigen Begriffs für jeden offensichtlich - auf eine staatliche Einrichtunghinweist. Abweichend von der Ansicht des [X.] ist es auchnicht erforderlich, daß das Zeichen einen bestimmten Hinweis auf die [X.] gibt. Ein Zeichen besitzt Unterscheidungskraft, wenn esals Marke dazu dienen kann, die Waren oder Dienstleistungen eines [X.] von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. [X.] kann eine Marke ihre Hauptfunktion erfüllen, die nach der [X.] darin besteht, dem [X.] oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten [X.] oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Wareoder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistun-gen anderer Herkunft zu unterscheiden. Die Marke muß danach die Gewährbieten, daß alle Waren oder Dienstleistungen, die mit ihr versehen sind, unterder Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht wordensind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann ([X.], Urt. v.29.9.1998- Rs. [X.]/97, [X.], 922, 924 [X.]. 28 = [X.], 1165 - Canon).(2) Auf der Grundlage dieser Rechtsgrundsätze kann den Worten"[X.]" - abweichend von der Ansicht des [X.] - fürdie angemeldeten Waren "Uhren und Zeitmeßinstrumente" nicht jegliche Un-terscheidungskraft abgesprochen werden. Nach den getroffenen Feststellun-gen weisen die Worte "[X.]" allerdings eindeutig auf die [X.]Armee als eine staatliche Einrichtung der Anmelderin hin. Die maßgeblicheninländischen Verkehrskreise nehmen - wie sich aus den Feststellungen des[X.] weiter ergibt - auch nicht an, daß die [X.] Armee"Uhren und Zeitmeßinstrumente" herstellen oder auch nur die Produktverant-wortung für solche Geräte tragen oder mit diesen Handel treiben könnte. [X.] wird deshalb die Worte "[X.]" vielfach nicht als Hinweis aufdie Herkunft verstehen, sondern ihnen einen allgemeinen Hinweis auf die [X.] oder die Herstellung nach Vorgaben der [X.] Armee entnehmen,zumal das angemeldete Zeichen keine zusätzlichen Elemente aufweist, die zuden für diesen Teil des Verkehrs - bezogen auf die in Rede stehenden Waren -nicht (konkret) unterscheidungskräftigen Worten "[X.]" hinzutreten- 9 -und herkunftshinweisend wirken könnten. Dies bedeutet jedoch nicht, daß derangemeldeten Wortfolge jede Unterscheidungseignung für die Waren "[X.]" fehlt. Nach der Lebenserfahrung gibt es vielmehr na-heliegende Möglichkeiten, die angemeldete Wortfolge bei Waren der genann-ten Art so zur Kennzeichnung zu verwenden, daß sie vom Verkehr ohne weite-res als Marke verstanden wird. Dies gilt etwa dann, wenn die Wortfolge"[X.]" auf dem Ziffernblatt einer Uhr an eine Stelle gesetzt wird, [X.] bei solchen Uhren üblicherweise eine Marke zu finden ist. Dabei handelt essich nicht nur um lediglich theoretisch denkbare, sondern auch um praktischbedeutsame Einsatzmöglichkeiten der Wortfolge "[X.]" als Marke,denen jedenfalls ein maßgeblicher Teil des angesprochenen Verkehrs [X.] entnehmen wird. Ein Indiz dafür, daß den Worten "[X.]" auch in anderen Ländern die Eignung zuerkannt wird, bei "[X.]" in dieser Weise als Unterscheidungsmittel für die [X.] Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu dienen, istauch der Umstand, daß sie nicht nur in [X.], sondern u.a. auch [X.] für diese Waren eingetragen [X.]) Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] steht der Eintragung derangemeldeten Wortfolge "[X.]" schon deshalb nicht entgegen, [X.] zwar gegebenenfalls bestimmte allgemeine Vorstellungen über die Her-stellung nach Vorgaben der [X.] Armee und damit verbunden gewisseQualitätsvorstellungen auslösen kann, aber keine Angabe darstellt, die im [X.] zur Bezeichnung der Beschaffenheit der Ware verwendet [X.] -II[X.] Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin war danach der ange-fochtene [X.]uß aufzuheben und die Sache zur anderweitigen [X.] Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.[X.]v. Ungern-Sternberg[X.] [X.]

Meta

I ZB 37/98

21.09.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2000, Az. I ZB 37/98 (REWIS RS 2000, 1096)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1096

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