Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2011, Az. VIII ZB 22/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3567

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
VIII Z[X.] 22/10

vom

7. September
2011

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, § 104 Abs. 1, § 403 Abs. 3 Satz 2; GKG § 66; KostVfg
§ 4
Mit dem der Sache nach gegen den Gerichtskostenansatz nach §
4 [X.], dem gerichtlich bestellten Sachverständigen stehe wegen eines Ver-stoßes seiner Pflicht zur rechtzeitigen Mitteilung einer Kostenerhöhung gemäß §
407a Abs.
3 Satz
2 ZPO lediglich eine geringere als die im Verfahren nach §
4 [X.] festgesetzte Vergütung zu, kann die auf Erstattung der Prozesskosten in [X.] genommene Partei im Kostenfestsetzungsverfahren jedenfalls dann nicht ge-hört werden, wenn sie alleinige Kostenschuldnerin ist und ihr damit -
im Gegensatz zum Erstattungsgläubiger, der die Sachverständigenkosten als [X.]eweisführer veraus-lagt hat
-
der Rechtsbehelf der Erinnerung nach §
66 GKG zur Verfügung steht.

[X.], [X.]eschluss vom 7. September 2011 -
VIII Z[X.] 22/10 -
LG [X.]erlin

AG [X.]erlin-Wedding

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 7. September
2011 durch den Vorsitzenden Richter
[X.]all, die Richter Dr.
Frellesen und Dr.
Schneider, die Richterin [X.] und [X.] [X.]ünger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den [X.]eschluss der [X.] des [X.] vom 22. Januar 2010 wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
[X.]: 2.906,73

Gründe:
I.
Die Kläger sind Mieter einer Wohnung der [X.]eklagten in [X.].

. Das Amtsgericht hat im Ausgangsrechtsstreit die auf [X.]eseitigung verschiedener Mängel gerichtete Klage der Kläger abgewiesen und den Klägern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die [X.]erufung der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil hat das [X.] auf deren Kosten zurückgewiesen.
Auf Antrag der [X.]eklagten hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts mit [X.]eschluss vom 22.
April 2009 -
über bereits festgesetzte Kosten in Höhe von 418,29

-
weitere von den Klägern an die [X.]eklagte zu erstattende
Kosten zweiter Instanz in Höhe von 4.248,83

handelt es sich um von der [X.]eklagten verauslagte Vorschüsse für ein vom [X.]e-rufungsgericht in
Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten.
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2
-
3
-
Die Höhe der Vergütung für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen hat das [X.]erufungsgericht mit [X.]eschluss vom 7. Februar

Gegen
den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts vom 22.
April 2009 haben die Kläger sofortige [X.]eschwerde erhoben,
soweit ein über 1.342,10

t-gesetzt worden ist. Zur [X.]egründung haben die Kläger vorgetragen, dem Sach-verständigen stehe
nur eine Vergütung in Höhe von 1.342,10

Gericht entgegen §
407a Abs.
3 Satz 2 ZPO nicht rechtzeitig auf die erhebliche Überschreitung des bereits eingezahlten Kostenvorschusses von 1.000

n-gewiesen habe. Die sofortige [X.]eschwerde der Kläger hat das [X.] zu-rückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die zulässig erhobene Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das [X.]eschwerdegericht hat es dahinstehen lassen, ob dem Sachver-ständigen ein Verstoß gegen seine Mitteilungspflicht nach §
407a Abs.
3 ZPO zur Last gelegt werden könne, denn jedenfalls sei unter Würdigung aller Um-stände des Einzelfalls nicht erkennbar, dass ein solcher Pflichtverstoß für die Entstehung der Sachverständigenkosten kausal geworden sei. Das Gutachten sei für die Entscheidung des Rechtsstreits notwendig gewesen. Es sei weder erkennbar
noch von den Klägern vorgetragen worden, dass diese ihre [X.]erufung zurückgenommen hätten, wenn der Sachverständige rechtzeitig auf die als er-heblich anzusehende Kostenüberschreitung hingewiesen hätte. Die Kammer hätte den Sachverständigen auch bei rechtzeitiger Mitteilung der Kostenüber-schreitung nicht von seinem Gutachtensauftrag entbunden.
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4
-
2. Diese [X.]eurteilung hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Das [X.]eschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass die Kläger der [X.]eklagten die im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.
April 2009 ausgewiesenen Kosich insoweit um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung im Sinne des §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO handelt.
a) Es kann offenbleiben, ob die Auffassung des [X.]eschwerdegerichts zur fehlenden Kausalität zwischen
der vom [X.]eschwerdegericht unterstellten Pflicht-verletzung des Sachverständigen und den tatsächlich entstandenen Kosten der Tätigkeit des Sachverständigen einer rechtlichen Nachprüfung standhielte. Denn mit dem der Sache nach gegen den Gerichtskostenansatz
nach § 4 KostVfg
gerichteten Einwand, dem Sachverständigen stehe wegen eines Ver-stoßes seiner Pflicht zur
rechtzeitigen
Mitteilung einer Kostenerhöhung gemäß §
407a Abs.
3 Satz 2 ZPO lediglich eine Vergütung in Höhe von 1.342,10

können die Kläger im Kostenfestsetzungsverfahren, das nur das Ziel verfolgt, die Kostengrundentscheidung des Ausgangsverfahrens der Höhe nach zu [X.] ([X.], [X.]eschluss vom 23.
Oktober 2003 -
III
Z[X.] 11/03, [X.], 366 unter 3),
nicht gehört werden. Da die Kläger sowohl als Verfahrensveranlasser nach § 22 Abs. 1 GKG als auch nach der Kostengrundentscheidung aufgrund ihres vollständigen Unterliegens im Ausgangsrechtsstreit gemäß
§ 29 Nr. 1 GKG für die Gerichtskosten haften, mithin alleinige Kostenschuldner des Ausgangsrechtsstreits sind, steht ihnen der Weg offen, sich gegen die [X.] des Ansatzes der Gutachterkosten in der ihnen am 23. Juni 2008 erteilten Kostenrechnung
im Wege der nicht fristgebundenen Erinnerung nach §
66 GKG zu wenden. Der Einwand, die Gutachterkosten seien wegen eines Verstoßes des Sachverständigen gegen seine in §
407a Abs.
3 Satz 2 ZPO normierte [X.] nicht
in der geltend gemachten Höhe anzusetzen, kann von den Klägern ungeachtet der vom [X.] im Rahmen des Verfahrens gemäß 7
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§
4 Abs. 1 [X.] am 7. Februar 2008 getroffenen Entscheidung, mit der die dem Sachverständigen für sein schriftliches Gutachten zustehende Vergütung da der [X.]eschluss gemäß § 4 Abs. 1 [X.] nur im Verhältnis der Staatskasse zu dem Sachverständigen und nicht gegenüber dem Kostenschuldner wirkt (§
4 Abs.
9 [X.]).
Soweit von einer verbreiteten Meinung in der Instanzrechtsprechung eine Überprüfungsmöglichkeit des Gerichtskostenansatzes im Kostenfestsetzungs-verfahren bejaht wurde ([X.], NJW-RR 2001, 861
f.; [X.], Jur[X.]üro
2001, 374; [X.], Rpfleger 1985, 333; Jur[X.]üro
1990, 733; [X.], Jur[X.]üro
2010, 206; [X.], Anw[X.]l 1990, 396
f.), lagen diesen Entscheidungen Sachverhalte zugrunde, in denen der Erstattungspflichtige nicht zugleich Kostenschuldner war
und er daher seinen Einwand, die [X.] seien zu kürzen, weder im Verfahren nach § 4 [X.] (früher
§ 16 ZSEG) noch im Rechtsbehelfsverfahren nach § 66 GKG geltend machen konnte. So liegt es im Streitfall nicht.
b) Entgegen der Auffassung des [X.]eschwerdegerichts
sind die
Kläger durch die ihnen erteilte Kostenrechnung vom 23. Juni 2008 auch hinsichtlich der dort ausgewiesenen Sachverständigenkosten beschwert. Denn die [X.]e-schwer liegt nicht nur in dem in der Rechnung festgesetzten, an die [X.] zu zahlenden [X.]etrag in [X.] eingestellten Sachverständigenvergütung. Die Tatsache, dass diese Kosten von der
[X.]eklagten als Vorschuss geleistet wurden und daher an diese von den Klägern zu erstatten sind, ändert nichts an ihrer rechtlichen Ein-ordnung als Gerichtskosten (vgl. [X.], ZPO, 22. Aufl., § 91 Rn.
32), für die im Streitfall die Kläger als alleinige Kostenschuldner gegenüber der Staatskasse haften.
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c) [X.]ei den im angefochtenen [X.]eschluss vom 22.
April
2009 festgesetzten Kosten handelt es sich um zur Rechtsverfolgung (Klageabweisung) notwendige Kosten des Rechtsstreits im Sinne des §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO. Die [X.]eklagte ist
mit [X.]eschluss des [X.]erufungsgerichts vom 15.
März 2007 nachdrücklich unter Hinweis auf §
356 ZPO und einen möglichen [X.] zur Einzahlung des angeforderten weiteren Vorschusses von 3.000

worden. Die Ge-genvorstellung beider Parteien gegen den [X.]eschluss vom 15.
März 2007 hat das [X.]erufungsgericht mit [X.]eschluss vom 12.
April 2007 zurückgewiesen.
[X.] dessen
blieb der [X.]eklagten, um nicht als beweisfällig angesehen zu wer-den, zur [X.] im Rechtsstreit keine andere Wahl als den angefor-derten weiteren Vorschuss einzuzahlen.
d) Das Ergebnis ist auch sachgerecht, da danach allein der Kosten-schuldner die Auseinandersetzung über einen möglicherweise unberechtigten Ansatz von Gerichtskosten in dem dafür vorgesehenen Verfahren (§ 66 GKG) zu betreiben hat; hingegen wird ein Erstattungsgläubiger, soweit er aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt für die Gerichtskosten haftet, im Kostenfestsetzungs-verfahren mit dieser Auseinandersetzung nicht belastet. Eine sachliche Über-prüfung des Gerichtskostenansatzes im Kostenfestsetzungsverfahren wäre im Übrigen bei Sachverhalten, in denen der Erstattungsgläubiger -
wie im Streitfall die [X.]eklagte -
nicht zugleich (auch) Kostenschuldner ist, grob unbillig. Denn ihm bliebe nach einem für ihn
nachteiligen Ausgang des [X.] trotz vollständigen Obsiegens im Hauptsacheverfahren keine Möglichkeit,
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den Kostenansatz im Hinblick auf die [X.]erechtigung der [X.] nach § 66 GKG überprüfen zu lassen.
[X.]all

Dr. Frellesen

Dr. Schneider

[X.]

Dr. [X.]ünger

Vorinstanzen:
AG [X.]erlin-Wedding, Entscheidung vom 22.04.2009 -
14 C 511/01 -

LG [X.]erlin, Entscheidung vom 22.01.2010 -
82 T 742/09 -

Meta

VIII ZB 22/10

07.09.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2011, Az. VIII ZB 22/10 (REWIS RS 2011, 3567)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3567

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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