Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2009, Az. VIII ZR 115/08

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4603

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 115/08 Verkündet am: 11. März 2009 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren ge-mäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 7. Januar 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] sowie die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 7. April 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Räumung ihrer Mietwohnung infolge Zahlungsverzugs in Anspruch. 1 Die Beklagte mietete im Jahr 1997 eine Wohnung von der D.

, welche diese im Jahr 2004 an die Klägerin verkaufte. Die [X.]

verwaltete das streitige Objekt fortan für die Klägerin, worüber die Beklagte schriftlich in-formiert wurde. 2 Die monatliche Bruttowarmmiete betrug zuletzt 265,92 •. Die [X.] sprach mit Schreiben vom 15. März 2007 die fristlose Kündigung wegen eines seit März 2006 angewachsenen [X.] von 915,32 • aus. 3 - 3 - Mit der Klageschrift vom 16. April 2007, in der die Klägerin wegen eines Mietrückstandes per April 2007 in Höhe von 1.072,48 • nochmals die fristlose Kündigung erklärte, verlangt sie von der Beklagten die Räumung der Wohnung. 4 5 Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt: 7 Die von der [X.] und der Klägerin unter dem 15. März 2007 und 16. April 2007 ausgesprochenen Kündigungen hätten das Mietverhältnis nicht beendet, so dass die Beklagte nicht zur Räumung und Herausgabe der [X.] nach § 546 Abs. 1 [X.] verpflichtet sei. 8 Es sei schon nicht ersichtlich, in wessen Namen die [X.]

die Kün-digung vom 15. März 2007 ausgesprochen habe. Wäre die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen gewesen, hätte die Kündigung in ihrem Namen ausgesprochen werden müssen. Dass die [X.] in diesem Fall als Hausverwalterin ebenfalls zur Kündigung im [X.] der Klägerin berechtigt gewesen sei, lasse sich den Informationsschreiben vom 4. und 10. Oktober 2004 nicht entnehmen. Fehle es schon an der bei einer 9 - 4 - Kündigung durch Bevollmächtigte notwendigen [X.], könne offen bleiben, ob eine etwaige Hausverwaltervollmacht der [X.]

diese über-haupt zur Kündigung berechtigt habe. 10 Die von der Klägerin in der Klageschrift vom 16. April 2007 ausgespro-chene Kündigung sei unwirksam, weil sie nicht innerhalb einer angemessenen Frist im Sinne von § 314 Abs. 3 [X.] ausgesprochen worden sei. § 314 Abs. 3 [X.] enthalte eine allgemeine und auch auf Mietverhältnisse anwendbare Re-gelung, die der beschleunigten Herbeiführung klarer Verhältnisse diene und der zu Grunde liege, dass nach längerem Zuwarten auch die Fortsetzung eines Vertragsverhältnisses nicht mehr unzumutbar erscheine. Hier habe die Klägerin vorprozessual in zahlreichen Schreiben der [X.]

trotz Vorliegens eines nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b [X.] kündigungsrelevanten Mietrückstandes von dem ihr zustehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht. Vor der Kündigung vom 16. April 2007 hätte die Klägerin der Beklagten daher einen eindeutigen Hinweis erteilen müssen, dass sie den behaupteten Mietrückstand nicht mehr hinnehme und bei [X.] die fristlose Kündigung tatsäch-lich aussprechen werde. Da ein solcher Hinweis nicht erfolgt sei, sei die Kündi-gung vom 16. April 2007 rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich. Soweit die Klägerin den Räumungsanspruch schließlich auf die im Beru-fungsverfahren mit Schriftsatz vom 31. März 2008 ausgesprochene Kündigung stütze, sei diese deshalb unbeachtlich, weil es sich um eine Klageänderung handele, die als neuer Klagegrund ausschließlich im Rahmen einer Anschluss-berufung nach § 524 ZPO hätte geltend gemacht werden können. Eine in der Klageänderung liegende Anschlussberufung sei gemäß § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO verspätet. 11 - 5 - II. 12 Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 13 1. Die Revision ist - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - unbeschränkt zugelassen. Das Berufungsgericht hat nach den Urteilsgründen die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob und inwieweit § 314 Abs. 3 [X.] für den Ausspruch einer auf Zahlungsrückstand gestützten Kündigung zu berücksichtigen sei, zugelassen. Hierin liegt keine wirksame Be-schränkung der Zulassung der Revision, weil die Frage keinen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs betrifft, auf den die Revisi-onsklägerin selbst ihre Revision hätte beschränken können (vgl. Senatsurteile vom 16. Juni 2007 - [X.] ZR 57/07, [X.], 556, [X.]. 14; und vom 28. Juli 2006 - [X.] ZR 124/05, [X.], 513, [X.]. 9). 2. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist die Beklagte gemäß § 546 [X.] zur Räumung der Mietwohnung verpflichtet, weil die Klägerin das Mietverhältnis wirksam gekündigt hat. 14 a) Ob dem Berufungsgericht darin zu folgen ist, dass der Wirksamkeit der Kündigung vom 15. März 2007 entgegenstand, dass sie nicht ausdrücklich im Namen der Klägerin erklärt war, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls die Kündigung vom 16. April 2007 hat das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis beendet. 15 b) Die Klägerin war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] zur fristlosen Kündigung berechtigt, weil sich die Beklagte, wie für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug befand, der die Miete für zwei Monate erreichte. 16 - 6 - Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Kündigung vom 16. April 2007 nicht deshalb gemäß § 314 Abs. 3 [X.] unwirksam, weil sie nicht innerhalb einer angemessenen Frist ab Kenntniserlangung der Klägerin von dem Kündigungsgrund erfolgt wäre. Dabei bedarf die im rechtswissenschaftli-chen Schrifttum umstrittene Frage, ob § 314 Abs. 3 [X.] bei der [X.] im Rahmen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] überhaupt Anwendung finden kann (vgl. dazu [X.], Mietrecht, 9. Aufl., § 543 [X.], Rdnr. 123 f.; [X.], [X.], 12. Aufl., § 314 [X.] Rdnr. 10; [X.], Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 543 Rdnr. 175, 183, 185; MünchKomm [X.]/[X.], 5. Aufl., § 543 Rdnr. 53; MünchKomm[X.]/[X.], aaO, § 314 [X.], Rdnr. 9; [X.]/[X.], [X.], 68. Aufl., § 314 [X.], Rdnr. 6; [X.] in: jurisPK-[X.], 4. Aufl., § 314 Rdnr. 5, 40; [X.]/Jendrek, aaO, § 543 [X.] Rdnr. 3, Rdnr. 21 a.E.; vgl. zur Gewerbemiete auch [X.], Urteil vom 21. März 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 886, [X.]. 21 für eine auf die Nichtleistung der Kaution gestützte Kündigung) keiner Entscheidung. Denn auch bei einer Anwendung von § 314 Abs. 3 [X.] ist die von der Klägerin am 16. April 2007 erklärte Kündigung wirksam. 17 Der Umstand, dass die Klägerin nicht sogleich im November 2006 ge-kündigt hat, als mit 534,45 • bereits ein zur fristlosen Kündigung berechtigender Rückstand von zwei Monatsmieten erreicht war, vermag eine illoyale Verspä-tung der am 16. April 2007 - wegen eines fast doppelt so hohen [X.] erklärten - fristlosen Kündigung von vornherein nicht zu begründen. Für ein Ver-trauen der Beklagten, die Klägerin werde den Mietrückstand hinnehmen und auch bei einem weiteren Anstieg des Rückstands von ihrem Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen, gibt es in dieser Situation keine Grundlage. 18 Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Kündigung der Klägerin vom 16. April 2007 auch nicht deshalb missbräuchlich, weil sie zuvor 19 - 7 - nicht ausdrücklich eine fristlose Kündigung angedroht hat. Gemäß § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 [X.] bedarf es bei einer auf Zahlungsverzug des Mieters gestütz-ten Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] keiner vorherigen Fristset-zung oder Abmahnung. Dass der Vermieter einen sich aufbauenden [X.] nicht sofort zum Anlass einer fristlosen Kündigung nimmt, ändert daran nichts und lässt eine ohne Abmahnung erfolgte Kündigung noch nicht treuwidrig erscheinen. III. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endent-scheidung reif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, ob die von der Beklagten behaupteten Mängel bestehen, eine Mietminderung in Höhe der von ihr einbehaltenen Beträge rechtfertigen und ob die Beklagte den Zahlungsrückstand zu vertreten hat. 20 Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.08.2007 - 9 C 173/07 - [X.], Entscheidung vom 07.04.2008 - 8 U 202/07 -

Meta

VIII ZR 115/08

11.03.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2009, Az. VIII ZR 115/08 (REWIS RS 2009, 4603)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4603

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