Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2000, Az. XI ZR 152/99

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2611

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:4. April 2000Weber,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________BGB § 151Zur Länge der Annahmefrist bei einem Vertragsantrag an einegroße Handelsgesellschaft.BGB §§ 164, 781Zur Unternehmensbezogenheit der Schuldanerkenntniserklärung ei-nes GmbH-Geschäftsführers.[X.], Urteil vom 4. April 2000 - [X.] - [X.] LG [X.]- 3 -Der XI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündlicheVerhandlung vom 4. April 2000 durch [X.] [X.] van Gelder, [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des13. Zivilsenats des [X.] vom28. April 1999 aufgehoben.Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil [X.] [X.], 5. auswärtige Zivilkammer inPlauen, vom 4. November 1997 abgeändert.Der Vollstreckungsbescheid des [X.] vom16. Dezember 1996 wird unter Aufhebung im übrigenin Höhe von 300.832,21 DM nebst Zinsen aufrechter-halten. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.Die weitergehende Berufung des [X.] wird zu-rückgewiesen.Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tra-gen.Von Rechts wegen- 4 -Tatbestand:Die Klägerin begehrt vom [X.] Zahlung aus einem Schuld-anerkenntnis vom 20. Juni/13. Juli 1994.Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine große Mineralölgesell-schaft, belieferte die [X.], deren geschäftsführender Gesellschaf-ter der Beklagte war, mit Öl und Treibstoffen. Als die Schulden derGmbH in der ersten Jahreshälfte 1994 den Betrag von 300.000 [X.], stellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin die [X.] ein. Der Beklagte gab im Namen der GmbH am 10. Juni 1994 einnotarielles Schuldanerkenntnis ab, in dem der Schuldbetrag von280.262,47 DM ohne Mehrwertsteuer aufgenommen war. Am 20. Juni1994 unterzeichnete er auf einem Formular der Rechtsvorgängerin derKlägerin, in dem sein Name und seine Privatanschrift handschriftlichvermerkt sind, ohne Vertretungszusatz als "Schuldner" ein Schuldaner-kenntnis mit Ratenzahlungsvereinbarung über den Bruttobetrag in [X.] 322.301,84 DM zuzüglich Zinsen, das von der [X.] Klägerin am 13. Juli 1994 gegengezeichnet wurde. Ein weiteresnotarielles Schuldanerkenntnis, das ebenfalls über den Bruttobetraglautete, gab der Beklagte im Namen der GmbH am 9. August 1994 ab.Über das Vermögen der GmbH ist im Jahre 1996 das [X.] eröffnet worden.Der Beklagte macht gegenüber dem Zahlungsbegehren der Klä-gerin aus dem Schuldanerkenntnis vom 20. Juni/13. Juli 1994 geltend,die Klägerin habe das [X.] nicht rechtzeitig ange-nommen. Außerdem habe er das Anerkenntnis nicht im eigenen Namen,sondern als Vertreter der GmbH abgegeben; es handele sich [X.] ein unternehmensbezogenes Geschäft.- 5 -Das [X.] hat den von der Klägerin erwirkten Vollstrek-kungsbescheid über 308.890 DM zuzüglich Zinsen aufrechterhalten undden [X.] zur Zahlung weiterer 5.354,05 DM nebst Zinsen verur-teilt. Das Berufungsgericht hat das Urteil des [X.]s sowie [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit ih-rer Revision erstrebt die Klägerin unter Reduzierung der Klageforde-rung um 13.411,84 DM die Zurückweisung der Berufung der [X.].Entscheidungsgründe:Die Revision ist begründet, sie führt zur Wiederherstellung deslandgerichtlichen Urteils im Umfang der Revisionsanträge.[X.] Berufungsgericht hat zur Begründung seines klageabwei-senden Urteils im wesentlichen ausgeführt:Die für das Zustandekommen eines [X.] Klägerin habe nicht den Nachweis führen können,daß mit der am 20. Juni/13. Juli 1994 geschlossenen Vereinbarung [X.] gegen den [X.] begründet werden sollte. Die Vereinba-rung sei unklar und auslegungsbedürftig. Aus der Urkunde lasse sichkeine Vermutung für die Einigung eines Schuldbeitritts begründen.Zwar sei der Beklagte im Kopf der Urkunde als Schuldner mit seinerpersönlichen Anschrift benannt. Auch habe er die Vereinbarung [X.] ohne einen Firmenzusatz unterzeichnet, der auf ein Vertre-- 6 -tungsverhältnis hindeuten könnte. Aber das Formular sei nicht auf ei-nen Schuldbeitritt hin konzipiert, sondern als "Schuldanerkenntnis [X.]". Mithin setze die Feststellung einerSchuld des [X.] das Bestehen eines Schuldverhältnisses voraus.Das legten die Überschrift und der Text nahe, weil eine Schuld aner-kannt werde. Der in Nr. 2 bis 6 der Vereinbarung geregelte Komplex"Ratenzahlung" gebe der Urkunde ihr eigentliches Gepräge. [X.] trete die von der Klägerin aus der Urkunde herausgeleseneSchuldübernahme schon optisch zurück.Auch aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme könne vonder Vereinbarung eines persönlichen Schuldbeitritts des [X.]nicht ausgegangen werden. Widersprüchlich und nicht nachvollziehbarsei im übrigen das Nebeneinander von notariellen Schuldanerkenntnis-sen und der privatschriftlichen Haftungsübernahme.[X.] Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.Die Klage ist aus § 781 BGB begründet.1. Das Berufungsgericht geht davon aus, der Beklagte hafte ausder privatschriftlichen Vereinbarung vom 20. Juni/13. Juli 1994 [X.], wenn er die Verbindlichkeiten der [X.] gegenüber derRechtsvorgängerin der Klägerin im Wege eines [X.] habe. Dies ist rechtsirrig.Die Haftung des [X.] hängt nicht von einem Schuldbeitrittab. Persönlich gehaftet wird insbesondere auch aus einem abstrakten- 7 -Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis (§§ 780, 781 BGB). [X.] kommt auch dann in Betracht, wenn zwischen den [X.] bisher keine rechtlichen Beziehungen bestanden. [X.] kann nämlich für fremde Verbindlichkeiten abgege-ben werden. Dies hat das Berufungsgericht verkannt und bedingt durchseinen unrichtigen Ausgangspunkt die Prüfung eines Anspruchs derKlägerin aus §§ 780, 781 BGB unterlassen.2. Diese Prüfung hat der erkennende Senat nachzuholen. [X.] des Vertrages kann dabei unabhängig von der [X.] Berufungsgerichts erfolgen. Der Inhalt des Vertrages ist nicht indi-viduell ausgehandelt, sondern unter Verwendung eines Formulars fest-gelegt worden, das von der Rechtsvorgängerin der Klägerin, einer gro-ßen Mineralölgesellschaft, zum Abschluß solcher Verträge in mehrerenOberlandesgerichtsbezirken benutzt worden [X.]) Die vom [X.] abgegebene Erklärung ist als abstraktesSchuldanerkenntnis (§ 781 BGB) anzusehen. Das ergibt sich [X.], Inhalt sowie Sinn und Zweck der Vereinbarung. Das von derrechtskundigen Rechtsvorgängerin der Klägerin benutzte Formular trägtdie Überschrift "Schuldanerkenntnis und Ratenzahlungsvereinbarung".Im Formulartext heißt es, der namentlich aufgeführte Beklagte "erkennehiermit an", der Rechtsvorgängerin der Klägerin 322.301,84 DM zuzüg-lich Zinsen zu schulden. Ein Schuldgrund ist in der Urkunde nicht ge-nannt. Benutzt wurde das Formular in einer Situation, in der [X.] der Klägerin die Belieferung der [X.] einge-stellt hatte, weil diese ihren hohen Zahlungsverpflichtungen nicht nach-kommen konnte. Der Rechtsvorgängerin der Klägerin kam es auf einvom Schuldgrund losgelöstes Anerkenntnis der Verbindlichkeiten durchden [X.] an, um die Chancen der Realisierung ihrer Forderung zu- 8 -erhöhen. Der Beklagte sah sich veranlaßt, das von der Rechtsvorgän-gerin der Klägerin gewünschte "Schuldanerkenntnis" abzugeben, umdie Weiterbelieferung der [X.] zu erreichen. Die Vereinbarung er-füllt damit alle Voraussetzungen (vgl. [X.], Urteil vom 14. [X.] - [X.], NJW 1999, 574, 575), die an ein abstraktesSchuldanerkenntnis zu stellen sind. Daß die Rechtsvorgängerin derKlägerin in dem Formularvertrag eine Erfüllung der Verbindlichkeit [X.] bewilligt hat, ändert nichts. Auch bei einer abstrakten Zahlungs-verpflichtung können Ratenzahlungen vorgesehen werden.b) Gegen das wirksame Zustandekommen des [X.] bestehen keine durchgreifenden Bedenken.Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat die [X.] des [X.] vom 20. Juni 1994 am 13. Juli 1994 durch Gegen-zeichnung angenommen. Eine Erklärung der Annahme gegenüber dem[X.] war nach den Umständen nicht zu erwarten (§ 151 Satz 1BGB). Der Inhalt der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin ge-wünschten Anerkenntniserklärung war zwischen dem [X.] und [X.], einer Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der Klägerin,festgelegt worden. Mit einer weiteren Äußerung der [X.] Klägerin, für die das Schuldanerkenntnis des [X.] trotz derdarin enthaltenen Ratenzahlungsvereinbarung ein im wesentlichenvorteilhaftes Geschäft war, konnte der Beklagte nur dann rechnen,wenn sie mit dem Inhalt der Anerkenntniserklärung nicht einverstandenwar.Im Zeitpunkt der Gegenzeichnung war die [X.] [X.] noch nicht erloschen (§ 151 Satz 2 BGB). Die [X.] die Umstände, unter denen sie abgegeben wurde, ergeben nichts- 9 -für einen Willen des [X.], seine Bindung auf einen Zeitpunkt vordem 13. Juli 1994 zu begrenzen. Bei großen Gesellschaften wie derRechtsvorgängerin der Klägerin, bei denen [X.] einiger Bedeutung nicht in der Filiale vor Ort, sondern von einerzentralen Stelle bearbeitet und entschieden werden, kann, wenn keinebesonderen Umstände vorliegen, nicht damit gerechnet werden, [X.] werde bereits binnen weniger Tage erfolgen. Das gilt beson-ders, wenn die Angelegenheit wie hier in der allgemeinen Urlaubszeitzu bearbeiten ist. Nichts spricht dafür, daß der Beklagte dies nicht [X.] hätte und sich an seine Anerkenntniserklärung nicht biszum 13. Juli 1994 binden [X.]) Verpflichtet aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis ist [X.] persönlich, nicht die [X.], deren Geschäftsführer er war.Die Darlegungs- und Beweislast für ein Handeln in fremdem Namenträgt, was das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat, derjenige, derein Vertreterhandeln behauptet (Senatsurteil vom 28. Januar 1992- XI ZR 149/91, [X.], 567, 568). Diesen Beweis hat der [X.]icht erbracht.aa) Aus der [X.] vom 20. Juni/13. Juli 1994 er-gibt sich kein Anhaltspunkt für ein Vertreterhandeln. Als [X.] bei der Unterzeichnung im Kopf der Urkunde nur der Beklagte [X.] unter seiner Privatanschrift, nicht aber die [X.] aufgeführt.Seine Unterschrift trägt keinen Zusatz oder einen Stempel, der auf [X.] für die [X.] hinweist. Auch dem [X.] "ich, [X.], erkenne hiermit an" ist dafür nichts zu entnehmen.bb) Das Ergebnis der Beweisaufnahme und die sonstigen festge-stellten Umstände rechtfertigen entgegen der Ansicht der [X.] -widerung auch nicht die Annahme, der Schuldanerkenntnisvertrag seials unternehmensbezogenes Geschäft zwischen der [X.] Klägerin und der [X.] zustande gekommen. Die [X.] unternehmensbezogene Geschäfte ändern nichts an dem im [X.] geltenden Offenkundigkeitsprinzip. Auch in diesen Fällenmuß der Vertragspartner, das Unternehmen, für den [X.] vornherein eindeutig erkennbar sein. Nur wenn das Geschäft indem Sinne unternehmensbezogen ist, daß es mit einem bestimmtenHandelsunternehmen abgeschlossen und ersichtlich der Inhaber diesesUnternehmens Vertragspartner werden sollte, wird der tatsächlicheUnternehmensinhaber Vertragspartner. Es handelt sich bei diesemGrundsatz nicht um eine Beweis-, sondern um eine Auslegungsregel,die voraussetzt, daß der Handelnde sein Auftreten für ein Unternehmenhinreichend deutlich macht (Senatsurteil vom 28. Januar 1992 - [X.] 149/91, [X.], 267, 269; [X.], Urteil vom 13. Oktober 1994- [X.], [X.], 2233, 2234, [X.]. m.w.Nachw.). Davon [X.] keine Rede sein.Die Zeugin [X.] hat ausgesagt, ihr sei es bei dem [X.] gerade um eine persönliche Ver-pflichtung des [X.] gegangen, dem [X.] sei auch bewußtgewesen, daß er sich persönlich verpflichte. Der Zeuge [X.] konnte [X.] machen; nach seinen Bekundungen hat er von der Exi-stenz des [X.] des [X.] erst im Verlaufe [X.] erfahren.Der als [X.] vernommene Beklagte hat zwar in Abrede gestellt,daß er sich habe persönlich verpflichten wollen. Auch aus seiner Aus-sage ergibt sich aber nicht, daß er hinreichend deutlich gemacht hat,nur für die [X.] auftreten zu [X.] -Aus dem Umstand, daß das Schuldanerkenntnis auf Verbindlich-keiten der [X.] basiert und der Beklagte persönlich nicht in derLage war, die vereinbarten monatlichen Raten zu erbringen, ergibt sichentgegen der Ansicht des [X.] ein Auftreten für die GmbH nicht.Das Schuldanerkenntnis wurde in einem Zeitpunkt abgegeben, in [X.] die Forderungen der Rechtsvorgängerin der Klägerin nichtbegleichen konnte und diese deshalb die Belieferung der [X.] hatte. Wenn der Geschäftsführer der GmbH in einer solchen Si-tuation unter seiner privaten Anschrift ohne Vertretungszusatz [X.] unterschreibt, um die Weiterbelieferung der nichtleistungsfähigen GmbH zu erreichen, so spricht dies für eine persönli-che Verpflichtung des Geschäftsführers. Das gilt besonders, wenn demGläubiger - wie hier - ein notarielles Schuldanerkenntnis der GmbHüber den weitaus größten Teil ihrer Verbindlichkeiten sowie eine Last-schrifteinzugsermächtigung für ein Geschäftskonto der [X.]. Zumindest bleiben ernsthafte, nicht auszuräumende Zweifelan der Unternehmensbezogenheit des Geschäfts. Diese gehen zu [X.] des [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 13. Oktober 1994 - IX [X.]/94, [X.], 2233, 2234).d) Aufgrund des abstrakten [X.] ist der [X.] zur Zahlung des von der Klägerin noch begehrten Betrages von300.832,21 DM zuzüglich Zinsen [X.] 12 -III.Auf die Revision der Klägerin war das Urteil des Berufungsge-richts daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO) und der ergangene [X.] in diesem Umfang aufrechtzuerhalten (§ 565Abs. 3 Nr. 1 ZPO).Nobbe [X.] [X.] [X.] Dr. Joeres

Meta

XI ZR 152/99

04.04.2000

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2000, Az. XI ZR 152/99 (REWIS RS 2000, 2611)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2611

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