Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2013, Az. II ZR 90/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 9016

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 90/11
Verkündet am:
15. Januar 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 93; [X.] i.d.F. der Bekanntmachung vom 9. September 1998, [X.] I S. 2674 § 5; [X.] § 249 Ca
a)
Ein Organ, das Geschäfte betreibt, die vom Unternehmenszweck nicht gedeckt sind, handelt pflichtwidrig ([X.] an [X.], 305, 332).
b)
Der Abschluss von [X.]n, die nicht
der Absicherung von Zinsrisiken aus dem Hauptgeschäft oder dem zulässigen Nebengeschäft einer Hypothekenbank dienten, war bis zum 30.
Juni 2002 vom Unternehmensgegenstand einer Hypothekenbank nicht gedeckt und ein für eine Hypothekenbank unzulässiges Spekulationsgeschäft.
c)
Wenn aus einer Reihe gleichartiger unzulässiger Spekulationsgeschäfte durch ein Organ sowohl Gewinne als auch Verluste entstehen, muss sich die Gesellschaft auf einen Schadensersatzan-spruch wegen der entstandenen Verluste grundsätzlich
die Gewinne anrechnen lassen

[X.], Urteil vom 15. Januar 2013 -
II ZR 90/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Bergmann und [X.]
Strohn, die Richterin Dr.
Reichart sowie [X.]
Drescher und Born

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 22. März 2011 aufge-hoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagten waren Vorstände der Klägerin, einer Aktiengesellschaft. Gegenstand des Unternehmens war nach §
2 Abs.
1 der Satzung der Klägerin der Betrieb einer Hypothekenbank im Sinne des [X.]. Zwischen dem 1.
Januar
2001 und dem 30.
Juni
2002 ging die Klägerin auf Entscheidung der Beklagten hin [X.], u.a. [X.] und [X.] ein, deren Volumen das Volumen der originären Hypothekenbankgeschäfte ([X.]) der Klägerin weit [X.].
1
-
3
-

Prüfungen durch das [X.] gem. §
44 KWG kamen
zu dem Ergebnis, dass für einen für das [X.] drohenden Verlust in Höhe von 436,1 Mio.

worden waren
und auch für drohende
Verluste im Jahr 2002 Rückstellungen fehlten. Die Hauptaktionäre der Klägerin mussten daraufhin Kapital zuführen.
Ein
Gutachten im Rahmen einer
Prüfung nach §
111 Abs.
2
Satz
2 [X.]
kam zu dem Ergebnis, dass sich bei den [X.] in den sogenannten Laufzeitbändern erhebliche Aktivüberhänge
und
bei den derivati-ven [X.]n in der Mehrzahl der Laufzeitbänder Passivüberhänge
erga-ben. Im Vergleich zu den
Überhängen aus den [X.]n würden
die Überhänge aus den derivativen [X.]n insbesondere in den [X.] 2001 bis 2012 wesentlich stärkere Schwankungen aufweisen, die Ge-samtzinsbildungsbilanz der Klägerin weise außergewöhnlich hohe Überhänge aus. Das verstoße gegen die Vorschriften des [X.] ([X.]) und den Willen des Gesetzgebers, [X.] nur zur Schließung oder Verminderung offener Positionen im Hauptgeschäft einsetzen zu dürfen, nicht aber zur Erzielung von Einzelhandelserfolgen.
Mit der Klage hat die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von 250.403.491,69

die Beklagten verpflichtet sind, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr aus im [X.] bezeichneten, im Zeitraum von 1.
Januar
2001 bis 30.
Juni
2002 ge-schlossenen und am 1.
September
2004 noch nicht beendeten Derivatege-schäften entstanden sei. Die Beklagten hätten entgegen §
5 [X.] unzuläs-sige [X.] abgeschlossen. Aus 52 vorzeitig aufgelösten [X.] habe die Klägerin Verluste in Höhe von 182.036.439,28

im [X.] und von 68.423.041,67

erlitten.
2
3
4
-
4
-

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und
die Verurteilung zur Zahlung nach Hinweisen des [X.] hilfsweise auf den erstrangigen Teil eines negativen Saldos
in Höhe von 335.763.252,58

Marktrisikokomitees der Klägerin vom 23.
April
2002 und eines Vorstandsbe-schlusses vom 30.
April
2002 gestützt, in zweiter Linie hilfsweise auf den erst-rangigen Teil eines negativen Saldos von 528.212.526,91

Geschäften von sieben Geschäftstagen und hilfsweise in dritter Linie auf den erstrangigen Teil eines Schadensaldos von 2.053.745.572,72

des Saldos
aller 215 in den Rechtsstreit eingeführter, unzulässiger Derivategeschäfte. Hilfsweise zu dem Feststellungsantrag hat sie die Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 3.413.135.060,70

verlangt und die Feststellung der Ersatzpflicht für Schäden
aus zwei Derivategeschäften.
Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihre Anträge aus der Berufungsinstanz weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht
(OLG
Frankfurt, Urteil vom 22.
März
2011

5
U
29/06,
juris) hat ausgeführt, die Klägerin habe hinsichtlich des in der Hauptsache gestellten
[X.]s und der ersten beiden Hilfsklagegründe einen Schaden nicht substantiiert dargelegt bzw. hinsichtlich des dritten und 5
6
7
8
-
5
-

vierten [X.] den Grund des erhobenen Anspruchs nicht hinrei-chend bestimmt. Hinsichtlich des [X.] habe
sie
nicht dargelegt, dass der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich sei. Der dazu hilfsweise ge-stellte [X.] sei mangels hinreichender Bestimmtheit des Klagegrun-des unzulässig, für den Feststellungsantrag bezüglich zweier konkret genannter Derivategeschäfte fehle es an der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.

Eine Vermögensminderung bei der Klägerin könne nicht mit dem isolier-ten Ergebnis eines einzelnen derivaten Geschäfts gleichgesetzt werden. [X.] sei das Ergebnis eines ganzen Pakets in den Blick zu nehmen, da nur der Saldo die vermögensrelevante Konsequenz der Entscheidung für den [X.] von derivativen Geschäften darstelle. Dabei handele es sich nicht um einen Fall des Vorteilsausgleichs. Da die Entscheidung für die [X.] beim von den Beklagten praktizierten [X.] in Bezug auf das [X.] getroffen würden, sei mit Rücksicht auf die Wechselwirkungen der [X.] mit dem Gesamtrisiko zu fordern, bei der Frage nach dem Scha-den sämtliche Konsequenzen in den Blick zu nehmen. Der Entscheidung könne nicht zugrunde gelegt werden, dass die im Rahmen des [X.] prakti-zierten [X.] grundsätzlich unzulässig gewesen seien, weil die Beurteilung der Zulässigkeit des [X.] auch nach der Methode des [X.] erfolgen könne.
Zur Darlegung des Schadens sei in einem ersten Schritt erforderlich, dass die Klägerin für sämtliche Einzelabschlüsse vortrage, aufgrund welcher konkreten Entscheidung der Beklagten welche derivativen [X.] abge-schlossen worden seien,
dann sei zu
deren
Beendigung vorzutragen und zu den Ergebnissen der auf den jeweiligen Entscheidungen der Beklagten beru-henden Geschäften, anschließend, ob sich bei einer Saldierung aller jeweils auf einer Einzelentscheidung beruhenden und von ihr umfassten derivaten Ge-

Die [X.] wür-9
10
-
6
-

den durch die Beschlussfassung als natürliche Handlung miteinander verbun-den.
Diesen Anforderungen an die Darlegungslast
für einen negativen Saldo nach einzelnen Beschlussfassungen
habe die Klägerin bis auf die Beschlüsse vom 1.
August
2001 und 23.
April
2002 nicht genügt.
Ein Schaden sei damit aber noch nicht dargetan. Er liege nur vor, wenn aufgrund der Ergebnisse der genannten Pakete bei einem Vergleich mit der Vermögenslage der Gesell-schaft, die sich ohne Abschluss dieser Geschäfte ergeben hätte, eine Vermö-gensminderung festzustellen wäre. Da im Rahmen des [X.] eine Einzelzuordnung von Sicherungsgeschäften nicht möglich sei, würden mit jeder Entscheidung alle bestehenden Geschäfte berücksichtigt und beeinflussten [X.]. Das
Ergebnis einer einzelnen Entscheidung sei als Summe der Wertände-rung und des [X.] der Gesamtheit aller Geschäfte, die noch im Bestand seien, zu messen. Daher könne
ein
Schaden der Klägerin nur darin bestehen, dass die Gesamtzinsbuchposition eine Verschlechterung erfahren habe.
Eines gerichtlichen Hinweises habe es nicht bedurft. Da nach der Methode des [X.] die Entscheidung des [X.] zulässig gewesen sei, weil die maßgeblichen Risikokennzahlen reduziert worden
seien, sei davon auszugehen, dass die Beklagten sich [X.] verhalten hätten.
Das Vorbringen der Klägerin biete auch keine Grundlage für eine Schät-zung, weil im Rahmen des [X.] jeweils die [X.] und das Ergebnis des gesamten zinstragenden Geschäfts in den Blick genommen würden. In dieser Lage wäre eine Schätzung unzulässig, weil sie völlig in der Luft hinge.
II.
Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Klägerin hat zu dem in der Hauptsache gestellten [X.] 11
12
13
-
7
-

einen Schaden und hinsichtlich des [X.] die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts
hinreichend substantiiert dargelegt.
1. Nach §
93 Abs.
2 Satz
1
[X.] hat
die Gesellschaft -
ggf. mit der [X.] des §
287 ZPO
-
darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ihr
durch ein Verhalten des Vorstandsmitglieds in seinem [X.], das möglicher-weise pflichtwidrig ist, ein Schaden entstanden ist; das Vorstandsmitglied hat dagegen nach §
93 Abs.
2 Satz
2 [X.] darzulegen und zu beweisen, dass es seine Pflichten nicht verletzt oder jedenfalls schuldlos gehandelt hat oder dass der Schaden auch bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten eingetreten wäre ([X.], Urteil vom 22.
Februar
2011 -
II
ZR
146/09, ZIP
2011, 766 Rn.
17; Urteil vom 16.
März
2009 -
II
ZR 280/07, [X.], 860 Rn. 42; Urteil vom 4.
Novem-ber
2002 -
II
ZR
224/00, [X.]Z 152, 280, 283
ff.).
Das schließt ggf. den [X.] seines
-
grundsätzlich weiten
-
unternehmerischen Ermes-sensspielraums
ein (vgl. jetzt §
93 Abs.
1 Satz
2 [X.]; [X.], Urteil vom
4.
November
2002

II
ZR
224/00, [X.]Z 152, 280, 284).
2. Die Klägerin hat einen Schaden und seine Verursachung durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der Beklagten ausreichend dargelegt.
a) Die Klägerin hat ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der [X.] dargelegt. Sie hat
vorgetragen, dass sie
unter der Leitung der [X.] näher bezeichnete [X.] abgeschlossen habe, die nicht als Neben-
oder Hilfsgeschäfte der Absicherung von Zinsrisiken aus dem Hypothe-kenbankgeschäft dienten, und hat dies im Einzelnen ausgeführt. Der Abschluss von [X.]n, die nicht der Absicherung von Zinsrisiken aus dem Hauptgeschäft
oder dem zulässigen Nebengeschäft einer Hypothekenbank dienten, war vom Unternehmensgegenstand
der Klägerin, dem Betrieb einer Hypothekenbank,
nicht gedeckt und ein für eine Hypothekenbank unzulässiges Spekulationsgeschäft.
Ein Organ, das Geschäfte betreibt, die vom Unterneh-14
15
16
-
8
-

menszweck nicht gedeckt sind, handelt pflichtwidrig (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Oktober
1992 -
II
ZR
172/91, [X.], 305, 332).
Eine Hypothekenbank durfte [X.] abschließen, wenn sie absichernden Charakter für die zulässigen Geschäfte hatten
und das Ver-lustrisiko begrenzt blieb, dagegen nicht, wenn sie ausschließlich in Verbindung mit anderen Derivategeschäften standen oder ihr Umfang den Hypothekenban-ken als Spezialinstituten gesetzte Grenzen überschritt ([X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
5 Rn.
20). Hypothekenbanken durften nach §
5 Abs.
1 [X.] i.d.F. der Bekanntmachung
vom 9.
September
1998, [X.]
I S.
2674 außer den in §
1 [X.] genannten Geschäften (Hauptgeschäfte)
nur bestimmte Geschäfte betreiben, zu denen [X.] nicht zählten. Der Abschluss von [X.]n
war nach §
5 Abs.
1 Nr.
4a [X.] (i.d.F. des Art.
11 Nr.
1 Buchst.
a
dd des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des [X.] [Viertes Finanzmarktförderungsgesetz]
vom 21.
Juni
2002, [X.]
I S.
2010) erstmals ab 1.
Juli
2002
erlaubt, und zwar
über Derivate im Sinne des §
1 Abs.
11 Satz
4 Nr.
1 bis 4 KWG
mit geeigneten Kreditinstituten oder Finanzdienstleistungsinstituten auf der Grundlage standardisierter Rah-menverträge. In §
5 [X.] a.F. nicht erwähnte Geschäfte waren zulässig, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Ausführung der Hauptgeschäfte
erga-ben ([X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
5 Rn.
8),
also
wenn sie einem Hauptge-schäft
oder einem nach §
5 [X.] zulässigen Nebengeschäft dienten, das Risiko von Verlusten begrenzt war und das [X.] nicht aufge-weicht wurde ([X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
5 Rn.
11).
b) Es war danach Sache der Beklagten, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die im Einzelnen von der Klägerin bezeichneten [X.] aus dem Hauptgeschäft oder dem zulässigen Nebengeschäft dienten.
17
18
-
9
-

Die Entscheidung der Beklagten
für den Abschluss von [X.]n
im Rahmen eines [X.] allein macht ihr Verhalten nicht pflichtgemäß. Um
die [X.] dem Hauptgeschäft der Klägerin als Neben-
oder Hilfsgeschäfte
zuzuordnen, musste zwar nicht einem bestimm-ten Geschäft oder Risiko
jeweils ein Absicherungsgeschäft durch Zinsderivate zugeordnet werden
(Micro-Hedging); vielmehr war bei umfassender Erfassung aller Einzelpositionen in richtiger Gewichtung sowie geeigneten Vorkehrungen im Bereich der Dokumentation und der internen Überwachung, die zu einer [X.] führen, auch ein [X.]
zulässig ([X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
5 Rn.
20), bei dem das gesamte Zinsänderungsrisiko abge-sichert wird.
Die im Rahmen eines solchen
[X.] abgeschlossenen [X.] waren dann Neben-
oder Hilfsgeschäfte, soweit das [X.] der
Absicherung der Zinsänderungsrisiken aus dem Hauptge-schäft und
zulässigen [X.], aber
nicht der selbständigen Gewinn-erzielung diente.
Dass die einzelnen [X.] jeweils diesen Anforderungen genügten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Soweit es
zu den [X.] vom 1.
August
2001 und 23.
April
2002
ausgeführt hat, für die Entscheidung wäre auf [X.] der Pflichtgemäßheit, auf der die [X.] bei den Beklagten gelegen hätte, davon auszugehen gewesen, dass sich die Beklagten pflichtgemäß verhalten hätten, handelt es sich um hypotheti-sche Erwägungen, die die erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen
nicht ersetzen
können. Solche
Feststellungen waren nicht entbehrlich, weil die Beur-teilung, die Beklagten hätten sich pflichtgemäß verhalten, auf Befunden des
von der Streithelferin der Beklagten vorgelegten Parteigutachtens
beruhen, nach denen die beschlossenen Maßnahmen der Absicherung
dienten und risikover-mindernd waren. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der in ei-nem solchen Parteigutachten liegende Sachvortrag der Beklagten
der Ent-19
20
-
10
-

scheidung nicht schon deshalb zugrunde zu legen, weil
die Klägerin ihn
schlicht bestritten und keine inhaltliche Auseinandersetzung stattgefunden habe. Da
die Vorstandsmitglieder nicht nur darzulegen, sondern
gegebenenfalls zu beweisen haben, dass sie ihre Pflichten nicht verletzt haben, konnte sich die Klägerin grundsätzlich auf ein Bestreiten beschränken.
c) Die Klägerin hat auch einen durch den Abschluss der -
unterstellt pflichtwidrigen
-
[X.] verursachten Schaden dargelegt.
Der Schaden ist durch einen Vergleich der infolge des [X.] tatsächlich eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, zu ermitteln (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 18.
Januar
2011 -
VI
ZR
325/09, [X.], 529 Rn.
8 mwN). Die Gesellschaft ist danach so zu stellen, als wäre
das pflichtwidrige Geschäft nicht abgeschlos-sen worden (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
Februar
2008 -
II
ZR
62/07, [X.], 736 Rn.
8). Da haftungsbegründend
nach dem insoweit nach §
93 Abs.
2 Satz
2 [X.] ausreichenden Vortrag der Klägerin der Abschluss der einzelnen, von der Klägerin aufgelisteten [X.] war, entsprechen die aus
den einzelnen Geschäften
jeweils entstandenen Verluste der infolge
dieser
haf-tungsbegründenden Ereignisse
jeweils eingetretenen Vermögensminderung.
[X.] Ereignis war der Abschluss des
jeweiligen [X.]. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts [X.], bei denen die Klägerin nicht darlegen kann, dass sie auf einem konkreten Beschluss des Vorstands beruhen, als haftungsbegründende Ereignisse
nicht
von vorneherein aus. Vorstandsmitglieder verletzen ihre [X.] nicht nur dann, wenn sie eigenhändig tätig werden oder [X.] treffen, sondern auch, wenn sie pflichtwidrige Handlungen anderer Vor-standsmitglieder oder von Mitarbeitern anregen
oder pflichtwidrig nicht dagegen einschreiten. Da die Einhaltung des [X.] beim [X.] der [X.] nach dem auch insoweit ausreichenden Vor-21
22
-
11
-

trag der Klägerin im Ausgangspunkt den [X.] aller Vorstandsmitglieder betraf, müssen sie sich auch hinsichtlich ihrer individuellen Verantwortlichkeit jeweils entlasten.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts müssen zur Darlegung eines Schadens auch nicht die aufgrund eines Vorstandsbeschlusses abge-schlossenen Geschäfte saldiert werden, weil die Vorstandsentscheidung infolge des [X.] in Bezug auf das Gesamtrisiko getroffen worden sei. Ob eine
Vorstandsentscheidung
für einzelne oder mehrere [X.]
in Bezug auf das gesamte Zinsänderungsrisiko zutreffend
war, betrifft den Pflichtenverstoß durch den späteren
Abschluss
der jeweiligen [X.] und die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der einzelnen [X.], nicht die Entstehung eines Schadens.
Erst recht überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegung eines Schadens, soweit
es von der Klägerin verlangt, darüber hinaus die nachteiligen
Auswirkungen der nach den Vorstandsbeschlüssen abge-schlossenen [X.] auf die Gesamtzinsbuchposition vorzutra-gen.
Dass die Vorstandsbeschlüsse im Rahmen eines [X.] gefasst wurden, macht weder die Gesamtzinsbuchposition zur geschützten [X.] noch vermag es sämtliche verbotenen Geschäfte zu einem [X.] haftungsbegründenden Ereignis zu verknüpfen.
d) Die Klägerin musste zur Darlegung ihres Schadens schließlich nicht einen [X.] aus Verlusten und Gewinnen aller [X.] bilden. Die Darlegungs-
und Beweislast für anzurechnende Gewinne liegt bei den Beklagten.
aa) Wenn aus einer Reihe gleichartiger unzulässiger Spekulationsge-schäfte durch ein Organ sowohl Gewinne als auch Verluste entstehen, muss sich
die Gesellschaft auf ihren Schadensersatzanspruch wegen der entstande-23
24
25
26
-
12
-

nen Verluste grundsätzlich die Gewinne anrechnen lassen
([X.], [X.], 1204, 1210; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2.
Aufl., §
93 Rn.
39; [X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
43 Rn.
212; [X.]/[X.], GmbHG, §
43 Rn.
94; [X.]/[X.], [X.], 12.
Aufl., Vor §
249 Rn.
233; Lange/[X.], Schadensersatz, 3.
Aufl., S.
503).
Das folgt aus einer entsprechenden Anwen-dung der Grundsätze der Vorteilsausgleichung. Die Grundsätze der
Vorteils-ausgleichung sind auf den
Schadensersatzanspruch nach §
93 Abs.
2 [X.] anzuwenden
([X.], Urteil vom 20.
September
2011
-
II
ZR
234/09, [X.], 2097
Rn.
31). Danach
sind Vorteile bei der Berechnung des Schadens zu be-rücksichtigen, soweit ein haftungsbegründendes Ereignis zu adäquat kausalen Vorteilen für den Geschädigten geführt hat und deren Anrechnung nach Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt (st. Rspr., vgl. [X.], Urteil vom 12.
November
2009
-
VII
ZR
233/08, [X.], 675 Rn.
9
mwN).
Gewinne aus
den
in gleicher Weise pflichtwidrig abgeschlossenen [X.]n können daher auf den Schadensersatzanspruch wegen einzelner verlustbringender [X.] anzurechnen
sein.
Zwar be-ruhen Vorteile und Nachteile auf unterschiedlichen haftungsbegründenden Er-eignissen, so dass kein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen den [X.] und den Geschäften mit Gewinn besteht. Das Gebot der Vor-teilsausgleichung
beruht aber
unter anderem
auf dem [X.]. Die Gesellschaft soll sich nicht aufgrund eines Fehlers der [X.]er auf de-ren Kosten bereichern
([X.], Urteil vom 20.
September
2011
-
II
ZR
234/09, [X.], 2097
Rn.
31). Die Gesellschaft verhielte
sich
treuwidrig und wider-sprüchlich, wenn sie das [X.] für einen Fehler ersatzpflichtig macht, aber den Gewinn behält, wenn das Organ den gleichen Fehler erneut begeht. Dass sich ein haftungsbegründendes Ereignis nach einer ersten fehlerhaften 27
-
13
-

Entscheidung wiederholt, ist bei
Dauerverhältnissen wie dem [X.] nicht selten und rechtfertigt es, gleichartige unzulässige
Geschäfte hinsichtlich der Anrechnung von Vorteilen miteinander zu verknüpfen. Eine solche
Anrech-nung von Gewinnen auf Verluste belastet die Gesellschaft nicht unzumutbar und begünstigt das Organ nicht unbillig. Sie entspricht auch der gesetzlichen Wertung für einen unberechtigten Geschäftsführer, der ohne Auftrag handelt (vgl. [X.], Das [X.], 2012, S.
200). Dieser
schuldet zwar Schadensersatz (§
678 [X.]), kann aber auch eine Bereicherung des Ge-schäftsherrn herausverlangen, §
684 Satz
1 [X.].
Das Organ, das pflichtwidrig Geschäfte außerhalb des [X.] abschließt, ähnelt inso-weit einem unberechtigt ohne Auftrag handelnden Geschäftsführer.
Dagegen sind Gewinne aus pflichtgemäß abgeschlossenen Zinsderiva-tegeschäften nicht anzurechnen. Der Verlust
aus solchen Geschäften trifft die Gesellschaft, der auch die Gewinne zustehen müssen.
bb) Die Darlegungs-
und Beweislast für anzurechnende Gewinne tragen aber die Beklagten. Der Ersatzpflichtige ist für
die
dem Geschädigten zugeflos-senen
Vorteile darlegungs-
und beweispflichtig ([X.], Urteil vom 20.
Sep-tember
2011
-
II
ZR
234/09, [X.], 2097
Rn.
34; Urteil vom 31.
Mai
2010
-
II
ZR
30/09,
ZIP 2010, 1397 Rn.
26).
Diese
Verteilung der Darlegungs-
und Beweislast ändert sich nicht, wenn wie hier die Grundsätze der Vorteilsausglei-chung entsprechend angewandt werden.
e) Die Abweisung des in der Hauptsache gestellten [X.]s er-weist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Insbesondere kann der Senat nicht feststellen, dass sämtliche
Verluste aus unzulässigen Zinsderivate-geschäften durch Gewinne kompensiert wurden. Es steht schon nicht fest, wel-che
Geschäfte pflichtwidrig waren.

28
29
30
-
14
-

3. Die Abweisung des [X.] ist schon vom unzutreffen-den Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus, dass der Schaden in einer nachteiligen Veränderung der [X.] bestehe, [X.]. Das Feststellungsinteresse
nach §
256 ZPO setzt voraus, dass ein Scha-denseintritt wahrscheinlich ist ([X.], Urteil vom 24.
Januar
2006 -
XI
ZR
384/03, [X.]Z 166, 84 Rn.
27). Dazu bedarf es keiner Berechnung der [X.]. Wenn [X.] -
auch die aufgrund eines Vorstandsbeschlusses saldierten [X.]
-
zu Verlusten geführt haben und insgesamt mit [X.] Verluste erwirtschaftet wurden, ist es wahrscheinlich, dass auch die [X.] negativ beeinflusst wurde.
Insoweit ist das Berufungsurteil
auch nicht aus anderen Gründen richtig, weil für die Schadensfeststellung anstelle der vom Berufungsgericht verlangten Gesamtbetrachtung die einzelnen abgeschlossenen [X.] maßgeblich sind. Dazu, ob für die
im Feststellungsantrag aufgelisteten [X.] jeweils ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist, fehlen Feststellungen.
4. Auch die Hilfsanträge sind aus den dargelegten Gründen [X.] abgewiesen worden. Das betrifft auch die Abweisung mangels hinreichen-der Bestimmtheit des [X.], weil der geltend gemachte erstrangige Teilbetrag des negativen Gesamtergebnisses aller 215 Geschäfte nicht eindeu-tig dem saldierten Ergebnis eines oder mehrerer Beschlüsse zuzuordnen sei. Auf die Zuordnung zu einem bestimmten Beschluss kommt es nicht an (II.
2.
c).
III.
Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
1 ZPO). Das Berufungsgericht hat -
ggf. mit sachverständiger Hilfe (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Februar
2011 -
II
ZR
146/09, [X.], 766 Rn.
25)
-
die bisher unterbliebenen Feststellungen dazu nachzuholen, ob die einzelnen [X.] im Rahmen des [X.] ganz oder teilweise der 31
32
33
34
-
15
-

Absicherung von Zinsänderungsrisiken aus dem Hauptgeschäft
oder zulässigen [X.]
dienten.

Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass ein pflichtwidriges Zinsderivategeschäft nicht allein deshalb vorliegt, weil sich nachträglich feststellen lässt, dass es objektiv nicht zur Absicherung von [X.] aus dem Hauptgeschäft erforderlich war. Da der
Art und Wei-se
der Absicherung eine unternehmerische Entscheidung zugrunde liegt, sind die Beklagten bereits dann entlastet, wenn sie -
was sie zu beweisen haben
-
vernünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Infor-mation zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (vgl. jetzt §
93 Abs.
1 Satz
2 [X.]; [X.], Urteil vom 22.
Februar
2011
-
II
ZR
146/09, [X.], 766
Rn.
19; Beschluss vom 3.
November
2008 -
II
ZR
236/07, [X.], 223; Beschluss vom 14.
Juli
2008
-
II
ZR
202/07, [X.], 1675
Rn.
11; Urteil vom 21.
April
1997 -
II
ZR
175/95, [X.]Z 135, 244, 253).
Insoweit kann es von [X.] sein,
ob die Beklagten sich beim Abschluss der einzelnen Zinsderiva-tegeschäfte an die betriebswirtschaftlichen und bankwirtschaftlichen Regeln zur

35
-
16
-

Steuerung des [X.] für das Hauptgeschäft oder zulässige Ne-bengeschäfte
durch das [X.] gehalten haben und die Risikovorsor-gesysteme wie z.B. das Limitsystem den Anforderungen genügten.

Bergmann
Strohn
Reichart

Drescher

Born
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.01.2006 -
3-9 O 143/04 -

O[X.], Entscheidung vom 22.03.2011 -
5 U 29/06 -

Meta

II ZR 90/11

15.01.2013

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2013, Az. II ZR 90/11 (REWIS RS 2013, 9016)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9016

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