Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2009, Az. I ZR 154/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 145

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 154/07 Verkündet am: 10. Dezember 2009 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] Art. 23 Abs. 4; Art. 29 Abs. 1; HGB § 435 a) Der Anspruchsteller muss, wenn der Spediteur/Frachtführer seiner Einlas-sungsobliegenheit genügt hat, die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung des Frachtführers darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt auch dann, wenn ihm die nähere Darlegung eines zum Wahrnehmungsbe-reich des Gegners gehörenden Geschehens nicht möglich ist. Ein solcher Umstand führt allenfalls zu erhöhten Anforderungen an die (sekundäre) Dar-legungslast des [X.]. b) Gemäß Art. 23 Abs. 4 [X.] sind nur solche Kosten zu erstatten, die nicht be-reits den Versandwert des Gutes am Ort und zur [X.] der Übernahme [X.] haben. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2009 - I ZR 154/07 - OLG [X.]

LG [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22. Oktober 2009 durch [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 12. Juli 2007 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Feststellungsklage auch in Bezug auf die [X.] Verbrauch-steuern (Wert der [X.] [X.]) abgewiesen [X.] ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die in [X.] ansässige Klägerin stellt Zigaretten und Zigarren her. Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen wegen des Verlustes von Tabak-waren auf Schadensersatz in Anspruch. 1 - 3 - Die Klägerin beauftragte die Beklagte im März 2005 zu festen Kosten mit der Besorgung des Transports von Tabakwaren per LKW von [X.] nach [X.] in [X.]. Die Beklagte gab den Auftrag an ihre Streithelferin weiter, die einen in [X.]/[X.] ansässigen Frachtführer mit der Durchführung des Transports betraute. Der Versand der mit [X.] [X.] verse-henen Zigarettenpackungen zur [X.] Empfängerin erfolgte im Steuer-aussetzungsverfahren. Während des Transports wurden in [X.] Tabak-waren im Produktionswert von 1.600,03 • entwendet. Diesen Betrag hat die Beklagte der Klägerin erstattet. 2 Die Klägerin hat geltend gemacht, es sei zu erwarten, dass der französi-sche Fiskus auf die in [X.] in Verlust geratenen Zigaretten die der Höhe nach noch nicht bestimmten, in der Größenordnung von 20.000 • liegenden [X.] Verbrauchsteuern erheben und sie damit belasten werde. Als weiterer Schaden komme der ihr ebenfalls noch nicht bekannte, schätzungs-weise ebenso hohe Wert der [X.] [X.] hinzu. Insoweit sei zwar nicht ihr selbst, sondern der [X.] Käuferin ein Schaden entstanden. Diesen Fremdschaden könne sie aber nach den Grundsätzen der [X.] im eigenen Namen geltend machen. 3 Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, weil der Schaden durch ein der Beklagten zurechenbares qualifiziertes Verschulden des Frachtführers oder seiner Leute verursacht worden sei. Der beladene LKW sei an der Autobahn in [X.] auf einem nicht bewachten Parkplatz abgestellt worden, wo sich auch der Diebstahl ereignet habe. Dies rechtfertige den Vorwurf der leichtferti-gen Schadensverursachung, selbst wenn die Art des Transportgutes von außen nicht erkennbar gewesen sei. 4 - 4 - Die Klägerin hat beantragt, 5 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren [X.] zu ersetzen, die ihr oder den Personen, deren Schäden sie im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen kann, wegen des Verlustes von 18 Kartons und einer Stange Zigaretten auf dem Transport von [X.] nach [X.] in [X.] am 24. März 2005 entstanden sind oder noch entstehen werden. Die Beklagte und ihre Streithelferin haben demgegenüber geltend ge-macht, ein qualifiziertes Verschulden des Frachtführers oder seiner Leute komme nicht in Betracht, da der Diebstahl sich auf einem bewachten Parkplatz an der [X.] in [X.] ereignet habe. 6 Das Berufungsgericht hat die vom [X.] für begründet erachtete Klage abgewiesen. 7 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückwei-sung die Streithelferin der Beklagten beantragt, erstrebt die Klägerin die [X.] des erstinstanzlichen Urteils. 8 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten für den streitge-genständlichen Verlust gemäß Art. 17 Abs. 1 [X.] dem Grunde nach [X.]. Die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung nach Art. 29 Abs. 1 [X.] hat es dagegen verneint. Hierzu hat das Berufungsgericht - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt: 9 - 5 - Auf der Grundlage einer nach Art. 23 [X.] begrenzten Haftung der [X.] könne die Klägerin den von ihr behaupteten Schaden nicht ersetzt ver-langen. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch komme allenfalls bei einer unbeschränkten Haftung der Beklagten gemäß Art. 29 Abs. 1 [X.] in [X.]. Ein qualifiziertes Verschulden, das Leichtfertigkeit und das Bewusstsein erfordere, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, hätte [X.], wenn der mit Zigaretten beladene LKW während der Nacht auf einem unbewachten Parkplatz an der Autobahn in [X.] abgestellt worden wäre. Dies habe die für das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens beweisbelastete Klägerin zwar behauptet, jedoch nicht bewiesen. 10 I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Zwar hat das Berufungsgericht eine unbeschränkte Haftung der Beklagten nach Art. 29 Abs. 1 [X.] zu Recht verneint. Es hat ebenfalls zutref-fend angenommen, dass damit der Ersatz der in [X.] anfallenden [X.] ausscheidet. Dagegen kann aufgrund der getroffenen [X.] nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägerin hinsichtlich der spani-schen Verbrauchsteuern ein Ersatzanspruch zusteht. 11 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten für den hier in Rede stehenden Verlust von Tabakwaren nach Art. 17 Abs. 1 [X.] bejaht. Es ist dabei zutreffend und von der Revisionserwiderung auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Beklagte von der Klägerin als Fixkostenspediteurin [X.] von § 459 HGB beauf-tragt worden ist und sich ihre Haftung demgemäß grundsätzlich nach den [X.] über die Haftung des Frachtführers (Art. 17 ff. [X.]) richtet. 12 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], die Klägerin habe die Voraussetzungen für eine unbeschränkte 13 - 6 - Haftung der Beklagten nach Art. 29 Abs. 1 [X.] i.V. mit § 435 HGB nicht [X.]. a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe mit ihrem Vortrag, der Diebstahl habe sich nachts auf einem unbewachten Parkplatz an der Autobahn in [X.] ereignet, einen Sachverhalt dargelegt, der nach den Umständen des Falls mit gewisser Wahrscheinlichkeit ein leichtfertiges Verhalten nahelege. Es könne auch nur die Beklagte in zumutbarer Weise zur Aufklärung des [X.] beitragen. Dementsprechend sei sie gehalten, das Informationsdefizit der Klägerin durch detaillierten Sachvortrag zu den von ihr ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen. Die ihr danach [X.] habe die Beklagte in ausreichendem Maße erfüllt, indem sie behauptet habe, der LKW habe am 24. März 2005 in [X.] auf einem be-wachten Parkplatz bei der [X.] Aire de Châtellerault in [X.]/[X.] unmittelbar an der Autobahn [X.] Richtung [X.] zwischen [X.] und [X.] auf dem Stellplatz Nr. 25 gestanden. Wenn der Anspruchs-gegner seiner sekundären Darlegungslast genügt habe, obliege die weitere Beweisführung nach allgemeinen Grundsätzen dann wiederum dem an sich [X.]. Dementsprechend müsse die Klägerin beweisen, dass die Behauptung der Beklagten unzutreffend sei. Diesen Beweis habe die Klägerin nicht geführt. 14 b) Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revi-sion stand. 15 [X.]) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich der Anspruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall der zu-gunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haf-tungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat. Danach 16 - 7 - trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. [X.], Urt. v. 14.6.2006 - I ZR 136/03, [X.], 273 [X.]. 13 = [X.] 2006, 348; Urt. v. [X.], [X.] 2008, 113 [X.]. 30; Urt. v. 18.12.2008 - I ZR 128/06, [X.] 2009, 134 [X.]. 14). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch - wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist - dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach [X.] und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar, zu den näheren Umständen des [X.] eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners ist zu bejahen, wenn der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sach-verhalt ergeben. Insbesondere hat der Frachtführer in diesem Fall substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret aufgewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (st. Rspr. des [X.]s; vgl. nur [X.] [X.] 2009, 134 [X.]. 14 m.w.[X.]). [X.]) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Vortrag der Klägerin mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf ein qualifiziertes Ver-schulden der Beklagten [X.] von § 435 HGB schließen lässt, das Voraussetzung für eine unbeschränkte Haftung nach Art. 29 Abs. 1 [X.] ist. Die Revisionser-widerung erhebt gegen diesen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts auch [X.] Beanstandungen. 17 - 8 - Zutreffend ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass die Beklagte der ihr obliegenden Darlegungslast in hinreichendem Maße genügt hat. Denn sie hat dargelegt, auf welchem von ihr genau bezeichneten Parkplatz der beladene LKW abgestellt war, als sich der Diebstahl ereignete, und dass dieser Parkplatz bewacht war. 18 cc) Von der Revision wird gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Beklagte ihre Darlegungsobliegenheit erfüllt habe, grundsätzlich nichts erinnert. Sie meint aber, der Frachtführer müsse den von ihm zu seiner Entlas-tung vorgetragenen Sachverhalt auch beweisen. 19 Dieser Auffassung vermag der [X.] nicht beizutreten. Nach der neue-ren [X.]srechtsprechung muss der Anspruchsteller, wenn der Spediteur/Frachtführer seiner Einlassungsobliegenheit - wie hier - genügt hat, die Voraus-setzungen für eine unbeschränkte Haftung des Frachtführers darlegen und ge-gebenenfalls beweisen. Es gereicht der Beklagten daher nicht zum Nachteil, dass sie den von ihr geschilderten Sachverhalt nicht bewiesen hat, da ihr inso-weit keine Beweislast obliegt (vgl. [X.] [X.] 2008, 113 [X.]. 33; [X.] 2009, 134 [X.]. 15). An der gegenteiligen Auffassung, die im Urteil vom 7. November 1996 ([X.], [X.] 1997, 291 = [X.], 725) vertre-ten worden ist, hält der [X.] nicht fest. Eine andere Beurteilung der [X.] und Beweislastverteilung ergibt sich auch dann nicht, wenn der an sich darlegungs- und beweisbelasteten Partei die nähere Darlegung eines zum Wahrnehmungsbereich des Gegners gehörenden Geschehens nicht möglich ist. Dieser Umstand führt nicht zu einer Umkehrung der Beweislast, sondern [X.] zu erhöhten Anforderungen an die Erklärungslast des [X.] (vgl. [X.], Urt. v. 22.1.2009 - I ZR 139/07, [X.], 2384 [X.]. 17 = [X.], 502 - pcb). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht im Übrigen mit 20 - 9 - Recht angenommen, dass der Klägerin die Beweisführung weder unmöglich noch unzumutbar ist, weil diese hier keine Kenntnis interner Abläufe bei der [X.] voraussetzt. Der Parkplatz, den die Beklagte konkret bezeichnet hat, ist allgemein zugänglich. Die Klägerin hätte den ihr obliegenden Beweis durch [X.] zuständiger Stellen in [X.], seien es Behörden oder Automobilclubs, gegebenenfalls auch durch Vernehmung des Fahrers, führen können. [X.]) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin durch Vorlage von [X.] in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2007 nachgewiesen habe, dass es sich bei dem Parkplatz, auf dem sich nach dem Vortrag der [X.] der Diebstahl ereignet habe, um eine normale Autobahntankstelle und Raststätte handele, bei denen die abgestellten Lastkraftwagen üblicherweise nicht bewacht würden. 21 Richtig ist zwar, dass das Berufungsgericht die von der Klägerin vorge-legten Aufnahmen nicht gewürdigt hat. Dadurch hat das Berufungsgericht ent-gegen der Auffassung der Revision aber nicht das Verfahrensgrundrecht der Klägerin aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Denn die beiden bei den Akten befind-lichen Luftbildaufnahmen sind für die Frage der Bewachung des Parkplatzes, auf dem der LKW gestanden haben soll, unergiebig. Das Berufungsgericht brauchte die Aufnahme daher auch nicht zu berücksichtigen und zu würdigen. 22 3. Scheidet ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten aus, richtet sich der Umfang des von der Beklagten für den Verlust der Tabakwaren geschulde-ten Ersatzes nach Art. 23 [X.]. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenom-men, dass der Ersatz der in [X.] anfallenden Verbrauchsteuern unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt nicht in Betracht kommt. Ein [X.] - satzanspruch in Bezug auf die [X.] Verbrauchsteuern kann hingegen auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden. a) Gemäß Art. 23 Abs. 1 [X.] hat der Frachtführer bei vollständigem oder teilweisem Verlust des Gutes eine Entschädigung zu zahlen, die nach dem Wert des Gutes am Ort und zur [X.] der Übernahme zur Beförderung berechnet wird. Den Produktionswert der abhandengekommenen Tabakwaren in Höhe von 1.600,03 • hat die Beklagte der Klägerin vollständig ersetzt. Gemäß Art. 23 Abs. 4 [X.] hat der Frachtführer neben dem Warenwert lediglich Fracht, Zölle und sonstige aus Anlass der Beförderung des Gutes entstandene Kosten zu er-statten. 24 Zu den "sonstigen aus Anlass der Beförderung des verlorenen Gutes" entstandenen Kosten zählen nur solche, die bei vertragsgemäßer Beförderung gleichermaßen entstanden wären und zum Wert des Gutes am Bestimmungsort beigetragen hätten, die also nicht [X.] entstanden sind (vgl. [X.], Urt. v. 26.6.2003 - I ZR 206/00, [X.] 2003, 453, 454 = [X.], 535 m.w.[X.]). Die Haftungsregelungen in Art. 23 Abs. 1 bis 4 [X.] unterscheiden zwischen dem Schaden, der durch den Verlust des Gutes eingetreten ist, und den transportbedingten Kosten des Absen[X.]/Empfängers. Die Schäden wer-den gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 [X.] durch Wertersatz kompensiert. Der Er-satz des weitergehenden Schadens ist - wie sich aus der Regelung in Art. 23 Abs. 4 [X.] ergibt - ausgeschlossen. [X.] bleiben vor allem Folgekosten, zu denen sämtliche [X.]en Aufwendungen gehören. Das Risiko hierfür trägt grundsätzlich die [X.], die auch das Risiko für entgange-nen Gewinn oder Produktionsausfall des Empfängers trifft. Legt der Warenver-sender auf die Haftung des Beförderers für nicht von Art. 23 [X.] erfasste 25 - 11 - Sachfolgeschäden Wert, so hat er die Möglichkeit, gemäß Art. 26 [X.] ein be-sonderes Lieferinteresse zu deklarieren ([X.] [X.] 2003, 453, 454 f.). b) Auf der Grundlage dieses rechtlichen Ausgangspunktes hat das [X.] zutreffend angenommen, dass es sich bei der von der Klägerin in [X.] möglicherweise noch zu zahlenden Tabaksteuer, die eine Ver-brauchsteuer ist (Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 der [X.] vom 25. Februar 1992, [X.]. Nr. L 076 S. 1 ff.) um [X.]e [X.] handelt, deren Erstattungsfähigkeit nicht von Art. 23 Abs. 4 [X.] umfasst wird. 26 Die im Transitland [X.] anfallende Steuer ist [X.] ent-standen, weil die im Steueraussetzungsverfahren (Art. 4 lit. c, Art. 15 Richtlinie 92/12/[X.]) beförderten Zigaretten durch Diebstahl während des Transports in Verkehr gebracht wurden. Nach Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 i.V. mit Art. 15 Abs. 3 Richtlinie 92/12/[X.]) ist die Klägerin dadurch Steuerschuldnerin ge-worden. Bei vertragsgemäßer Abwicklung der Beförderung wären ihr die in [X.] stehenden Kosten nicht entstanden. Es handelt sich mithin um durch den Diebstahl selbst verursachte Aufwendungen, die nicht nach Art. 23 Abs. 4 [X.] erstattungsfähig sind (vgl. [X.] [X.] 2003, 453, 454). Die Revision erhebt insoweit auch keine Beanstandungen. 27 c) Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsge-richt auch einen Anspruch auf Erstattung derjenigen Kosten verneint hat, die der [X.] Empfängerin für den Erwerb von [X.] entstanden sind, mit denen die Klägerin die Zigarettenpackungen versehen hat. 28 [X.]) Als Grundlage für eine Einbeziehung dieser Kosten, die die Klägerin im Wege der Drittschadensliquidation geltend macht, kommt allerdings nicht 29 - 12 - Art. 23 Abs. 4 [X.], sondern allein Art. 23 Abs. 1 und 2 [X.] in Betracht. Denn es handelt sich hierbei weder um Zölle noch um sonstige aus Anlass der Beför-derung des Gutes entstandene Kosten. Die sonstigen aus Anlass der Beförde-rung entstandenen Kosten umfassen nur solche Aufwendungen, die sich noch nicht im Wert des Gutes am Ort und zur [X.] der Übernahme (Art. 23 Abs. 1 [X.]) niedergeschlagen haben. Nach den Feststellungen des Berufungsge-richts wurden die [X.] [X.] bereits von der Klägerin auf den Zigarettenpackungen angebracht, bevor die Ladung dem Frachtführer zur Beförderung nach [X.] übergeben wurde. Unter diesen Umständen ist da-von auszugehen, dass der Wert, den diese [X.] verkörpern und der die Produktionskosten der Zigaretten nach den Angaben der Klägerin um ein Vielfaches übersteigt, den Wert des [X.] schon zum [X.]punkt der Übergabe an den Frachtführer maßgeblich bestimmt hat. Nach Art. 23 Abs. 4 [X.] sind aber nur solche Kosten zu erstatten, die nicht bereits den Versand-wert beeinflusst haben (vgl. Koller, [X.], 2, 7; [X.]., Transportrecht, 6. Aufl., Art. 23 [X.] [X.]. 10). [X.]) Demnach kommt hinsichtlich der von der [X.] Empfängerin für den Erwerb von [X.] getätigten Aufwendungen ein Ersatzan-spruch nach Art. 23 Abs. 1 und 2 [X.] in Betracht. Gemäß Art. 23 Abs. 3 [X.] darf die Entschädigung 8,33 Rechnungseinheiten für jedes fehlende Kilogramm des [X.] nicht übersteigen, wobei die Rechnungseinheit nach Art. 23 Abs. 7 [X.] das Sonderziehungsrecht des [X.] ist. 30 Die Beklagte hat für den [X.] an die Klägerin unstreitig 1.600,03 • gezahlt. Da das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen zum Gewicht der abhandengekommenen Tabakwaren getroffen hat, kann nicht [X.] - 13 - urteilt werden, ob dieser Betrag noch für eine weitere Entschädigungsleistung Raum lässt. II[X.] Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin teilweise aufzuheben. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 32 Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird sich das Berufungsgericht auch mit der - im Berufungsurteil nicht erörterten - Frage zu befassen haben, ob ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung besteht. Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, dass der Klägerin der Wert der [X.] [X.] bekannt sein müsste, weil sie diese nach ih-rem Vortrag selbst auf den Zigarettenpackungen angebracht hat. Zumindest 33 - 14 - hätte die Klägerin die Möglichkeit, sich von der [X.] Empfängerin den Wert der [X.] mitteilen zu lassen. Mit Recht weist die Revisions-erwiderung auch darauf hin, dass nicht ersichtlich ist, weshalb die Klägerin die Empfängerin, für die sie den Schadensersatz im Wege der Drittschadensliqui-dation beansprucht, im Antrag bislang nicht benannt hat.
[X.] Pokrant Büscher
Bergmann [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 29.08.2006 - 11 O 27/06 - OLG [X.], Entscheidung vom 12.07.2007 - 16 U 99/06 -

Meta

I ZR 154/07

10.12.2009

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2009, Az. I ZR 154/07 (REWIS RS 2009, 145)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 145

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