Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.10.2015, Az. EnVR 18/14

Kartellsenat | REWIS RS 2015, 4377

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Gegenstand

Energiewirtschaftsrechtliche Verwaltungssache: Antragserfordernis und Zuständigkeit für die Neufestlegung der Erlösobergrenzen nach teilweisem Übergang eines Energieversorgungsnetzes auf einen anderen Netzbetreiber - Stadtwerke Schwerte GmbH


Leitsatz

Stadtwerke Schwerte GmbH

1. Bei einem teilweisen Übergang eines Energieversorgungsnetzes auf einen anderen Netzbetreiber sind auf Antrag eines der beteiligten Netzbetreiber gemäß § 26 Abs. 2 ARegV die Erlösobergrenzen durch die zuständige Regulierungsbehörde in eigener Verantwortung neu festzulegen.

2. Für die Neufestlegung der Erlösobergrenzen ist in entsprechender Anwendung des § 54 Abs. 2 Satz 5 EnWG die Regulierungsbehörde zuständig, die für die Bestimmung der aufzuteilenden Erlösobergrenze zuständig war.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 5. März 2014 in der Fassung des Beschlusses vom 10. März 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur und der Antragsgegnerin werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Wert des [X.] wird auf 250.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt von der [X.] den Erlass einer Missbrauchsverfügung unter anderem mit dem Inhalt, die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem teilweisen Übergang eines Energieversorgungsnetzes zu verpflichten, ihr - der Antragstellerin - bestimmte Daten offen zu legen, um eine Aufteilung der [X.] nach § 26 Abs. 2 [X.] vornehmen zu können.

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des sich im Stadtgebiet von [X.] befindlichen Elektrizitätsversorgungsnetzes Mittel- und Niederspannung. Das Mittelspannungsnetz war bis zum 31. Dezember 2012 an die Antragsgegnerin verpachtet. Am 1. Januar 2013 fielen der unmittelbare Besitz an den Versorgungsanlagen und die Betriebspflicht an die Antragstellerin zurück. Das Mittelspannungsnetz machte nur einen Teil des von der Antragsgegnerin betriebenen Elektrizitätsversorgungsnetzes aus.

3

Zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin fanden ab März 2011 Gespräche über mit der Übertragung des Netzbetriebs zusammenhängende Fragen statt. Im Hinblick auf die Neufestlegung der [X.] bot die Antragsgegnerin an, dem auf die Antragstellerin übergehenden Teilnetz eine anteilige Erlösobergrenze in Höhe von 1.498.619 € zuzuordnen. Später erhöhte sie ihr Angebot pauschal um 30.000 €. Sie übermittelte der Antragstellerin Daten über die in dem übergehenden Teilnetz abgesetzten Mengen und zu verschiedenen Strukturparametern, lehnte jedoch deren Begehren ab, alle der Mittelspannungsebene und der Umspannung Mittel- zu [X.] zuzuordnenden Kostenarten und Kostenstellen sowie die Grundlagen der den Verteilungsschlüssel bildenden Daten offenzulegen. Ferner lehnte sie es ab, einen Wirtschaftsprüfer mit der Ermittlung des [X.]anteils zu beauftragen.

4

Daraufhin beantragte die Antragstellerin im Mai 2012 bei der Bundesnetz-agentur die Einleitung eines Besonderen Missbrauchsverfahrens nach § 31 [X.] mit dem Ziel, das Verhalten der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Neufestlegung der [X.] zu überprüfen und sie insbesondere zur Herausgabe der begehrten Daten zu verpflichten. Nachdem die [X.] zunächst mitgeteilt hatte, dass ein Verfahren nach § 31 [X.] nicht in Betracht komme, fand bei ihr am 2. Oktober 2012 ein gemeinsames Gespräch mit den Beteiligten statt, das aber ohne Ergebnis blieb. Mit Beschluss vom 5. März 2013 lehnte die Bundesnetz-agentur den Antrag der Antragstellerin mit der Begründung ab, dass sich der geltend gemachte Informationsanspruch nicht aus § 26 Abs. 2 [X.] herleiten lasse und die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer Rechte zivilgerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müsse. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Verpflichtung der [X.] zum Erlass der Missbrauchsverfügung, hilfsweise deren Verpflichtung zur Neubescheidung ihres Antrags begehrt hat, hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

6

1. [X.] hat seine Entscheidung ([X.], [X.], 241) im Wesentlichen wie folgt begründet:

7

Die mit dem Hauptantrag erhobene Verpflichtungsbeschwerde, mit der die Beschwerdeführerin die Verpflichtung der [X.] erstrebe, im Wege der Missbrauchsaufsicht die Antragsgegnerin zur Übermittlung bestimmter Daten und Informationen zu veranlassen, dürfte ausnahmsweise zulässig sein. Zwar handele es sich bei der begehrten behördlichen Entscheidung um eine Ermessensentscheidung; für die Bejahung der Zulässigkeit einer Verpflichtungsbeschwerde dürfte es aber ausreichend sein, dass - wie hier - eine Ermessensreduzierung auf Null geltend gemacht werde und nicht aussichtslos erscheine. Jedenfalls sei die Beschwerde mit dem auf eine Neubescheidung zielenden Hilfsantrag zulässig.

8

Die Beschwerde sei aber unbegründet. Die [X.] habe es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, das von der Antragstellerin gerügte Verhalten der Antragsgegnerin als Verstoß gegen § 26 [X.] zu bewerten und die Antragsgegnerin im Wege der Missbrauchsaufsicht zu verpflichten, die begehrten Daten an die Antragstellerin herauszugeben. Bei [X.] werde die zuständige Regulierungsbehörde gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausschließlich auf Antrag der am [X.] beteiligten Netzbetreiber tätig. Dies setze entgegen der Auffassung der [X.] weder einen gemeinsamen Antrag noch inhaltlich übereinstimmende Anträge voraus. Denn die Ermittlung des jeweils zurechenbaren [X.]anteils unterfalle nicht dem Dispositionsprinzip der beteiligten Netzbetreiber, sondern unterliege der eigenständigen Prüfung der zuständigen Regulierungsbehörde. Aufgrund dessen genüge bereits der Antrag eines der beteiligten Netzbetreiber, um das Festlegungsverfahren in Gang zu setzen. Des Weiteren könnten die beiden Netzbetreiber im Falle der Uneinigkeit über die Aufteilung der Erlösobergrenze nicht auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden, weil eine dort erstrittene Entscheidung für die Regulierungsbehörde nicht bindend sei. Vielmehr handele es sich dabei um eine nach § 26 Abs. 2 [X.]. § 32 Abs. 1 Nr. 1 [X.] in der Kompetenz der zuständigen Regulierungsbehörde liegende hoheitliche Festlegung von Obergrenzen für diejenigen Erlöse, die der Netzbetreiber von den Netznutzern vereinnahmen dürfe. [X.] der abgebende Netzbetreiber die Übermittlung jeglicher Daten und stelle er selbst keinen Antrag nach § 26 Abs. 2 [X.], könne der aufnehmende Netzbetreiber unter Hinweis auf die fehlende Datenübermittlung einen solchen Antrag auch ohne Begründung stellen. Es obliege dann der Regulierungsbehörde, im Rahmen des Verfahrens nach § 26 Abs. 2 [X.] die beteiligten Netzbetreiber zur Herausgabe der erforderlichen Informationen aufzufordern und eine sachgerechte Aufteilung der Erlösobergrenze vorzunehmen.

9

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) [X.] durfte dahinstehen lassen, ob der Antrag der Antragstellerin mangels Statthaftigkeit des Missbrauchsverfahrens hinsichtlich des beanstandeten Verhaltens schon als unzulässig hätte zurückgewiesen werden müssen. Dies begegnet entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin keinen Bedenken.

aa) Die Vorschrift des § 31 [X.] dient der Umsetzung von Art. 23 Abs. 5 der [X.] 2003/54/[X.] (nunmehr Art. 37 Abs. 11 der [X.] 2009/72/[X.]) und soll Betroffenen die Möglichkeit geben, sich über das Verhalten eines Betreibers von [X.] zu beschweren. Absatz 1 Satz 1 gibt den Betroffenen das - subjektive - Recht, einen Antrag auf Überprüfung des Verhaltens eines Netzbetreibers bei der Regulierungsbehörde zu stellen (vgl. BT-Drucks. 15/3917, [X.]). Diese hat sodann nach Absatz 1 Satz 2 zu prüfen, inwieweit das Verhalten des Netzbetreibers mit den Vorgaben in den Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 des Energiewirtschaftsgesetzes oder den auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen sowie den nach § 29 Abs. 1 [X.] festgelegten oder genehmigten Bedingungen und Methoden übereinstimmt. Dieses Prüfungsprogramm unterscheidet sich damit nicht von demjenigen der Allgemeinen Missbrauchsaufsicht nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] oder dem [X.] nach § 65 Abs. 1 und 2 [X.]. Der Zweck des Besonderen Missbrauchsverfahrens nach § 31 [X.] im Verhältnis zu dem [X.] nach § 30 [X.] und dem [X.] nach § 65 [X.] erschöpft sich darin, dem Antragsteller im Falle der Ablehnung einer Überprüfung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 [X.] durch die Regulierungsbehörde eine gerichtliche Nachprüfungsmöglichkeit einzuräumen, während sich diese bei den beiden anderen Verfahren auf eine Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung beschränkt (Senatsbeschluss vom 14. April 2015 - [X.] 45/13, [X.] 2015, 351 Rn. 19 mwN - [X.]).

Zu den in § 31 Abs. 1 Satz 2 [X.] genannten Rechtsverordnungen gehört auch die [X.], so dass ein Tätigwerden der zuständigen Regulierungsbehörde veranlasst sein kann, wenn ein Verstoß gegen § 26 Abs. 2 [X.] nur möglich erscheint und nicht offensichtlich zu verneinen ist. Jedenfalls ist es dann nicht zu beanstanden, wenn diese Frage erst im Rahmen der Begründetheit des Antrags geprüft wird.

bb) Soweit die Antragsgegnerin im Hinblick auf die weitere in § 31 Abs. 1 Satz 1 [X.] genannte - insoweit einschränkende - Tatbestandsvoraussetzung der Berührung erheblicher Interessen die Antragsbefugnis der Antragstellerin in Abrede stellt, kann sie sich darauf - was der Senat mit Beschluss vom 14. April 2015 ([X.] 45/13, [X.] 2015, 351 Rn. 18 f. - [X.]) entschieden und im Einzelnen begründet hat - im anschließenden gerichtlichen Verfahren nicht berufen.

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht die Ablehnung des Erlasses der beantragten Missbrauchsverfügung zu Recht in materieller Hinsicht für rechtmäßig gehalten. Die Verweigerung der Herausgabe der von der Antragstellerin begehrten Daten durch die Antragsgegnerin verstößt nicht gegen § 26 Abs. 2 [X.]. Diese Vorschrift begründet keinen Informationsanspruch des aufnehmenden gegen den abgebenden Netzbetreiber, sondern regelt ausschließlich das Verwaltungsverfahren zur Aufteilung der [X.] durch die zuständige Regulierungsbehörde.

aa) Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 [X.] sind bei einem - wie hier - teilweisen Übergang eines Energieversorgungsnetzes auf einen anderen Netzbetreiber die [X.] auf Antrag der beteiligten Netzbetreiber nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 [X.] neu festzulegen. Nach § 26 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist im Antrag anzugeben und zu begründen, welcher Erlösanteil dem übergehenden und dem verbleibenden Netzteil zuzurechnen ist. Die Summe beider [X.] darf die für dieses Netz insgesamt festgelegte Erlösobergrenze nicht überschreiten (§ 26 Abs. 2 Satz 3 [X.]).

bb) Bereits aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 [X.] ergibt sich, dass diese Vorschrift ausschließlich das Verwaltungsverfahren zur Aufteilung der Erlösobergrenze auf den aufnehmenden und den abgebenden Netzbetreiber vor der zuständigen Regulierungsbehörde regelt.

Die Festlegung der [X.] obliegt nach § 54 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] [X.]. § 32 Abs. 1 Nr. 1 [X.] der zuständigen Regulierungsbehörde. Dies gilt auch dann, wenn bei einem teilweisen Übergang eines Energieversorgungsnetzes auf einen anderen Netzbetreiber die [X.] neu festzulegen sind. Dies ergibt sich aus der Verweisung in § 26 Abs. 2 Satz 1 [X.] auf § 32 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Festlegung einer Erlösobergrenze für ein bestimmtes Netz oder einen bestimmten Netzbetreiber in der Regel ihre Grundlage verliert, wenn wesentliche Teile des Netzes übertragen werden (Senatsbeschluss vom 30. April 2013 - [X.] 22/12, [X.], 321 Rn. 16 - [X.] GmbH & Co. KG). Mit dem Verweis auf § 32 Abs. 1 Nr. 1 [X.] wird klargestellt, dass die beim Übergang des [X.] erforderliche Neufestlegung auf Antrag der beteiligten Netzbetreiber - ebenso wie die ursprüngliche Festlegung der Obergrenze auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 [X.] - durch die zuständige Regulierungsbehörde zu erfolgen hat (Senatsbeschluss aaO Rn. 19 - [X.] GmbH & Co. KG). Die Neufestlegung kann gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] in der Weise erfolgen, dass den betroffenen [X.] jeweils ein Anteil der festgelegten Erlösobergrenze zugewiesen wird.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde und der [X.] unterliegt es nicht der Dispositionsbefugnis der beteiligten Netzbetreiber, die [X.] selbst verbindlich in der Weise festzulegen, dass diese von der zuständigen Regulierungsbehörde nur noch „beurkundet“ und daraufhin überprüft werden, ob die Vorgabe des § 26 Abs. 2 Satz 3 [X.] eingehalten ist. Dies widerspräche dem aus den oben genannten Vorschriften folgenden gesetzlichen Regulierungsauftrag der Regulierungsbehörden, die die Neufestlegung der [X.] in eigener Verantwortung (§ 68 [X.]) vorzunehmen haben und dabei eine sachgerechte Aufteilung der Erlösobergrenze treffen müssen. Bei der Aufteilung der Erlösobergrenze müssen insbesondere auch die Interessen der von der Netzaufspaltung betroffenen [X.] berücksichtigt werden (vgl. [X.]/[X.], Energierecht, Stand: April 2015, § 26 [X.] Rn. 20 ff.; [X.]/Säcker, 2. Aufl., [X.] § [X.]. [X.] § 26 Rn. 10; [X.]/[X.], [X.] 2013, 89 f.; [X.], [X.] 2014, 287; aA [X.], [X.], 73; [X.] in Holznagel/[X.], [X.], § 26 Rn. 21 f.). Aufgrund dessen enthebt auch ein übereinstimmender Antrag der beiden Netzbetreiber die Regulierungsbehörde nicht der Prüfung, ob dieser Vorschlag eine - auch im Interesse der Netznutzer - sachgerechte Aufteilung der Erlösobergrenze vorsieht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 30. April 2013 - [X.] 22/12, [X.], 321 Rn. 26 - [X.] GmbH & Co. KG zu einer - vom Senat verneinten - Abdingbarkeit des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]).

Eine Dispositionsbefugnis der Netzbetreiber folgt auch nicht daraus, dass eine Aufteilung der [X.] nach § 26 Abs. 2 Satz 1 [X.] nur auf Antrag der beteiligten Netzbetreiber erfolgt. Die Antragsbindung besagt lediglich, dass das Verfahren nach § 26 Abs. 2 [X.] nicht von Amts wegen einzuleiten ist. Entgegen der Auffassung der [X.], die insoweit auch in dem Leitfaden der Regulierungsbehörden zu Inhalt und Struktur von Anträgen auf Neufestlegung der kalenderjährlichen [X.] nach § 26 Abs. 2 [X.] (Stand: Juni 2013) ihren Niederschlag gefunden hat (dort [X.]), bedarf es insbesondere nicht eines gemeinsamen Antrags oder gleichlautender Anträge der beteiligten Netzbetreiber. Vielmehr genügt der Antrag eines der beteiligten Netzbetreiber.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Begründungserfordernis nach § 26 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Die Antragsbegründung dient nicht als Ersatz für eine behördliche Entscheidung, sondern als Grundlage für die administrative Prüfung (vgl. [X.], [X.] 2014, 287). Insoweit enthält die Vorschrift lediglich eine besondere Ausformung der den Netzbetreibern auch im regulären Verfahren zur Ermittlung der [X.] obliegenden Mitwirkungspflichten nach §§ 27, 28 [X.]. Eine unmittelbare Informationspflicht des abgebenden Netzbetreibers gegenüber dem aufnehmenden Netzbetreiber mit dem Ziel, diesen in die Lage zu versetzen, einen eigenen begründeten Antrag nach § 26 Abs. 2 Satz 2 [X.] stellen zu können, ist darin nicht enthalten. Dafür fehlt es - was etwa ein Vergleich zu § 46 Abs. 2 Satz 4 [X.] zeigt - bereits an einem ausreichenden Anhalt im Wortlaut der Vorschrift. Aufgrund dessen kann sich ein solcher Auskunftsanspruch nur aus dem zwischen den beiden Netzbetreibern bestehenden schuldrechtlichen Verhältnis ergeben, der indes auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen ist und nicht Gegenstand eines Missbrauchsverfahrens nach § 31 [X.] sein kann.

cc) Gegen die Festlegungskompetenz der zuständigen Regulierungsbehörde kann nicht eingewandt werden, dass die zu übertragende Erlösobergrenze neben dem [X.] ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Wirtschaftlichkeit einer Netzübernahme und damit regelmäßig Gegenstand der privatautonomen Verhandlungen zwischen abgebendem und übernehmendem Netzbetreiber ist (so etwa Wolf, [X.] 2014, 186, 187). Die Erwartung des aufnehmenden Netzbetreibers hinsichtlich des ihm zurechenbaren [X.] fließt zwar in die Bemessung des Kaufpreises für das übernommene Netz ein. Dies vermag aber eine Abdingbarkeit des § 26 Abs. 2 Satz 1 [X.] durch eine Vereinbarung zwischen den Netzbetreibern im Hinblick auf die anerkennenswerten Interessen der Netznutzer nicht zu begründen (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2013 - [X.] 22/12, [X.], 321 Rn. 25 f. - [X.] GmbH & Co. KG zu § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]).

dd) Schließlich ergibt sich, anders als die [X.] meint, die Dispositionsbefugnis der Netzbetreiber auch nicht daraus, dass ansonsten die Entscheidung über den [X.] nach § 26 Abs. 2 [X.] unter Umständen in die Zuständigkeit mehrerer Regulierungsbehörden fallen würde und dadurch die Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen bestehen würde. Dieses Argument geht bereits im Ansatz fehl, weil eine parallele Zuständigkeit mehrerer Behörden oder ein Zuständigkeitsstreit zwischen Behörden nicht die Zuständigkeit Dritter, zumal von [X.], begründen kann. Vielmehr hat der Gesetzgeber für einen solchen Fall zur Vermeidung widerstreitender Entscheidungen in §§ 55, 64a [X.] wechselseitige Benachrichtigungs- und Unterstützungspflichten der Regulierungsbehörden vorgesehen.

Davon abgesehen ist vorliegend die alleinige Zuständigkeit der [X.] gegeben. Insoweit ist zwar im Grundsatz zutreffend, dass nach § 54 Abs. 1 [X.] die Zuständigkeit der [X.] nur im Hinblick auf die Festlegung der Erlösobergrenze für die Antragsgegnerin gegeben ist, während für die Antragstellerin nach § 54 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] die Landesregulierungsbehörde [X.] zuständig ist. Dies gilt indes nicht für die Aufteilung der Erlösobergrenze nach § 26 Abs. 2 [X.] ([X.] zu Inhalt und Struktur von Anträgen auf Neufestlegung der kalenderjährlichen [X.] nach § 26 Abs. 2 [X.], Stand: Juni 2013, [X.]). Die Zuständigkeit dafür verbleibt bei der Regulierungsbehörde, die für die Bestimmung der aufzuteilenden Erlösobergrenze zuständig war. Weder in § 54 [X.] noch in der [X.] wird diese Fallgestaltung ausdrücklich geregelt. Der Gesetzgeber hat jedoch in § 54 Abs. 2 [X.] das Problem einer Zuständigkeitsänderung im Hinblick auf die Berechnung der 100.000-Kunden-Grenze gesehen und in Satz 5 dahin gehend gelöst, dass begonnene behördliche oder gerichtliche Verfahren von der Behörde beendet werden, die zu Beginn des behördlichen Verfahrens zuständig war. Diese Regelung dient der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung, weil nur die von Anfang an mit dem Verfahren befasste Behörde das weitere Verfahren effizient und sachkundig betreiben kann, während sich eine andere Behörde unter Bindung eigener personeller Ressourcen in den Sachverhalt neu einarbeiten müsste (vgl. [X.]/Werk in [X.]/[X.], Energierecht, Stand: April 2015, § 54 [X.] Rn. 81; [X.] in [X.]/Hellermann/[X.], [X.], 3. Aufl., § 54 Rn. 43).

Es kann dahinstehen, ob das Verfahren zur Neufestlegung der [X.] nach § 26 Abs. 2 Satz 1 [X.]. § 32 Abs. 1 Nr. 1 [X.] noch als Bestandteil des Ausgangsverfahrens zur Ermittlung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 1 [X.] anzusehen ist oder insoweit zumindest eine sogenannte Annex-Zuständigkeit der Ausgangsbehörde besteht. Jedenfalls der Sinn und Zweck des § 54 Abs. 2 Satz 5 [X.] gebieten dessen entsprechende Anwendung im Rahmen der Neufestlegung der [X.] nach § 26 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Bei dem Ausgangsbescheid handelt es sich um einen unteilbaren Verwaltungsakt, dessen tatsächliche Grundlagen - gegebenenfalls nach zwischenzeitlicher Anpassung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 3 und 4 [X.] - Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 26 Abs. 2 [X.] sind. Nur die Ausgangsbehörde verfügt bereits über die wesentlichen Daten, die bei der Aufteilung der Erlösobergrenze heranzuziehen sind. Schließlich muss diese Aufteilung nach einem einheitlichen Maßstab erfolgen (vgl. dazu [X.]/[X.], [X.] 2013, 89 ff.; [X.], [X.], 462, 464 ff.; Leitfaden der Regulierungsbehörden zu Inhalt und Struktur von Anträgen auf Neufestlegung der kalenderjährlichen [X.] nach § 26 Abs. 2 [X.], Stand: Juni 2013, [X.] ff.).

ee) Soweit die Rechtsbeschwerde den [X.] der Antragstellerin nunmehr hilfsweise damit begründet, dass ein missbräuchliches Verhalten der Antragsgegnerin auch in der unterbliebenen Antragstellung nach § 26 Abs. 2 [X.] zu sehen ist, ist dies unbehelflich. Dabei handelt es sich um einen neuen tatsächlichen Gesichtspunkt, der mit der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht werden kann (§ 88 Abs. 4 [X.]). Davon abgesehen hätte dies auch in der Sache keinen Erfolg. Da die Antragstellerin den Antrag nach § 26 Abs. 2 [X.] auch selbst hätte stellen können, liegt ein missbräuchliches Verhalten der Antragsgegnerin nicht vor.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 [X.].

Limperg                       [X.]                           Grüneberg

                  [X.]

Meta

EnVR 18/14

06.10.2015

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 5. März 2014, Az: VI-3 Kart 61/13 (V), Beschluss

§ 26 Abs 2 ARegV, § 54 Abs 2 S 5 EnWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.10.2015, Az. EnVR 18/14 (REWIS RS 2015, 4377)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4377

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