Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.11.2015, Az. VIII R 62/13

8. Senat | REWIS RS 2015, 2937

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Zur Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG - Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 03.11.2015 VIII R 63/13)


Leitsatz

Die Einkünfte einer Ärzte-GbR sind insgesamt solche aus Gewerbebetrieb, wenn die GbR auch Vergütungen aus ärztlichen Leistungen erzielt, die in nicht unerheblichem Umfang ohne leitende und eigenverantwortliche Beteiligung der Mitunternehmer-Gesellschafter erbracht werden .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 19. September 2013  11 K 3969/11 G wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Einkünfte, die die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Streitjahr (2007) aus dem Betrieb einer Arztpraxis erzielt hat, als gewerblich zu qualifizieren sind.

2

Die Klägerin ist eine [X.]esellschaft bürgerlichen Rechts ([X.]bR), bestehend aus den Ärzten Dr. L und Dr. [X.]. Diese hatten im Streitjahr mit Dr. N --einer weiteren Ärztin-- eine Arztpraxis betrieben. Für die weiteren Einzelheiten nimmt der Senat auf den Tatbestand seines Urteils vom 3. November 2015 VIII R 63/13 ([X.], 294) Bezug.

3

Im Rahmen einer im Jahr 2009 bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung gelangte der Außenprüfer nicht nur zu der Auffassung, dass Dr. N steuerlich nicht als Mitunternehmerin der Klägerin anzusehen und die Einkünfte der Klägerin somit nicht gesondert und einheitlich für die Herren Dr. L und Dr. [X.] sowie Frau Dr. N festzustellen seien. Er war zudem der Meinung, dass die Klägerin, soweit sie Honorarumsätze aus der Behandlung der Patienten durch Frau Dr. N vereinnahmt habe, gewerbliche Einkünfte erziele. Ihr Betrieb gelte deshalb gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (ESt[X.]) in vollem Umfang als [X.]ewerbebetrieb.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) schloss sich dieser Auffassung an und erließ am 27. August 2010 einen an die Klägerin bekannt gegebenen Bescheid für 2007 über den [X.], in dem es den gesamten [X.]ewinn der Klägerin in den [X.]ewerbeertrag gemäß § 7 Satz 1 des [X.]ewerbesteuergesetzes ([X.]) einbezog. Der "[X.]ewinnanteil" der Dr. N blieb bei der Feststellung des [X.]es unberücksichtigt.

5

Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg, ebenso die nachfolgende Klage.

6

Ihre Revision begründet die Klägerin mit der Verletzung materiellen Rechts. Das Finanzgericht ([X.]) habe die Mitunternehmerstellung der Dr. N fälschlicherweise verneint.

7

Die Klägerin beantragt,
das [X.]-Urteil vom 19. September 2013  11 K 3969/11 [X.] und den [X.]sbescheid 2007 vom 27. August 2010 in [X.]estalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2011 aufzuheben.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das [X.] hat zu Recht erkannt, dass die Klägerin gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 ESt[X.] insgesamt Einkünfte aus [X.]ewerbebetrieb erzielte und gemäß § 2 Abs. 1 [X.]ewSt[X.] i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]ewSt[X.] der [X.]ewerbesteuer unterlag.

1. Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien Berufs i.S. von § 18 ESt[X.] darstellt, wenn sämtliche [X.]esellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen (z.B. Senatsurteile vom 28. Oktober 2008 VIII R 69/06, [X.], 206, [X.], 642; vom 27. August 2014 VIII R 6/12, [X.], 513, [X.], 1002; vom 26. Januar 2011 VIII R 3/10, [X.], 453, [X.], 498; vom 15. Juni 2010 VIII R 10/09, [X.], 47, [X.], 906; vom 4. Juli 2007 VIII R 77/05, [X.], 53).

Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 ESt[X.] ist ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann noch freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient, die die Arbeit des [X.] jedenfalls in Teilbereichen ersetzt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Fachlich vorgebildetes Personal sind die im Betrieb des Freiberuflers beschäftigten Personen, aber auch Subunternehmer oder freie Mitarbeiter (z.B. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 14. März 2007 XI R 59/05, [X.], 1319; vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00, [X.], 206, [X.], 478, m.w.[X.]). Fachlich vorgebildet ist sowohl der Mitarbeiter, der dieselbe Qualifikation wie der Betriebsinhaber erworben hat, als auch derjenige, der eine weniger qualifizierte Berufsausbildung aufzuweisen hat (z.B. [X.]-Urteil in [X.], 1319).

Bedient sich der Angehörige eines freien Berufs einer entsprechenden Mithilfe, muss er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden (z.B. Senatsurteile in [X.], 206, [X.], 642; in [X.], 53; in [X.]E 221, 238, [X.], 681; [X.]-Urteil vom 18. Oktober 2006 XI R 9/06, [X.]E 215, 210, [X.], 266). Für einen Arzt bedeutet dies, dass er eine höchstpersönliche, individuelle Arbeitsleistung am Patienten schuldet und deshalb einen wesentlichen Teil der ärztlichen Leistungen selbst erbringen muss (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2014 VIII R 41/12, [X.], 195, [X.], 216; [X.]-Urteil vom 22. Januar 2004 IV R 51/01, [X.]E 205, 151, [X.], 509, m.w.[X.]).

Erbringen die [X.]esellschafter einer Personengesellschaft ihre Leistungen teilweise freiberuflich und teilweise --mangels [X.] gewerblich, so ist ihre Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 ESt[X.] insgesamt als gewerblich zu qualifizieren (z.B. Senatsurteile in [X.], 513, [X.], 1002; in [X.], 53).

2. Das [X.] ist unter Anwendung dieser [X.]rundsätze zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin, deren [X.] Dr. L und Dr. [X.] als Ärzte tätig waren, insoweit eine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 ESt[X.] ausgeübt hat. Es hat [X.] zutreffend-- Dr. N nicht als Mitunternehmerin der Klägerin angesehen. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 3. November 2015 in dem unter dem Aktenzeichen VIII R 63/13 geführten Verfahren ([X.]E 252, 294).

3. Das [X.] hat ferner ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Vergütungen aus den von Dr. N im Namen der Klägerin erbrachten ärztlichen Leistungen nicht auf eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit der [X.] der Klägerin, der Herren Dr. L und Dr. [X.], entfielen, und die Einkünfte der Klägerin daher als solche aus [X.]ewerbebetrieb zu qualifizieren sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 ESt[X.]).

Es hat mit bindender Wirkung festgestellt (§ 118 Abs. 2 [X.]O), dass Dr. N ihre Patienten eigenverantwortlich behandelte. Eine Überwachung durch Dr. L und Dr. [X.] erfolgte ebenso wenig wie deren persönliche Mitwirkung bei der Behandlung dieser Patienten.

War die Klägerin hiernach nicht in vollem Umfang freiberuflich tätig, so waren ihre Einkünfte in solche aus [X.]ewerbebetrieb umzuqualifizieren (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 ESt[X.]). Die aus der Tätigkeit der Dr. N auf [X.] der Klägerin erzielten Einkünfte waren nicht von lediglich untergeordneter Bedeutung (vgl. zur Bagatellgrenze für die Nichtanwendung der [X.] in § 15 Abs. 3 Nr. 1 ESt[X.] das Senatsurteil in [X.], 513, [X.], 1002).

4. Die Höhe des [X.]ewerbesteuermessbetrages ist zwischen den Beteiligten unstreitig und unterliegt auch aus Sicht des Senates keinen Bedenken.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 62/13

03.11.2015

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 19. September 2013, Az: 11 K 3969/11 G, Urteil

§ 15 Abs 3 Nr 1 Alt 1 EStG 2002, § 18 Abs 1 Nr 1 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 2 GewStG 2002, § 7 GewStG 2002, § 5 Abs 1 S 3 GewStG 2002, EStG VZ 2007, GewStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.11.2015, Az. VIII R 62/13 (REWIS RS 2015, 2937)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2937

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII R 6/12 (Bundesfinanzhof)

(Bagatellgrenze für die Nichtanwendung der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG - …


VIII R 35/16 (Bundesfinanzhof)

Zur Qualifizierung der Tätigkeit eines Prüfingenieurs


VIII R 42/10 (Bundesfinanzhof)

Abgrenzung gewerbliche Einkünfte - freiberufliche Einkünfte - Mitunternehmerstellung der Komplementär-GmbH in einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-KG


VIII R 45/13 (Bundesfinanzhof)

Zur Qualifizierung der Tätigkeit einer Personengesellschaft, die auf technische Übersetzungen spezialisiert ist - Verwirkung - …


III R 3/21 (Bundesfinanzhof)

Keine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags für Grundstücksunternehmen wegen Verpachtung von Dachflächen an eine teilweise personenidentische …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.