Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2003, Az. X ZR 261/01

X. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4819

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[X.] DES VOLKESURTEILX ZR 261/01Verkündet am:21. Januar 2003PotschJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 21. Januar 2003 durch [X.] Melullis,[X.], die Richterin Mühlens und [X.] Meier-Beck und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das am 7. Dezember 2000verkündete Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] aufgehoben.Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Beklagte beauftragte die Klägerin, eine Gesellschaft polnischenRechts, unter dem 27. September 1996 in einer als Werkvertrag bezeichnetenVereinbarung mit der Fertigung von Stahlbaukonstruktionen, die die Klägerin inder [X.] vom 1. Oktober 1997 bis zum 30. September 1999 als [X.] 3 -merin der [X.] vornehmen sollte. Der Vereinbarung angeschlossen [X.] als Leistungsverzeichnis bezeichnete Zusammenstellung der Einzelpreisefür Materialzuschnitt, Zusammenbau, Schweißen, Vormontage und Anstrich für"ca. 1.300 t Stahlkonstruktionen wie Stützen, Riegel, Bühnen, Luft- und Abgas-kanäle". Später unterzeichneten die Parteien ein weiteres Leistungsverzeichnisfür den [X.]raum vom 1. Juni 1998 bis zum 30. Mai 2000, das jeweils Einzel-preise für die "Komplettfertigung inkl. Anstrich" und die Montage sowie [X.] bestimmte Stahlbauarbeiten enthielt. Zwischen Juni und August 1998 er-teilte die Beklagte der Klägerin sieben Einzelaufträge, für die die Klägerin [X.] vom 9. Juli 1998, 10. August 1998 und 3. September 1998 unterBezugnahme auf die Leistungsverzeichnisse insgesamt 146.914 DM geltendmachte. Hierauf zahlte die Beklagte 24.635,79 DM. Nachdem es zwischen [X.] zu Unstimmigkeiten gekommen war, erklärte die Beklagte die fristloseKündigung des Werkvertrags.Die Klägerin verlangt unter Bezugnahme auf eine Schlußrechnung vom12. Oktober 1998 restlichen Werklohn in Höhe von 122.278,21 DM. Die [X.] hält die Vereinbarung der Parteien für einen unwirksamen [X.] und verweigert weitere Zahlungen.Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hatdas Ersturteil abgeändert und der Klage in Höhe von 78.722,61 DM stattgege-ben.Hiergegen richtet sich die Revision der [X.], mit der sie den [X.] weiterverfolgt.Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel [X.] 4 -- 5 -Entscheidungsgründe:Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteilsund zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, demauch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.I.1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Werklohnanspruch zu-gesprochen. Es meint, entgegen der Auffassung des [X.]s liege keinFall von [X.] nicht genehmigter [X.] Arbeitnehmerüberlassung, sondern ein [X.] mit Abruf von [X.] vor. Ein wesentliches Indiz seiinsoweit die Vertragsgestaltung, die ihrem Wortlaut nach eindeutig auf einenWerkvertrag zugeschnitten sei (Geltung der VOB/B, Einheitspreise als Fest-preise, daneben Wartezeiten im Stundenlohn, Regelungen zur Abnahme, [X.] und zum Sicherheitseinbehalt). Da es sich um einen Rahmen-vertrag handele, erstaune die wenig präzise Beschreibung der Einzelleistungennicht. Demgegenüber sei der Arbeitsablauf im Werk der [X.] von gerin-gem Indizwert, weil Subunternehmer in der Regel wenig Spielraum bei der Ge-staltung der Auftragsdurchführung hätten, erst recht, wenn sie [X.] wie im Streit-fall [X.] Teilleistungen für einen Gesamtauftrag erbrächten, der von ihrem [X.] federführend erledigt werde. Insoweit könne es bis zu Einzelanwei-sungen kommen, ohne daß daraus auf eine Arbeitnehmerüberlassung zuschließen sei. Auch eine enge zeitliche und räumliche Einbindung in die [X.] liege in der Natur der Sache und diene mithingegenüber dem Wortlaut der Einzelaufträge und der -abrechnung ohne deutli-chen Bezug auf [X.]aufwand kaum als Abgrenzungsmerkmal.2. Diese Würdigung der getroffenen Vereinbarungen hält den Angriffender Revision nicht stand.- 6 -a) Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis ei-nes selbständigen Werkunternehmers insbesondere durch den Grad der per-sönlichen Abhängigkeit. Danach ist Arbeitnehmer, wer seine vertraglich ge-schuldete Leistung im Rahmen einer von einem Dritten bestimmten [X.] zu erbringen hat und in diese eingegliedert ist, weil er [X.], [X.] und Ausführung seiner Tätigkeit einem umfassenden Weisungsrechtseines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Hingegen ist nicht Arbeit-nehmer, sondern selbständig, wer im wesentlichen seine Tätigkeit frei gestal-ten und seine Arbeitszeit bestimmen kann ([X.], 252, 256 f.; [X.] 75,299, 301; [X.].Urt. v. [X.] [X.] X ZR 83/00, NJW 2002, 3317 f.).Für die rechtliche Einordnung eines konkreten Vertrages ist weder dievon den Parteien gewünschte Rechtsfolge noch die von ihnen gewählte Be-zeichnung maßgeblich, sondern der tatsächliche Geschäftsinhalt ([X.] 75,299, 301 f.). Die Vertragschließenden können die zwingenden [X.] nicht dadurch umgehen, daßsie einen vom tatsächlichen Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wäh-len. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus dem Wortlaut des Vertrages alsauch aus dessen praktischer Durchführung ergeben. Widersprechen beideeinander, so ist die tatsächliche Handhabung maßgebend, weil sich aus ihr amehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflich-ten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt ha-ben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragspartner bestimmt den Ge-schäftsinhalt und damit den Vertragstyp ([X.], [X.] 1993, 2337; [X.].Urt. v.[X.] aaO, NJW 2002, 3317, 3318).- 7 -b) Die Revision rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht diese Grund-sätze nicht hinreichend beachtet hat. Es hat sich am [X.] dabei dem Erfahrungssatz nicht Rechnung getragen, daß dieser gerade [X.] unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung vielfach den wirklichen Willen [X.] nur unvollkommen wiedergibt.c) Im Streitfall kommt hinzu, daß bereits der [X.] eindeutig auf ein Werkvertragsverhältnis hinweist. Insbesondere hat dasBerufungsgericht der von ihm selbst als "wenig präzise" bezeichneten [X.] der geschuldeten Gesamt- und Einzelleistungen bei einem ur-sprünglichen Auftragsvolumen von über 1,6 Millionen DM und einer vorgese-henen Vertragslaufzeit von zwei Jahren nicht die gebotene Beachtung ge-schenkt. Vor allem im ersten Leistungsverzeichnis wird im Ergebnis lediglichein Preis pro Tonne für Stahlbauarbeiten, nämlich für Zuschnitt, Zusammen-bau, Schweißen, Vormontage und Anstrich nicht näher bezeichneter Stahlkon-struktionen wie Stützen, Riegel, Bühnen, Luft- und Abgaskanäle festgelegt.Das zweite Leistungsverzeichnis enthält im wesentlichen eine Differenzierungdes [X.] nach Luft- und Rauchgaskanälen, Trennkammern, [X.], -brennern, Kesselaufhängungen und dergleichen. Auch [X.], auf die das Berufungsgericht sich bezogen hat, nehmen hieraufBezug (z.B. "diverse Brennerumbauten gem. vorl. Zeichnungen ... gem. [X.]. 5[X.] vom 1.6.98"; "Dampfabscheider (Zyklonen) zum Gesamtpreis von [X.], 300 Stück ... gem. [X.]. 7 [X.] vom 1.6.98"). Das ist zwar mit einemWerkvertrag nicht unvereinbar, paßt aber, was das Berufungsgericht nicht [X.], jedenfalls ebensogut zu einer mengenbezogenen Vergütung für die [X.] überlassener Arbeitnehmer.- 8 -d) Bei einer solchen Sachlage kommt es entscheidend auf die tatsächli-che Vertragsdurchführung an, von der das Berufungsgericht zu Unrecht meint,sie sei nur von geringem Indizwert.Hierzu haben die Parteien übereinstimmend dargelegt, die [X.] der Klägerin seien von der [X.] ausgesucht und auf [X.] der [X.] von der Klägerin eingestellt worden, um im Rahmen [X.] zwischen den Parteien eingesetzt zu werden. Schon dasist ein Indiz dafür, daß es der [X.] nicht auf ein von der Klägerin herzu-stellendes Werk, sondern auf die Arbeitsleistung der ihr von der Klägerin [X.] zu stellenden Arbeitskräfte ankam.Die Beklagte hat ferner unter Beweisantritt vorgetragen, die Arbeitneh-mer der Klägerin hätten Arbeiten durchgeführt, die zuvor von ihren eigenenArbeitnehmern durchgeführt worden seien. Sie seien von ihrem [X.] eingearbeitet und täglich vor Aufnahme der Arbeiten eingewiesen undmit Material und Werkzeug versorgt worden; sie hätten ferner die von ihr[X.] der [X.] [X.] gestellte Arbeitskleidung getragen. Der Betriebsleiter [X.]habe zu Beginn eines [X.] die Arbeit eingeteilt und den einzelnen [X.] der Klägerin zugeordnet; er sei ferner als Aufsichtsperson im laufen-den Arbeitsprozeß aufgetreten und habe [X.] erteilt. Sie, die [X.], habe die Arbeitszeiten festgelegt und auch Überstunden [X.] sei es ihr möglich gewesen, einzelne Arbeitskräfte der Klägerin [X.] abzuziehen und kurzfristig an anderer Stelle im Betrieb einzusetzen.3. Unter Berücksichtigung dieses für das Revisionsverfahren zu unter-stellenden Sachverhalts ergibt sich jedoch, daß die Arbeitnehmer der [X.] den Organisations- und Produktionsablauf der [X.] an den Einsatzor-- 9 -ten eingegliedert und deren arbeitsrechtlichen Weisungen unterworfen waren.Das Vertragsverhältnis der Parteien ist dann mit dem [X.] nicht [X.], sondern als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren.II. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben, damit das [X.] fehlenden Feststellungen zur tatsächlichen Vertragspraxis und dem sichdaraus ergebenden wirklichen Vertragswillen der Parteien nachholen kann.Sollte das Berufungsgericht hiernach zu dem Ergebnis gelangen, daßdie Vereinbarung der Parteien eine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassungzum Gegenstand hat und damit wegen Fehlens der nach Art. 1 § 1 Abs. 1 [X.] Erlaubnis nach Art. 1 § 9 Nr. 1 [X.] unwirksam ist, wird ein An-spruch der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung zu prüfen sein. [X.] das Berufungsgericht, sofern es feststellt, daß die Klägerin der [X.]überlassene Arbeitnehmer entlohnt hat, die Höhe des Anspruchs gegebenen-falls nach § 287 ZPO zu schätzen haben ([X.].Urt. v. [X.] aaO, NJW2002, 3317, 3320). Zu Recht macht die Revisionserwiderung in diesem Zu-sammenhang geltend, daß die Klägerin hierzu dadurch vorgetragen hat, daßsie Anzahl der Arbeitnehmer, Stundenlöhne und die zeitliche Dauer der [X.], für die sie Werklohn verlangt, dargetan und zugleich behauptet hat, [X.] tätigen Arbeitnehmer entsprechend den angegebenen Stundenlöhnenbezahlt zu haben.Melullis[X.]MühlensMeier-BeckAsendorf

Meta

X ZR 261/01

21.01.2003

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2003, Az. X ZR 261/01 (REWIS RS 2003, 4819)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4819

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