Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2008, Az. I ZR 4/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3602

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 4/06 Verkündet am: 5. Juni 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] UWG §§ 3, 4 Nr. 6; Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken Art. 5 Abs. 2 Dem [X.] wird zur Auslegung der Richtlinie 2005/29/[X.] des [X.] und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsver-kehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/[X.] und 2002/65/[X.] des [X.] und des Rates sowie der Verordnung ([X.]) Nr. 2006/2004 des [X.] und des Rates ([X.]. [X.] Nr. L 149 v. 11.6.2005, S. 22) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken da-hin auszulegen, dass diese Vorschrift einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der eine Geschäftspraktik, bei der die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel vom Erwerb einer Ware oder von der Inan-spruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht wird, grundsätzlich unzuläs-sig ist, ohne dass es darauf ankommt, ob die Werbemaßnahme im Einzelfall Verbraucherinteressen beeinträchtigt? [X.], [X.]. v. 5. Juni 2008 [X.] I ZR 4/06 [X.] [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2008 durch [X.] [X.] und [X.], [X.] und Dr. [X.] beschlossen: [X.] Das Verfahren wird ausgesetzt. I[X.] Dem [X.] wird zur Aus-legung der Richtlinie 2005/29/[X.] des [X.] und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftsprakti-ken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unterneh-men und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/[X.] und 2002/65/[X.] des [X.] und des Rates sowie der Verord-nung ([X.]) Nr. 2006/2004 des [X.] und des Rates ([X.]. [X.] Nr. L 149 v. 11.6.2005, S. 22) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere [X.] dahin auszulegen, dass diese Vorschrift einer [X.] Regelung entgegensteht, nach der eine Geschäftspraktik, bei der die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschrei-ben oder Gewinnspiel vom Erwerb einer Ware oder von der Inan-spruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht wird, grund-sätzlich unzulässig ist, ohne dass es darauf ankommt, ob die [X.] im Einzelfall Verbraucherinteressen beeinträchtigt? Gründe: [X.] Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren [X.], nimmt die Beklagte, ein Einzelhandelsunternehmen, wegen wettbewerbswidriger 1 - 3 - Bewerbung einer —Bonusaktionfi auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkos-ten in Anspruch. Die Beklagte, die in [X.] etwa 2.700 Filialen unterhält, warb in der [X.] vom 16. September bis 13. November 2004 unter dem Hinweis —Einkaufen, Punkte sammeln, gratis Lotto spielenfi für die Teilnahme an der Bonusaktion —Ihre Millionenchancefi. Kunden konnten im genannten [X.]raum —Bonuspunktefi sam-meln; sie erhielten bei jedem Einkauf für 5 • Einkaufswert je einen Bonuspunkt. Ab 20 Bonuspunkten bestand die Möglichkeit, kostenlos an den Ziehungen des [X.] am 6. oder 27. November 2004 teilzunehmen. Hierzu mussten die Kunden auf einer in den Filialen der [X.] erhältlichen Teilnahmekarte un-ter anderem die Bonuspunkte aufkleben und sechs Lottozahlen nach ihrer Wahl ankreuzen. Die Beklagte ließ die Teilnahmekarten in ihren Filialen einsammeln und leitete sie an ein Drittunternehmen weiter, das dafür sorgte, dass die [X.] Kunden mit den jeweils ausgewählten Zahlen an der Ziehung der [X.] teilnahmen. Die Werbung erfolgte u.a. mit folgendem [X.] auszugsweise und verkleinert wiedergegebenen [X.] Werbematerial: 2 - 4 - Die Klägerin sieht in der Bonusaktion der [X.] eine wettbewerbswidrige Verknüpfung des [X.]es mit einem Gewinnspiel. Die Kunden der [X.] erlangten zwar eine kostenlose Teilnahme an der Lotterie, jedoch bestehe ei-3 - 5 - ne rechtliche Abhängigkeit zwischen der kostenlosen Teilnahme und dem Erwerb von Waren bei der [X.]. Eine solche Verknüpfung verstoße gegen § 4 Nr. 6 UWG. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 4 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] in an den Letztverbraucher gerichteter Werbung oder sonst werblich den Verkauf von Waren zu bewerben mit der Ankündigung eines Gewinnspiels in der Weise, dass der Kunde beim Erwerb von Waren Bonuspunkte erhält, bei deren Sammlung er die Möglichkeit hat, an den Ausspielungen des [X.] teilzunehmen, insbesondere wenn dies geschieht, wie in der Anlage [X.] und [X.] wiedergegeben (es folgt die Wiedergabe des Werbeprospekts), 2. an die Klägerin 189 • nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.] seit dem 29. Oktober 2004 zu zahlen. Das [X.] ([X.] [X.], 764) hat die [X.] verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.] hat das [X.] ([X.], [X.]. v. 13.12.2005 [X.] [X.], juris) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungstenor durch die Einfügung des Wortes —kostenlosfi stärker der konkreten Verletzungsform angepasst wurde. 5 Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel [X.]. 6 I[X.] Der Erfolg der Revision hängt, soweit die Verurteilung zur Unterlassung in Rede steht, davon ab, ob die Regelung in §§ 3, 4 Nr. 6 UWG mit der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken in Einklang steht. Ist dies der Fall, ist die Revision zurückzuweisen. Würde das in § 4 Nr. 6 UWG vorgesehene Ver-bot des mit einem Umsatzgeschäft gekoppelten Preisausschreibens oder Gewinn-spiels dagegen über den von der Richtlinie gesetzten [X.] - 6 - hen, wäre das angegriffene [X.]eil aufzuheben; die Klage wäre [X.] soweit die Kläge-rin Unterlassung begehrt [X.] abzuweisen. In diesem Fall sähe sich der Senat genö-tigt, die Bestimmung des § 4 Nr. 6 UWG in der Weise auszulegen, dass [X.] entge-gen dem mit dieser Bestimmung verfolgten gesetzgeberischen Ziel [X.] allein die Kopplung eines Preisausschreibens oder eines Gewinnspiels mit dem Erwerb [X.] oder mit der Inanspruchnahme einer Leistung nicht ausreichen würde, um die Unlauterkeit im Regelfall zu begründen. 8 1. Die für die Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken gesetzte Frist ist nach Art. 19 Satz 1 der Richtlinie am 12. Juni 2007 abgelaufen; nach Art. 19 Satz 3 der Richtlinie wären die Vorschriften, die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlich sind, spätestens ab dem 12. Dezember 2007 anzuwenden. Bislang ist eine Umsetzung der Richtlinie in [X.] noch nicht erfolgt. Nach dem derzeitigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens ist eine Änderung oder Streichung der aus der Sicht des Senats problematischen Bestimmung des § 4 Nr. 6 UWG auch nicht vorgesehen (vgl. den am 21.5.2008 von der [X.] beschlossenen Entwurf eines [X.] zur Änderung des [X.]). Spätestens seit dem 12. Dezember 2007 ist der Senat gehalten, das inner-staatliche Recht richtlinienkonform auszulegen (vgl. [X.], [X.]. v. 4.7.2006 [X.] C-212/04, [X.]. 2006, I-6057 = NJW 2006, 2465 [X.]. 115 u. 124 [X.] Adene-ler/[X.]; [X.] 138, 55, 60 f. [X.] Testpreis-Angebot, jeweils m.w.N.). Die bean-standete Werbung stammt zwar noch aus der [X.] vor Inkrafttreten der Richtlinie. Da jedoch der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Verletzungshand-lungen gerichtet ist, ist eine Klage nur dann begründet, wenn die begehrte Unter-lassung auch auf der Grundlage der zum [X.]punkt der Verkündung des [X.]eils geltenden Rechtslage beansprucht werden kann ([X.], [X.]. v. [X.] 9 - 7 - [X.] I ZR 279/02, [X.], 1061, 1063 = [X.], 1511 [X.] Telefonische Ge-winnauskunft, m.w.N.). 2. Nach § 4 Nr. 6 UWG handelt unlauter, wer die Teilnahme von Verbrau-chern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder Dienstleis-tung verbunden. Zwar führt die Erfüllung der Merkmale eines der Tatbestände des [X.] des § 4 UWG nicht per se zur Unzulässigkeit des fraglichen Ver-haltens. Hinzu kommen muss, dass die [X.]handlung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen (§ 3 UWG). Der Streitfall gäbe aber nach den von der Rechtsprechung bisher aufgestellten Maßstäben kei-nen Anlass, die Unlauterkeit mit Blick auf die [X.] des § 3 UWG zu [X.]. 10 a) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die [X.] gegen §§ 3, 4 Nr. 6 UWG verstößt. 11 aa) Entgegen der Auffassung der Revision liegt ein Gewinnspiel vor. Dabei kann offenbleiben, ob der Anwendungsbereich von § 4 Nr. 6 UWG auf die Teil-nahme an Gewinnspielen beschränkt ist, die keinen weiteren Einsatz erfordern (so etwa [X.] in [X.]/[X.]/[X.], UWG, 26. Aufl., § 4 [X.]. 1.121) oder ob die Vorschrift auch die Teilnahme an entgeltlichen Glücksspielen erfasst (so wohl [X.] in [X.]/[X.], UWG, 4. Aufl., § 4 [X.]. 1/132). Das Berufungsgericht ist aufgrund tatrichterlicher Würdigung, die von der Revision nicht angegriffen wird, zu der Annahme gelangt, dass die Teilnehmer an der Lotterie aufgrund der bean-standeten Werbung nicht den Eindruck hätten, sie müssten für die Teilnahme ei-nen Einsatz erbringen. 12 - 8 - Der Annahme eines Gewinnspiels steht im konkreten Fall auch nicht entge-gen, dass die Beklagte den Gewinn nicht selbst auslobt, sondern nur die [X.] Teilnahme an einer Ziehung des staatlichen Lotto- und Totoblocks im Fal-le eines bestimmten Mindestumsatzes verspricht (a.A. für diese Fallkonstellation [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 4 [X.]. 6.6; MünchKomm.UWG/ [X.], § 4 Nr. 6 [X.]. 37). Die beanstandete Werbung stellt nicht darauf ab, dass der Kunde mit den gesammelten Bonuspunkten das Entgelt für den [X.] einspart. Vielmehr stellt sie den möglichen Gewinn, die —[X.]fi, heraus und macht damit deutlich, dass dem Teilnehmer eine Gewinnchance versprochen wird. Insoweit werden die Spiellust und die Hoffnung auf einen leichten Gewinn unmittelbar für den [X.] ausgenutzt. Dies zu verhindern, ist Zweck der Bestimmung des § 4 Nr. 6 UWG (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/1487, S. 18). 13 [X.]) Entgegen der Ansicht der Revision macht die Beklagte die Teilnahme am Gewinnspiel auch von dem Erwerb von Waren abhängig. Hiervon ist auszugehen, wenn eine rechtliche oder tatsächliche Verknüpfung zwischen der Teilnahme am Gewinnspiel und dem Absatz des Produkts besteht ([X.], [X.]. v. [X.] [X.] I ZR 117/02, [X.], 599, 600 = [X.], 876 [X.] [X.]; [X.]. v. 19.4.2007 [X.] I ZR 57/05, [X.], 981 [X.]. 29 = [X.], 1337 [X.] 150% Zins-bonus). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich aus der Sicht des durchschnittlich in-formierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers ([X.] [X.], 599, 600 [X.] [X.]). Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben. Der [X.], dass den Verbrauchern eine Teilnahme an dem Lotteriespiel auch gegen Zahlung eines Entgelts möglich gewesen wäre, vermag hieran nichts zu ändern. 14 b) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche [X.]handlung nach den bislang von der [X.] aufgestellten Grundsätzen geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der 15 - 9 - Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur uner-heblich zu beeinträchtigen (§ 3 UWG). Dabei kann offenbleiben, ob im Falle des § 4 Nr. 6 UWG stets von der Erheblichkeit der [X.]beschränkung auszu-gehen ist (so [X.], [X.], 1, 7; [X.]. in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 3 [X.]. 74 und § 4 [X.]. 6.5; Seichter in [X.], [X.], § 4 Nr. 6 [X.]. 9; an[X.] wohl [X.] in Harte/[X.], UWG, § 3 [X.]. 259). Denn die breit gestreute Werbung stellt den möglichen Millionengewinn in den Mittel-punkt und erzeugt damit eine erhebliche Anlockwirkung. Dies reicht aus, um eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung i.S. des § 3 UWG i.V. mit Art. 5 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken zu bejahen (dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 3 [X.]. 49a). 16 3. Aus der Sicht des Senats bestehen Zweifel, ob die Regelung in §§ 3, 4 Nr. 6 UWG mit der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken ver-einbar ist. a) Die Richtlinie führt zu einer Vollharmonisierung des [X.] in ihrem Anwendungsbereich mit der Folge, dass es dem nationalen Gesetzgeber verwehrt ist, strengere Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder neu zu schaffen. Der vorliegende Fall fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken, da es sich um eine Geschäftspraxis im [X.] zwischen Unternehmen und Verbrauchern i.S. von Art. 2 lit. d der Richtlinie handelt und die Bestimmung des § 4 Nr. 6 UWG wirtschaftlichen Inte-ressen des Verbrauchers dient. 17 b) Ob die §§ 3, 4 Nr. 6 UWG die Gewinnspielwerbung in einem stärkeren Umfang einschränken als die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäfts-praktiken ist in der Literatur umstritten. Teilweise wird angenommen, das Verbot des §§ 3, 4 Nr. 6 UWG sei nicht richtlinienkonform (Seichter in [X.] aaO § 4 18 - 10 - Nr. 6 [X.]. 5 f.; MünchKomm.UWG/[X.], § 4 Nr. 6 [X.]. 21). Nach anderer [X.] geht das Verbot nicht über die Richtlinie hinaus, weil eine Kopplung von Preisausschreiben und Gewinnspielen mit Umsatzgeschäften den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt wi[X.]präche (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 4 Nr. 6 [X.]. 6.4; Fezer/[X.], UWG, § 4-6 [X.]. 24; Lehmler, UWG, § 4 Nr. 6 [X.]. 2; [X.], GRUR 2006, 908, 910). 19 c) Die Zweifel an der Vereinbarkeit der nationalen Regelung des § 4 Nr. 6 UWG mit der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken sind nicht von der Hand zu weisen. 20 Freilich ist der nationale Gesetzgeber nicht gehindert, die in der Richtlinie enthaltenen Generalklauseln über die in der Richtlinie selbst enthaltenen [X.] hinaus weiter zu konkretisieren. Maßstab ist insoweit die Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie. Sie umschreibt mit dem Verbot eines Verhaltens, das den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht wi[X.]pricht und geeignet ist, die Verbraucher wesentlich zu beeinflussen, die allgemeine Generalklausel, die ih-rerseits die aggressive und die irreführende Werbung als nicht erschöpfende Fall-gruppen umfasst (Art. 5 Abs. 4, Art. 6, 7, 8 und 9 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken). Fraglich ist aber, ob der nationale Gesetzgeber danach über die Sachverhalte hinaus, die in der Richtlinie als Per-se-Verbote aus-gestaltet sind (vgl. Anlage I zur Richtlinie), Regelungen einführen oder bestehen lassen darf, die unabhängig von einer Gefährdung der Verbraucherinteressen im Einzelfall ein bestimmtes Verhalten generell untersagen (vgl. Erwägungsgrund 7 letzter Satz der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken). Die Vorschrift des § 4 Nr. 6 UWG stellt auf eine solche Gefährdung der Verbraucherinteressen im Einzelfall nicht ab. Sie unterwirft gekoppelte Preisaus-schreiben und Gewinnspiele im Zusammenwirken mit § 3 UWG einem Verbot, das 21 - 11 - unabhängig davon Geltung beansprucht, ob von dem Angebot eine unsachliche Beeinflussung der Verbraucher ausgeht, ob die Teilnahmebedingungen klar und deutlich angegeben sind oder ob die Verbraucher über ihre Gewinnchancen irre-geführt werden. Hätte die Richtlinie Preisausschreiben und Gewinnspiele, die mit einem Umsatzgeschäft gekoppelt sind, generell untersagen wollen, hätte es nahe-gelegen, sie als eine Geschäftspraxis, die unter allen Umständen als unlauter gilt, in die Anlage I der Richtlinie aufzunehmen. Dies gilt umso mehr, als die Frage, wie gekoppelte Preisausschreiben und Gewinnspiele zu beurteilen sind, im Vorfeld des Erlasses der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken [X.] umstritten war. So hatte der [X.] später nicht mehr weiterverfolgte [X.] Vorschlag der [X.] für eine Verordnung über Verkaufsförderung im Binnenmarkt in Art. 2 lit. h und i zunächst vorgesehen, dass Preisausschreiben und Gewinnspiele mit einer Verpflichtung zum Kauf verbunden sein können ([X.] (2001) 546 endg., [X.]. [X.] Nr. C 75 v. 26.3.2002, [X.]), während ein überarbeite-ter Vorschlag in dieser Hinsicht zwischen Preisausschreiben und Gewinnspielen - 12 - unterschied und lediglich bei Preisausschreiben, nicht aber bei [X.] solche Kopplung zulassen wollte (vgl. die Mitteilung der [X.], [X.] (2002) 585 endgültig). [X.] Pokrant

Büscher

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.02.2005 - 21 O 144/04 - [X.], Entscheidung vom 13.12.2005 - [X.] -

Meta

I ZR 4/06

05.06.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2008, Az. I ZR 4/06 (REWIS RS 2008, 3602)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3602

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 4/06 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsrecht: Richtlinienkonforme Auslegung der Vorschriften über die Unlauterkeit der Koppelung eines Preisausschreibens oder Gewinnspiels an …


I ZR 4/06 (Bundesgerichtshof)


I ZR 64/07 (Bundesgerichtshof)


I ZR 192/12 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsverstoß: Unlauterkeit einer Fruchtgummi-Fernsehwerbung gegenüber Kindern mit einem an den Warenumsatz gekoppelten Gewinnspiel - Goldbärenbarren


I ZR 192/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZR 4/06

I ZR 23/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.