Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2014, Az. 3 ARs 7/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 8113

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 ARs 7/13
vom
6. Februar 2014
in der Strafsache
gegen

wegen
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
hier:
[X.] des 4.
Strafsenats vom 31.
Juli 2013 (4 StR 223/13)

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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat am 6. Februar 2014 gemäß §
132 Abs.
3 Satz
1 GVG beschlossen:

Die beabsichtigte Entscheidung des 4. Strafsenats widerspricht der Rechtsprechung des [X.], der an dieser festhält.

Gründe:
1. Der 4. Strafsenat des [X.] hat über die Revision eines Angeklagten zu entscheiden, der vom [X.] wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden war. Der Verurteilung liegen laut dem [X.] des 4. Strafsenats vom 31. Juli 2013 folgende tatrichter-liche Feststellungen zugrunde:
Der Angeklagte begab sich am 21. Mai 2012 mit seinem Pkw zu seinem Betäubungsmittellieferanten in [X.], von dem er 1.000 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 % [X.] erhielt, oh-ne die Ware sofort bezahlen zu müssen. Das Geld sollte er erst nach dem [X.] des Kokains bei Übernahme der nächsten Lieferung übergeben. Der [X.] baute das Kokain in den Radkasten des Pkws des Angeklagten ein und -)Anteil. Weitere Kokain nach [X.] ein und verkaufte es nach Portionierung der jeweili-1
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gen [X.] an verschiedene Abnehmer weiter (Fall II. 1 der Urteils-gründe). Am 31. Mai 2012 fuhr der Angeklagte, nachdem er bei dem Lieferan-ten 500 Gramm Kokain bestellt hatte, erneut nach [X.]. Er übergab dem e-rung und erhielt von diesem seinen Anteil sowie die bestellten 500 Gramm Ko-kain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 % [X.]. Nach seiner Rückkehr nach [X.] verkaufte er das eingeführte Kokain nach Portionierung an verschiedene Abnehmer weiter (Fall II. 2 der Urteilsgründe). Nachdem der Lieferant in einem Telefonat am 8. Juni 2012 mitgeteilt hatte, dass er wieder über Kokain verfüge, begab sich der Angeklagte am 11. Juni 2012 mit seinem Pkw und den aus den letzten Abverkäufen stammenden Geld und erhielt neben seinem Anteil 1.088 Gramm Kokain mit einem Mindest-wirkstoffgehalt von 86 % [X.]. Nachdem der Angeklagte aus den [X.] kommend die Grenze nach [X.] passiert hatte, wurde er einer Kontrolle unterzogen, bei der das Kokain aufgefunden und sichergestellt wurde (Fall II. 3 der Urteilsgründe).
Der 4. Strafsenat möchte den Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahin ändern, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit drei Fällen der unerlaub-ten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge schuldig ist. Er ist der Auffassung, die objektiven Ausführungshandlungen des dreimaligen Be-täubungsmittelhandels überschnitten sich je in einem Teilakt, da die Fahrten nach [X.] jeweils sowohl dem Transport des Erlöses aus der vorange-gangenen Lieferung zum Lieferanten, als auch der Abholung der neuen Liefe-rung gedient hätten. Der tateinheitlichen Verknüpfung der drei Handelsgeschäf-te stehe auch nicht entgegen, dass der Angeklagte durch die Einfuhr der [X.]
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täubungsmittel in die [X.] jeweils auch den Tatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (Strafrahmen: Freiheitsstrafe von zwei bis 15
Jahren) erfüllt habe, der gegenüber dem Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge (Strafrahmen gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG: Freiheitsstrafe von einem bis 15
Jahren) eine um ein Jahr höhere Mindeststrafe vorsehe; denn dies ändere nichts an der annähernden Wertgleichheit der beiden Straftatbestände und könne daher einer Verklammerung der drei Einfuhrtaten durch das Handeltrei-ben mit Betäubungsmitteln nicht entgegenstehen.
Demgemäß beabsichtigt der 4. Strafsenat zu entscheiden:
"Eine -
infolge tateinheitlicher Verknüpfung mehrerer Bewertungseinhei-ten -
einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbindet mehrere zu deren Verwirklichung vorgenom-mene Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge."
Hieran sieht er sich jedoch durch den Beschluss des Senats vom 15.
Februar 2011 (3 [X.]) gehindert. Er hat daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG angefragt, ob dieser an der dort geäußerten Rechtsansicht fest-hält.
Der Senat hat in der genannten Entscheidung ausgeführt, dass mehrere Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, bei denen der Täter die vorangegangene Lieferung bei Abholung der nächsten Lie-ferung bezahle, jedenfalls dann nicht zu Tateinheit verknüpft werden, wenn der Täter die Betäubungsmittel jeweils zu Handelszwecken in die [X.] einführe; denn die schwerer wiegenden Taten der Einfuhr von [X.] in nicht geringer Menge könnten nicht durch das minder schwere Delikt des 4
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Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Tateinheit verklammert werden.
An dieser Rechtsprechung hält er fest.
a) Der Senat gibt zu erwägen, ob die Annahme des 4. Strafsenats, die Anfahrt nach [X.] stelle einen identischen Teilakt sowohl des Handeltrei-bens mit den Betäubungsmitteln der vorangegangenen als auch des [X.] mit den Betäubungsmitteln der abzuholenden Lieferung dar, nicht zu-letzt mit Blick auf die weitreichenden Folgen beim Strafklageverbrauch ([X.], Beschluss vom 13.
April 1999 -
4 [X.], [X.], 411; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 17. April 1996 -
5 [X.], [X.] 1996, 650; s. auch [X.], Urteil vom 1. Oktober 1997 -
2 StR 520/96, [X.]St 43, 252, 257) Bedenken begegnen müsste.
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass es auch bedenklich [X.], allein aufgrund des Umstands, dass der Angeklagte bei Abholung der [X.] die vorangegangene Lieferung bezahlte, Tateinheit zwischen beiden Taten über die Rechtsfigur der natürlichen Handlungseinheit anzuneh-men (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13. April 1999 -
4 [X.], [X.], 411; vom 27. Juni 2008 -
3 [X.], [X.], 392; anders bisher [X.], [X.] vom 22. Januar 2010 -
2 [X.], [X.], 97 mwN). Dem mit-geteilten Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, ob über die örtliche und zeitli-che Nähe von Bezahlung der Altlieferung
und Abholung der Neulieferung hin-aus eine derartige innere Verknüpfung der beiden Vorgänge gegeben war, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte.
b) Jedenfalls vermag der Senat die Rechtsauffassung des anfragenden 4.
Strafsenats nicht zu teilen, zwischen den Tatbeständen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht 8
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geringer Menge nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG liege -
ohne das Hinzutreten von Besonderheiten im konkreten Fall -
annähernde Wertgleichheit vor, so dass eine Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in aller Regel mehrere voneinander unabhängige Taten der Einfuhr von Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat verklammern könne. Das Verbrechen der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach §
30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG mit einer Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe stellt gegenüber dem -
mit Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgift-handels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität ([X.]) vom 15. Juli 1992 ([X.] I S. 1302) ebenfalls als Verbrechen [X.] -
Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge nach
§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, der eine Mindeststrafe von lediglich einem Jahr vorsieht, ungeachtet der gleichen Obergrenze des jeweiligen Straf-rahmens (jeweils 15 Jahre, vgl. § 38 Abs. 2 StGB) das schwerer wiegende De-likt dar ([X.], Urteil vom 24. Februar 1994 -
4 [X.], [X.]St 40, 73, 74 f.; Beschluss vom 7. November 2007 -
1 [X.], [X.], 88). Diese gesetzgeberische Wertung würde nicht hinreichend berücksichtigt, ließe man das weniger schwerwiegende Delikt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mehrere selbständige Taten der Einfuhr von Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat verklammern.
Soweit der [X.] in mehreren Entscheidungen gleichwohl davon ausgegangen ist, eine Tat des Handeltreibens könne mehrere zur Erfül-lung des Handelsgeschäfts durchgeführte Einfuhren zu einer Tat verbinden, gilt Folgendes: Der Fall, in dem der 2. Strafsenat erstmalig so entschieden hat (Ur-teil vom 18.
Juli 1984 -
2 [X.], [X.]St 33, 4, 6 ff.), wies die Besonderheit auf, dass das Tatgericht -
vor der Einführung des § 29a BtMG -
das Handeltrei-ben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als besonders schweren 11
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Fall nach § 29 Abs. 3 Nr. 4 BtMG aF mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bewertet hatte, die Einfuhrtaten hingegen als minder schwere Fälle im Sinne von § 30 Abs. 2 BtMG aF mit einem Strafrahmen von drei Mona-ten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Nur für diesen Fall ist die Vergleichbarkeit der [X.] Bewertung der beiden Delikte -
tragend -
angenommen worden, auch wenn weiter ausgeführt wird, das fortgesetzte Handeltreiben in einem besonders schweren Fall könne zwei Einfuhrtaten auch dann zu einer Tat verbinden, wenn vom Regelstrafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG auszugehen sei
([X.] aaO, S. 8).
In späteren Entscheidungen ist sodann ohne nähere Begründung von einer [X.] Vergleichbarkeit der Straftatbestände des § 29a und des § 30 BtMG ausgegangen worden ([X.], Beschlüsse vom 5. November 1993
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2 StR 534/93, [X.], 135 und vom 22. Oktober 1996 -
1 [X.], [X.], 136). Diese Auffassung vermag der Senat -
wie dargelegt -
nicht zu teilen und weist ergänzend noch auf Folgendes hin: Auch die Ansicht des [X.], es komme für die Verklammerung der Einfuhrtaten nicht auf die Umstände an, die zur tateinheitlichen Verknüpfung zu einer Tat des Handeltreibens nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG geführt hätten, begegnet Bedenken: Soll -
wie hier -
allein die Fahrt zum Tatort in den [X.] die im Übrigen voneinander unabhängigen, gesonderte Handelsmengen betreffen-den Betäubungsmittelgeschäfte zu einer Tat des Handeltreibens verbinden, darf aus Sicht des Senats nicht außer [X.] gelassen werden, dass
die Fahrt in die Niederlande -
bezogen allein auf die spätere Einfuhr von [X.]
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lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung darstellen würde, was ebenfalls dagegen spricht, dass dieser Teilakt des Handeltreibens [X.] hat, auch die Einfuhrtaten zu verklammern und damit alle begangenen Verstöße 12
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gegen das [X.] insgesamt zu einer Tat im Rechtssinne zu verbinden.
[X.]Schäfer Mayer

Gericke Spaniol

Meta

3 ARs 7/13

06.02.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2014, Az. 3 ARs 7/13 (REWIS RS 2014, 8113)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8113

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