Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.04.2022, Az. II R 9/20

2. Senat | REWIS RS 2022, 3108

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Gegenstand

Wertfeststellung einer Stiftung & Co. KG


Leitsatz

1. Eine Stiftung & Co. KG ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft.

2. Für eine vermögensverwaltende Stiftung & Co. KG, bei der ausschließlich eine Stiftung persönlich haftende Gesellschafterin ist, ist ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG festzustellen.

3. Das Erbschaftsteuerfinanzamt entscheidet, ob eine Wertfeststellung dem Grunde nach erforderlich ist. Dem zur Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG berufenen Finanzamt obliegt die Entscheidung über die Qualifikation des Feststellungsgegenstands nach den Kategorien des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 27.02.2020 - 3 K 3593/16 F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 3. (Klägerin zu 3.) ist eine [X.], deren Gegenstand die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens ist. Alleinige Komplementärin und allein zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet ist eine nach § 80 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anerkannte selbständige Familienstiftung. Alleiniger Kommanditist war der Erblasser. Mit dessen Tod im Jahre 2013 wurden die Kläger und Revisionskläger zu 1. und 2. (Kläger zu 1. und 2.) durch [X.] Kommanditisten.

2

Die Klägerin zu 3. gab bei dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt eine Feststellungserklärung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes ([X.]) ab. Dieses forderte bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--), in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Sitz der Klägerin zu 3. befand, auf den Todeszeitpunkt des Erblassers eine gesonderte Feststellung für den Wert des Anteils am Betriebsvermögen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] einschließlich der Angaben zu §§ 13a, 13b des [X.] (ErbStG) an. Die Klägerin zu 3. kam der Aufforderung des [X.], eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Anteils am Wert von Vermögensgegenständen und Schulden gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] einzureichen, nicht nach. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lägen nicht vor. Das [X.] nahm gleichwohl eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] vor und teilte dem Erbschaftsteuerfinanzamt mit, es sei kein begünstigungsfähiger Anteil an einem Betriebsvermögen übergegangen. Der Einspruch gegen den Feststellungsbescheid blieb erfolglos.

3

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab. Der Bescheid sei nicht deshalb rechtswidrig, weil die tatsächliche Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] nicht der auf § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] gestützten Anforderung entsprochen habe. Das anfordernde Finanzamt entscheide nach § 151 Abs. 1 Satz 2 [X.] lediglich darüber, ob überhaupt eine gesonderte Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu erfolgen habe. Die Feststellung sei zutreffend nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] erfolgt. Eine [X.] sei keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und dieser auch nicht durch Analogie gleichzustellen. Der Anteil des Erblassers an den Vermögensgegenständen und Schulden sei zutreffend ermittelt worden. Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2020, 831 veröffentlicht.

4

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen (§ 151 Abs. 1 Satz 2 [X.]) und materiellen Rechts (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 4 [X.]). Vorliegend sei § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] anzuwenden.

5

§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gelte auch für die [X.], angesichts des gesetzgeberischen Bestrebens, gewerbliche Einkünfte weit zu definieren, zumindest analog. Die Stiftung entspreche in den für Zwecke dieser Vorschrift entscheidenden Strukturmerkmalen dem Leitbild der Kapitalgesellschaft in § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.]), namentlich in der begrenzten Kapitalausstattung (Haftungsfondsprinzip), der alleinigen [X.] nach außen ([X.]) und der Beschränkung der Haftung auf das Vermögen des Rechtsträgers selbst (Anonymitätsprinzip). Die Rechtsstellung von Destinatären und GmbH-Gesellschaftern könne vergleichbar gestaltet werden. Bei den Stiftungen gelte zwar der Grundsatz der [X.], doch sei die Selbstdisposition bei den Kapitalgesellschaften nicht zwingend und fehle etwa bei der [X.]. Mehr noch als durch die oft nur geringen eigenen gewerblichen Einkünfte der Komplementärin sei die gewerblich geprägte Personengesellschaft durch das Fehlen einer natürlichen Person mit Vertretungsmacht gekennzeichnet. Die normative Wirkung der Willensbildung in Gestalt [X.] Entscheidungen sei vergleichbar. Kapitalgesellschaft und [X.] wiesen gleichen Verkehrsschutz durch Registerpublizität und Rechnungslegung auf.

6

Das [X.] sei außerdem an die Entscheidung des [X.] gebunden. Dem [X.] fehle die sachliche Zuständigkeit für eine Feststellung über einen Gegenstand, zu dem das Festsetzungsfinanzamt keine Feststellung angefordert habe. Letzteres könne das ihm durch § 151 Abs. 1 Satz 2 [X.] eingeräumte Ermessen zur Entscheidung über die Bedeutung einer Feststellung nur unter Einbeziehung der Rechtsgrundlage sachgerecht ausüben und verfüge für diese Entscheidung auch über die breiteste Tatsachengrundlage. Eine abweichende Kompetenzverteilung führe zu inneren Widersprüchen. Solle etwa mit dem Erbschaftsteuerfinanzamt eine tatsächliche Verständigung über die Zuordnung eines Sachverhalts zu § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 4 [X.] getroffen werden, müsste das [X.] eingebunden werden, wofür es aber an einer Zuständigkeit fehle. Zudem verfüge das [X.] zwar über die größere Sachnähe, soweit es um die eigentlichen Wertfeststellungen gehe, nicht aber, soweit [X.] zu beurteilen seien, die nach Maßgabe des Beschlusses des [X.] vom 15.01.2008 - 1 BvL 2/04 ([X.] 120, 1, [X.], 1006, unter [X.]) die Entscheidung über die Zuordnung zu einer Einkunftsart und einer damit verbundenen möglichen Gewerbesteuerpflicht prägen.

7

Schließlich habe die Klägerin zu 3. stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt und Gewerbesteuer entrichtet.

8

Die Kläger beantragen,
die Vorentscheidung, den Bescheid vom 15.12.2015 über die gesonderte Feststellung des Werts von Anteilen an Vermögensgegenständen und Schulden, die mehreren Personen zustehen, sowie die Einspruchsentscheidung vom 18.10.2016 aufzuheben.

9

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Die angefochtene gesonderte Feststellung verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

1. § 12 [X.] sieht für die Bewertung bestimmter zum Erwerb gehörender Vermögensgegenstände gesonderte Feststellungen vor. Über deren Erfordernis dem Grunde nach entscheidet das Erbschaftsteuerfinanzamt, über die Qualifikation des [X.]s nach den Kategorien des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 [X.] das [X.].

a) Nach § 12 Abs. 5 [X.] ist inländisches Betriebsvermögen, für das ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] festzustellen ist, mit dem auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert anzusetzen. Nach § 12 Abs. 6 [X.] ist ein Anteil an Wirtschaftsgütern und Schulden, für die ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] festzustellen ist, mit dem darauf entfallenden Teilbetrag des auf den Bewertungsstichtag festgestellten Werts anzusetzen. § 151 Abs. 1 Satz 1 [X.] seinerseits schreibt bestimmte Wertfeststellungen i.S. von § 179 der Abgabenordnung [X.]) vor, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Dazu gehört nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen (§§ 95, 96, 97), nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] der Anteil am Wert von anderen als in den Nr. 1 bis Nr. 3 genannten Vermögensgegenständen und von Schulden, die mehreren Personen zustehen.

b) Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 2 [X.] trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach Satz 1 Nr. 2 bis 4 zuständige Finanzamt die Entscheidung über eine Bedeutung für die Besteuerung und damit über die Feststellung dem Grunde nach. Dazu gehört nicht die Frage, ob die Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder nach Nr. 4 [X.] durchzuführen ist. Hierüber entscheidet das zur Wertfeststellung berufene Finanzamt in eigener Zuständigkeit.

aa) Für das Feststellungsverfahren nach § 151 [X.] gelten nach § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Dazu gehört auch § 157 Abs. 2 [X.]. Danach bildet die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden. Die sinngemäße Anwendung auf das Feststellungsverfahren bedeutet, dass die Feststellung der Feststellungsgrundlagen einen nicht selbständig anfechtbaren Teil des [X.] bildet, soweit dessen Feststellungsgrundlagen nicht ihrerseits gesondert festgestellt werden.

bb) Ob ein Vermögenswert ein Betriebsvermögen oder einen Anteil hieran i.S. von § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] darstellt oder ob es sich vielmehr um einen Anteil am Wert von anderen Vermögensgegenständen i.S. von § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] handelt, ist Tatbestandsvoraussetzung und damit Feststellungsgrundlage des [X.] nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 4 [X.] i.S. von § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 157 Abs. 2 [X.]. Diese Feststellungsgrundlage bildet nach § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 157 Abs. 2 [X.] einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des [X.], soweit sie ihrerseits nicht gesondert festgestellt wird. Sie ist als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung im jeweiligen Rechtsbehelfsverfahren sowie im Klageverfahren gegen den jeweiligen [X.] vollständig zu prüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 [X.] und § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

cc) Nach § 179 Abs. 1 [X.] werden abweichend von § 157 Abs. 2 [X.] die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in der [X.] oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist. Über § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] gilt dies auch für die [X.]. Die nach § 179 Abs. 1 [X.] ergehenden Feststellungsbescheide haben nach § 182 Abs. 1 Satz 1 [X.] Bindungswirkung für Folgebescheide und sind Grundlagenbescheide i.S. von § 171 Abs. 10 Satz 1 [X.]. [X.] liegen aber nur vor, wenn die Bindungswirkung gesetzlich angeordnet ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --[X.]-- vom 11.04.2005 - GrS 2/02, [X.], 399, [X.] 2005, 679 [Zebragesellschaft], unter [X.]; [X.]-Urteil vom 03.07.2014 - III R 30/11, [X.], 477, [X.] 2015, 157, Rz 36 bis 38). Das bedeutet, dass die Grundlagen eines [X.] ihrerseits nur dann Gegenstand einer (weiteren) gesonderten Feststellung werden, wenn es eine gesetzliche Anordnung dafür gibt. In einem solchen Falle ist der Feststellungsbescheid im Verhältnis zu der letztgenannten (weiteren) gesonderten Feststellung Folgebescheid.

[X.]) Nach § 151 Abs. 1 Satz 2 [X.] trifft das Festsetzungsfinanzamt die Entscheidung über die Bedeutung für die Besteuerung und damit die Durchführung des Feststellungsverfahrens. Daraus folgt nicht, dass das Festsetzungsfinanzamt auch die Entscheidung über die Rechtsnatur des [X.]s trifft. Für die Bezeichnung eines Vermögens, dessen Wert festzustellen ist, muss dessen Rechtsnatur regelmäßig nicht benannt werden. Vielmehr genügt eine unverwechselbare Beschreibung der betreffenden Vermögenseinheit. Aber auch im Übrigen ermächtigt § 151 Abs. 1 Satz 2 [X.] das anfordernde Finanzamt nicht, den [X.] zu qualifizieren. Die Vorschrift nennt die Art des [X.]s nicht explizit. Diese ist auch weder notwendige Voraussetzung noch taugliches Ermessenskriterium für die Entscheidung über die Bedeutung der Feststellung für die Besteuerung. Eine eigenständige Prüfungskompetenz des die Bewertung anfordernden Festsetzungsfinanzamts, für welche Art Vermögensgegenstand die Bewertung vorzunehmen ist, widerspräche vielmehr dem Vereinfachungszweck der gesonderten Feststellung und steht damit auch einer teleologischen Extension der Vorschrift entgegen. Das [X.] besitzt regelmäßig die größere Sachnähe, um die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Wertfeststellungen zu beurteilen. Das gilt für die Werte selbst ebenso wie für die tatsächlichen Umstände, die die Rechtsnatur der im Bezirk dieses Finanzamts belegenen zu bewertenden Einheit bestimmen. Dazu gehören auch die konstitutiven Merkmale der gewerblich geprägten Personengesellschaft i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Gerade deren gesellschaftsrechtliche Verhältnisse, die ihr nach der gesetzgeberischen Konzeption in typisierender Weise gewerbliche Prägung verleihen, können sachgerecht nur durch das für die Personengesellschaft zuständige Finanzamt beurteilt werden.

ee) Das verfahrenspraktische Bedürfnis nach [X.] lässt keine andere Beurteilung zu. Die Beteiligung des jeweils zuständigen Amtsträgers (vgl. [X.]-Urteil vom 27.06.2018 - X R 17/17, [X.], 97, Rz 17) orientiert sich ohne Weiteres an den vorgehend beschriebenen und gesetzlich vorgegebenen Zuständigkeitsabgrenzungen.

2. Für eine vermögensverwaltende [X.], bei der ausschließlich eine Stiftung persönlich haftende Gesellschafterin ist, ist ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] festzustellen. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] ist nicht anwendbar.

a) Die vermögensverwaltende [X.] ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (ebenso --für Ertragsteuern und zum Bewertungsrecht-- Urteile des [X.] vom 18.11.2010 - 1 K 2455/06, [X.], 2067, Rz 34, und des [X.] vom 14.11.2012 - 10 K 625/08, [X.], 1011, Rz 85; [X.]/[X.], [X.] Fassung vom 26.06.2021, § 15 EStG Rz 346; Bo[X.]en in [X.], § 15 EStG Rz 160.3, Rz 295; [X.] in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, § 97 [X.] Rz 914; Stapperfend in [X.]/[X.]/[X.], § 15 EStG Rz 1455; [X.] in Kirchhof/[X.], EStG, 21. Aufl., § 15 Rz 138; [X.]/[X.]mann/[X.], § 15 EStG Rz 277, 282; [X.]/Wacker, EStG, 41. Aufl., § 15 Rz 216; [X.] EStG/[X.], 12. [X.] 01.03.2022, EStG § 15 Rz 2430).

b) Gegenstand der Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] ist der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen. Die Vorschrift nimmt Bezug auf §§ 95 bis 97 [X.]. Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.] umfasst das Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S. des § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 [X.] bilden einen Gewerbebetrieb u.a. alle Wirtschaftsgüter, die einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 EStG mit Geschäftsleitung oder Sitz im Inland gehören. Dazu gehören auch die gewerblich geprägten Personengesellschaften i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Andere Unternehmensformen eines Gewerbebetriebs kommen im Streitfall ersichtlich nicht in Betracht.

c) Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft). Stiftungen sind keine Kapitalgesellschaften i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 [X.] zählt die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen auf. Dazu gehören nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] die Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, AG, [X.], GmbH), ferner nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 [X.] die nichtrechtsfähigen Vereine, Anstalten, Stiftungen und anderen Zweckvermögen des privaten Rechts. Zwar öffnet § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] den Begriff der Kapitalgesellschaft ("insbesondere"). Der Gesetzgeber meinte damit aber Gesellschaften ohne [X.] oder europäisches Gründungsstatut, die aufgrund eines Typenvergleichs einer Kapitalgesellschaft entsprechen (vgl. BTDrucks 16/2710, S. 30). Ungeachtet der Reichweite der Öffnungsklausel kann § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] Stiftungen zudem schon deshalb nicht erfassen, weil Stiftungen in § 1 Abs. 1 Nr. 5 [X.] anderweit ausdrücklich genannt sind.

d) Der Kapitalgesellschaftsbegriff des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kann nicht durch normspezifische Auslegung auf Stiftungen erweitert werden.

aa) § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG wurde geschaffen, um der vormaligen Geprägetheorie des [X.] eine gesetzliche Grundlage zu geben. Der [X.] war in früherer [X.] davon ausgegangen, dass die Tätigkeit einer GmbH & Co. [X.] jedenfalls dann stets einen Gewerbebetrieb darstellte, wenn die geschäftsführende GmbH der alleinige Komplementär war (grundlegend [X.]-Urteil vom 17.03.1966 - IV 233, 234/65, [X.]E 84, 471, [X.]I 1966, 171, Leitsatz). Er hatte sich darauf gestützt, dass einerseits die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft stets als Gewerbebetrieb galt, dass andererseits eine Komplementärin durch persönliche Haftung und Geschäftsführung die [X.] prägte. Der Große Senat des [X.] hatte in seinem Beschluss vom 25.06.1984 - GrS 4/82 ([X.]E 141, 405, [X.] 1984, 751, unter [X.] sowie [X.]) diese Rechtsprechung aufgegeben. Mit § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sollte die vormalige Gepräge-Rechtsprechung gesetzlich verankert werden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 19.07.1985, BTDrucks 10/3663, S. 6, 8, sowie Bericht des Finanzausschusses vom 10.12.1985, BTDrucks 10/4513, S. 22).

bb) Ungeachtet der Frage, ob im Rahmen von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ein von § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] abweichendes Begriffsverständnis dem Grunde nach überhaupt möglich ist, weist eine Stiftung & Co. [X.], bei der die geschäftsführende Stiftung alleinige Komplementärin ist, die konstitutiven Merkmale der Geprägetheorie nicht auf. Deren Ausgangspunkt war der Umstand, dass die allein unbeschränkt haftende und geschäftsführende Komplementärin zwingend Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, wenn sie Kapitalgesellschaft ist. Mit dieser Eigenschaft prägt sie die [X.] unter der weiteren, für sich allein aber gerade nicht ausreichenden Voraussetzung, dass eine zur Vertretung der [X.] berechtigte natürliche Person fehlt. Anders als eine GmbH erzielt eine Stiftung nicht kraft Rechtsform Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Gemäß § 8 Abs. 2 [X.] sind bei unbeschränkt Steuerpflichtigen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.] alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Stiftungen sind Steuerpflichtige i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 [X.] und fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 [X.]. Die Qualifizierung der Einkünfte einer Stiftung bestimmt sich demzufolge gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] nach den einschlägigen Bestimmungen des EStG.

cc) Für eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] i.V.m. §§ 95, 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 [X.] fehlt es nicht nur an einer gesetzlichen Lücke, sondern auch an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte. [X.] Grund der früheren Rechtsprechung und des heutigen Gesetzes sind nicht die von den Klägern genannten Strukturmerkmale. Vielmehr ist der Umstand entscheidend, dass die Kapitalgesellschaft von Rechts wegen gewerbliche Einkünfte erzielt. Zwar kann eine ausländische Gesellschaft auch dann, wenn sie nach ausländischem Recht keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb kraft Rechtsform erzielt, als Kapitalgesellschaft qualifiziert werden und auf dieser Grundlage eine Personengesellschaft gewerblich prägen ([X.]-Urteil vom 14.03.2007 - XI R 15/05, [X.]E 217, 438, [X.] 2007, 924, unter [X.]). Ist die Komplementärin aber nicht als Kapitalgesellschaft zu qualifizieren und erzielt sie selbst auch keine gewerblichen Einkünfte, fehlt auch bei weiter Auslegung der Anknüpfungspunkt für eine gewerbliche Prägung der Personengesellschaft. Die auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.] beschränkte und Nr. 5 nicht umfassende Verweisung des § 8 Abs. 2 [X.] zeigt vielmehr, dass der Wille des Gesetzgebers nicht dahin geht, allen anonymisierten Strukturen Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzuschreiben. Eine Analogie kommt daher nicht in Betracht.

3. Nach diesen Maßstäben verletzt der angefochtene Bescheid die Kläger nicht in ihren Rechten.

Das [X.] war nicht daran gebunden, dass das Erbschaftsteuerfinanzamt eine Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] angefordert hatte, sondern hatte selbst zu entscheiden, ob die Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 4 [X.] vorzunehmen ist.

Die Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] ist materiell-rechtlich zutreffend, da die Klägerin zu 3. als [X.] insbesondere keine gewerblich geprägte Personengesellschaft ist, die eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] gerechtfertigt hätte. Soweit sie bisher seitens der Finanzverwaltung ertragsteuerrechtlich als Personengesellschaft i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG behandelt worden sein sollte, bindet das im vorliegenden Verfahren nicht.

Im Übrigen haben sich die Kläger im Rahmen des Revisionsverfahrens sowohl hinsichtlich der Wertansätze als auch hinsichtlich des Anteils des Erblassers gegen die inhaltliche Richtigkeit der Feststellung --die Rechtsgrundlage vorausgesetzt-- nicht mehr gewandt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

II R 9/20

27.04.2022

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 27. Februar 2020, Az: 3 K 3593/16 F, Urteil

§ 95 Abs 1 S 1 BewG 1991, § 97 Abs 1 S 1 Nr 5 BewG 1991, § 151 Abs 1 S 1 Nr 2 BewG 1991, § 151 Abs 1 S 1 Nr 4 BewG 1991, § 151 Abs 1 S 2 BewG 1991, § 12 Abs 5 ErbStG 1997, § 12 Abs 6 ErbStG 1997, § 15 Abs 3 Nr 2 EStG 2009, § 1 Abs 1 Nr 1 KStG 2002, § 1 Abs 1 Nr 5 KStG 2002, § 8 Abs 2 KStG 2002, § 157 Abs 2 AO, § 171 Abs 10 S 1 AO, § 179 AO, § 181 Abs 1 S 1 AO, § 182 Abs 1 S 1 AO, § 367 AO, § 100 Abs 1 S 1 FGO, § 80 BGB, § 8 Abs 1 S 1 KStG 2002, EStG VZ 2013, KStG VZ 2013

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.04.2022, Az. II R 9/20 (REWIS RS 2022, 3108)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3108

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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