Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.07.2023, Az. 2 C 7/22

2. Senat | REWIS RS 2023, 7786

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Gegenstand

Ausführungen zur Begründetheit bei einer als unzulässig verworfenen Berufung


Leitsatz

1. Ist die Frist zur Begründung der Berufung gemäß § 64 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW vom Vorsitzenden des zuständigen Senats des Oberverwaltungsgerichts für Disziplinarsachen verlängert worden, kann auch die Berufungsbegründung selbst dort fristwahrend eingereicht werden.

2. Die materielle Sachprüfungsbefugnis eines Gerichts ist nur eröffnet, wenn es die Zulässigkeit der Klage oder des Rechtsmittels festgestellt hat. Erwägungen zur Begründetheit bei einer als unzulässig bewerteten Klage oder einem als unzulässig anzusehenden Rechtsmittel sind verfahrensfehlerhaft.

3. Im hierauf bezogenen Revisionsverfahren ist ein Rückgriff auf die verfahrensfehlerhaft enthaltenen Begründetheitserwägungen nicht gesperrt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] für das [X.] vom 18. August 2021 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. Januar 2020 als unbegründet zurückgewiesen wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft ein beamtenrechtliches Disziplinarverfahren. Die [X.] wendet sich gegen die Aberkennung ihres Ruhegehalts.

2

Die 1951 geborene [X.] stand bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2017 als beamtete Lehrerin im Dienst des klagenden [X.]. Im März 2018 verurteilte sie das Amtsgericht wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sammelte die [X.] als Klassenlehrerin Gelder für eine Klassenfahrt nach [X.] sowie einen Tagesausflug nach [X.] in Höhe von insgesamt 5 383 € ein, die sie anschließend - wie von ihr von vornherein beabsichtigt - für sich behielt und für eigene Zwecke verwendete.

3

In dem im Wesentlichen sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht der zwischenzeitlich in den Ruhestand getretenen [X.]n das Ruhegehalt aberkannt.

4

Gegen das am 9. März 2020 zugestellte Urteil hat die [X.] am 8. April 2020 beim Verwaltungsgericht Berufung eingelegt und dort zugleich beantragt, die Frist für die Begründung der Berufung bis zum 11. Mai 2020 zu verlängern. Nach Eingang der Akten beim Oberverwaltungsgericht hat der Vorsitzende des Disziplinarsenats des Berufungsgerichts die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß bis zum 11. Mai 2020 verlängert. Am 11. Mai 2020, 17:03 Uhr, ging die Berufungsbegründung beim Berufungsgericht ein. Mit Verfügung vom 13. Mai 2020 wies das Berufungsgericht darauf hin, dass die Berufungsbegründung beim Verwaltungsgericht eingereicht werden müsse; hierauf sei in der Rechtsmittelbelehrung zutreffend hingewiesen worden. Daraufhin hat die [X.] den [X.] an das Verwaltungsgericht übermittelt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Nach den eindeutigen und einer Auslegung nicht zugänglichen Regelungen des [X.]disziplinargesetzes müsse die Berufungsbegründung beim Verwaltungsgericht eingereicht werden. Dies gelte auch dann, wenn eine Fristverlängerung durch das Berufungsgericht bewilligt werde. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, weil es gefestigter Senatsrechtsprechung entspreche, dass die Berufungsbegründung auch im Fall der Fristverlängerung durch das Berufungsgericht beim Verwaltungsgericht eingereicht werden müsse. Unabhängig hiervon sei die Berufung auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht habe der [X.]n zu Recht wegen eines schweren, einheitlichen Dienstvergehens das Ruhegehalt aberkannt. Im Hinblick auf den für Betrugsstraftaten geltenden Strafrahmen sei die Ahndung bis zur disziplinaren [X.] eröffnet und hier auch angemessen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die [X.] die besondere Vertrauensstellung als Klassenlehrerin missbraucht habe, in einer Vielzahl von Einzelvorgängen planmäßig vorgegangen sei und eine erhebliche Schadenshöhe verursacht habe. Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild oder Milderungsgründe fielen nicht derart ins Gewicht, dass eine mildere Disziplinarmaßnahme geboten sei.

6

Hiergegen wendet sich die [X.] mit der vom Senat zugelassenen Revision. Sie macht neben prozessualen [X.] insbesondere eine fehlerhafte Würdigung der Milderungsgründe geltend und beantragt,

das Urteil des [X.] für das [X.] vom 18. August 2021 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, hilfsweise, die Urteile des [X.] für das [X.] vom 18. August 2021 und des [X.] vom 29. Januar 2020 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Aberkennung des Ruhegehalts zu erkennen.

7

Die Vertreterin des Klägers hat im Schriftsatz vom 8. August 2022 den Antrag angekündigt,

die Revision der [X.]n gegen das Berufungsurteil des [X.] Nordrhein-Westfalen vom 18. August 2021 zurückzuweisen und der [X.]n das Ruhegehalt abzuerkennen.

Entscheidungsgründe

8

[X.]er Senat konnte trotz des Ausbleibens des [X.] in der mündlichen Verhandlung zur Sache verhandeln und entscheiden, weil in der ordnungsgemäßen Ladung hierauf hingewiesen worden war (§ 141 Satz 1 i. V. m. § 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 102 Abs. 2 VwGO).

9

[X.]ie Revision der [X.] ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass ihre Berufung gegen das Urteil des [X.] als unbegründet zurückgewiesen wird. Zwar verstößt die Annahme des Berufungsgerichts, die Berufungsbegründung könne auch im Fall der Fristverlängerung durch den Vorsitzenden des [X.]isziplinarsenats nur beim Verwaltungsgericht eingereicht werden, gegen das [X.] als revisibles Recht (vgl. § 191 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), sodass sich die Verwerfung der Berufung als fehlerhaft erweist (1.). [X.]em Berufungsgericht wäre bei dieser Annahme auch eine Sachprüfung der Begründetheit verwehrt gewesen (2.). Im Revisionsverfahren ist ein Rückgriff auf diese Gründe aber nicht gesperrt, sodass sich der Prüfungsumfang auch hierauf erstreckt (3.). [X.] bedeutsame Fehler in der Sachprüfung hat die Beklagte nicht aufgezeigt (4.). [X.]ie Revision ist daher in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO zurückzuweisen (5.).

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthält das [X.]isziplinargesetz für das [X.] vom 16. November 2004 (GV. [X.]. [X.]) in der Fassung vom 20. November 2018 (GV. [X.]. S. 597 - [X.] [X.] -) keine eindeutige Regelung zu der Frage, bei welchem Gericht die Berufungsbegründung in dem Fall eingereicht werden muss, in dem die Berufungsbegründungsfrist durch den Senatsvorsitzenden am Berufungsgericht verlängert worden ist. [X.]ie damit erforderliche Auslegung ergibt, dass die Vorlage der Berufungsbegründung in dieser Fallgestaltung auch beim Berufungsgericht möglich ist.

a) Nach § 64 Abs. 1 Satz 2 [X.] [X.] ist die Berufung bei dem Verwaltungsgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen und zu begründen. [X.]iese Regelung enthält - wie das Berufungsgericht zutreffend feststellt - einen eindeutigen und der Auslegung nicht weiter zugänglichen Inhalt.

Schon vom Wortlaut her erfasst die Bestimmung die vorliegende Fallgestaltung indes nicht. [X.]enn ein Fall, bei dem die Berufung "innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils" begründet wird, liegt nicht vor. Hiervon geht auch das Berufungsgericht nicht aus.

Nach § 64 Abs. 1 Satz 3 [X.] [X.] kann die Begründungsfrist auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des zuständigen Senats für [X.]isziplinarsachen verlängert werden. Bei welchem Gericht in dieser Fallgestaltung die Berufungsbegründung einzureichen ist, wird in der Vorschrift nicht geregelt. Eine ausdrückliche Bestimmung für die streitige Frage liegt damit nicht vor - erst recht keine, die jeder Auslegung entzogen wäre.

Ob der Wortlaut der in § 64 Abs. 1 [X.] [X.] enthaltenen Regelungen eher für eine Einreichung beim Verwaltungsgericht (Satz 2) oder bei dem die Fristverlängerung gewährenden Berufungsgericht (Satz 3) spricht, ist daher eine Frage des Bezugspunkts. Eindeutig ist die Regelung in keinem Fall.

b) [X.]ie vom Berufungsgericht herangezogenen Argumente der Entstehungsgeschichte stützen seine Auffassung nicht. [X.]ie Entstehungsmaterialien lassen den Schluss, der Landesgesetzgeber habe die Vorlage der Berufungsbegründung beim Oberverwaltungsgericht bewusst ausgeschlossen ([X.]), nicht zu.

Eine ausdrückliche Stellungnahme zu der Frage, bei welchem Gericht die Berufungsbegründung im Fall der Fristverlängerung durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats für [X.]isziplinarsachen einzureichen ist, findet sich in den Gesetzesmaterialien nicht; Entsprechendes zeigt auch das Berufungsurteil nicht auf.

Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, in der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung sei ausgeführt, dass die Bestimmungen der [X.]ordnung über die Zulassungsbedürftigkeit einer Berufung (§§ 124 und 124a VwGO) bei der [X.] nicht gelten ([X.]. 13/5220 S. 102), bezieht sich dies erkennbar nur auf die Frage der Zulassungsbedürftigkeit. [X.]ies wird auch an den nachfolgenden Ausführungen deutlich, in denen auf die Zulassungsbeschränkungen der §§ 124 und 124a VwGO im Fall der Anfechtungsklage gegen eine [X.]isziplinarverfügung verwiesen wird. Aus der Erwägung, dass es besonderer Regelungen zu Form, Einlegungs- und Begründungsfrist bedürfe, lässt sich keine Aussage zu deren Inhalt entnehmen. Insbesondere folgt hieraus kein Ausschluss der bundesgesetzlichen Vorbilder; Anliegen der Neuregelung des [X.] war vielmehr ausdrücklich die Angleichung der Regelungen an die Vorschriften für das [X.]isziplinarrecht des Bundes (vgl. [X.]. 13/5220 S. 2 und 77).

Soweit das Berufungsgericht schließlich die Entstehungsmaterialien zu § 64 [X.] bemüht, vermag dies nicht zu überzeugen. Auch dort finden sich keine ausdrücklichen Stellungnahmen zu der Frage, bei welchem Gericht die Berufungsbegründung im Fall der Fristverlängerung durch den Vorsitzenden eingereicht werden muss. Ausdrücklich ist dort indes auf die Bestimmungen der [X.]ordnung verwiesen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, [X.]. 14/4659 S. 50). [X.]ort ist durch das Gesetz zur Bereinigung des [X.] im Verwaltungsprozess vom 20. [X.]ezember 2001 ([X.] I S. 3987) – und damit noch vor den Beratungen zum Landesdisziplinarrecht in [X.] - in § 124a Abs. 3 Satz 2 VwGO die Klarstellung erfolgt, dass die Berufungsbegründung, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen ist. [X.]iese bundesrechtlichen Regelungen waren Grundlage der Vereinheitlichungsbemühungen des Landesgesetzgebers.

c) Systematische Gründe sprechen dafür, die fristwahrende Einreichung der Berufungsbegründung auch beim Berufungsgericht zuzulassen, wenn der Vorsitzende des für die Berufung zuständigen [X.]isziplinarsenats die Berufungsbegründungsfrist verlängert hat (vgl. bereits [X.], Beschluss vom 22. Juli 2019 - 2 [X.] - [X.] L[X.]isziplinarG Nr. 69 Rn. 8).

Nach allgemeinen Grundsätzen wird die Anhängigkeit eines Rechtsstreits im Fall des Zuständigkeitsübergangs mit Eingang der Akten bewirkt (vgl. § 17b Abs. 1 Satz 1 GVG für den Fall der Verweisung). Hierdurch wird nicht nur sichergestellt, dass dem zur Entscheidung berufenen Gericht die für seine Tätigkeit erforderlichen Grundlagen vorliegen; vielmehr wird auch eine gespaltene Verfahrensherrschaft vermieden.

Nachdem das Berufungsgericht für die Verlängerung der Berufungsbegründung zuständig ist und hierauf bezogene Schriftsätze daher auch dorthin zu adressieren sind, ist kein Sachgrund ersichtlich, warum es angezeigt sein könnte, die - nachfolgend einzureichende - Berufungsbegründung selbst gleichwohl beim Verwaltungsgericht vorzulegen. Auch das Berufungsgericht benennt hierfür keine Gesichtspunkte.

Nach Abschluss des erstinstanzlichen [X.]verfahrens verfügt das Verwaltungsgericht aufgrund des mit der Einlegung der Berufung eintretenden [X.] (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 2 [X.] [X.] i. V. m. § 124a Abs. 5 Satz 1 VwGO) über keinerlei Entscheidungskompetenz. [X.]as Berufungsverfahren wird vollständig beim Oberverwaltungsgericht geführt ([X.], Beschluss vom 30. [X.]ezember 2010 - 2 [X.] - [X.] L[X.]isziplinarG Nr. 15 Rn. 8). Während es sachgerecht erscheinen mag, die Einlegung der Berufung selbst beim Verwaltungsgericht vorzusehen, bei dem allein das Verfahren bislang geführt wurde und bei dem sich auch die Akten in diesem Zeitpunkt noch befinden, ist nicht ersichtlich, warum das Verwaltungsgericht auch nachfolgend noch Adressat der das Berufungsverfahren betreffenden Schriftsätze sein sollte. In diesem Verfahrensstadium kann das Verwaltungsgericht nichts anderes mehr veranlassen, als die bei ihm eingehenden Schriftsätze an das Berufungsgericht weiterzuleiten.

[X.]er durch die Entscheidung über die Fristverlängerung begründete Rechtsschein einer Zuständigkeit des Berufungsgerichts "verleitet" aber dazu, auch die Berufungsbegründung bei diesem Gericht einzureichen (vgl. [X.]. 15/3482 [X.] zur entsprechenden Änderung des § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO). Folgerichtig ist im allgemeinen Verwaltungsprozessrecht durch § 124a Abs. 3 Satz 2 VwGO für die Berufung und in § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO für den Antrag auf Zulassung der Berufung ausdrücklich geregelt, dass eine nicht mit dem Antrag vorgelegte Begründung unmittelbar bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen ist.

d) Wird die Frist zur Begründung der Berufung auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des [X.]isziplinarsenats verlängert, kann die Begründung daher fristwahrend auch beim Berufungsgericht vorgelegt werden. [X.]ies entspricht nicht nur der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, sondern auch der - mit Ausnahme des Berufungsgerichts - einheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 15. Juli 2009 - 10 L 353/06 - juris Rn. 31 f.; [X.], Urteil vom 26. Mai 2010 - [X.] 535/08 - juris Rn. 54; [X.], Urteil vom 5. [X.]ezember 2011 - 8 [X.]O 329/08 - juris Rn. 51 f.; [X.], Urteil vom 24. September 2014 - 83 [X.] 2.12 - juris Rn. 27; ebenso [X.], Urteil vom 20. Februar 2008 - 21d [X.]/07.[X.] - juris Rn. 42 f. für die Vorschriften des [X.]).

2. Rechtsfehlerhaft ist auch, dass das Berufungsgericht in eine Sachprüfung eingetreten ist und Ausführungen zur Begründetheit der Berufung gemacht hat, obwohl es deren Zulässigkeit verneint hat.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die materielle Sachprüfungsbefugnis eines Gerichts grundsätzlich erst eröffnet, wenn die Zulässigkeit der Klage festgestellt ist (vgl. etwa [X.], Urteile vom 28. Februar 1985 - 2 [X.] 14.84 - [X.]E 71, 73 <74> und vom 8. Februar 2017 - 8 [X.] 2.16 - [X.]E 157, 292 Rn. 19); Entsprechendes gilt für Rechtsmittel (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Mai 2022 - 2 B 49.21 - juris Rn. 4).

[X.]ies beruht auf der Unterschiedlichkeit der Rechtskraftwirkung von Prozess- und Sachurteilen (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2000 - 7 [X.] 3.00 - [X.]E 111, 306 <312>). Materielle Bindungswirkung kommt den "überschießenden" Sachausführungen eines Prozessurteils daher nicht zu; sie dürfen dem Betroffenen nicht entgegengehalten werden. [X.]ies wird in der Rechtsprechung vielfach mit der Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass die [X.] beigefügten Begründungserwägungen als "nicht geschrieben" gelten (vgl. [X.], Beschluss vom 14. [X.]ezember 2018 - 6 B 133.18 - [X.] 442.066 § 47 TKG Nr. 5 Rn. 22 m. w. N.).

3. Im Rahmen des Revisionsverfahrens ist ein Rückgriff auf diese Gründe aber nicht gesperrt.

[X.]ies folgt zunächst schon daraus, dass sich im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens Rechtskraftfragen nicht stellen. Weder die Erwägungen zur Zulässigkeit der Berufung noch die Ausführungen zu ihrer Begründetheit sind in Rechtskraft erwachsen. Sie stehen vielmehr zur Beurteilung durch das Revisionsgericht.

Insoweit steht auch eine Verletzung subjektiver Rechte der [X.] nicht zu befürchten (vgl. Kraft, in: [X.], 2022, S. 285 <292>). [X.]ie Beklagte muss nicht besorgen, dass ihr Ausführungen zur Begründetheit der Berufung ohne Sachprüfung entgegengehalten werden. Vielmehr führt gerade die Einbeziehung der Begründetheitserwägungen des Berufungsgerichts zur Möglichkeit einer Überprüfung und ggf. zur Aufhebung oder Korrektur der Feststellungen. [X.]amit wird der Verfahrensfehler des Berufungsurteils korrigiert [X.]/[X.], in: [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl. 2018, § 144 Rn. 21).

[X.]as Revisionsgericht kann zur Sache entscheiden, wenn die im angefochtenen Urteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen eine hinreichende Grundlage hierfür bieten (vgl. [X.], Urteil vom 11. April 2002 - 4 [X.] 4.01 - [X.]E 116, 169 <175>). [X.]ass die Feststellungen für die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung notwendig oder tragend gewesen wären, ist dabei nicht erforderlich (vgl. [X.], Urteile vom 25. Januar 1963 - 4 [X.] 1.62 - [X.]VBl. 1963, 521 und vom 8. März 1984 - 6 [X.] 6.83 - juris Rn. 16).

[X.]ie Einbeziehung der Ausführungen zur Begründetheit schmälert auch nicht den Instanzenzug zulasten der [X.]. [X.]enn das Berufungsgericht hat zur Sache verhandelt und sich in den Entscheidungsgründen ausführlich und eigenständig tragend mit der Begründetheit der Berufung befasst.

Schließlich steht auch das Verbot der reformatio in peius (§ 3 Abs. 1 [X.] [X.] i. V. m. §§ 129 und 141 Satz 1 VwGO; vgl. hierzu [X.], Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]E 147, 229 Rn. 33) einer Einbeziehung der nicht tragenden Begründetheitserwägungen im Berufungsurteil nicht entgegen. [X.]ie Verwerfung der Berufung als unzulässig sichert dem Rechtsmittelführer keine schützenswerte Rechtsposition, denn er strebt mit seinem Rechtsmittel eine Entscheidung in der Sache an und geht damit auch das Risiko einer Zurückweisung der Berufung in der Sache ein (vgl. Eichberger/Bier, in: [X.]/[X.], VwGO, Stand August 2022, § 144 Rn. 50).

4. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht entschieden, dass das [X.]ienstvergehen der [X.] mit der Aberkennung des Ruhegehalts zu ahnden ist (a). Aus den im Revisionsverfahren vorgetragenen Gesichtspunkten zur Milderung folgt nichts anderes (b).

a) [X.]as von der [X.] begangene innerdienstliche [X.]ienstvergehen rechtfertigt nach Art und Schwere die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme.

aa) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.] sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils im sachgleichen [X.]isziplinarverfahren bindend und der Entscheidung über die [X.] ungeprüft zugrunde zu legen (vgl. [X.], Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 62.11 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 19 Rn. 22; Beschluss vom 17. Oktober 2019 - 2 B 79.18 - juris Rn. 8). Gründe für eine "Lösung" von den Annahmen des Strafgerichts und die erneute Prüfung der dort getroffenen Feststellungen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Ausgehend hiervon ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte sich eines Betrugs in zwei Fällen schuldig gemacht und dabei ihre Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung sowie zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 34 Abs. 1 Satz 2 und 3 BeamtStG) verletzt hat. Hierbei hat sie nach den auf dem strafgerichtlichen Urteil beruhenden Feststellungen des Berufungsgerichts ohne rechtfertigenden Grund vorsätzlich und schuldhaft gehandelt. [X.]amit hat sie ein einheitliches, innerdienstliches [X.]ienstvergehen i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, weil das pflichtwidrige Verhalten in ihr Amt und in die damit verbundenen dienstlichen Pflichten als Lehrerin eingebunden war (vgl. [X.], Urteile vom 29. Juli 2010 - 2 A 4.09 - juris Rn. 194 und vom 15. November 2018 - 2 [X.] 60.17 - [X.]E 163, 356 Rn. 19).

bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass das [X.]ienstvergehen nach seiner Art und Schwere mit der Aberkennung des Ruhegehalts zu ahnden ist (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 2 und § 12 [X.] [X.]).

Welche [X.]isziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 [X.] [X.] nach der Schwere des [X.]ienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten. Aus den gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung, die [X.]isziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist. [X.]ies entspricht dem Zweck der [X.]isziplinarbefugnis als einem Mittel der Sicherung der Funktion des öffentlichen [X.]ienstes (vgl. [X.], Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 [X.] 12.04 - [X.]E 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 [X.] 9.06 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 3 Rn. 16 ff., vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - juris Rn. 71 m. w. N. und vom 2. [X.]ezember 2021 - 2 A 7.21 - [X.]E 174, 219 Rn. 46).

Bei der Gesamtwürdigung sind die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen nach Maßgabe des § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.] zu ermitteln und mit dem ihnen zukommendem Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Als [X.] ist die Schwere des [X.]ienstvergehens gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.] richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme. [X.]ies bedeutet, dass das festgestellte [X.]ienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 [X.] [X.] aufgeführten [X.]isziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. [X.]avon ausgehend kommt es für die Bestimmung der [X.]isziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der [X.] im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des [X.]ienstvergehens indizierte [X.]isziplinarmaßnahme geboten ist ([X.], Urteile vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - juris Rn. 72 f. m. w. N. und vom 2. [X.]ezember 2021 - 2 A 7.21 - [X.]E 174, 219 Rn. 47). Bei einem endgültigen Vertrauensverlust des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit ist der Beamte gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 [X.] [X.] aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen oder es ist ihm das Ruhegehalt abzuerkennen, wenn er sich - wie hier die Beklagte - bereits im Ruhestand befindet (§ 13 Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.]).

Ob und in welchem Umfang durch das [X.]ienstvergehen eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. [X.], [X.] vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30). [X.] Straftaten kommt dabei eine besondere Bedeutung zu ([X.], Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 [X.] 16.10 - [X.]E 140, 185 Rn. 24). Bezugspunkt für die Bestimmung des berufserforderlichen Vertrauens ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 16 ff.).

[X.]ie Bestimmung des Ausmaßes des [X.], der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, orientiert sich am gesetzlich bestimmten Strafrahmen. [X.]ies gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der [X.]ienstvergehen und verhindert zugleich, dass die [X.]isziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des [X.] eines [X.]elikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner [X.]ienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche [X.]isziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. [X.], Urteil vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - [X.]E 154, 10 Rn. 17 ff.; Beschluss vom 30. März 2022 - 2 B 46.21 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 55 Rn. 11). [X.]emgegenüber kommt der Höhe des Gesamtschadens entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung zu. [X.]ie Rechtsprechung zur Einstufung des [X.]ienstvergehens bei den sog. Zugriffsdelikten hat der Senat aufgegeben (vgl. [X.], Urteil vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - [X.]E 154, 10 Rn. 19).

cc) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagte ein schweres [X.]ienstvergehen i. S. d. § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.] begangen hat, das mit der Aberkennung des [X.] zu ahnden ist.

[X.]er Strafrahmen des von der [X.] begangenen Betrugs liegt nach § 263 Abs. 1 StGB bei einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. [X.]ementsprechend reicht der Orientierungsrahmen möglicher [X.]isziplinarmaßnahmen bis zur Höchstmaßnahme.

[X.]ie vom Berufungsgericht in Ausfüllung dieses Rahmens getroffene Bemessungsentscheidung begegnet keinen Bedenken. Im Hinblick auf die besondere Pflichtenstellung des Beamten hat es zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte nicht nur erhebliche Straftaten begangen, sondern dabei das besondere Vertrauen ausgenutzt hat, das ihr in der ihr übertragenen Funktion als Klassenlehrerin von ihren Schülern und deren Sorgeberechtigten entgegengebracht worden ist und entgegengebracht werden muss. Ausweislich der bindenden Feststellungen im strafgerichtlichen Urteil hat die Beklagte dabei sogar eine niemals geplante Klassenfahrt vorgespiegelt, um weitere finanzielle Mittel für sich zu erlangen.

In der Gesamtschau lässt das [X.]ienstvergehen der [X.] nur den Schluss zu, dass sie in ihrer Vertrauensstellung und Vorbildfunktion als Lehrerin versagt hat. Hiergegen wendet sich auch die Revision nicht.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die von der [X.] geltend gemachten Milderungsgründe kein anderes Bild rechtfertigen.

aa) [X.]em Umstand, dass die Beklagte weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet ist, kann keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden. [X.]ie straffreie Lebensführung und eine ordnungsgemäße Erfüllung seiner [X.]ienstpflichten darf der [X.]ienstherr grundsätzlich von jedem Beamten erwarten. Hierin liegt kein besonderer Umstand, der im Einzelfall mildernd zu berücksichtigen wäre (vgl. etwa [X.], Urteile vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - [X.]E 146, 98 Rn. 43, vom 16. Juni 2020 - 2 [X.] 12.19 - [X.]E 168, 254 Rn. 41 und vom 28. September 2022 - 2 A 17.21 - Rn. 111).

bb) Auch die Voraussetzungen des geltend gemachten [X.] einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat liegen nicht vor (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 27. Januar 1988 - 1 [X.] 50.87 - juris Rn. 21, vom 4. Juli 2000 - 1 [X.] 33.99 - juris Rn. 19 und vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - [X.]E 154, 10 Rn. 32; Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 26 Rn. 29).

[X.]ies gilt schon deshalb, weil die Verantwortlichkeit für die von den Schülern eingesammelten Gelder - entgegen dem Vorbringen der Revision - keine besondere [X.] darstellt. Im Übrigen war die [X.]urchführung der Fahrt nach [X.] nach den bindenden Feststellungen im Strafurteil nie beabsichtigt, sodass die beschriebene [X.] tatsächlich gar nicht gegeben war. Vielmehr hat sich die Beklagte diese Ausgangslage erst planmäßig und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen verschafft.

cc) Auch die vorgetragene unverschuldet ausweglose wirtschaftliche Notlage kann nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil nicht angenommen werden. [X.]anach verblieben der [X.] auch nach Abzug der Pfändungen noch etwa 1 600 € monatlich. [X.]as Berufungsgericht hat auch festgestellt, dass ihr weder die Kündigung der Wohnung noch eine Stromsperre drohten. Verfahrensrügen hiergegen hat die Beklagte nicht erhoben (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).

Auf die weiteren Erwägungen, dass die Verschuldungslage der [X.] nicht unverschuldet gewesen sei und sie die erlangten Gelder auch nicht zur Abwendung der beschriebenen Notlage eingesetzt habe, kommt es daher nicht an.

dd) [X.]ie Voraussetzungen einer "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ sind ebenfalls nicht ersichtlich (vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 15. Juni 2016 - 2 B 49.15 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 36 Rn. 10 und vom 12. Juli 2018 - 2 B 1.18 - [X.] 235.1 § 38 [X.] Nr. 1 Rn. 15).

Nach den den Senat auch insoweit bindenden tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil hat die durch Immobilientransaktionen entstandene Schuldenlast die Beklagte gerade nicht aus der Bahn geworfen. Vielmehr hat sie die wirtschaftlich angespannte Lage bereits seit längerem bewältigt und war auch weiterhin in der Lage, ihren dienstlichen Verpflichtungen nachzukommen. Es fehlt daher an Anhaltspunkten dafür, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten von der [X.] nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden konnte.

ee) Schließlich kommt der [X.] auch nicht der [X.] der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens vor drohender Entdeckung zugute (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 30. März 2022 - 2 B 46.21 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 55 Rn. 22). [X.]ie geständige Einlassung der [X.] im Strafverfahren erfolgte erst nach vollständiger Aufdeckung der betrügerischen Handlungen.

ff) [X.]ie von der [X.] im Revisionsverfahren geltend gemachten Umstände erschöpfen sich im Wesentlichen in einer von den bindenden Feststellungen abweichenden [X.]arstellung der tatsächlichen Verhältnisse.

5. [X.]ie Revision der [X.] ist daher in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Berufung der [X.] gegen das Urteil des [X.] als unbegründet zurückgewiesen wird.

Nach § 144 Abs. 4 VwGO ist die Revision auch dann zurückzuweisen, wenn die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts ergeben, sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig darstellt. Eine unmittelbare Anwendung dieser Regelung scheidet vorliegend aus, weil der Fehler im angegriffenen Berufungsurteil nicht nur die Entscheidungsgründe, sondern auch die Urteilsformel (§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) erfasst. [X.]as Berufungsgericht hätte die Berufung nicht durch Prozessurteil als unzulässig verwerfen dürfen.

[X.]er Umstand, dass das Begehren auch im Falle eines weiteren Revisionsverfahrens keinen Erfolg haben könnte, rechtfertigt aber auch in Fällen, in denen die Berufung nicht als unzulässig, sondern als unbegründet hätte zurückgewiesen werden müssen, eine entsprechende Anwendung der Norm (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 13. Juni 1977 - 4 B 13.77 - [X.]E 54, 99 <100 f.>; Urteile vom 26. Februar 1965 - 7 [X.] 80.62 - [X.] 310 § 144 VwGO Nr. 9, vom 12. Februar 1981 - 2 [X.] 42.78 - [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 21 Rn. 25 und vom 13. September 2001 - 2 [X.] 39.00 - [X.]E 115, 89 Rn. 11 f.).

[X.]as Revisionsverfahren zielt auf die Herbeiführung einer abschließenden Entscheidung [X.]/[X.], in: [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl. 2018, § 144 Rn. 4 f.). § 144 Abs. 4 VwGO trägt diesem Umstand Rechnung, indem er aus prozessökonomischen Erwägungen und Gründen der Kostenersparnis auch ein "[X.]urcherkennen gegen den Revisionskläger" ([X.], Urteil vom 10. Oktober 1963 - 2 [X.] 166.60 - [X.]E 17, 16 <19>) ermöglicht. Nur eine weite Anwendung der in § 144 Abs. 4 VwGO enthaltenen Befugnis wird der Bedeutung der Revision als eines echten Rechtsmittels gerecht, das - wie der [X.] insgesamt - letztlich der Verwirklichung des sachlichen Rechts zu dienen bestimmt ist. Hinter § 144 Abs. 4 VwGO steht demnach auch die Einsicht, dass ein Verfahren nicht um eines Fehlers willen fortgeführt werden soll, der mit Sicherheit für das endgültige Ergebnis bedeutungslos bleiben wird. [X.]as gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht die Berufung zu Unrecht als unzulässig angesehen hat, das Revisionsgericht jedoch in einem zukünftigen Revisionsverfahren auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Berufung als unbegründet beurteilen müsste (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Oktober 1979 - 4 [X.]B 73.79 - [X.] 310 § 144 VwGO Nr. 34 S. 4).

6. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 [X.] [X.] und § 154 Abs. 1 VwGO. [X.]ie Festsetzung eines Streitwerts ist entbehrlich, weil für das Gerichtsverfahren eine Festgebühr erhoben wird (§ 75 Satz 1 [X.] [X.] i. V. m. dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu diesem Gesetz).

Meta

2 C 7/22

13.07.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 18. August 2021, Az: 3d A 1185/20.O, Urteil

§ 124a Abs 3 S 2 VwGO, § 124a Abs 5 S 1 VwGO, § 129 VwGO, § 141 S 1 VwGO, § 137 Abs 2 VwGO, § 144 Abs 4 VwGO, § 191 Abs 2 VwGO, § 17b Abs 1 S 1 GVG, § 263 Abs 1 StGB, § 13 Abs 2 S 1 DG NW 2004, § 13 Abs 3 S 2 DG NW 2004, § 56 Abs 1 S 1 DG NW 2004, § 64 Abs 1 S 2 DG NW 2004, § 64 Abs 1 S 3 DG NW 2004, § 64 Abs 2 S 2 DG NW 2004

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.07.2023, Az. 2 C 7/22 (REWIS RS 2023, 7786)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7786

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