Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2011, Az. 1 StR 561/10

1. Strafsenat | REWIS RS 2011, 10388

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 561/10 vom 18. Januar 2011 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 18. Januar 2011 beschlos-sen: 1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag gegen die Versäu-mung der Frist zur Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Damit ist der Beschluss des [X.] vom 7. September 2010, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-richts [X.] vom 1. Juni 2010 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Steuerhinterziehung in 106 Fällen schuldig ist, und b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen [X.]. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. - 3 - Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen —gewerbsmäßiger Hinter-ziehung von [X.] in 106 Fällen unter Einbeziehung einer viermona-tigen Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO. 1 1. Dem Angeklagten ist aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des [X.] gegen die Versäumung der Frist zur Begründung seiner Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Damit ist der Beschluss des [X.]s vom 7. September 2010, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos. 2 2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen —gewerbsmäßiger Hinterzie-hung von [X.] hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Allerdings tragen die Urteilsfeststellungen in allen Fällen eine Verurteilung wegen Steuer-hinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 [X.]. Da der Senat ausschließen kann, dass sich der Angeklagte gegen diesen Tatvorwurf anders als geschehen hätte [X.] können, ändert er den Schuldspruch entsprechend ab. 3 a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen ließ der Angeklagte im Zeitraum von März 2003 bis Februar 2008 in 106 Fällen Röstkaf-fee, den er jeweils zuvor bei einer Firma in [X.] bestellt hatte, von einer Spedition von [X.] nach [X.] transportieren und unmittelbar an Endkunden, die Kaffee bei ihm bestellt hatten, ausliefern. Eine Steueranmeldung für den in das Steuergebiet der Bundesrepublik [X.] 4 - 4 - verbrachten Kaffee gab er jeweils nicht ab, obwohl er seine Erklärungspflichten kannte. Hierdurch wurden nach der Berechnung des [X.]s mehr als 2,4 Mio. Euro an Kaffeesteuer verkürzt. Den Röstkaffee verkaufte der Angeklagte gewinnbringend weiter. b) Der Angeklagte hat sich deswegen der Steuerhinterziehung durch [X.] gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] schuldig gemacht. 5 Er ließ die zuständigen Hauptzollämter (Finanzbehörden, § 6 Abs. 2 Nr. 5 [X.]) über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis, indem er es als Bezieher i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 2 [X.] [X.] unterließ, für den jeweils auf seine Veranlassung durch Spediteure aus [X.] nach [X.] verbrachten Röstkaffee unverzüglich eine Steueranmeldung abzugeben (vgl. § 11 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.]). Die Kaffeesteuer war jeweils dadurch ent-standen, dass er den Kaffee, den er aus dem zollrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates der [X.] bezog, durch die von ihm be-auftragten Spediteure dort in Empfang nehmen und von diesen in das Steuer-gebiet der Bundesrepublik [X.] verbringen ließ (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 2 [X.] [X.]). Die entstandene Steuer wurde hierdurch jeweils verkürzt, weil die Hauptzollämter die Kaffeesteuer, von deren Entstehung sie keine Kenntnis hatten, nicht festsetzen konnten. Die Voraussetzungen eines Versandhandels i.S.v. § 12 [X.] [X.] lagen nicht vor, weil der Angeklagte den Kaffeehandel von [X.] aus betrieb (vgl. [X.], Beschluss vom 24. November 2009 - [X.]/08, [X.], 136). 6 c) Entgegen der Auffassung des [X.]s erfüllte der Angeklagte demgegenüber den Qualifikationstatbestand des gewerbsmäßigen Schmuggels gemäß § 373 Abs. 1 [X.] nicht. Dieser Tatbestand setzt die gewerbsmäßige [X.] - 5 - terziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben voraus. Bei den verkürzten Steu-ern handelte es sich jedoch nicht um solche Abgaben. Verbrauchsteuern wie die Kaffeesteuer zählen nur dann zu den [X.]. § 373 [X.], wenn sie bei der unmittelbaren Einfuhr aus einem Drittland in das [X.] Steuergebiet entstehen (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Februar 2007 - 5 [X.], [X.]R [X.] § 373 Einfuhrabgaben 1; [X.], Ur-teil vom 14. März 2007 - 5 [X.], [X.], 592, 594; [X.] in Fran-zen/Gast/[X.], Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 [X.] Rn. 225 und § 373 Rn. 6 ff. sowie in [X.], [X.], 10. Aufl., § 373 Rn. 25). Hierzu hat der [X.] zutreffend ausgeführt: 8 Der Begriff der Einfuhrabgaben i.S.d. § 373 [X.] —setzt nach der Recht-sprechung des [X.] einen Einfuhrvorgang voraus. [X.] ist aber nur das unmittelbare Verbringen der Ware aus dem [X.] in das Gebiet der [X.], nicht jedoch das Verbringen der Ware (außerhalb eines gemeinschaftlichen [X.]) von einem Mitgliedstaat in den anderen ([X.]R [X.] § 373 [X.]abgaben 1). Verbrauchsteuern auf Erzeugnisse aus Mitgliedstaaten der [X.] werden daher von § 373 [X.] nicht erfasst, soweit auf sie - wie vorliegend - die zollrechtlichen Vorschriften keine Anwendung finden (vgl. § 11 [X.] [X.] und § 13 [X.] [X.] 3. Die vom [X.] verhängten Strafen können keinen Bestand ha-ben. Zwar ist der Umstand, dass der Angeklagte - wie das [X.] rechts-fehlerfrei festgestellt hat - gewerbsmäßig handelte, auch bei der [X.] gemäß § 370 Abs. 1 [X.] zu berücksichtigen. Es liegt deshalb nahe, dass das [X.] dieselben Strafen verhängt hätte, wenn es vom Grundtat-bestand des § 370 [X.] ausgegangen wäre, zumal sich im Tatzeitraum der Fälle 1 bis 101 die Obergrenze des Strafrahmens des § 373 [X.] mit der des § 370 Abs. 1 [X.] deckte. Im Hinblick darauf, dass das [X.] in einer nicht uner-heblichen Zahl der Fälle lediglich das erhöhte Mindestmaß von drei Monaten 9 - 6 - Freiheitsstrafe aus dem Strafrahmen des § 373 [X.] als Einzelstrafe festgesetzt hat, kann der Senat jedoch letztlich nicht ausschließen, dass das [X.] niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte, wenn es vom zutreffenden Strafrahmen ausgegangen wäre, der kein erhöhtes Mindestmaß enthält. Zudem ist nicht auszuschließen, dass sich der vom [X.] aufgezeigte Rechts-fehler bei der Strafbemessung bei der Fallgruppe mit Verkürzungsbeträgen bis 5.000 Euro auch auf die nach [X.] gestaffelten Einzelstra-fen im Übrigen ausgewirkt haben. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO. 10 Nack Wahl Hebenstreit [X.] [X.]

Meta

1 StR 561/10

18.01.2011

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2011, Az. 1 StR 561/10 (REWIS RS 2011, 10388)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10388

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