Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.07.2013, Az. 26 W (pat) 11/13

26. Senat | REWIS RS 2013, 3713

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "biosSphäre (Wort-Bild-Marke)/Biosfere" – Warenidentität und -ähnlichkeit – klangliche -Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 044 229

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 31. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die für die Waren

2

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen

3

Klasse 32: Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, [X.] und Fruchtsäfte, Sirup und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken

4

Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)

5

eingetragene Wort-/Bildmarke 30 2009 044 229

Abbildung

6

ist aus der für die Waren

7

Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken

8

eingetragenen Wortmarke 306 66 983

9

Biosfere

Widerspruch erhoben worden.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 5. November 2012 hat die Markenstelle für Klasse 32 im [X.]rinnerungsverfahren unter Aufhebung des vorangegangenen, den Widerspruch insgesamt zurückweisenden Beschlusses vom 24. Mai 2011 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für die Waren der Klassen 32 und 33.

Zur Begründung hat die Markenstelle angenommen, die markenrechtliche [X.] bemesse sich nach dem Zusammenwirken der Faktoren [X.], Zeichenähnlichkeit sowie Schutzumfang der rangälteren Marke, wobei ein geringerer Grad eines Faktors durch den höheren Grad eines anderen ausgeglichen werden könne.

Die Widerspruchsmarke weise normale Kennzeichnungskraft auf, da dem Begriff „Biosphäre“ als wissenschaftliche Benennung des Raumes um die [X.], in dem Leben vorkommt, keine beschreibende Bedeutung für die von der Anmeldung umfassten Waren zukomme, die seiner [X.]ignung als betrieblicher Herkunftshinweis entgegenstünde. Die Waren seien in Klasse 32 identisch, in Klasse 25 unähnlich. Die Getränke aus Klasse 33 wiesen entgegen der Ansicht der Anmelderin auch nach ständiger Rechtsprechung des [X.] hinreichend Berührungspunkte in Bezug auf Warengattung (Getränk/Lebensmittel), Zweckbestimmung, Beschaffenheit und Angebotsstätte auf, um sie als markenrechtlich ähnlich zu werten. Insbesondere sei hier auch auf ihre [X.]igenart als einander ergänzende Waren abzustellen, die sich darin zeige, dass auf diesem Warensektor ein starker Trend zu Mischgetränken festzustellen sei. Auch zwischen Bier und alkoholischen Getränken der Klasse 33 könne nach der Rechtsprechung trotz der unterschiedlichen betrieblichen Herkunft und Herstellungsverfahren aufgrund der o. g. Kriterien noch eine Ähnlichkeit im markenrechtlichen Sinne angenommen werden.

Die Zeichenähnlichkeit sei erheblich. [X.] betrachtet seien beide Marken phantasievolle Abwandlungen des Begriffes „Biosphäre“ und daher im Bedeutungsgehalt identisch. Auch beim klanglichen Vergleich, bei dem die grafischen [X.]lemente naturgemäß außer [X.] blieben, seien die vorhandenen Unterschiede in den Vokalen sowie im [X.] der angegriffenen Marke kaum hörbar. „[X.]“ und „Ä“ seien sehr [X.], das zusätzliche „s“ verschmelze mit dem vorangehenden gleichen Buchstaben und werde nicht gehört. Gerade bei einer im Verkehr zu erwartenden raschen Aussprache, eventuell auch am Telefon oder beeinflusst von Nebengeräuschen, sei ein sicheres [X.] beider Marken nicht mehr hinreichend gewährleistet, was auch gelte, wenn die Marken nicht nur als Kennzeichnung für identische, sondern auch für ähnliche Getränke eingesetzt würden. Wegen bestehender [X.] in klanglicher und begrifflicher Hinsicht für die Waren im Identitäts- und Ähnlichkeitsbereich sei daher die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen, für die Waren außerhalb des [X.] sei der Widerspruch unbegründet.

Gegen diese [X.]ntscheidung wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Die Zeichen seien auch bei identischen Waren ausreichend sicher voneinander abgrenzbar, würden insbesondere nicht ähnlich klingen. Der Bestandteil „fere“ der [X.] weise auf einen Traubensaft oder die chemische Bezeichnung für [X.]isen hin.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.] vom 5. November 2012 aufzuheben und die [X.]rinnerung zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene [X.]ntscheidung und geht insbesondere wegen der klanglichen Ähnlichkeit von [X.] aus.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen [X.]rfolg.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der [X.] ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen [X.] in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. [X.], 594 - Ferraripferd, GRUR 2005, 427 - lila Schokolade; GRUR 2005, 513 - [X.]/[X.]LLA MAY).

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen [X.]rfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. Hacker in [X.]/ Hacker [X.] 10. Aufl. § 9 Rdn. 180). [X.]ine markenrechtlich erhebliche Zeichenähnlichkeit kann sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht vorliegen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.]uGH [X.], 413, 414, Nr. 19 - [X.]/SIR; GRUR 2005, 1042, 1044, Nr. 28 - [X.] LIF[X.]; [X.]. 2004, 843, Nr. 29 - MATRATZ[X.]N; [X.], 235, Nr. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 484, 487, Nr. 32 - M[X.]TROBUS; [X.], 60 ff., Nr. 17 - coccodrillo; [X.], 779, 781 - Zwilling/ [X.]). Dabei kann schon die Ähnlichkeit in einer Wahrnehmungsrichtung eine [X.] hervorrufen (vgl. [X.], Nr. 17 - SI[X.]RRA ANTIGUO; GRUR 2008, 803, 804, Nr. 21 - H[X.]IT[X.]C; [X.]/Hacker, a. a. O. § 9 Rdn. 183 m. w. N.). Dabei ist allgemein davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware unterschiedlich hoch sein kann (vgl. [X.], 140 - [X.]/ TISS[X.]RAND; [X.], 942, 943 li. Spalte - ALKAS[X.]LTZ[X.]R; [X.]uGH [X.] 1999, 236, 239, Nr. 24 - [X.]/Loint’s).

Zwischen den Waren der Widersprechenden einerseits und denjenigen der Inhaberin der angegriffenen Marke andererseits besteht im von der Markenstelle begründeten Sinn und Umfang Identität und Ähnlichkeit oder - in Klasse 25 - Unähnlichkeit, wie die Parteien auch nicht mehr in Frage stellen.

[X.]benfalls keinen Bedenken begegnet die Annahme normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, weshalb die Markenstelle zutreffend unter Anwendung entsprechend strenger Anforderungen an den [X.] eine [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] angenommen hat, soweit [X.] besteht.

In klanglicher Hinsicht wird die Marke „[X.]“ mit der prioritätsälteren Wortmarke „Biosfere“ verwechselt, denn beide Marken werden fast völlig identisch gesprochen, was bereits die Markenstelle zutreffend begründet hat. [X.]in klanglicher Unterschied vermag sich jedenfalls nicht hinreichend hörbar durchzusetzen, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen, wobei insbesondere hinzuweisen ist auf mündliche Bestellungen von „ein [X.]“ in lebhafter Umgebung. Im Übrigen kann auf die folgenden, zutreffenden Ausführungen der Widersprechenden verwiesen werden:

„Wie die nachfolgende Gegenüberstellung zeigt, sind die Marken „Biosfere“ und „[X.]“ insbesondere hochgradig klanglich verwechselbar:

- die Marken sind jeweils 4-silbig

(„bi-os-fe-re“ = „bi-o(s)-sphä-re“)

- der Klangrhythmus ist identisch

- die Marken weisen klanglich identische Vokale auf

(„i-o-e-e“ = „i-o-ä-e“)

- die Marken weisen klanglich identische Konsonanten

(„b-s-f-r“ = „b-ss-ph-r“) auf.

Das zusätzliche „s“ in „[X.]“ fällt klanglich nicht auf.

Genau wie bei „[X.]“ und „-fere“ macht man zwischen „[X.]“ und „-sphäre“ beim Sprechen keine große Pause („s“ und „ss“ werden auch identisch ausgesprochen, wie z. B. „bis“/„Bisschen“). Das „s“ in „sphäre“ wird beim Aussprechen der ganzen Marke „[X.]“, nicht explizit betont, so dass im Mittelteil von beiden Marken nur ein „s“ zu hören ist.

Da die Vokale „e“ und „ä“ in vielen Worten identisch ausgesprochen werden (z. B. [X.]hre/Ähre, Nerz/März u. a. - identische Aussprache gemäß Wiktionary) und „ph“ und „f“ stets identisch ausgesprochen werden, muss man davon ausgehen, dass die Verbraucher „Biosfere“ und „[X.]“ ebenfalls identisch aussprechen werden.“

Diesen Ausführungen, die sich der Senat zu eigen macht, ist nichts hinzuzufügen.

Auch ein möglicher unterschiedlicher Sinngehalt verfängt gegen die Annahme der [X.] nicht, da ein solcher jedenfalls nicht auffällig ist. Klanglich weisen beide Zeichen auf die Biosphäre hin. [X.]ntgegen der Ansicht der (jüngeren) Markeninhaberin gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr aus dem Umstand, es gebe eine Kernmarke [X.], darauf schließen würde, das Getränk stamme aus der Sphäre von [X.]. Der Begriff Biosphäre steht bei beiden Zeichen unmissverständlich im Vordergrund. Daher verhilft der Hinweis auf „Fe“ für [X.]isen oder die im Zusammenhang mit Getränken wohl eher unbekannte [X.] Gemeinde „[X.]“ den Zeichen auch nicht zu dem zeichenrechtlich gebotenen Abstand.

Der Beschwerde war daher der [X.]rfolg zu versagen.

Anlass, von dem in § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] normierten Grundsatz, wonach jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt, abzuweichen, bestand vorliegend nicht.

Meta

26 W (pat) 11/13

31.07.2013

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.07.2013, Az. 26 W (pat) 11/13 (REWIS RS 2013, 3713)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3713

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