Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2017, Az. 5 StR 303/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2017, 6248

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:230817B5STR303.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5 [X.]/17

vom
23. August 2017
in der Strafsache
gegen

wegen versuchten
Mordes u.a.

-
2
-
Der 5. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und
der Beschwerdeführerin am 23. August 2017
gemäß § 349 Abs. 2 und 4
StPO beschlossen:

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. März 2017 mit den Feststellungen aufge-hoben, ausgenommen die Feststellungen
zum objektiven Tatge-schehen; diese bleiben aufrechterhalten.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurge-richtskammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat
die Angeklagte wegen versuchten
Mordes in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
Das mit der Sachrüge geführte Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des [X.] verschaffte sich die in [X.] Nöten befindliche Angeklagte unter der Vorspiegelung, vom Arbeiter-
Samariter-Bund zu kommen, Zugang zu der Wohnung der 85-jährigen Neben-klägerin. Die Angeklagte hatte
den Plan, das Opfer abzulenken
und ihm in ei-nem unbeobachteten Moment Geld zu entwenden. Als dies misslang, ent-schloss sich die Angeklagte, die Nebenklägerin mit einer im Flur ihrer Wohnung 1
2
3
-
3
-
aufgefundenen etwa 50 cm langen Textilschnur so lange zu würgen, bis sie bewusstlos werden würde, um dann an das Geld zu gelangen. Die Angeklagte trat
an die in ihrem Sessel sitzende arglose Nebenklägerin von hinten heran, warf die Schnur um den Hals, zog beide Enden über Kreuz zusammen und würgte die Nebenklägerin solange, bis sie bewusstlos wurde. Der als Altenpfle-gerin ausgebildeten Angeklagten war bewusst, dass die Drosselung lebensge-fährlich war und die Nebenklägerin wegen des nicht mehr von der Angeklagten beherrschten [X.] versterben könnte, was sie jedoch um ihres Ziels willen billigend in Kauf nahm. Nachdem die Angeklagte die [X.] bemerkt hatte, löste sie die Schnur vom Hals. Dabei sah sie, dass Blut aus dem Mund und einem
Ohr trat. Infolge der Strangulation nässte die Nebenklägerin zudem ein. Nunmehr entwendete die Angeklagte un-gefähr 140 Euro aus dem Wohnzimmerschrank. Als sie zufällig Streichhölzer entdeckte, kam ihr spontan der Gedanke, Feuer zu legen, um Spuren zu verwi-schen
(UA S.
9). Die Angeklagte entzündete einen Stapel Zeitungen. Als diese
Feuer gefangen hatten, kamen ihr Bedenken, weil sie nicht wollte, dass der gesamte Wohnblock
abbrennt. Auf das Leben der Nebenklägerin kam es ihr allerdings nicht an. Die Angeklagte löschte das Feuer, überprüfte den Pulsschlag der im-mer noch
bewusstlosen Nebenklägerin und verließ die Wohnung. Nach wie vor erkannte die Angeklagte die Lebensgefahr der Nebenklägerin und nahm sie billigend in Kauf. Nach einiger Zeit erwachte diese und wurde in ärztliche [X.] gebracht.
2. Das [X.] hat die Tat der Angeklagten unter anderem auch als versuchten Mord gemäß §§
211, 22, 23 StGB bewertet. Von diesem Versuch sei die Angeklagte nicht nach § 24 Abs. 1 StGB zurückgetreten, weil sie,

sie die Geschädigte strangulierte, bis sie bewusstlos war, bereits alles getan 4
-
4
-

S. 38).
3. Diese Würdigung lässt besorgen, dass das [X.] bei der [X.], ob ein beendeter oder unbeendeter Versuch vorliegt, von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.
Die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch be-stimmt sich nach dem Vorstellungsbild des [X.] nach dem Abschluss der letz-ten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, dem sogenannten [X.]. Bei einem Tötungsdelikt liegt demgemäß ein unbeendeter [X.] vor, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumin-dest ausreichend ist. Ein beendeter [X.] ist hingegen anzunehmen, wenn er den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstel-lungen über die Folgen seines Tuns macht ([X.], Urteil vom 12. Juni 2014

3 [X.]; NStZ 2014, 507; Beschluss vom 23. November 2016

4 StR 471/16). Eine Korrektur des Rücktrittshorzionts ist in engen Grenzen möglich. Der Versuch eines Tötungsdeliktes ist danach nicht beendet, wenn der Täter zunächst irrtümlich den Eintritt des Todes für möglich hält, aber nach als-baldigem Erkennen seines Irrtums von weiteren Ausführungshandlungen [X.] nimmt (st. Rspr., vgl. [X.], Beschluss vom 19. Mai 1993

[X.], [X.]St 39, 221, 227 f.). Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hin-reichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfungen nicht stand ([X.], Urteil vom 19. März 2013

1 [X.] mwN, [X.], 273).
5
6
-
5
-
Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht. Die Strafkammer stellt bei der Prüfung, ob ein beendeter Versuch vorliegt, auf die Vorstellungen der Angeklagten während des [X.] und damit den Zeitpunkt der Tötungshandlung ab. [X.] zum Vorstellungsbild der Angeklagten nach deren Abschluss enthält das Urteil nicht. Diese kann der Senat trotz der von der Angeklagten erkannten schweren Folgen des [X.] auch nicht mit der erforderlichen Sicher-heit dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen. Denn das [X.] führt hinsichtlich der kurze Zeit später erfolgten Brandlegung aus, der Angeklagten sei
bewusst gewesen, dass die Nebenklägerin durch den e. Also
ist
jedenfalls für diesen Zeitpunkt [X.], ob sie davon ausging, allein mit dem Strangulieren alles für den [X.] Erforderliche getan zu haben.
4. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des gesamten Schuldspruchs. Die Feststellungen zum objektiven Tathergang werden von ihm
nicht berührt und können deshalb aufrechterhalten bleiben. Ergänzende Feststellungen

etwa betreffend ein Tötungsdelikt durch Unterlassen

sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht wird auch die Voraussetzungen eines versuchten Raubes mit Todes-folge zu prüfen haben.
[X.] Dölp

König Berger
7
8

Meta

5 StR 303/17

23.08.2017

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2017, Az. 5 StR 303/17 (REWIS RS 2017, 6248)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6248

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 303/17 (Bundesgerichtshof)

Rücktritt vom versuchten Mord: Anforderungen an die Urteilsfeststellungen hinsichtlich der Abgrenzung zwischen beendetem und unbeendetem …


4 StR 471/16 (Bundesgerichtshof)

Rücktritt vom Versuch des Totschlags: Unbeendeter Versuch des Tötungsdelikts


4 StR 397/18 (Bundesgerichtshof)

Differenzierung zwischen beendeten und unbeendeten Versuch


4 StR 471/16 (Bundesgerichtshof)


3 StR 337/11 (Bundesgerichtshof)

Rücktritt vom Versuch eines Tötungsdelikts: Vorliegen eines unbeendeten oder beendeten Versuchs


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

5 StR 303/17

3 StR 154/14

4 StR 471/16

1 StR 647/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.