Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.12.2023, Az. VII ZR 546/21

7. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 9138

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Tenor

Der Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.

Das Urteil des 27. Zivilsenats des [X.] vom 5. Mai 2021 wird gemäß § 544 Abs. 9 ZPO aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: bis 50.000 €

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin auf Schadensersatz wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung in Anspruch.

2

Er erwarb im August 2012 einen von der [X.] hergestellten Pkw [X.] [X.], [X.], [X.] als Neuwagen zu einem Kaufpreis von 55.477,80 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs [X.] ausgestattet, der von der [X.] entwickelt und hergestellt worden ist. Das Fahrzeug des [X.] ist von einem Rückrufbescheid des [X.] ([X.]) wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen betroffen.

3

Das [X.] hat zunächst ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen, gegen das der Kläger Einspruch eingelegt hat. Daraufhin hat das [X.] die Beklagte verurteilt, an den Kläger 46.921,34 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.828,91 € nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

4

Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage insgesamt abgewiesen.

5

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung und rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs.

II.

6

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das angefochtene Urteil beruht - wie die Beschwerde zu Recht rügt - auf einer Verletzung des Anspruchs des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit hier von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

8

Dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB zu. Die Beklagte habe nicht sittenwidrig gehandelt. Bei der Verwendung einer Prüfstandserkennung beziehungsweise einer sogenannten Umschaltlogik sei ohne weiteres von einer sittenwidrigen Handlung des [X.] auszugehen. Arbeite dagegen die beanstandete Steuerungssoftware unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen im Grundsatz in gleicher Weise wie im normalen Fahrbetrieb, sei der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nur bei Hinzutreten weiterer Umstände gerechtfertigt.

9

Die unstreitige Verwendung einer [X.] ([X.]) im Fahrzeug des [X.] begründe den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht. Für eine Prüfstandserkennung der [X.] habe der Kläger keine ausreichenden Anhaltspunkte aufgezeigt. Aus dem von ihm vorgelegten Sachverständigengutachten ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die [X.] automatisch zwischen Prüfstand und Normalbetrieb unterscheide und im Normalbetrieb grundsätzlich anders arbeite als auf dem Prüfstand.

Arbeite die beanstandete Steuerungssoftware unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen im Grundsatz in gleicher Weise wie im normalen Fahrbetrieb, sei der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nur bei Hinzutreten weiterer Umstände gerechtfertigt. Die Annahme objektiver Sittenwidrigkeit setze in diesen Fällen jedenfalls voraus, dass die handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der [X.] in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen, wobei der Kläger für diese Voraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast trage.

Solche Anhaltspunkte seien vom Kläger nicht hinreichend konkret vorgetragen und unter Beweis gestellt worden. Er habe insbesondere nicht vorgetragen, dass die Beklagte bei Erwirken der Typgenehmigung das [X.] bewusst über das Vorhandensein einer ihr bekannten, dem [X.] jedoch verschleierten, unzulässigen Abschalteinrichtung getäuscht habe. Habe die Beklagte seinerzeit die Rechtslage lediglich fahrlässig verkannt, fehle es an dem für die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit.

Eine Schadensersatzpflicht der [X.] ergebe sich auch nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB. Es fehle an einem vorsätzlichen Verhalten der [X.], weil ihre Annahme, es handele sich bei der [X.] um eine zulässige Abschalteinrichtung, jedenfalls zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs eine zulässige Auslegung des Gesetzes gewesen sei.

Der Kläger habe zudem keine Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1, Art. 3 Nr. 10 VO ([X.]) 715/2007, § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV, weil diese Vorschriften keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB seien.

III.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht die Substantiierungsanforderungen im Hinblick auf die [X.] in gehörsverletzender Weise gehandhabt hat.

a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der [X.]en haben. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt dann vor, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der [X.]en zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 11. März 2021- VII ZR 196/18 Rn. 42, [X.], 1183 = NZBau 2021, 316; Beschluss vom 4. November 2020 - [X.] Rn. 13, [X.], 593 = NZBau 2021, 178; Beschluss vom 26. Februar 2020 - [X.] Rn. 14, [X.], 1035 = NZBau 2020, 293 jeweils m.w.N.).

b) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die [X.] eine unzulässige Abschalteinrichtung ist, so dass dies revisionsrechtlich zu unterstellen ist.

c) Damit eine unzulässige Abschalteinrichtung eine Haftung der [X.] wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB auslösen kann, müssen nach der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Mai 2022 - [X.] Rn. 17, juris; Urteil vom 16. September 2021 - [X.]/20 Rn. 30, [X.], 2108; Beschluss vom 9. März 2021 - [X.] 889/20 Rn. 28, [X.], 661; Beschluss vom 19. Januar 2021 - [X.] 433/19 Rn. 19, [X.], 297).

aa) Das Kriterium der [X.], auf welches das Berufungsgericht abstellt, ist grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen kann, zu unterscheiden (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Mai 2022 - [X.] Rn. 18; Beschluss vom 29. September 2021 - [X.]/21 Rn. 18, juris; Urteil vom 16. September 2021 - [X.]/20 Rn. 19, [X.], 2108; Beschluss vom 9. März 2021 - [X.] 889/20 Rn. 27, [X.], 661; Beschluss vom 19. Januar 2021 - [X.] 433/19 Rn. 18, [X.], 297). Das Berufungsgericht benennt damit eines der wesentlichen Merkmale, nach denen die den sogenannten [X.] auslösende, von der [X.] im Motortyp [X.] verwendete [X.] nicht nur eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt, sondern die deutlich höheren Anforderungen an eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung im Sinne des § 826 BGB erfüllen kann. Die Tatsache, dass eine [X.] ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert, indiziert eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden.

bb) Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten Sachvortrag des [X.], die Abgasreinigung seines Fahrzeugs werde durch eine Software-Funktion gesteuert, die erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde und in diesem Fall eine [X.] aktiviere, die den Ausstoß von Stickoxiden auf das zulässige Maß reduziere, nicht nachgegangen ist. Die Verwendung einer derartigen Prüfstandserkennungssoftware käme als Anknüpfungspunkt für die Annahme eines sittenwidrigen Verhaltens der für die Beklagte handelnden Personen grundsätzlich in Betracht.

(1) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die [X.] Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der [X.] entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der [X.] zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende [X.] nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 BvR 1819/10, [X.], 492, juris Rn. 16; [X.], Beschluss vom 4. Mai 2022 - [X.] Rn. 20, juris; Urteil vom 13. Juli 2021 - [X.] 128/20 Rn. 20, [X.], 1609; Urteil vom 18. Mai 2021 - [X.] 401/19 Rn. 19, [X.], 871; Beschluss vom 28. Januar 2020 - [X.] Rn. 7, [X.], 486; Beschluss vom 26. März 2019 - [X.] 163/17 Rn. 11, [X.], 835; jeweils m.w.N.).

Diese Grundsätze gelten insbesondere dann, wenn die [X.] keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrundeliegenden Vorgängen hat. Eine [X.] darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von [X.] hat. [X.] ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer [X.] erst dann, wenn die [X.] ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen ([X.], Beschluss vom 4. Mai 2022 - [X.] Rn. 21, juris; Urteil vom 13. Juli 2021 - [X.] 128/20 Rn. 21 f. m.w.N., [X.], 1609).

(2) Danach liegt eine Gehörsverletzung vor. Die Annahme des Berufungsgerichts, der von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgezeigte Vortrag des [X.] biete keine hinreichenden Anhaltspunkte für die behauptete [X.] der [X.], überspannt die Anforderungen offenkundig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.

(a) Der Kläger hat unter Vorlage der Presseberichte aus dem "[X.]" vom 14. April 2019 und 19. Mai 2019 vorgetragen, dass das [X.] wegen des Verdachts einer unzulässigen Abschaltvorrichtung gegen die Beklagte ermittle, bei der eine Software-Funktion eine spezielle Temperaturregelung ([X.]) aktiviere, welche den [X.] künstlich kälter halte und die Aufwärmung des Motoröls verzögere. Nur dadurch blieben die Stickoxidwerte auf dem Prüfstand unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte. Im realen Fahrbetrieb hingegen werde diese Funktion deaktiviert und der gesetzliche Grenzwert von 180 mg/km deutlich überstiegen. Festgestellt sei die Softwarefunktion bei [X.] an einem [X.] [X.] mit dem auch hier eingebauten [X.] Dieselmotor.

Unter Verweis auf das vom Berufungsgericht berücksichtigte Sachverständigengutachten hat der Kläger weiter vorgetragen, der Modus, bei dem die Kühlflüssigkeit eine Solltemperatur von 70 °C (statt sonst 100 °C) halte, werde vorrangig im [X.] eingesetzt, während im realen Betrieb der Modus unter ganz gewöhnlichen Bedingungen abschalte und nur unter völlig verkehrsfremden Bedingungen wieder aktiviert werde. Die abgesenkte Kühlmitteltemperatur habe ein verzögertes Aufwärmen des im Fahrzeug befindlichen Motoröls zur Folge, woraus eine verlangsamte Aufwärmung des gesamten [X.] resultiere und niedrigere Temperaturen im Brennraum des Fahrzeugs entstünden. Ergebnis dieses Prozesses sei eine auf dem Prüfstand erheblich geringere [X.], welche letztlich zum Einhalten der gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxid auf dem Prüfstand führe. Zwischen einer Prüfstandserkennung und einer zyklusnahen Bedatung bestehe in der Wirkungsweise und in der Intention kein Unterschied. Bei realen Betriebsbedingungen greife die [X.] nur ein, wenn sämtliche [X.] gegeben seien. Dass dies auch außerhalb des Labors vorkommen könne, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Denn im realen Straßenbetrieb seien die Bedingungen zur Ansteuerung der erhöhten Solltemperatur von 100 °C bereits beim ersten Anfahren erfüllt. Die [X.] diene damit ausschließlich der Einhaltung der zur Erlangung einer [X.]-Typgenehmigung vorgeschriebenen gesetzlichen Grenzwerte für [X.] auf dem Prüfstand. Obwohl die Regelungsbedingungen für die [X.] nicht nur auf dem Prüfstand zur Anwendung kämen, habe das [X.] für den Fahrzeugtyp des klägerischen Fahrzeugs einen Rückruf angeordnet, weil bei normalen Betriebsbedingungen die [X.] nicht eingreife.

(b) Weitergehender Vortrag war vom Kläger nicht zu verlangen. Der Bezug zum Klägerfahrzeug ergibt sich aus dem verpflichtenden Rückruf durch das [X.] wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, durch den der Einbau einer solchen im Klägerfahrzeug indiziert wird. Der Kläger durfte sich insoweit darauf beschränken zu behaupten, dass der Rückruf wegen einer manipulativen unzulässigen Abschalteinrichtung in Form der [X.] erfolgt sei. Ein Nachweis dafür, dass das [X.] den Rückruf tatsächlich auf die [X.] gestützt hat, war von ihm nicht zu verlangen. Denn mangels besserer Erkenntnisquellen - der Kläger ist nicht Adressat des Bescheids - durfte er insoweit auch von ihm nur vermutete Tatsachen als Behauptung in den Rechtsstreit einführen, für die er sich zudem auf Medienberichterstattung berufen hat, die eine Relevanz der [X.] für den Rückruf nahelegen. Zwar hat das vom Kläger zitierte Sachverständigengutachten nicht ausgeschlossen, dass die Absenkung der [X.] auch im normalen Fahrbetrieb auftreten könne. Der Beachtlichkeit des Sachvortrags des [X.] auf der Darlegungsebene steht dies indes genauso wenig entgegen wie der Umstand, dass die Beklagte bestritten hat, die [X.] sei nur auf dem Prüfstand aktiviert. Unerheblich ist ferner, dass der Kläger nicht zu den technischen Einzelheiten der Beeinflussung des [X.] vorgetragen hat. Der Kläger darf sich zwar nicht auf bloße Schlagworte beschränken; von ihm als Außenstehenden und technischen Laien kann aber nicht verlangt werden, dass er im Einzelnen darlegt, wie die von ihm behauptete Abschalteinrichtung konkret funktioniert (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Mai 2022 - [X.] Rn. 24, juris; Urteil vom 13. Juli 2021 - [X.] 128/20 Rn. 26, [X.], 1609).

c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vorbringens des [X.] zu einer für ihn günstigeren Beurteilung gekommen wäre.

2. Von der aufgezeigten Gehörsverletzung beeinflusst ist zugleich die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinsichtlich der [X.] nicht hinreichend dazu vorgetragen, dass die für die Beklagte agierenden Personen die unzulässige Abschalteinrichtung im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit und unter billigender Inkaufnahme des Gesetzesverstoßes entwickelt und implementiert haben. Zwar lehnt das Berufungsgericht zutreffend und insoweit von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen einen Schädigungsvorsatz der [X.] hinsichtlich des Thermofensters ab. Sollte aber die [X.] ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktivieren, wäre dieser Umstand, wie bereits dargelegt, grundsätzlich geeignet, auf eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden und ein entsprechendes Unrechtsbewusstsein der Handelnden zu schließen (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Mai 2022 - [X.] Rn. 26, juris; Beschluss vom 29. September 2021 - [X.]/21 Rn. 18, juris; Urteil vom 16. September 2021 - [X.]/20 Rn. 19, [X.], 2108; Beschluss vom 9. März 2021 - [X.] 889/20 Rn. 27, [X.], 661; Beschluss vom 19. Januar 2021 - [X.] 433/19 Rn. 18, [X.], 297).

IV.

Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO).

Für das weitere Verfahren weist der Senat daraufhin, dass nach der nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen neueren Rechtsprechung des [X.], der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Urteile vom 26. Oktober 2023 - [X.], [X.], z.[X.].) zudem eine Haftung der [X.] nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV in Betracht kommt (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023- [X.], [X.] 2023, 1421).

[X.]     

      

[X.]     

      

Jurgeleit

      

Brenneisen     

      

[X.]     

      

Meta

VII ZR 546/21

06.12.2023

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 5. Mai 2021, Az: 27 U 52/20

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.12.2023, Az. VII ZR 546/21 (REWIS RS 2023, 9138)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9138

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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