Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2012, Az. VII ZR 102/11

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7826

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



[X.]UNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 102/11
Verkündet am:

22. März 2012

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.]G[X.] §
145
Auch bei einem durch Landesgesetz angeordneten Anschluss-
und [X.]enutzungs-zwang hinsichtlich Abfallentsorgung und Straßenreinigung kommt das privatrechtli-che Nutzungsverhältnis durch Angebot, das regelmäßig als [X.] in der tat-sächlichen Leistungsgewährung liegt, und Annahme durch die Entgegennahme der Leistungen zustande.
[X.] §
10 Abs.
6; KrW-/AbfG [X.] § 8 Abs. 1; [X.] [X.] § 5 Abs. 1,
§
7 Abs.
2
a)
Die landesrechtlichen Regelungen des Landes [X.] zum Anschluss-
und [X.]enut-zungszwang hinsichtlich Abfallentsorgung und Straßenreinigung sind dahin auszu-legen, dass sich die [X.] an die Wohnungseigentümergemeinschaft als teil-rechtsfähiger Verband richtet und diese [X.]in ist.
b)
Eine gesamtschuldnerische Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer ergibt sich weder aus den landesrechtlichen Vorschriften des Landes [X.] noch aus den Leistungsbedingungen der [X.]er Stadtreinigungsbetriebe.

[X.], Urteil vom 22. März 2012 -
VII ZR 102/11 -
AG Spandau

LG [X.]
-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22.
Dezember
2011
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Kniffka
und die Richter [X.], Dr.
Eick, [X.] und Prof.
Leupertz
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts [X.] vom 15.
März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, eine Anstalt öffentlichen Rechts, betreibt in [X.]
die Ab-fallentsorgung und Straßenreinigung. Sie verlangt von der [X.]eklagten als ehe-maligem
Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft und als Gesamt-schuldnerin mit den anderen Wohnungseigentümern Entgelt für Straßenreini-gung und Abfallentsorgung.
Das Kreislaufwirtschafts-
und Abfallgesetz [X.]
(KrW-/AbfG) enthält un-ter anderem folgende [X.]estimmungen:
1
2
-
3
-
§
5 Entsorgungspflicht
(1)

(2)
Die Abfallbesitzer haben das Recht und die Pflicht, die Abfälle, die sie gemäß §
13 des Kreislaufwirtschafts-
und Abfallgeset-zes dem Land [X.]
zu überlassen haben, durch die in Ab-satz
1 genannten Stellen entsorgen zu lassen (Anschluss-
und [X.]enutzungszwang).
§
8 Gebühren und Entgelte
(1)
Die Kosten der Abfallentsorgung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind durch privatrechtliche Ent-gelte [X.] in der Regel die benutzungspflichtigen [X.]. Anstelle der Eigentümer kann der Erbbauberechtigte, der Nießbraucher oder ein sonstiger dinglich Nutzungsberech-tigter sowie der Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer zur Zahlung herangezogen werden.

Im
Straßenreinigungsgesetz [X.]
([X.]) ist Folgendes geregelt:
§
4 Straßenreinigungspflichtige
(1)
Die ordnungsgemäße Reinigung der in den [X.] und [X.] aufgeführten
Straßen obliegt dem Land [X.]
als öffentliche Aufgabe für die Anlieger und [X.] (Anschluss-

§
5 Anlieger-
und [X.]
(1)
Anlieger sind die Eigentümer der an eine öffentliche Straße angrenzenden Grundstücke. [X.] sind die Eigentümer solcher Grundstücke, die nicht an eine öffentliche Straße [X.], jedoch von einer öffentlichen Straße aus eine Zufahrt oder einen Zugang haben. Ist an einem Grundstück ein Erb-baurecht, ein Nießbrauch oder ein sonstiges dingliches Nut-zungsrecht bestellt, so ist der daraus [X.]erechtigte ebenfalls An-lieger oder [X.].
3
-
4
-
§
7 Kosten der Straßenreinigung
(1)
Die Kosten der von den [X.]
Stadtreinigungsbetrieben ([X.]) durchzuführenden ordnungsmäßigen Reinigung mit Ausnahme der Kosten nach Absatz
6 sind zu 75
v.[X.] durch Entgelte zu

(2)
Die Entgelte sind von den Anliegern und [X.]n der Straßen, die in den [X.] und [X.] aufgeführt sind, zu entrichten. Sind für ein Grundstück mehrere Personen entgeltpflichtig, so haften sie als Gesamtschuldner.

Die Leistungsbedingungen der Klägerin (Stand 1. Januar 2005 mit Ände-rungen vom 18. November 2005) enthalten hinsichtlich der Entgelte für Stra-ßenreinigung und Abfallentsorgung folgende Regelungen:
1.3 Schuldner der Straßenreinigungsentgelte
1.3.1 Grundsatz
Schuldner der Straßenreinigungsentgelte sind die Eigentümer der an eine im [X.] oder [X.] aufgeführten
öffentliche Straße angrenzenden Grundstücke (Anlieger) sowie die Eigentümer der
Grundstücke, die nicht an eine solche öffentliche Straße angrenzen, aber über einen Zugang oder eine Zufahrt zu dieser verfügen ([X.]). Näheres regelt das Straßenreini-

1.3.2 Gesamtschuldnerschaft
Mehrer

2. Abfallentsorgung
2.1 Allgemeine Grundsätze
2.1.1 [X.]egriffsbestimmungen

4

-
5
-
(7)
Grundstückseigentümern stehen Erbbauberechtigte, [X.], Wohnungserbbauberechtigte, [X.], sonstige zur Nutzung eines Grundstücks dinglich [X.]e-rechtigte, denen nicht nur eine Grunddienstbarkeit oder eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zusteht, gleich. Von mehreren dinglich [X.]erechtigten ist jeder berechtigt und ver-pflichtet; sie haften als Gesamtschuldner.

2.2.19 [X.] für die Abfallentsorgung
(1)
Wer Schuldner des Entgeltes ist, richtet sich nach den gesetz-lichen Vorschriften über die Abfallentsorgung des Landes [X.]er-lin in der jeweils geltenden Fassung. Demgemäß ist Schuldner der Entgelte für die Entsorgung von Abfällen, die in Haushal-tungen anfallen oder mit den
in
Haushaltungen anfallenden Abfällen gemeinsam entsorgt werden können, der [X.] oder sonst dinglich [X.]erechtigte.
(2)

(3)
Im Übrigen finden die Nummern 1.3.2 bis 1.3.5 entsprechende An[X.]dung.
Die [X.]eklagte war von 1998 bis zum 27.
April
2006 Mitglied der [X.] mit einem Anteil von 574,39/10.000. [X.] verlangt von ihr die Entgelte für die [X.] und 2006 in Höhe von 2.685,18

sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die [X.]erufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom [X.]erufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch in
vollem Umfang weiter.

5
6
-
6
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.

I.
Das [X.]erufungsgericht führt aus, bei den geltend gemachten Ansprüchen handele es sich um eine den Verband der Wohnungseigentümer als solchen treffende "Gesellschaftsangelegenheit". Im Hinblick auf die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sei Vertragspartner in der Regel der Verband. Ein mit der Gesamtheit der Wohnungseigentümer geschlossener [X.] sei mit der Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähigem Verband, nicht mit den einzelnen Eigentümern,
geschlossen. Den einschlägigen gesetzli-chen Normen könne nicht entnommen werden, dass dort eine Regelung gerade im Verhältnis zu einer in [X.]etracht kommenden Haftung auch einer Wohnungs-eigentümergemeinschaft getroffen worden sei. Aus den Vorschriften ergebe sich gerade nichts, was auf einen solchen Regelungsgehalt hindeutete. [X.] dem Straßenreinigungsgesetz lasse sich nicht entnehmen, dass der Wille des Gesetzgebers dahin gegangen sei, ausschließlich die Eigentümer im Gegensatz zu einer Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichten zu wollen.
Auch bei einem Anschluss-
und [X.]enutzungszwang komme ein Vertrag nicht ipso iure zustande, sondern durch Angebot und Annahme, wobei das [X.] häufig in der [X.] der tatsächlichen Leistungserbringung bestehe, das konkludent angenommen werde.
Dass das Angebot der Klägerin nicht ge-genüber der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt wäre, sondern gegen-über den einzelnen Eigentümern, sei nicht ersichtlich.

7
8
9
-
7
-
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. In §
5 Abs.
2 KrW-/AbfG [X.] und in §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] [X.]er-lin wird hinsichtlich der Abfallentsorgung und der Straßenreinigung ein An-schluss-
und [X.]enutzungszwang angeordnet. Das privatrechtliche Nutzungsver-hältnis zwischen der Klägerin und den [X.]eziehern ihrer Leistungen entsteht al-lerdings
nicht [X.]. Erforderlich ist vielmehr ein Angebot der Klägerin, das regelmäßig als [X.] in der tatsächlichen Leis-tungsgewährung liegt, und die Annahme dieses Angebots durch die [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 3.
November
1983

III
ZR
227/82, [X.] 1984, 558, und vom 10.
Dezember
2008

VIII
ZR
293/07, [X.], 913; KG, [X.], 786; vgl. auch [X.]/[X.]achof/[X.]/[X.], Verwaltungsrecht
I, 12.
Aufl., §
23 Rn.
70,
und [X.]/[X.], Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl., §
29 Rn.
34).
2. Die [X.] der Klägerin richtete sich nicht an die einzelnen [X.], sondern an die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese wird auch Schuldnerin des für die Abfallentsorgung und die Straßenreinigung zu entrichtenden Entgelts. Das ergibt die Auslegung ihrer Leistungsbedingungen.
a) Der Senat kann die Leistungsbedingungen selbst unbeschränkt ausle-gen. Es handelt sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, deren räumlicher Geltungsbereich sich über den
[X.]ezirk eines [X.]erufungsgerichts hinaus erstreckt (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Januar
2010 -
VIII
ZR
329/08, [X.], 932 = Zf[X.]R 2010, 364). Der Senat ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht deshalb gehindert, sich mit den Leistungsbedingungen zu befassen, weil diese erstmals im Revisionsverfahren zu den Akten gereicht wurden. Es handelt sich nicht um neuen Vortrag
der Klägerin. Wie sich aus den vom [X.]erufungsge-10
11
12
13
-
8
-
richt in [X.]ezug genommenen Schriftsätzen ergibt, waren die einschlägigen [X.]e-stimmungen der Leistungsbedingungen bereits Gegenstand des Vortrags der Parteien vor dem [X.]erufungsgericht.
b) Es kann dahinstehen, inwieweit der Senat in der Auslegung der [X.] dadurch beschränkt ist, dass diese sich an den jeweiligen landesgesetzlichen Vorschriften orientieren, die vom [X.]erufungsgericht in einer bestimmten Weise zugunsten der [X.]eklagten verstanden werden,
und der Senat an die vom [X.]erufungsgericht jedenfalls
teilweise vorgenommene Auslegung des Landesrechts gebunden ist (vgl. §
545 Abs. 1 ZPO a.F., §
560 ZPO i.V.m. Art.
111 Abs.
1 Satz
1 FGG-RG). Denn auch bei einer uneingeschränkten Mög-lichkeit der Überprüfung der Leistungsbedingungen wäre das vom [X.]erufungs-gericht gefundene Ergebnis nicht zu beanstanden.
[X.]) An [X.] sich die [X.] der Klägerin richtet,
ist -
wie das [X.]eru-fungsgericht richtig erkannt hat und von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt wird
-
nach den Leistungsbedingungen eng mit der Frage verknüpft, wer das Entgelt für die jeweiligen Leistungen zu entrichten hat. Die [X.] wiederholen hinsichtlich der [X.] in Nr.
1.3.1
und Nr. 1.3.2 im Wesentlichen den Wortlaut von
§
5 Abs.
1, §
7 Abs.
2 [X.]
[X.]
und nehmen in Nr.
2.2.19 auf die landesrechtlichen Vorschriften über die [X.] [X.]ezug. Ihre Auslegung muss sich deshalb daran orientieren, wie die genannten gesetzlichen Normen ihrerseits auszulegen sind. Inwieweit die Er-wägungen des [X.]erufungsgerichts zur Auslegung des Landesrechts binden, kann dahinstehen. Liegt eine [X.]indung nicht vor, kann der Senat -
woran er in dem seiner Entscheidung vom 18.
Juni
2009 -
VII ZR 196/08, [X.]Z 181, 304, zugrunde liegenden Fall
noch gehindert war
-
die Vorschriften selbst auslegen ([X.]/[X.], 3.
Aufl., §
545 Rn.
13 m.w.[X.]). Insoweit kommt er zu keinem anderen Ergebnis als das [X.]erufungsgericht.
14
15
-
9
-
bb) Gemäß §
5 Abs.
2 KrW-/AbfG [X.] unterliegen die Abfallbesitzer und gemäß §
4 Abs.
1 [X.] [X.] hinsichtlich der Straßenreinigung die Anlieger und [X.] dem Anschluss-
und [X.]enutzungszwang. Nach §
8
Abs. 1 Satz
2 und 3 KrW-/AbfG [X.] und §
7 Abs.
2 Satz
1 [X.] i.V.m. §
5 Abs.
1 [X.] [X.] sind
entgeltpflichtig die jeweiligen Grundstückseigentü-mer bzw. die sonstigen dinglich [X.]erechtigten.
[X.]ei der Auslegung dieser Rege-lungen kann nicht allein auf den Wortlaut abgestellt werden. Dieser ist
für die Frage, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft oder die
einzelnen [X.] als Abfallbesitzer
oder Anlieger anzusehen sind, nicht eindeu-tig.
Das ergibt sich, worauf das [X.]erufungsgericht zutreffend abstellt, hinsicht-lich der Abfallbeseitigung daraus, dass [X.] der [X.]
nur "in der Regel" ist, §
8 Abs.
1 KrW-/AbfG
[X.]
(KG, [X.], 786 bei juris Rn.
13). Auch die Regelung unter 2.1.1 Abs.
7 der [X.]
ist nicht klar, [X.]n dort den Grundstückseigentümern die Wohnungseigen-tümer gleichgestellt werden. Denn
in diesem Zusammenhang muss berücksich-tigt werden, dass im Lichte der neueren Rechtsprechung ([X.], [X.]eschluss vom 2.
Juni
2005 -
V
Z[X.]
32/05, [X.]Z 163, 154
ff.) mit der [X.]ezeichnung "[X.]" auch der rechtsfähige Verband gemeint sein könnte, [X.]n
es sich um eine im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums liegende Angelegenheit handelt, in der die Gemeinschaft der Wohnungseigen-tümer selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen kann.
Das ist hier der Fall. Straßenreinigung und Müllabfuhr sind Verwaltungsangelegenheiten, so dass insoweit die Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähiges Subjekt am Rechtsverkehr teilnehmen kann.

Auch hinsichtlich der Straßenreinigung ist die Regelung im Wortlaut nicht eindeutig so gestaltet, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft als 16
17
18
-
10
-
rechtsfähiger Verband als Adressat der [X.] ausgeschlossen ist. Das
ergibt sich daraus, dass
das Gesetz in erster Linie auf den Anlieger abstellt und die Erläuterung unter §
5 Abs.
1 [X.]
[X.], wer Anlieger in diesem Sinne ist, ersichtlich nicht den Fall im Auge hat, dass ein Grundstück an die zu [X.] angrenzt, das im Eigentum von Wohnungseigentümern
steht.

[X.]ei der Auslegung müssen sowohl die Interessen der Klägerin als auch die der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen berücksichtigt werden. Die Klägerin kann
sich im Hinblick auf den gesetzlich angeordneten
Anschluss-
und [X.]enutzungszwang ihre Vertragspartner nicht aussuchen, sie kann ihre Leistungen nicht von der Stellung von Sicherheiten abhängig machen und ihr ist
bei einer Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft
der Zugriff auf das Privatvermögen der einzelnen Wohnungseigentümer einschließlich ihres [X.] verwehrt
(vgl. dazu KG, NJW 2006, 3647, und [X.]riesemeister, [X.]
2008, 230, 232). Dagegen steht das Interesse der Wohnungseigentümer, nicht gesamtschuldnerisch auch für die von den anderen Eigentümern [X.] Entgelte einstehen zu müssen (vgl. KG, [X.], 786). [X.]ei der Ausle-gung
kann auch
nicht unberücksichtigt bleiben, dass nach der neueren Recht-sprechung des [X.] ([X.]eschluss vom 2.
Juni 2005 -
V
Z[X.]
32/05, [X.]Z 163, 154) die Wohnungseigentümergemeinschaft rechtsfähig ist, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt, vgl. auch §
10 Abs.
6 [X.]. Dieser rechtsfähige Verband haftet mit seinem Verwaltungsvermögen für die entstandenen Verbindlichkeiten, §
10 Abs.
7 [X.]. Die einzelnen Wohnungseigentümer sollen hierdurch vor einer umfassenden gesamtschuldnerischen
Haftung bewahrt werden. Gemäß §
10 Abs.
8 [X.] haften sie nur noch anteilig für die Verbindlichkeiten der Gemein-schaft.
19
-
11
-
Die Entgeltregelungen
sind nicht streng formal dahin zu verstehen, dass jeder, der in einer dinglichen Rechtsbeziehung zu einem Grundstück steht, [X.] ist. Sie sollen
sicherstellen, dass der Klägerin für ihre Leistungen hinsichtlich eines
jeden
Grundstücks ein [X.] zur Verfügung steht,
sie soll
jeweils
auf eine Haftungsmasse
zugreifen können. Den Fall, dass die
Leistungen der Klägerin einer
Vielzahl von Wohnungseigentümern zugutekom-men, die jeweils
nur
zu einem geringen [X.]ruchteil Grundstückseigentümer und in einer Wohnungseigentümergemeinschaft zusammengeschlossen sind, haben die Gesetze nicht vor Augen.
[X.]ei einer interessengerechten Auslegung der lan-desgesetzlichen Normen
ist der rechtsfähige Verband mit seinem Verwaltungs-vermögen
der Adressat der [X.] und auch Schuldner des Entgelts.
Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass die von der Klägerin real angebotenen Leistungen nicht von den einzelnen Wohnungseigentümern direkt in Anspruch genommen werden. Das gilt ohne weiteres für die Straßenreinigung. Soweit die Abfallentsorgung
betroffen ist, hat die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür [X.], die darauf schließen lassen, dass nicht die Gesamtheit der Wohnungs-eigentümer, sondern jeder einzelne von ihnen Adressat der [X.] sein könnte (vgl. KG, [X.], 786, bei juris
Rn.
11, 14). Nach ihrer eigenen [X.] erfolgte die Entsorgung des Hausmülls
durch die einzelnen [X.]
in ein 1.100
l Gefäß, das
von ihr wöchentlich geleert wurde.

cc) Entgegen der Ansicht der Revision steht dieser Auslegung nicht ent-gegen, dass nach den Kommunalabgabengesetzen mancher [X.]undesländer die Haftung für öffentliche Abgaben an die Stellung als Grundstückseigentümer bzw. als dinglich Nutzungsberechtigter geknüpft ist (vgl. dazu [X.], Urteil vom 11.
Mai
2010 -
IX
ZR
127/09, Rpfleger 2010, 683 = [X.], 143
bei juris Rn.
11). Auf dieser Grundlage hat etwa der Verwaltungsgerichtshof [X.]aden-Württemberg ([X.], 818 und [X.], 1017) die entsprechenden lan-desgesetzlichen Normen für die Abwasser-
bzw. Abfallgebühren dahin ausge-20
21
-
12
-
legt, dass sie eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer begründen.
Er hat dabei
allein darauf abgestellt, dass die Wohnungseigentümer Miteigentümer des Grundstücks sind, und es
abgelehnt, bei der Auslegung den Umstand zu berücksichtigen, dass der [X.]undesgerichtshof zwischenzeitlich die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft anerkannt hat. Dem vermag der Senat für die hier zu beurteilende Regelung eines Anschluss-
und [X.]enutzungszwangs für Abfallentsorgung und Straßenreinigung nicht zu folgen. Dass es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft um ein
teilrechtsfähi-ges
Subjekt
handelt und sich daraus Konsequenzen für das Haftungssystem ergeben ([X.], [X.]eschluss vom 2.
Juni 2005 -
V
Z[X.]
32/05, [X.]Z 163, 154, 172
f.,
und Urteil vom 20.
Januar
2010 -
VIII
ZR
329/08, [X.], 932 = Zf[X.]R 2010, 364
bei juris Rn.
12), kann bei der Auslegung jedenfalls dann
nicht außer [X.]etracht bleiben, [X.]n
die Inanspruchnahme der kommunalen Leistung nicht öffentlich-rechtlich durch Satzung, sondern, wie hier, durch privatrechtlichen Vertrag ausgestaltet ist. Demgemäß beschränkt
das OLG
Hamm (NJW-RR 2009, 1463) die von ihm angenommene gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer
ausdrücklich auf die Gebührenpflicht aufgrund öffentlich-rechtlicher Satzung und räumt ein, dass bei einem privatrechtlich ausgestalte-ten Nutzungsverhältnis etwas anderes gelten kann.

dd) Auch aus den Urteilen des [X.] vom 10.
Dezember
2008 (VIII
ZR
293/07, [X.], 913) und vom 5.
Juli
2005 (X
ZR
99/04, [X.], 593) kann die Revision nichts zu ihren Gunsten herlei-ten. [X.]eide Urteile
betrafen nicht
Mitglieder einer [X.]. Im ersten Urteil ging es um die Frage, ob hinsichtlich der Wasserver-
und -entsorgung eines Grundstücks [X.] der Eigentümer oder ein langjähriger Mieter war. Gegenstand des zweiten Urteils war die Frage, ob die vom [X.] erhobene Einrede der unbilligen Leistungsbestimmung, §
315 Abs.
3 Satz 1 [X.]G[X.], durchgreift.
22
-
13
-
ee) Im Hinblick auf die weitgehende Übereinstimmung der Leistungsbe-dingungen der Klägerin mit den gesetzlichen Regelungen sind auch sie dahin auszulegen, dass sich die [X.]
der Klägerin
an die [X.] als rechtsfähigen
Verband
richtet
und diese das Entgelt schuldet. Mit ihr ist das privatrechtliche Nutzungsverhältnis zustande gekom-men (im Ergebnis ebenso [X.]/[X.]/Elzer, [X.], 3.
Aufl., §
10 Rn.
496; Weise in Jennißen, [X.], 2.
Aufl., §
10 Rn.
120; [X.] in [X.]ärmann, [X.], 11.
Aufl., §
10 Rn.
310; [X.] in [X.]eckOK [X.], Stand: 1.
September
2011, §
10 Rn.
568; KG, [X.], 2008, 967 = [X.] 2008, 167 mit zustimmender Anmer-kung von [X.]; KG, [X.], 786; vgl. auch [X.], Urteil vom 20.
Januar
2010

VIII
ZR
329/08, [X.], 932 = Zf[X.]R 2010, 364; a.A. KG, NJW 2006, 3647; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 9.
Aufl., §
10 Rn.
100; [X.]riesemeister, [X.] 2008, 230).
3.
Eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer käme danach nur dann in [X.]etracht, [X.]n sie -
wovon der Senat in seinem Urteil vom 18.
Juni
2009 -
VII
ZR
196/08, [X.]Z 181, 304 wegen der [X.]indung an die Aus-legung landesgesetzlicher Normen durch das [X.]erufungsgericht ausgehen musste -
auf einer gesetzlichen Anordnung beruht oder sich aus den [X.] in Verbindung mit den ihnen zugrunde liegenden landesgesetzli-chen Normen klar und eindeutig ergäbe, dass neben
dem Verband auch der einzelne Wohnungseigentümer verpflichtet werden sollte
([X.], [X.]eschluss vom 2.
Juni 2005 -
V
Z[X.]
32/05, [X.]Z 163,
154, 176
f.; Urteil vom 7.
März
2007

VIII
ZR
125/06, NJW 2007, 2987 = [X.] 2007, 1041; Urteil vom 20.
Januar
2010 -
VIII
ZR
329/08, [X.], 932 = Zf[X.]R 2010, 364). Das ist nicht der Fall. Auch insoweit kann dahinstehen, ob der Senat an die jedenfalls teilweise vorgenommene Auslegung des Landesrechts durch das [X.]erufungsge-richt gebunden ist. Denn die landesrechtlichen Normen
können
entgegen der Ansicht der Revision nicht dahin ausgelegt werden, dass sie eine gesamt-23
24
-
14
-
schuldnerische Mithaftung der Wohnungseigentümer zusätzlich zu der vertrag-lichen Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft anordnen. Die Gesetze gehen davon aus, dass der Klägerin ein [X.] aufgrund eines privat-rechtlichen Nutzungsverhältnisses gegenübersteht. Ein System, dass die [X.] Vertragspartei ist und neben ihr von Gesetzes wegen eine Nichtvertragspartei zusätzlich gesamtschuldnerisch haftet, liegt ihnen nicht zugrunde (vgl. [X.]/[X.]/Elzer, [X.], 3.
Aufl., §
10 Rn.
497). Nicht ergiebig ist auch der Hinweis der Revision darauf, dass nach §
8 Abs.
1 Satz
3 KrW-/AbfG [X.] anstelle der Eigentümer und sonst dinglich Nutzungs-berechtigten auch der Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer zur Zahlung herange-zogen werden kann. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigen-tümer neben dem Verband ergibt sich daraus nicht.
Ebenso [X.]ig
lässt sich aus den Leistungsbedingungen eine eindeutige und klare Anordnung der [X.] Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer neben dem Verband herleiten.
Dieses Ergebnis beeinträchtigt die Interessen der Klägerin entgegen ih-rer Auffassung nicht in unzumutbarer Weise. Sie kann auf das Verwaltungs-vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft zugreifen, das in der Regel einen für ihre [X.]efriedigung ausreichenden [X.]estand aufweisen wird. Darüber hinaus kann sie gemäß §
10 Abs.
8 [X.] jeden Wohnungseigentümer im [X.] seines Miteigentumsanteils in Anspruch nehmen.
4.
Ohne Erfolg
beruft sich die Revision hilfsweise darauf, dass die [X.]e-klagte gemäß §
10 Abs.
8 [X.] jedenfalls anteilig
nach dem Verhältnis ihres Miteigentumsanteils hafte. Zwar ist die Vorschrift auch auf vor
Inkrafttreten des neuen Wohnungseigentumsgesetzes entstandene Wohnungseigentümerge-meinschaften an[X.]dbar ([X.], Urteile vom 20.
Januar
2010 -
VIII
ZR
329/08, [X.], 932 = Zf[X.]R 2010, 364 bei juris Rn.
15,
und vom 18.
Juni
2009 25
26
-
15
-

VII
ZR
196/08, [X.]Z 181, 304 Rn.
14).
Die Klägerin hat jedoch einen auf der anteiligen Einstandspflicht der [X.]eklagten für Verwaltungsschulden der Gemein-schaft beruhenden Anspruch in beiden Tatsacheninstanzen nicht geltend ge-macht. Das kann sie im Revisionsverfahren nicht nachholen (vgl. [X.], Urteil vom 10.
März
2011 -
VII
ZR
54/10, [X.], 1041 = NZ[X.]au 2011, 416 = Zf[X.]R 2011, 467 Rn.
22).

-
16
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka

[X.]

Kniffka

Ri[X.] [X.] ist wegen Urlaubs
verhindert zu

unterschreiben

[X.]

Leupertz

Vorinstanzen:
AG [X.]-Spandau, Entscheidung vom 20.01.2010 -
13 C 91/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 15.03.2011 -
16 S 14/10 -

27

Meta

VII ZR 102/11

22.03.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2012, Az. VII ZR 102/11 (REWIS RS 2012, 7826)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7826

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZR 102/11 (Bundesgerichtshof)

Kosten der Abfallentsorgung und Straßenreinigung in Berlin: Haftung des Wohnungseigentümerverbandes für die Nutzungsentgelte im Rahmen …


VII ZR 196/08 (Bundesgerichtshof)


X ZR 99/04 (Bundesgerichtshof)


X ZR 60/04 (Bundesgerichtshof)


15 Wx 164/08 (Oberlandesgericht Hamm)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZR 102/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.