Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.10.2011, Az. I R 107/10

1. Senat | REWIS RS 2011, 2490

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Gegenstand

Ermittlung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags


Leitsatz

In die Bemessungsgrundlage für den Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nach § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 i.d.F. des JStG 2008 ist nur das ausschüttbare Eigenkapital zum 31. Dezember 2006, nicht aber das Nennkapital einzubeziehen.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) setzte gegen die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), einer GmbH, den [X.] nach § 38 Abs. 5 und 6 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 ([X.], 3150, [X.], 218) --KStG 2002 n.F.-- im Einspruchsverfahren auf 85.258 € fest. Dabei ging er von einem Eigenkapital laut Steuerbilanz in Höhe von 198.937 € aus. In diesem Betrag enthalten war auch das [X.] in Höhe von 103.000 €. Da die Klägerin erklärt hatte, den [X.] gemäß § 38 Abs. 7 KStG 2002 n.F. in einer Summe entrichten zu wollen, setzte das [X.] einen abgezinsten Betrag von 67.798 € fest.

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Mit ihrer dagegen gerichteten Klage machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass das [X.] nicht i.S. von § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F. für eine Ausschüttung verwendet werden könne; die Rückzahlung von [X.] sei keine Ausschüttung.

3

Das Finanzgericht ([X.]) [X.] gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2011, 832 veröffentlichtem Urteil vom 16. November 2010  6 K 290/09 statt.

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Das [X.] rügt mit seiner Revision eine Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt sinngemäß, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass das [X.] nicht in die Berechnung des [X.]s nach § 38 Abs. 5 Satz 2 [X.] 2002 n.[X.] einzubeziehen ist.

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1. Gemäß § 38 Abs. 5 Satz 1 [X.] 2002 n.[X.] beträgt der [X.] 3/100 des nach § 38 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2002 n.[X.] festgestellten [X.]. Der [X.] ist gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 [X.] 2002 n.[X.] auf den Betrag begrenzt, der sich nach den Absätzen 1 bis 3 als Körperschaftsteuererhöhung ergeben würde, wenn die Körperschaft ihr am 31. Dezember 2006 bestehendes Eigenkapital laut Steuerbilanz für eine Ausschüttung verwenden würde.

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2. Der spiegelbildlich zu dem [X.] nach § 37 Abs. 4 [X.] 2002 i.d.[X.] des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006 ([X.], 2782, [X.], 4) eingeführte § 38 Abs. 5 [X.] 2002 n.[X.] löst die in den Absätzen 1 bis 3 enthaltene Regelung ab. Danach führten Leistungen, für die das gemäß § 36 Abs. 7 [X.] i.d.[X.] des [X.] vom 23. Oktober 2000 ([X.], 1433, [X.], 1428) festgestellte und fortgeschriebene [X.] als verwendet galt, innerhalb des 15-, später 18-jährigen Übergangszeitraums zu einer Körperschaftsteuererhöhung um 3/7 des Betrags (§ 38 Abs. 2 [X.] i.d.[X.] des Gesetzes zur Fortentwicklung des [X.] --Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz-- vom 20. Dezember 2001, [X.], 3858, [X.], 35). Dadurch sollte die für diese Leistungen nach altem Recht geltende Ausschüttungsbelastung von 30 % erreicht werden.

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Da dem Gesetzgeber die bisherige Regelung als zu aufwändig erschien, schuf er § 38 Abs. 5 Sätze 1 und 2 [X.] 2002 n.[X.], mittels derer die sonst während des Übergangszeitraums eingetretene Körperschaftsteuererhöhung in Fällen, in denen das [X.] als verwendet galt, in pauschalierter Form abgegolten werden soll. Der [X.] beträgt grundsätzlich 3/100 des letztmalig auf den 31. Dezember 2006 festgestellten [X.] (§ 38 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2002 n.[X.]). Der Gesetzgeber besteuert damit verwendungsunabhängig ein Zehntel des am 31. Dezember 2006 vorhandenen [X.] an [X.] mit der zuletzt im Anrechnungsverfahren geltenden Ausschüttungsbelastung von 30 %. Der verbleibende restliche Bestand an [X.] entfällt und löst keine weitere Körperschaftsteuererhöhung aus. Die pauschale Besteuerung [X.] die Gesetzesbegründung-- soll jedoch unterbleiben, soweit eine Gesellschaft nicht über positives Eigenkapital verfügt. Die Höhe der Abschlagszahlung ist dann auf den Betrag begrenzt, der sich bei Anwendung der bisherigen Regelung ergeben würde, wenn das zum maßgeblichen Stichtag 31. Dezember 2006 vorhandene Eigenkapital ausgeschüttet würde. Dabei wird aus Vereinfachungsgründen auf das [X.] abgestellt (BTDrucks 16/6290, S. 75).

3. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich der nach § 38 Abs. 5 Satz 2 [X.] 2002 n.[X.] zu ermittelnde Betrag auf das Eigenkapital abzüglich des [X.]s bezieht. Sowohl aus der Gesetzesbegründung als auch aus dem Gesetzestext ist ersichtlich, dass die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuererhöhung auf den Betrag begrenzt werden soll, der sich ergäbe, wenn die Körperschaft das zum 31. Dezember 2006 vorhandene Eigenkapital in voller Höhe ausgeschüttet hätte. Da das [X.], solange es nicht herabgesetzt wird, nicht ausschüttbar ist, ist es auch nicht in die Berechnung der Körperschaftsteuererhöhung gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 [X.] 2002 n.[X.] einzubeziehen. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass auch das [X.] als fiktiv herabgesetzt und an die Gesellschafter aus dem [X.] ausgekehrt gelten solle, hätte er dies auch so ins Gesetz aufgenommen oder zumindest in der Gesetzesbegründung angesprochen. Denn es ist weder ohne weiteres einsichtig, weshalb ein nicht ausschüttbarer Teil des Eigenkapitals als an die Gesellschafter ausgekehrt gelten soll noch weshalb überhaupt auf die fiktive Auskehrung des [X.]s eine Körperschaftsteuer erhoben werden sollte. Auch während des [X.] führte die Rückzahlung von [X.] grundsätzlich nicht zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass das Gesetz an das ausschüttbare Eigenkapital laut Steuerbilanz und nicht laut Handelsbilanz anknüpft. Wie aus der Gesetzesbegründung ersichtlich, ist dies aus Vereinfachungsgründen und nicht deshalb geschehen, weil auf das [X.] eine Körperschaftsteuer festgesetzt werden soll. Das ausschüttbare Eigenkapital kann anhand der ohnehin im Besteuerungsverfahren vorliegenden Steuerbilanz ermittelt werden, ohne dass die Handelsbilanz angefordert werden muss.

Auch die Literatur geht davon aus, dass das [X.] nicht in die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 Abs. 5 Satz 2 [X.] 2002 n.[X.] einzubeziehen ist ([X.] in [X.]/[X.], [X.]/[X.]/[X.], § 38 [X.] Rz 54; Lornsen-Veit in [X.]/[X.], Körperschaftsteuergesetz, § 38 Rz 91; [X.] in [X.], [X.], § 38 Rz 153; Streck/ [X.], [X.], 7. Aufl., § 38 Rz 63; [X.], [X.] 2008, 274; wohl auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 38 Rz 66). Das Problem wird zwar in der Regel nicht ausdrücklich erörtert, jedoch wird in [X.] zu § 38 Abs. 5 Satz 2 [X.] 2002 n.[X.] die Körperschaftsteuererhöhung nur anhand des zum 31. Dezember 2006 vorhandenen ausschüttbaren Eigenkapitals errechnet.

Meta

I R 107/10

12.10.2011

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 16. November 2010, Az: 6 K 290/09, Urteil

§ 38 Abs 4 S 1 KStG 2002 vom 20.12.2007, § 38 Abs 5 S 1 KStG 2002 vom 20.12.2007, § 38 Abs 5 S 2 KStG 2002 vom 20.12.2007, § 38 Abs 6 KStG 2002 vom 20.12.2007, § 38 Abs 7 KStG 2002 vom 20.12.2007, § 37 Abs 4 KStG 2002 vom 07.12.2006, § 36 Abs 7 KStG 1999 vom 23.10.2000, § 38 Abs 2 KStG 1999 vom 20.12.2001

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.10.2011, Az. I R 107/10 (REWIS RS 2011, 2490)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2490

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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