Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2015, Az. XII ZB 317/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14266

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 317/14

vom

11. März 2015

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1605; FamFG § 61 Abs. 1
Bei der Bemessung der Beschwer des zur Auskunft Verpflichteten ist regelmä-ßig davon auszugehen,
dass die hierfür erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 28.
November 2012
XII
ZB
620/11
FamRZ 2013, 105 und vom 29.
Septem-ber 2010
XII
ZB
49/09
011, 110).
BGH, Beschluss vom 11. März 2015 -
XII ZB 317/14 -
Kammergericht [X.]

AG [X.]-Schöneberg

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
11.
März 2015
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose, die Richterin [X.] und [X.], Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25.
Zivilsenats als Senat für Familiensachen des Kammergerichts in [X.] vom 2.
Juni 2014 wird auf Kosten des Antragsgegners
verworfen.
Wert: bis 600

Gründe:
I.
Die seit 1999 verheirateten Beteiligten leben getrennt. Für die beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kinder, die
überwiegend bei der Antragstellerin le-ben, hat diese im Rahmen eines [X.] den

als Rechtsanwalt tätigen

Antragsgegner auf Auskunft über seine Einkünfte und auf Vorlage von Belegen in Anspruch genommen.
Das Amtsgericht hat dem Auskunftsantrag

den der Antragsgegner teil-weise anerkannt hatte

mit "Teilanerkenntnis-Teilbeschluss"
in vollem Umfang stattgegeben. Dabei hat es den Antragsgegner unter anderem verpflichtet, die Einkommensteuererklärung für das [X.] vorzulegen.
Die Beschwerde des Antragsgegners hat das Beschwerdegericht als [X.] verworfen, weil der erforderliche Wert des [X.] 1
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-
3
-
nicht erreicht sei. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der [X.].

II.
Die gemäß §
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG, §§ 574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1
Satz
4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Vo-raussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt sind.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner
nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zu-gang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren
(st. Rspr., vgl. Senatsbeschlüsse vom 2.
April 2014 -
XII
ZB
486/12 -
FamRZ 2014, 1012 Rn.
6 und vom 22.
Januar 2014 -
XII
ZB
278/13 -
FamRZ 2014, 644 Rn.
3, jeweils mwN).
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, liegt auch kein ent-scheidungserheblicher Verstoß des [X.] gegen Art.
103 Abs.
1 GG vor.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Für die Bemessung des Werts
des [X.] sei das [X.] des Antragsgegners maßgeblich, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei sei auf den Aufwand an [X.] und Kosten abzustellen, den die Erteilung der Auskunft erfordere. Dieser übersteige 600

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-
4
-
Heraussuchen und gegebenenfalls Kopieren der Unterlagen sowie das Zu-sammenstellen der Daten sei mit
nicht
mehr als fünf Stunden einzuschätzen.
Als die erforderliche Beschwer übersteigender Aufwand komme allein derjenige für die Vorlage der Einkommensteuererklärung 2012 in Betracht, für die der Antragsgegner geltend mache, dass er sie krankheitsbedingt noch nicht erstellt habe und für die ihm daher Kosten für die Beauftragung eines Steuerbe-raters entstünden. Insoweit fehle es jedoch schon an einer Kausalität zwischen der vom Amtsgericht ausgesprochenen Verpflichtung und der Kostenentste-hung. Denn den Antragsgegner treffe bereits aufgrund der steuerrechtlichen Vorschriften und damit unabhängig vom angefochtenen Beschluss die Pflicht zur Abgabe der Erklärung. Die Frist sei vom Finanzamt angesichts der gesund-heitlichen Verhältnisse des Antragsgegners zuletzt bis zum 30.
April 2014 ver-längert gewesen, so dass ohnedies die Notwendigkeit zur zeitnahen Erstellung der Einkommensteuererklärung bestehe.
Soweit sich der Antragsgegner hilfsweise auf die ihm entstehenden eige-nen Aufwendungen stütze, rechtfertige das ebenfalls nicht die Annahme einer 600

Zum einen fehle es auch insoweit an der [X.]. Und zum
anderen gehe der Antragsteller von einem [X.]aufwand von 28,4
Stunden aus. Zur Bewertung dieses [X.]aufwands sei auf die [X.] zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde. Denn durch die Auskunft, die regelmäßig in der Freizeit erteilt werde, entstehe kein Verdienstausfall. Gemäß §
20 [X.] sei daher ein Stun-densatz von 3,50

n, so dass sich dann eine Beschwer von gerundet 100

2. Dies hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde jedenfalls im Ergebnis stand.
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-
5
-
a) Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt ist der rechtliche Ausgangspunkt des [X.].
Danach ist für die Be-messung des Werts des [X.] bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des [X.] maßgebend, die [X.] nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Ge-heimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an [X.] und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft
erfordert.
Dabei kann die vom Beschwerdegericht vorgenommene Schätzung wegen des ihm hierbei eingeräumten Ermessensspielraums im Rechtsbeschwerdeverfahren nur ein-geschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 2.
April 2014

XII
ZB
486/12
FamRZ 2014, 1012 Rn.
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f. und vom 11.
September 2013

XII
ZB
161/13

juris Rn.
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f., jeweils
mwN).
b) Auch bei Anlegung dieses Maßstabes erscheint allerdings die Auffas-sung des [X.], die Kosten für die gegebenenfalls noch erforder-liche
Erstellung der Einkommensteuererklärung 2012 müssten schon mangels Kausalität außer Betracht bleiben, rechtlich nicht zwingend. Denn im vorliegen-den Einzelfall ergibt sich die Verpflichtung des Auskunftsschuldners zur [X.]

unterstellt, sie wurde bislang nicht angefertigt

unab-hängig von steuerrechtlichen
Bestimmungen daraus, dass er mit dem angegrif-fenen Auskunftstitel
zu ihrer Vorlage
verpflichtet wurde. Dies kann jedoch da-hinstehen.
c) Denn selbst
bei Berücksichtigung des für die Erstellung der Einkom-mensteuererklärung notwendigen Aufwands
wird der gemäß §
61 Abs.
1 FamFG
erforderliche
Wert des [X.] nicht erreicht.
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-
6
-
aa) Auch wenn die Auskunftserteilung die Erstellung einer Steuer-
erklärung erfordert, ist für die Ermittlung der Beschwer grundsätzlich nicht auf die Kosten eines Steuerberaters abzustellen. Denn die auf einer besonderen familienrechtlichen Beziehung beruhende Auskunftspflicht nach §
1605 BGB
ist persönlicher Natur und die Erfüllung mit berufstypischen Leistungen, z.B. eines Steuerberaters gegenüber [X.], nicht vergleichbar. Daher wäre es nicht gerechtfertigt, die Bewertung danach auszurichten, welche Vergütung ein Dritter
hierfür fordern könnte. Auch die Kosten der Zuziehung einer sachkundi-gen Hilfsperson können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten [X.] nicht in der Lage ist (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 14.
Mai 2014

XII
ZB
487/13

FamRZ 2014, 1286 Rn.
14
und
vom 16.
April 2008

XII
ZB
192/06

FamRZ 2008, 1336 Rn.
17, jeweils
mwN). Der Antragsgegner, der die Steuererklärungen in der Vergangenheit stets selbst erstellt hat, hat dies schon nicht behauptet.
bb) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die anfallenden Stunden seien mit einem Stundensatz von 130,90

n-tragsgegner anstelle der Handlungen, zu denen er verpflichtet worden sei, für diesen Stundensatz arbeiten könne.
(1) Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen
aufzuwendenden [X.]-aufwands ist nach der Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er
mit der Erteilung der Auskunft we-der eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet (Senatsbeschluss vom 28.
November 2012

XII
ZB
620/11

FamRZ 2013, 105 Rn.
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f. mwN).
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Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können (vgl. [X.] vom 28.
November 2012

XII
ZB
620/11

FamRZ 2013, 105 Rn.
14 und vom 29.
September 2010

XII
ZB
49/09

FuR 2011, 110 Rn.
7). Der [X.]spflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht mög-lich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu ma-chen.
(2) Dies ist dem Antragsgegner nicht gelungen.
In dem von der Rechtsbeschwerde insoweit zitierten Schriftsatz gegen-über dem Beschwerdegericht hatte er ausgeführt, frühere Steuererklärungen habe er in [X.]en beruflichen Leerlaufs gefertigt, die es jetzt nicht mehr gebe. Bedingt durch Krankheit und Arbeitsüberlastung sei es ihm weder zum [X.]-punkt des amtsgerichtlichen Beschlusses noch heute möglich, [X.] für die [X.] aufzuwenden.
Damit hat der Antragsgegner entgegen den Ausführungen der [X.] bereits nicht behauptet, über keine Freizeit zu verfügen, in der er die Auskunft erteilen könnte. Vielmehr hat sich der Vortrag auf seine Arbeitszeit bezogen, in der es keinen Leerlauf mehr gebe. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Erwägung des Antragsgegners, er könne statt der geforderten [X.]sleistungen zu einem bestimmten Stundensatz arbeiten. Dies besagt

[X.] als die Rechtsbeschwerde meint

insbesondere nicht, dass der Antrags-gegner seine (komplette) verfügbare [X.] insgesamt für die Arbeit aufzuwenden hätte. Soweit er in einem weiteren Schriftsatz von einem "immensen Rückstand unerledigter Fristsachen"
berichtet, hat er weiter darauf hingewiesen, er müsse seine ihm zur Verfügung stehende Arbeitszeit nutzen, um den Lebensunterhalt für sich und die beiden Kinder zu verdienen.
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-
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-
Dass ihm bei alldem keinerlei Freizeit verbleibt, lässt sich diesen [X.] nicht entnehmen und
wird auch durch die zur Glaubhaftmachung vorge-legten ärztlichen Unterlagen und eidesstattlichen Versicherungen nicht belegt.
cc) Daher ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerde-gericht den [X.]aufwand des Antragsgegners entsprechend den Bestimmungen des Justizvergütungs-
und -entschädigungsgesetzes ([X.]) über die Entschä-digung von Zeugen bewertet und dabei auf den in §
20 [X.] festgelegten Stundensatz von 3,50

at (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2.
April 2014

XII
ZB
486/12

FamRZ
2014, 1012 Rn.
17 und vom 22.
Januar 2014

XII
ZB
278/13

FamRZ 2014, 644 Rn.
12 mwN). In Anbetracht dieses Stun-densatzes wird der nach §
61 Abs.
1 FamFG erforderliche Wert des Beschwer-degegenstandes von über 600

selbst unter Zugrundelegung der vom [X.] geltend gemachten Stundenzahl deutlich unterschritten.
Dose

[X.]

Schilling

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
AG [X.]-Schöneberg, Entscheidung vom 21.11.2013 -
87 [X.]/13 -

Kammergericht
[X.], Entscheidung vom 02.06.2014 -
25 UF 122/13 -

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22

Meta

XII ZB 317/14

11.03.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2015, Az. XII ZB 317/14 (REWIS RS 2015, 14266)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14266

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 317/14

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