Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2015, Az. 3 StR 537/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 8460

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:090715B3STR537.14.1

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 537/14
vom
9. Juli 2015
in der Strafsache
gegen

wegen Körperverletzung
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 9. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 [X.] einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. Januar 2014, soweit es ihn betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Fall [X.]. der Urteilsgründe sowie
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an das [X.] -
Strafrichter -
zurückver-wiesen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten -
unter Freispruch im Übrigen -
wegen Körperverletzung (Fall [X.]. 10. der Urteilsgründe) sowie wegen ver-suchter Körperverletzung in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfas-sungswidriger Organisationen (Fall [X.]. der Urteilsgründe) zu der Gesamt-r-letzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus 1
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der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegrün-det.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s rief der Angeklagte am 1.
Mai 2011 zwischen 3.00 und 4.00 Uhr auf einer Maifeier in R.

lauthals "Sieg Heil". Als ihn ein Besucher deswegen zur Rede stellen wollte, wiederholte er den Ausruf und "schlug dem Zeugen mit der flachen Hand die Brille aus dem Gesicht, ohne ihm dabei Schmerzen zuzufügen oder die Brille zu beschädigen". Anschließend entfernte sich der Angeklagte (Fall [X.]. der Urteilsgründe).
Am 25. November 2011 kam es in W.

außerhalb eines Schnell-restaurants zu einer Schlägerei, weswegen der Filialleiter die Polizei [X.]. Als er bemerkte, dass die Kämpfenden den Ort des Geschehens verließen, hielt er den sich ebenfalls entfernenden Angeklagten, der in die Filiale [X.] war und zu einer der Gruppe der Kämpfenden gehörte, am Arm fest, um einen Zeugen vor Ort zu haben. Der Angeklagte riss sich los und rannte zur Tür. Als der Filialleiter ihm folgte, drehte sich der Angeklagte um, versetzte ihm einen Schlag mit der Faust ins Gesicht und floh anschließend vom Tatort (Fall [X.]. 10. der Urteilsgründe).
2. Die Verurteilung wegen Körperverletzung hinsichtlich des unter [X.]. 10. der Urteilsgründe geschilderten Sachverhalts hat Bestand. Soweit die Revi-sion geltend macht, das [X.] hätte eine Rechtfertigung des Angeklagten durch Notwehr erörtern müssen, ergeben die rechtsfehlerfrei getroffenen Fest-stellungen, dass der Faustschlag des sich ohnehin im Gehen befindlichen [X.] jedenfalls nicht erforderlich im Sinne des § 32 Abs. 2 StGB war.

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3. Demgegenüber wird der Schuldspruch wegen versuchter [X.] hinsichtlich des Geschehens vom 1. Mai 2011 von den Feststellungen nicht getragen. Insofern fehlt es an Ausführungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten. Es mag zwar naheliegen, dass dessen Angriff nicht ausschließ-lich der Brille, sondern auch der körperlichen Integrität des Geschädigten galt oder dass der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannte, diesen durch sein Vorgehen zu verletzen und dies billigend in Kauf nahm. Dies festzustellen ist indes Sache des Tatrichters. Darüber hinaus verhält sich das Urteil nicht zum Vorstellungsbild des Angeklagten unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung, welches für die Beurteilung maßgeblich ist, ob der An-geklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB von einem etwaigen Versuch strafbe-freiend zurückgetreten ist (vgl. zum Rücktrittshorizont [X.],
Urteil vom 2.
November 1994 -
2 StR 449/94, [X.], 304, 305 f.).
Die deshalb gebotene Aufhebung des Urteils umfasst auch das in [X.] zur versuchten Körperverletzung stehende, für sich betrachtet rechtsfeh-lerfrei festgestellte Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisa-tionen (vgl. KK-Gericke, [X.], 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Der Wegfall der Einzelstrafe zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.
Nach Ausscheiden des die Zuständigkeit des [X.]s begründen-den Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 Var.
2 StGB verweist der Senat das Verfahren im Umfang der [X.] an das für das Geschehen in R.

örtlich zuständige [X.] -
Strafrichter -
zurück (§ 354 Abs. 3 [X.]).
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4. Darüber hinaus stellt der Senat klar, dass entgegen den Ausführun-gen in den schriftlichen Urteilsgründen des [X.]s für einen Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereini-gung und vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Nr. 1 (12) der Anklage) kein Raum war, und sich dementspre-chend der ausgeurteilte Teilfreispruch hierauf nicht erstreckt.
Allerdings war die Anklage mit Blick auf das Geschehen vom 1. Mai 2011 von zwei Taten (§ 53 StGB) -
dem ersten Ruf "Sieg Heil" auf der einen, dem zweiten Ruf sowie dem Schlag gegen die Brille auf der anderen Seite -
ausgegangen. In diesen Fällen ist ein Freispruch auch dann angezeigt, wenn das tatmehrheitlich angeklagte, indes nicht als erwiesen angesehene Gesche-hen mit dem abgeurteilten Teil eine natürliche Handlungseinheit bilden würde (vgl. [X.]/[X.], [X.], 58. Aufl., § 260 Rn. 13 mwN). Dies gilt [X.] nicht, wenn -
wie vorliegend -
das gesamte angeklagte Geschehen [X.] wird (vgl. [X.], Beschluss vom 20. September 2012 -
3 [X.], [X.], 6, 7). Denn in diesen Fällen ist für eine weitere materiell-rechtliche Tat, die Gegenstand eines Freispruchs sein könnte,
kein Raum mehr.
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Ein Freispruch unterbleibt des Weiteren, wenn nicht wegen aller Taten verurteilt wird, die nach dem Eröffnungsbeschluss in Tateinheit zueinander ste-hen ([X.], Urteil vom 22. Mai 1984 -
5 [X.], [X.], 13, 15 f. bei [X.]/[X.]). Deswegen kam ein Freispruch vom Vorwurf der Mitglied-schaft in einer kriminellen Vereinigung, der als in Tateinheit zu der [X.] vom 25. November 2011 stehend angeklagt worden war, nicht in [X.].
[X.] Mayer

Gericke Spaniol
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Meta

3 StR 537/14

09.07.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2015, Az. 3 StR 537/14 (REWIS RS 2015, 8460)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8460

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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