Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2016, Az. XI ZR 200/15

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17521

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:190116BXIZR200.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 200/15

vom

19.
Januar 2016

in dem Rechtsstreit

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2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.] Dr.
Ellenberger,
die [X.] Dr.
Grüneberg
und
Maihold
sowie
die [X.]innen Dr.
Menges
und
Dr.
Derstadt

am 19.
Januar 2016

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird unter Zu-rückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des 17.
Zivilsenats des [X.] vom 14.
April 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das [X.] die Berufung des [X.] in Bezug auf das von ihm geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Rück-übertragung der Grundschuld zurückgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt

-
3
-
Gründe:
I.
Die Parteien machen wechselseitig Ansprüche aus der Rückabwicklung eines [X.] nach Widerruf durch den Kläger geltend.
Die beklagte Bank gewährte dem Kläger im August 2009 zur [X.] ein Annuitätendarlehen über 100.000

zum 7.
August 2019. Der Darlehensrückzahlungsanspruch war auf dem [X.] durch eine Grundschuld mit persönlicher Haftungsübernahme und Vollstreckungsunterwerfung über 230.000

waren zwei Widerrufsbelehrungen beigefügt, nämlich eine für ein [X.] und eine für ein Fernabsatzgeschäft, in denen jeweils als [X.] "zwei Wochen (einen Monat)" angegeben war und dies in einer Fußno-te dahin erläutert wurde, dass die Widerrufsfrist gemäß §
355 Abs.
2 Satz
2 BGB einen Monat betrage, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertrags-schluss in Textform dem Kunden mitgeteilt werde.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.
Oktober 2013 widerrief der Kläger seine auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung und forderte die Rückabwicklung des Vertrags, was die [X.] zunächst verweigerte, weil sie die Widerrufsbelehrung(en) für ordnungs-gemäß hielt.
Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass sich der mit der Beklagten abgeschlossene Darlehensvertrag durch seinen Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe und der Beklagten aus diesem gegen ihn kein Zahlungsanspruch mehr zustehe, der die dann noch offene [X.] abzüglich der seit dem 23.
Oktober 2013 geleisteten Zahlungen 1
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übersteige; ferner hat er die Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten verlangt. Die Beklagte hat [X.] die Zahlung der offenen Darlehensvaluta in Höhe von 95.483,61

t-stellungsantrag des [X.] und der Hilfswiderklage der [X.]; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Die dagegen gerichtete Be-rufung des [X.] hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Widerklage

wegen unstreitig weiterer Zahlungen des [X.]

nur in Höhe von 94.082,08

soweit hier noch von Interesse

im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das [X.] habe den Kläger auf die Hilfswiderklage der Beklagten rechtsfehlerfrei zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verurteilt. Die Widerklage sei zulässig und ordnungsgemäß erhoben worden. Sie sei auch begründet. Der Beklagten stehe insoweit ein Rückzahlungsanspruch aus §
357 Abs.
1 BGB (in der bis zum 12.
Juni 2014 geltenden Fassung; im Folgenden: aF) i.V.m. §
346 Abs.
1 BGB zu. Danach könne die Beklagte die ausgezahlte Nettodarlehens-summe (100.000

Möglichkeit der [X.] beanspruchen. Bei der Abrechnung sei die [X.] zu Recht davon ausgegangen, dass ihr die bisher vom Kläger geleisteten [X.] als Gebrauchsvorteile gemäß §
346 Abs.
2 Satz
2 Halbs.
1 BGB zustünden. Ob sich der Kläger im Hinblick auf §
346 Abs.
2 Satz
2 Halbs.
2 BGB an dem vertraglichen Äquivalenzverhältnis festhalten lassen müsse, kön-ne dahinstehen, weil die Klageforderung hinter der Nettodarlehenssumme
zu-rückbleibe.
Soweit der Kläger erstmals mit einem nach Ablauf der Berufungsbegrün-dungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 12.
März 2015 ein [X.] geltend gemacht und die Aufrechnung mit einem Gegenanspruch erklärt habe, könne er sich darauf nicht mehr berufen. Mit dem im Hinblick auf 5
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die Rückübertragung der Grundschuld geltend gemachten Zurückbehaltungs-recht sei er nach §
531 Abs.
2 Nr.
3 ZPO präkludiert. Die Aufrechnung sei nach §
533 ZPO unzulässig, weil die damit erstrebte Gesamtabwicklung des [X.] nicht mehr auf Tatsachen gestützt werden könne, die ohnehin nach §
529 ZPO für die Verhandlung und Entscheidung der Berufung zugrunde zu legen seien.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er sich
nur noch gegen seine auf die Widerklage erfolgte Verurteilung wendet und erreichen möchte, dass er an die Beklagte nur 82.934,45

Zinsen zahlen muss, und dies auch nur Zug um Zug gegen Rückübertragung der Grundschuld.

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat teilweise Erfolg und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückver-weisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, soweit das Berufungsge-richt die Berufung des [X.] in Bezug auf das von ihm geltend gemachte Zu-rückbehaltungsrecht hinsichtlich der Rückübertragung der Grundschuld zurück-gewiesen hat.
1. Art.
103 Abs.
1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unter-lassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Par-teien haben.
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2. Nach diesen Maßgaben ist Art.
103 Abs.
1 GG hier verletzt. Die Nicht-zulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, das Berufungsgericht habe ge-hörswidrig das Vorbringen des [X.] zu dem von ihm geltend gemachten Zu-rückbehaltungsrecht gemäß §
531 Abs.
2 Nr.
3 ZPO unberücksichtigt gelassen.
a) Der insoweit neue Vortrag in der Berufungsinstanz ist unstreitig ge-blieben, weshalb er vom Berufungsgericht nicht gemäß §
531 Abs.
2 Nr.
3 ZPO hätte zurückgewiesen werden dürfen. Denn unstreitige Tatsachen, die erstmals im [X.] vorgetragen werden, sind stets zu berücksichtigen
([X.], Urteil vom 18.
November 2004
IX
ZR 229/03, [X.]Z 161, 138, 141
ff.; Beschluss vom 23.
Juni 2008
[X.], [X.]Z 177, 212 Rn.
10), und zwar selbst dann, wenn der unstreitige Vortrag im Hinblick auf Folgefragen eine Be-weisaufnahme erfordert ([X.], Urteile vom 18.
November 2004
[X.], [X.]Z 161, 138, 144
f. und vom 16.
Oktober 2008
[X.], [X.], 86 Rn.
22). Für
die unstreitige Einrede gilt nichts anderes ([X.], Beschluss vom 23.
Juni 2008
[X.], [X.]Z 177, 212 Rn.
11).
b) Die Verletzung des Art.
103 Abs.
1 GG ist entscheidungserheblich. Der Darlehensnehmer kann nach Widerruf der Darlehensvertragserklärung ge-mäß §
357 Abs.
1 Satz
1 BGB aF i.V.m. §
346 Abs.
1 BGB vom Darlehensge-ber die aus seinem eigenen Vermögen erbrachten Zins-
und Tilgungsleistungen zurückfordern sowie die Rückabtretung gewährter Sicherheiten verlangen (vgl. Senatsurteil vom 24.
April 2007

XI
ZR 17/06, [X.]Z 172, 147 Rn.
22). Auf das ihm zustehende, nach §
348 BGB Zug um Zug zu erfüllende Gegenrecht der Rückübertragung der bewilligten Grundschuld hat sich der Kläger im Schriftsatz vom 12.
März 2015 berufen (vgl. dazu Senatsurteil vom 10.
März 2009

XI
ZR 33/08, [X.]Z 180, 123 Rn.
30; Senatsbeschluss vom 22.
September 2015

XI
ZR 116/15, NJW 2015, 3441 Rn.
7), ohne dass die Beklagte dessen [X.] bestritten hat.
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7
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III.
Im Übrigen weist der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] zurück, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fort-bildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordern (§
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbs.
2 ZPO abgesehen.

Ellenberger

Grüneberg

Maihold

Menges

Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.04.2014 -
10 [X.] -

O[X.], Entscheidung vom 14.04.2015 -
17 [X.] -

13

Meta

XI ZR 200/15

19.01.2016

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2016, Az. XI ZR 200/15 (REWIS RS 2016, 17521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17521

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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