Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2014, Az. XII ZB 706/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7987

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 706/12

vom

12. Februar
2014

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §
66
In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Einlegung einer Anschluss-beschwerde mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn mit der Anschließung (lediglich) das gleiche Ziel wie mit dem [X.] verfolgt werden soll.
[X.], Beschluss vom 12. Februar 2014 -
XII [X.] 706/12 -
KG [X.]

[X.]

-
2
-

Weitere Beteiligte:

-
3
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 12.
Februar 2014 durch [X.] und [X.], Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
beschlossen:
Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrens-kostenhilfe
wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 13.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 2.
November 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die
Anschlussbeschwerde
der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Tempel-hof-Kreuzberg vom 12.
Juni 2012 als unzulässig verworfen wird.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Im Übrigen werden die Kosten der Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin auferlegt.
Beschwerdewert:
1.000

Gründe:
I.
Der
Antragsteller
und die
Antragsgegnerin
haben am 6.
Mai 1994
die Ehe miteinander geschlossen. Der Scheidungsantrag wurde am 6.
Oktober 2010 zugestellt. Im Scheidungsverbund hat die Antragsgegnerin Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt gegen den Antragsteller geltend gemacht. Mit
Schrift-1
-
4
-

satz vom 7.
April 2011
hat der im Bezug von Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes stehende Antragsteller beantragt, die Kürzung seiner beiden
Versorgungen
we-gen Unterhalts gemäß §
33 [X.] auszusetzen. Im Scheidungstermin am 12.
Juni 2012 haben die beteiligten Eheleute einen Vergleich über die Zahlung eines nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 400,00

der Antragsteller hat danach seinen Aussetzungsantrag wiederholt. Das [X.] hat die Ehe geschieden
und
den Versorgungsausgleich
geregelt, ohne über den Aussetzungsantrag des Antragstellers zu
entscheiden.
Der dagegen gerichteten Beschwerde des Antragstellers hat sich die An-tragsgegnerin angeschlossen. Beide Eheleute haben im Beschwerdeverfahren übereinstimmend begehrt, die Kürzung der
laufenden Versorgungen des An-tragstellers
bei der Beteiligten zu
1
(DRV [X.]-Brandenburg) und bei der Be-teiligten zu
3 ([X.])
in voller Höhe
auszusetzen.

Das [X.], dessen Entscheidung in juris
(Beschluss vom 2.
No-vember 2012

13
UF
132/12) veröffentlicht ist, hat sowohl die Beschwerde als auch die
Anschlussbeschwerde zurückgewiesen. Die Versorgung bei der [X.] sei eine privatrechtlich organisierte betriebliche Altersversorgung. Da diese in §
32 [X.] nicht angeführt sei, komme für eine
Aussetzung der Kürzung von vornherein nur die laufende Versorgung aus
der gesetzlichen Rentenversi-cherung in Betracht. Insoweit könne der
Antrag auf Aussetzung nach §§
33, 34 [X.] aber nicht in den Scheidungsverbund einbezogen werden, weil es sich bei der Aussetzung nicht um eine Regelung handele, die gerade für den Fall der Scheidung zu treffen ist, sondern sich erst als eine Folge aus dem
Ver-sorgungsausgleich ergebe.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde.
2
3
4
-
5
-

II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Das Beschwerdegericht hat der Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin zu
Recht den Erfolg versagt, was allerdings schon daran liegt, dass diese unzulässig gewesen ist.
1. Für eine
Anschließung an die Beschwerde des Antragstellers bestand
für die Antragsgegnerin kein Rechtsschutzbedürfnis.
a) In Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat jeder Beteiligte nach §
66 Satz
1 FamFG die Möglichkeit, ohne die Einlegung einer eigenen Beschwerde auch nach Ablauf der maßgeblichen Beschwerdefrist im Wege der Anschließung an ein bereits eingelegtes (Haupt-) Rechtsmittel seine Rechte in der Beschwerdeinstanz zu verfolgen. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber an den
bis zum 31.
August 2009 geltenden Rechtszustand angeknüpft, nach dem
die Anschließung an ein
Rechtsmittel
in Verfahren der freiwilligen Ge-richtsbarkeit vereinzelt
spezialgesetzlich geregelt war (§§
22
Abs.
2, 28 Abs.
1 [X.]; §
11 Abs.
3 HöfeVfO) und darüber hinaus
von der Rechtsprechung auch ohne ausdrückliche Regelung für zulässig erachtet wurde, wenn
sich im Verfahren mehrere Beteiligte mit entgegengesetzten Interessen gegenüber-standen und
die
Gesichtspunkte der Waffengleichheit und der Verfahrensöko-nomie
eine
Überwindung des Verbots der Schlechterstellung des [X.] geboten ([X.]Z 71, 314, 317
f. =
NJW 1978, 1977
f.; [X.]sbeschlüsse [X.]Z 86, 51, 52
f. =
[X.], 154
f. und [X.]Z 92, 207, 210
f. =
[X.], 59, 60).
b) Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die
durch §
66 Satz
1 FamFG eröffnete Möglichkeit der Anschließung an eine Beschwerde in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit weder
auf kontradiktorisch geprägte Verfahren
be-schränkt, noch setzt
die Anschließung von vornherein
voraus, dass im betref-5
6
7
8
-
6
-

fenden Beschwerdeverfahren für den Führer des [X.]s das Verbot der reformatio in peius gelten muss. Ob die Zulässigkeit der Anschließung gleichwohl voraussetzt, dass sich der [X.] in eine Gegnerstellung
zum Führer des [X.]s bringen will (vgl. [X.]/Sternal FamFG 18.
Aufl. §
66 Rn.
8
b mit Nachweisen zum Streitstand), braucht unter den hier obwaltenden Umständen
in dieser Allgemeinheit nicht entschie-den zu werden. Denn für die Einlegung eines unselbständigen Anschluss-rechtsmittels muss jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegen
(vgl. nur MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
66 Rn.
25
f.), woran es nach [X.] Ansicht auch unter der Geltung des neuen Verfahrensrechts fehlt, wenn mit der Anschließung (lediglich) das gleiche Ziel
wie mit dem [X.] verfolgt werden soll ([X.] FamRZ 2011, 1296, 1297; KG NJW-RR 2011, 1372
f.; [X.] FamRZ 2012, 1503; [X.]/Sternal FamFG
18.
Aufl. §
66 Rn.
8
b; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
66 Rn.
3; MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
66 Rn.
25; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 5.
Aufl. §
66 FamFG Rn.
3).

Ein Beteiligter, der das Begehren des Beschwerdeführers unterstützen möchte, kann auch ohne Anschließung
in der durch das [X.] er-öffneten Beschwerdeinstanz seine Beanstandungen zu der angefochtenen Ent-scheidung zur Sprache
bringen und auch sonst zur Sach-
und Rechtslage [X.] vortragen
(vgl. [X.]sbeschluss vom 15.
Januar 2014

XII
[X.]
413/12

zur Veröffentlichung bestimmt). Schließlich kann ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Einlegung einer unselbständigen Anschlussbeschwerde bei einem Gleichlauf mit dem
Rechtsschutzziel des [X.]s
auch nicht damit begründet werden, dass der Beteiligte durch die Anschließung die Mög-lichkeit erhalten solle, die im zweiten Rechtszug ergehende Entscheidung selbst mit einer Rechtsbeschwerde zum [X.] anfechten zu [X.]. Der [X.] hat bereits ausgesprochen, dass die unselbständige [X.]
-
7
-

ßung auch in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit allein der sachge-rechten Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens dient und nicht den Zweck hat, eine Fortsetzung des Verfahrens in der dritten Instanz zu ermöglichen (Se-natsbeschluss [X.]Z 92, 207, 212
f. =
[X.], 59, 60). Es sind keine [X.] dafür ersichtlich, dass diese Beurteilung durch die Reformgesetz-gebung grundlegend in Frage gestellt werden könnte, zumal die Begründung des Gesetzentwurfes selbst die Erwartung erkennen lässt, dass die durch §
66 FamFG eröffnete Möglichkeit der Anschließung "in erster Linie"
in solchen Ver-fahren praktische Bedeutung erlangen wird, in denen sich Beteiligte gegensätz-lich mit widerstreitenden Anliegen gegenüberstehen (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S.
206).
c) Auch die Besonderheiten des
Anpassungsverfahrens wegen Unterhalt (§§
33, 34 [X.]) gebieten insoweit keine andere Beurteilung.

Anträge nach §
33 [X.] haben lediglich verfahrenseinleitende Funktion und bedürfen keiner Bezifferung oder sonstigen
Konkretisierung dahingehend, welche laufenden Versorgungen des [X.] in welcher Höhe angepasst
werden sollen (vgl. [X.] 2011, 983; MünchKommBGB/[X.] 6.
Aufl. §
34 [X.] Rn.
3; FAKomm-FamR/[X.] 5.
Aufl. §
34 [X.] Rn.
7; [X.] Versorgungsausgleich 3.
Aufl. Rn.
957). Das Beschwerdegericht wird daher durch bestimmte
Anträge des Be-schwerdeführers
hinsichtlich des Umfangs der vorzunehmenden Anpassung wegen Unterhalt nicht gebunden, und zwar auch nicht hinsichtlich der nach §
33 Abs.
4 [X.] zu treffenden Entscheidung, welche von mehreren eingetre-tenen Kürzungen auszusetzen sind
([X.], 1313, 1314). Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Einlegung einer unselbständigen Anschlussbe-schwerde durch den Ehegatten des [X.]führers
lässt sich in die-sen Verfahren deshalb insbesondere nicht daraus herleiten, dass mit der An-10
11
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8
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schließung die sachlichen Entscheidungsbefugnisse des [X.] erweitert werden könnten.
Ebenso wenig vermag der Ehegatte des Beschwerdeführers durch die Einlegung einer unselbständigen Anschlussbeschwerde eine sachliche Ent-scheidung des [X.] über die Aussetzung der Kürzung für den Fall zu erzwingen, dass der Beschwerdeführer sein [X.] zurück-nimmt. Denn in diesem Falle würde die Anschließung nach §
66 Satz
2 FamFG ihre Wirkung verlieren und eine Weiterverfolgung der Anschlussbeschwerde unzulässig werden (vgl. [X.]surteil [X.]Z 100, 383, 390 =
FamRZ
1987, 800, 801).
2. Der von dem Beschwerdegericht ersichtlich als Anschließung gewür-digte Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 27.
August 2012 kann auch nicht als selbständige (Haupt-) Beschwerde ausgelegt werden (vgl. dazu auch [X.] Be-schluss vom 29.
März 2011 -
VIII
[X.]
25/10
-
NJW
2011, 1455, 1456
f.). Eine solche Umdeutung liegt schon deshalb fern, weil die für die Antragsgegnerin maßgebliche Beschwerdefrist beim Eingang dieses Schriftsatzes schon
längere Zeit abgelaufen war.
12
13
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9
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3. Der [X.] weist die Rechtsbeschwerde daher mit der Maßgabe
als unbegründet zurück, dass die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin [X.] wird.

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Botur

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.06.2012 -
129 [X.]/11 -

KG [X.], Entscheidung vom 02.11.2012 -
13 UF 132/12 -

14

Meta

XII ZB 706/12

12.02.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2014, Az. XII ZB 706/12 (REWIS RS 2014, 7987)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7987

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