Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.09.2016, Az. IV ZR 318/13

4. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 5831

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Gegenstand

Betriebsrente von einer Zusatzversorgungskasse in Bayern: Ruhen der Betriebsrente infolge des Bezugs von Krankengeld


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des [X.] vom 13. August 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der [X.] die Zahlung einer infolge des Bezugs von Krankengeld einbehaltenen Betriebsrente.

2

Die beklagte Zusatzversorgungskasse (im Folgenden: die Beklagte) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes auf der Grundlage entsprechender Versorgungstarifverträge im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, [X.] und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.

3

Die Klägerin ist als Bankkauffrau bei einer Sparkasse beschäftigt und bei der [X.] pflichtversichert. Nach einem Schlaganfall bewilligte ihr die [X.] ([X.]) mit Bescheid vom 26. August 2003 rückwirkend ab dem 1. Januar 2002 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Von der [X.] erhielt die Klägerin seit dem 1. Januar 2002 eine Betriebsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

4

Die Klägerin, die auch nach Rentenbewilligung im Rahmen der Hinzuverdienstgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung weiterhin bei ihrer bisherigen Arbeitgeberin beschäftigt blieb, erkrankte im Jahre 2010 an [X.]. Sie bezog nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums in der [X.] vom 6. Dezember 2010 bis zum 23. November 2011 Krankengeld sowie in der [X.] vom 24. November 2011 bis zum 29. Januar 2012 Übergangsgeld. Eine Kürzung der gesetzlichen Rente unterblieb in diesen [X.]räumen, weil Kranken- und Übergangsgeld die Hinzuverdienstgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung nicht überschritten.

5

Nachdem die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 3. Juni 2011 vom [X.] in Kenntnis gesetzt hatte, stellte die Beklagte mit Schreiben vom 30. Juni 2011 das Ruhen der Betriebsrente wegen des Bezugs von Krankengeld ab dem 6. Dezember 2010 fest. Zugleich forderte sie bis zum 31. Juli 2011 erbrachte Rentenleistungen in Höhe von 1.149,60 € zurück und verrechnete diesen Betrag später nach Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit durch die Klägerin mit anderen Rentenleistungen.

6

Die Beklagte beruft sich auf § 39 ihrer Satzung (im Weiteren: [X.]) in der Neufassung vom 25. Juni 2002, wo es auszugsweise heißt:

"§ 39 Nichtzahlung und Ruhen

(1) Die Betriebsrente wird von dem [X.]punkt an nicht gezahlt, von dem an die Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 100 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 [X.] endet.

[X.]) Ist der Versicherungsfall wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung eingetreten und wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen [X.] nicht oder nur zu einem Anteil gezahlt, wird auch die Betriebsrente nicht oder nur in Höhe eines entsprechenden Anteils gezahlt.

(3) Die Betriebsrente ruht, solange die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ganz oder teilweise versagt wird.

(4) Die Betriebsrente ruht ferner, solange die/der Berechtigte ihren/seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt außerhalb eines Mitgliedstaates der [X.] hat und trotz Aufforderung der Kasse keine Empfangsbevollmächtigte/keinen Empfangsbevollmächtigten im Inland bestellt.

(5) Die Betriebsrente ruht ferner in Höhe des Betrages des für die [X.] nach dem Beginn der Betriebsrente gezahlten Krankengeldes aus der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit dieses nicht nach § 96a Abs. 3 [X.] auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnen oder bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder eine Rente wegen Alters als Vollrente dem Träger der Krankenversicherung zu erstatten ist. […]"

7

Die Klägerin hält das Vorgehen der [X.] für unzulässig und fordert die einbehaltenen bzw. verrechneten Rentenzahlungen. Zuletzt hat sie Zahlung in Höhe von 2.201,64 € nebst Zinsen und Erstattung von Rechtsverfolgungskosten begehrt.

8

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe trotz des Bezugs von Krankengeld Anspruch auf Zahlung der Betriebsrente. Deren Ruhen komme nach § 39 Abs. 5 BayZVKS für die [X.] nach Rentenbeginn nur in Betracht, wenn Krankengeld nicht nach § 96a Abs. 3 SGB VI auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnen sei. An dieser Voraussetzung fehle es, da die Klägerin Krankengeld für eine nach Rentenbeginn eingetretene Arbeitsunfähigkeit erhalten habe. Dieses Krankengeld sei nach § 96a Abs. 3 [X.] dem Arbeitsentgelt gleichgestellt und mithin auf eine gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung grundsätzlich anzurechnen. Darauf, dass diese Anrechnung im Streitfall wegen Unterschreitung der Hinzuverdienstgrenzen unterblieben sei, komme es nicht an, denn § 39 Abs. 5 BayZVKS nehme lediglich auf § 96a Abs. 3 [X.], nicht jedoch auf die Anrechnungsvorschriften zu den Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs. 1 und 2 SGB VI Bezug. Die Satzungsbestimmung sei daher nur anzuwenden, wenn Krankengeld zwar in der [X.] nach dem Beginn der Betriebsrente, jedoch wegen einer schon vor Rentenbeginn eingetretenen Arbeitsunfähigkeit gezahlt werde; nur in diesem Fall werde das Krankengeld dem Arbeitsentgelt gemäß § 96a Abs. 3 SGB VI nicht gleichgestellt und sei deshalb nicht auf die gesetzliche Rente anzurechnen.

Dieser Auslegung stehe der Zweck der Satzungsbestimmung, einerseits eine Leistungskumulation zu begrenzen und andererseits eine zweimalige Anrechnung zu vermeiden, nicht entgegen. Durch die Zahlung des Krankengeldes anstelle des Arbeitsentgelts trete hier keine Leistungskumulation ein. Auch eine [X.] erfolge nicht, da das Krankengeld weder auf die gesetzliche Rente noch auf die Betriebsrente angerechnet werde.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.

§ 39 Abs. 5 BayZVKS bestimmt unter anderem, die Betriebsrente ruhe in Höhe des Betrages eines für die [X.] nach dem Beginn der Betriebsrente gezahlten Krankengeldes aus der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit dieses nicht nach § 96a Abs. 3 SGB VI auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnen ist. Damit hat die Beklagte inhaltsgleich die Regelung aus § 12 Abs. 5 des Tarifvertrages über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vom 1. März 2002 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 12. März 2003 ([X.]) übernommen.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats finden die Satzungsbestimmungen der öffentlich-rechtlichen [X.] als Allgemeine Versicherungsbedingungen auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern mit der Zusatzversorgungskasse als Versicherer zugunsten der versicherten Arbeitnehmer, abgeschlossen werden (Senatsurteile vom 23. Juni 1999 - IV ZR 136/98, [X.], 103, 106 ff. unter 2 a [juris Rn. 10-13]; vom 12. Januar 2011 - IV ZR 118/10, [X.], 611 Rn. 11; vom 29. September 2010 - IV ZR 99/09, juris Rn. 13; vom 24. März 2010 - IV ZR 296/07, [X.], 656 Rn. 15, jeweils zur Satzung der [X.] und der Länder; vom 14. Juni 2006 - IV ZR 55/05, [X.], 1248 Rn. 8 zur Satzung der [X.]). Für die Auslegung der Satzungsbestimmungen einer solchen Gruppenversicherung kommt es auch auf das Verständnis und Interesse eines durchschnittlichen Versicherten an (Senatsurteile vom 12. Januar 2011; vom 29. September 2010; vom 24. März 2010, jeweils aaO; vom 3. Dezember 2008 - IV ZR 104/06, [X.], 201 Rn. 13; vom 14. Februar 2007 - IV ZR 267/04, [X.], 676 Rn. 10; vom 14. Juni 2006 - IV ZR 55/05, [X.], 1248 Rn. 8; vom 14. Mai 2003 - IV ZR 76/02, [X.], 895 unter II 1 a [juris Rn. 27]).

2. Er wird zunächst die in § 39 BayZVKS getroffene Regelung über Nichtzahlung und Ruhen der Betriebsrente als Ganzes in den Blick nehmen und feststellen, dass die von der [X.] gewährte Betriebsrente in Abhängigkeit von der gesetzlichen Rente gezahlt wird. So ist in § 39 Abs. 1 BayZVKS bestimmt, die Zahlung der Betriebsrente ende mit dem Ende der gesetzlichen Rente und werde bei Fortsetzung der gesetzlichen Rentenzahlungen wieder geleistet. § 39 Abs. 2 BayZVKS kann der Versicherte weiter entnehmen, dass bei Anrechnung eines [X.] auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente auch die Zusatzrente wegen Erwerbsminderung einer entsprechenden Anrechnung des [X.] unterliegt. Der Versicherte wird diese Regelung so verstehen, dass ihm Rentenleistungen wegen Erwerbsminderung  sowohl aus der gesetzlichen Rentenversicherung als auch aus der Zusatzversicherung - nicht zustehen sollen, soweit ein Hinzuverdienst bestimmte Grenzen übersteigt und daher auf die Rentenleistungen anzurechnen ist.

Die Grenzen eines insoweit neben der Erwerbsminderungsrente unbedenklichen [X.] sind für die gesetzliche Rente in § 96a Abs. 1 und 2 [X.] festgelegt. § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a [X.], auf welchen der Versicherte in § 39 Abs. 5 BayZVKS hingewiesen wird, bestimmt insoweit ergänzend, dass bei der Feststellung eines [X.] neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung dem Arbeitsentgelt oder -einkommen der Bezug von Krankengeld gleichsteht, welches aufgrund einer nach Rentenbeginn eingetretenen Arbeitsunfähigkeit geleistet wird. Daraus kann der durchschnittliche Versicherte entnehmen, dass ein - anstelle seines [X.] - im Krankheitsfalle gezahltes Krankengeld grundsätzlich in gleicher Weise wie der ursprüngliche Hinzuverdienst nach § 39 Abs. 2 BayZVKS auf die gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung anzurechnen ist und insoweit dieselben Hinzuverdienstgrenzen gelten. Daraus folgt weiter, dass das einen Hinzuverdienst ersetzende Krankengeld ohne Einfluss sowohl auf die gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung als auch die Zusatzrente der [X.] bleibt, solange die gesetzlichen Hinzuverdienstgrenzen aus § 96a Abs. 2 [X.] nicht überschritten werden.

3. § 39 Abs. 5 BayZVKS enthält eine weitere Regelung über das Ruhen der Betriebsrente infolge von [X.]. Die [X.] setzt für das Ruhen einer Betriebsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung voraus, dass der Versicherte ein nach Rentenbeginn gezahltes Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhält, welches nicht nach § 96a Abs. 3 [X.] auf die gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnen ist.

a) Die Bestimmung wirft für den durchschnittlichen Versicherten, der in erster Linie vom [X.] ausgehen wird, die Frage auf, ob davon auch ein den Hinzuverdienst ersetzendes Krankengeld erfasst wird, welches lediglich infolge einer Unterschreitung der Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs. 2 [X.] nach § 96a Abs. 1 [X.] nicht auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente anzurechnen ist, oder ob die Bestimmung nur in Fällen anzuwenden ist, in denen eine Krankengeldanrechnung schon an den Voraussetzungen des § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] scheitert.

b) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, sprechen sowohl der [X.] als auch der systematische [X.], in den die Bestimmung gestellt ist, für die letztgenannte Auslegung.

§ 39 Abs. 5 BayZVKS macht dem durchschnittlichen Versicherten schon nicht deutlich, dass mit dieser Klausel die in § 39 Abs. 2 BayZVKS getroffene Regelung über Hinzuverdienst ergänzt oder verändert werden soll. Im [X.] an § 39 Abs. 2 BayZVKS enthalten die Absätze 3 und 4 der Satzungsbestimmung weitere selbständige Regeln über das Ruhen der Zusatzrente bei Versagung der gesetzlichen Rente (Abs. 3) sowie im Falle eines Wohnsitzes des Versicherten außerhalb der [X.] (Abs. 4). Diese Ruhenstatbestände stehen mit der in § 39 Abs. 2 BayZVKS getroffenen Regelung über Hinzuverdienst ersichtlich in keinem inneren Zusammenhang. Hätte der Satzungsgeber mit der erst in Absatz 5 getroffenen Regelung die bereits in Absatz 2 getroffene Regelung über die Anrechnung von Hinzuverdienst modifizieren oder ergänzen wollen, hätte es daher nahegelegen, die Regelung entweder in Absatz 2 selbst oder zumindest im unmittelbaren [X.] daran in Absatz 3 zu treffen. § 39 Abs. 5 BayZVKS verweist im Übrigen für die Frage der Anrechenbarkeit von Krankengeld auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente lediglich auf § 96a Abs. 3 [X.], welcher die grundsätzlichen Voraussetzungen der Anrechenbarkeit des Krankengeldes regelt, nicht jedoch auf § 96a Abs. 1 und 2 [X.], wo die für eine Anrechnung maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen geregelt sind.

Auch soweit sich der durchschnittliche Versicherte bemüht, den inhaltlichen [X.] zu erfassen, in den § 39 Abs. 5 BayZVKS gestellt ist, deutet für ihn die in Absatz 2 der Klausel getroffene Regelung über die Anrechnung von Hinzuverdienst auf beide Renten in Verbindung mit § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a [X.] darauf hin, dass die Frage einer Anrechnung von Hinzuverdienst oder (diesen ersetzendes) Krankengeld dort abschließend geregelt ist und § 39 Abs. 5 BayZVKS, in welchem von einem Hinzuverdienst nicht die Rede ist und die Nichtanwendung des § 96a Abs. 3 SGB VI gerade vorausgesetzt wird, einen anderen Fall regelt.

c) Bei dem von der [X.] vertretenen Verständnis des § 39 Abs. 5 BayZVKS ergeben sich zudem inhaltliche Widersprüche, die sich für den durchschnittlichen Versicherten nicht auflösen lassen.

aa) Beträfe auch die in § 39 Abs. 5 BayZVKS getroffene Ruhensregelung das einen Hinzuverdienst ersetzende Krankengeld im Sinne von § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a [X.] und hinge das Ruhen der Betriebsrente davon ab, ob das Krankengeld die Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs. 2 [X.] unterschreitet, stünde der Versicherte  wie die Klägerin im Streitfall  bei Erhalt eines niedrigen Krankengeldes unter Umständen schlechter da, als wenn das Krankengeld die Hinzuverdienstgrenze überschritte. Denn in diesem Fall wäre die Betriebsrente lediglich nach § 39 Abs. 2 BayZVKS anteilig zu kürzen, während sie bei Unterschreitung der Hinzuverdienstgrenzen in voller Höhe zum Ruhen gebracht werden könnte.

bb) Der durchschnittliche Versicherte wird den Sinn der gesetzlichen und satzungsmäßigen Verbote des Kumulierens [X.] Leistungen darin erkennen, dass bestimmte Beeinträchtigungen seiner Erwerbsfähigkeit nicht mehrfach ausgeglichen werden sollen und er insoweit nicht besser gestellt werden soll als durch das zu ersetzende Arbeitsentgelt oder -einkommen (vgl. BT-Drucks. 13/8671, S. 118; [X.] in  jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. § 96a Rn. 31). Er wird deshalb verstehen, dass er für denselben Einnahmeausfall nicht mehrfachen Ausgleich von verschiedenen [X.] Leistungsträgern erhalten kann, sofern eine solche Kumulation ihm nicht  wie bei der von der [X.] getragenen Zusatzversorgung neben der gesetzlichen Rente  ausdrücklich gesetzlich oder vertraglich zugesagt ist. Er wird mithin weiter verstehen, dass derselbe Erwerbsausfall ihm nicht zugleich durch Renten- und [X.] ausgeglichen werden soll. Dieses Verständnis setzt allerdings voraus, dass zwischen beiden Ansprüchen eine Kongruenz hinsichtlich des auszugleichenden [X.] besteht (vgl. zur Kongruenz auch BSG, Urteil vom 25. November 2015  [X.] KR 3/15 R, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, hier zitiert aus juris Rn. 10 und 24).

An dieser Deckungsgleichheit des Ausfallgrundes fehlt es im Streitfall. Die Klägerin hat vor ihrer Krebserkrankung einen Ausgleich für ihre zuvor bereits erlittene teilweise Erwerbsminderung in Form von gesetzlicher Erwerbsminderungsrente und Zusatzrente erhalten und daneben aus ihrer verbliebenen (und insoweit nicht durch Rentenzahlungen ausgeglichenen) Arbeitskraft einen unterhalb der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen liegenden Hinzuverdienst erzielt. Das nach ihrer Krebserkrankung bezogene Krankengeld hat allein den Wegfall der diesen Hinzuverdienst tragenden [X.], nicht hingegen die bereits zuvor erlittene Erwerbsminderung ausgeglichen. Von einer Leistungskumulation kann insofern keine Rede sein. Die Ruhensentscheidung der [X.] hat deshalb auch nicht eine nach der Erkrankung der Klägerin eingetretene Besserstellung beseitigt, sondern zu einer Schlechterstellung geführt, denn vor ihrer Krebserkrankung bezog die Klägerin zwei Erwerbsminderungsrenten und ihren Hinzuverdienst, während ihr danach infolge der Entscheidung der [X.] lediglich die gesetzliche Erwerbsminderungsrente und das Krankengeld als Ersatz für den ausgefallenen Hinzuverdienst verblieb.

cc) Die dargelegten inhaltlichen Widersprüche, welche sich bei der von der [X.] vertretenen Auslegung des § 39 Abs. 5 BayZVKS ergeben, werden den durchschnittlichen Versicherten in der Annahme bestärken, dass die in § 39 Abs. 5 BayZVKS getroffene Regelung für Krankengeld im Sinne von § 96a Abs. 3 [X.], welches einen Hinzuverdienst ersetzt, keine Anwendung findet, gleichviel ob es die Hinzuverdienstgrenzen überschreitet oder nicht.

4. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass nicht ersichtlich sei, in welchen Fällen § 39 Abs. 5 BayZVKS bei der hier vertretenen Auslegung noch zur Anwendung komme, überspannt sie die Anforderungen an die Erkenntnismöglichkeiten eines juristisch nicht vorgebildeten durchschnittlichen Versicherten. Er hat keinen Überblick über die komplizierten sozialrechtlichen Regelungen zur Anrechnung von Krankengeld. Insbesondere ist ihm auch die gesetzliche Regelung in § 50 [X.] über die Beendigung oder Kürzung von neben Rentenzahlungen gewährtem Krankengeld nicht geläufig. Er ist deshalb zu der von der [X.] angesprochenen Prüfung nicht in der Lage. Auch soweit die Revision geltend macht, die Beschränkung der Regelung in § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a [X.] auf Krankengeld, das aufgrund einer erst nach Rentenbeginn eingetretenen Arbeitsunfähigkeit geleistet wird, habe ihren Grund allein in einer unterschiedlichen Leistungsabwicklung der Krankenkassen, und erlaube nicht den Rückschluss, dass § 39 Abs. 5 BayZVKS lediglich auf Krankengeld anzuwenden sei, welches wegen einer vor Rentenbeginn eingetretenen Erkrankung gezahlt werde, ist der durchschnittliche Versicherte zu solchen Überlegungen nicht in der Lage, weil sie im [X.] keine ausreichende Stütze finden und er weder die Entstehungsgeschichte und Motive des § 39 Abs. 5 BayZVKS noch des § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a [X.] kennt.

[X.]                             Felsch                             [X.]

              Dr. Karczewski                  Dr. Bußmann

Meta

IV ZR 318/13

07.09.2016

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG München I, 13. August 2013, Az: 20 S 22851/12

§ 96a Abs 1 SGB 6, § 96a Abs 2 SGB 6, § 96a Abs 3 S 1 Nr 1 Buchst a SGB 6

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.09.2016, Az. IV ZR 318/13 (REWIS RS 2016, 5831)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5831

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