Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2013, Az. 4 StR 242/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 907

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
4
StR
242/13

vom
21. November 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
Verdachts der schweren
räuberischen
Erpressung
u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21.
November
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende [X.]in am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,

[X.] am Bundesgerichtshof
Cierniak,
[X.],
[X.],
Dr. Quentin

als beisitzende [X.],

[X.] am Amtsgericht

als Vertreter des
[X.]s,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 19.
Dezember 2012 mit den [X.] aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der schweren räube-rischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aus tatsäch-lichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten [X.].
Das

vom [X.] vertretene

Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
1.
Die zugelassene Anklage hat dem Angeklagten zur Last gelegt, in
[X.] am 11.
Januar 2012 gegen 1.45
Uhr mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter den Zeugen

N.

am Kragen gepackt und am Hals festgehalten zu haben. Während einer der Täter mit einem pistolenähnlichen 1
2
3
-
4
-
Gegenstand auf den Kopf des Zeugen gezielt habe, habe der andere dem Op-fer mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Nachdem der Geschädigte
zu Boden gegangen sei, habe ein Täter im Einvernehmen mit dem anderen dem Opfer mehrfach mit den beschuhten Füßen gegen den Oberkörper und die [X.] getreten. Aus Angst vor weiterer Gewaltanwendung habe

N.

der Aufforderung der Täter Folge geleistet und ihnen seine schwarze Ledergeldbörse im Wert von 15

r-

Brille im Wert von 900

wie einen
wei-ßen
[X.] nebst dazugehörigem Kopfhörer im Wert von 230

Der Angeklagte habe die erbeuteten
Gegenstände anschließend veräußert, um den Erlös für sich zu verwenden.
2.
Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegte Tat bestritten.
Er habe am 11.

einen
[X.] von

H.

, den er aus gemeinsamer
Strafhaft kenne, günstig für ca. 20

Gegenstände

H.

gehörten. In den Nachmittags-
bzw. [X.] desselben Tages habe er Handy und [X.] in einem An-
und Verkaufsge-schäft weiterverkauft und dabei etwa 20

3.
Das [X.]
hat
die Tat als solche durch die Vernehmung des Geschädigten

N.

festgestellt;
das erbeutete Handy sowie
einen
[X.] habe der Angeklagte am Tattag in einem An-
und Verkaufsgeschäft veräußert. Die Einlassung des Angeklagten
hat es
nicht zu widerlegen ver-mocht:
Entscheidend sei, dass

N.

keinen der Täter [X.] könne. Eine Vernehmung des

H.

sei nicht beantragt [X.] und auch nicht von Amts wegen geboten. Die [X.] würde allein

4
5
-
5
-
aus den Angaben eines eventuellen Mittäters nicht den Schluss ziehen, dass der Angeklagte an dem Überfall beteiligt gewesen sei. Eine Verurteilung wegen Hehlerei komme mangels Nachweises des subjektiven Tatbestandes nicht in Betracht; auch insoweit hätte die Vernehmung von

H.

nicht ausge-reicht, um dem Angeklagten nachzuweisen, er habe gewusst, dass das Handy bei einer Straftat erbeutet worden sei.
II.
Der Freispruch hat keinen Bestand.
1.
Die Aufklärungsrüge, die [X.] hätte

H.

verneh-men müssen (§
244 Abs.
2 StPO), ist allerdings unzulässig (§
344 Abs.
2 Satz
2 StPO); es fehlt die Angabe der [X.] Anschrift dieses Zeugen (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 8.
Mai 2003

5
StR
120/03, [X.]R StPO §
244 Abs.
6 Beweisantrag
40, und vom 12.
Juli 2006

5
StR
236/06, [X.], 713; Urteil vom 9.
Dezember 2008

5
StR
412/08, [X.], 468; [X.] in [X.], 26.
Aufl., §
244 Rn.
368).
2.
Das Rechtsmittel hat jedoch mit der Sachrüge Erfolg. Die Ausführun-gen des [X.] werden den
gemäß §
267 Abs.
5 Satz
1 StPO an ein frei-sprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen nicht gerecht, weil die Urteils-gründe keine Feststellungen zu Werdegang, Vorleben und Persönlichkeit des Angeklagten
enthalten.
a)
Derartige
Feststellungen sind zwar
in erster Linie bei [X.] Erkenntnissen notwendig, um nachvollziehen zu können, ob der Tatrichter die 6
7
8
9
-
6
-
wesentlichen Anknüpfungstatsachen für die Strafzumessung (§
46 Abs.
1 Satz
2, Abs.
2 Satz
2 StGB) ermittelt und berücksichtigt hat. Aber auch bei [X.] ist der Tatrichter aus sachlich-rechtlichen Gründen [X.] dann zu solchen Feststellungen verpflichtet, wenn diese für die Beurtei-lung des [X.] eine Rolle spielen können und deshalb zur Überprüfung des Freispruchs durch
das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind (vgl. [X.], Urteile vom 13.
Oktober 1999

3
StR
297/99, [X.], 91, vom 14.
Februar 2008

4
StR
317/07, [X.], 206, 207,
vom 23.
Juli 2008

2
StR
150/08, [X.]St 52, 314, 315, und
vom 25.
Oktober
2012

4
StR
170/12, [X.], 52).
b)
Die Notwendigkeit, die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten umfassend in den Blick zu nehmen, nähere Feststellungen zu dessen Lebens-lauf, Werdegang und Persönlichkeit zu treffen sowie diese in den
Urteilsgrün-den darzulegen, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalles. Hier ergibt
sie
sich bereits aus der dem Angeklagten zum Vorwurf gemachten Straf-tat. Ihr liegt ersichtlich die Motivation der Täter zu Grunde, in den Besitz von Gegenständen zu gelangen, die sich rasch versilbern lassen. Daher liegt es nahe, dass den wirtschaftlichen Verhältnissen des
Angeklagten
Bedeutung auch für die Beurteilung des [X.] zukommen kann. Darüber hinaus
be-darf es unter dem Gesichtspunkt der entfalteten
erheblichen Gewalt der [X.], ob eine dahin gehende Bereitschaft in der bisherigen Entwicklung des Angeklagten angelegt ist. Der Wesenszug der hier zu beurteilenden Tat, die rasche Versilberung einer nicht sehr hohen Beute zu einem geringen Preis in einem An-
und Verkaufsgeschäft am [X.], legt zudem den Gedanken an Beschaffungskriminalität nahe; hierzu bedurfte es
ebenfalls
der ergänzenden Feststellungen.
10
-
7
-
c)
Auch vor dem Hintergrund der vom Angeklagten in der Hauptverhand-lung vorgebrachten
Einlassung hätten seine persönlichen Verhältnisse nicht unerörtert bleiben dürfen. Danach hatte er bereits Strafhaft verbüßt, so
dass vom Vorliegen verwertbarer Vorstrafen auszugehen ist.
3.
Für die neue Verhandlung der Sache weist
der [X.] auf Folgendes hin:
a)
Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird sich um die Vernehmung des vom Angeklagten benannten

H.

zu bemühen haben. Der [X.] gibt zudem zu bedenken, ob nicht eine Aufklärung der nähe-ren Umstände, unter denen das Opfer den Führerschein und den [X.] zurückerhalten hat, weiteren Erkenntnisgewinn verspricht.
b)
Auch eine (eindeutige) Verurteilung wegen Hehlerei oder

auf alter-nativer Tatsachengrundlage

eine
(wahlweise)
Verurteilung
wegen der in
der schweren räuberischen Erpressung enthaltenen (einfachen) Erpressung gemäß §
253 StGB und
der
Hehlerei nach §
259 StGB
(vgl. [X.], Urteil vom 15.
April 1984

1
StR
103/86,
bei [X.], [X.] 1986, 793: Wahlfeststellung zwischen dem im Raub enthaltenen Diebstahl und Hehlerei; Urteil vom 20.
Februar 1974

3
StR
1/74, NJW 1974, 804: Betrug oder Hehlerei) wäre hier zulässig, da
es sich unter den hier gegebenen Umständen um dieselbe prozessuale Tat han-delt (vgl. [X.], Urteile vom 29.
September 1987

4
StR
376/87, [X.]St 35, 60, 65
f., und vom 22.
Dezember 1987

1
StR
423/87, [X.]St 35, 172, 174
f.; [X.] vom 7.
Juli 1999

1
StR
262/99, [X.], 523, und vom 22.
De-zember 2011

4
StR
606/11, [X.], 148, 149). Im Übrigen hat die [X.] die wirtschaftliche Verwertung
der erbeuteten Gegenstände in den 11
12
13
14
-
8
-
konkreten Anklagesatz aufgenommen
und im wesentlichen Ergebnis der Ermitt-lungen nach den [X.] näher konkretisiert.
c)
Entgegen einer missverständlichen Formulierung der [X.]
(UA

neben
der in §
259 Abs.
1 StGB vorausgesetzten Bereicherungsabsicht

be-dingter Vorsatz aus [X.], StGB, 60.
Aufl., §
259 Rn.
24
f.).
Sost-Scheible
Cierniak
Franke

[X.]
Quentin
15

Meta

4 StR 242/13

21.11.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2013, Az. 4 StR 242/13 (REWIS RS 2013, 907)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 907

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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35 Ks 8/20 (Landgericht Dortmund)


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