Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.
PDF anzeigen[X.]:[X.]:[X.]:2016:210716U2STR383.15.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
2 StR 383/15
vom
21. Juli
2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen
zu 1.: Hehlerei
zu 2.: [X.] u.a.
zu 3.: [X.]
-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom
20.
Juli 2016
in der Sitzung am 21. Juli 2016, an denen
teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. [X.],
die
Richter am [X.]
Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.],
Richterin am [X.]
Dr. [X.],
Oberstaatsanwalt beim [X.]
als Vertreter der [X.],
Rechtsanwältin
-
in der Verhandlung vom 20. Juli 2016 -
als Verteidigerin für den Angeklagten K.
A.
,
Rechtsanwalt
-
in der Verhandlung vom 20. Juli 2016 -
als Verteidiger für den Angeklagten J.
A.
,
Rechtsanwalt
-
in der Verhandlung vom 20. Juli 2016 -
als Verteidiger für die Angeklagte N.
A.
,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
-
3
-
Auf die Revisionen der
Angeklagten
wird
das Urteil des [X.] vom 26.
Mai 2015
mit den Feststellungen aufgeho-ben, soweit sie verurteilt worden sind.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat die
Angeklagten wie folgt verurteilt:
-
den Angeklagten K.
A.
unter Freisprechung im Übrigen wegen Hehlerei unter Einbeziehung von zwei
Einzelgeldstrafen aus früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten,
-
den Angeklagten J.
A.
unter Freisprechung im Übrigen we-gen [X.] in zwei Fällen und wegen [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Mona-ten,
-
die Angeklagte N.
A.
unter Freisprechung im Übrigen wegen [X.]
unter Einbeziehung von zwei [X.] aus früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten.
1
-
4
-
Gegen ihre Verurteilungen richten sich die Revisionen der Angeklagten
mit Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben [X.].
I.
Nach den landgerichtlichen Feststellungen begingen die Angeklagten, die allesamt Geschwister sind, im Zeitraum von Dezember 2012 bis Februar 2013 in unterschiedlicher Zusammensetzung und
Beteiligung Wohnungsein-bruchsdiebstähle
(Fälle 9, 12 und 16) sowie Hehlereitaten in Bezug auf Diebes-gut, das aus Wohnungseinbrüchen
stammte (Fälle 4, 5, 13 und 18).
Die Angeklagten haben zu den Vorwürfen geschwiegen.
Das [X.] hat seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten in den abgeurteil-ten Fällen zum einen
auf
Schuh-
oder DNA-Spuren gestützt, die an einigen [X.] sichergestellt wurden,
sowie
darauf, dass Diebesgut, im Wesentlichen Schmuck oder Wertgegenstände,
in Wohnungen aufgefunden
wurden, in
denen die
Angeklagten
sowie
weitere Familienmitglieder
wohnten. Das [X.] ist zu Verurteilungen in den Fällen
gelangt, in denen den Angeklagten einzelne Taten entweder aufgrund von sichergestellten Spuren am [X.] der [X.] (Fälle 9, 12 und 16) oder eindeutigen Besitzverhält-nissen von Diebesgut (Fälle 4, 5, 13 und 18) zugeordnet werden konnten. In den
übrigen Fällen hat es die Angeklagten freigesprochen.
II.
Die Revision des Angeklagten K.
A.
, der wegen Hehlerei von Diebesgut (Fälle 4, 5 und 13, Ziff. II.2 der Urteilsgründe) verurteilt wurde,
hat mit 2
3
4
5
-
5
-
einer Verfahrensrüge Erfolg. Mit dieser macht der Beschwerdeführer eine [X.] des §
244 Abs.
2 [X.] geltend, weil es das
[X.]
abgelehnt hat, den [X.] Ja.
A.
zu vernehmen.
1. Der Rüge
liegt folgendes Geschehen zugrunde:
a) Zwischen dem 5. und dem 6.
Hauptverhandlungstag übersandte der Verteidiger des Angeklagten K.
A.
(ebenso wie der Angeklagte J.
A.
, vgl. unten [X.]) einen Schriftsatz an das [X.] und [X.] darin, den in [X.] in Haft befindlichen Zeugen Ja.
A.
, den Bruder der Angeklagten, als Zeugen dazu zu vernehmen, dass der Angeklagte an den ihm vorgeworfenen Hehlerei-
und Einbruchsdiebstahlstaten nicht beteiligt ge-wesen sei. Der
Zeuge
habe die im Rahmen der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände dem Angeklagten geschenkt sowie
auf Frage nach der Herkunft der Gegenstände mitgeteilt, dass er die Geschenke käuflich erworben habe
(UA S.
38 f.).
Zur Begründung des Antrags bezog sich die Verteidigung [X.] auf die Übersetzung eines auf [X.] verfassten, handschriftlichen Schrei-bens des Zeugen Ja.
A.
an das [X.], in dem er darum bat, zum insgesamt war 2012-
b) [X.] hat ausweislich ihres Beschlusses gemäß §
244 Abs.
5 Satz 2 [X.] die Vernehmung des [X.] wegen [X.] abgelehnt und dies damit begründet, dass die in sein Wissen gestellten Behauptungen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien, weil dem Ange-klagt-.
A.
die Gegenstände nicht
6
7
8
-
6
-
2. Die Rüge genügt den Anforderungen des §
344 Abs.
2 Satz 2 [X.].
Insbesondere
schadet es nicht, dass
aus der Revisionsbegründungs-schrift nicht
hervorgeht, ob
der schriftliche Antrag auf Vernehmung des [X.] in der Hauptverhandlung mündlich gestellt worden ist. Denn dem [X.] ist es in der vorliegenden Konstellation auch ohne genauere Kenntnis dieser Umstände möglich zu prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen wären.
Es
ändert nichts am Prüfungsmaßstab des Revisionsgerichts, wenn man den Antrag der Verteidigung
auf Vernehmung des [X.] nicht als Beweisantrag, sondern lediglich als Beweisanregung ansehen würde. Denn auch das Übergehen eines außerhalb der Hauptverhandlung gestellten, dort aber nicht wiederholten und daher nicht nach Maßgabe von §
244 Abs.
3 bis 6 [X.] zu verbescheidenden Beweisantrags (vgl. KK-[X.],
[X.],
7.
Aufl., §
244 Rn.
85 mwN) kann nach den Umständen des Einzelfalls eine Verletzung der Aufklärungspflicht darstellen ([X.], Beschluss vom 17.
Januar 2001
1
StR 557/00, [X.], 65, 68; Beschluss vom 20.
November 2001
1
StR 470/01, [X.], 110, 111; vgl. [X.], Beschluss vom 30. August 1988, 1
StR 357/88, [X.]R [X.] §
244 Abs. 2 Aufdrängen 1). Insoweit ist die Ent-scheidung des Tatgerichts über einen lediglich außerhalb der Hauptverhand-lung gestellten schriftlichen Antrag am gleichen Maßstab zu messen, wie die Entscheidung über einen Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandszeu-gen, die
gemäß §
244 Abs. 5 Satz 2 [X.] nach Maßgabe der Amtsaufklä-rungspflicht erfolgt ([X.], Urteil vom 21. Oktober 2014
1 [X.]; Urteil
vom 18.
Januar 1994
1
StR 745/93, [X.]St 40, 60, 62; KK-[X.], [X.], 7.
Aufl., §
244 Rn.
212 mwN).
3. Die Revision beanstandet zu Recht die Entscheidung des [X.]s über die Nichtvernehmung des Ja.
A.
als Verletzung der [X.] (§
244 Abs. 2 [X.]).
9
10
11
12
-
7
-
a) §
244 Abs. 2 [X.] gebietet es, von Amts wegen Beweis zu erheben, wenn aus den Akten oder aus dem Stoff der Verhandlung Umstände und [X.] bekannt oder erkennbar sind, die bei verständiger Würdigung der Sachlage begründete Zweifel an der Richtigkeit der
auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten
Überzeugung wecken müssen ([X.], Urteil vom 9.
Oktober 2014
4 StR 208/14, [X.], 36 mwN). Ob die vom Gericht auf Grund der verwendeten Beweismittel gewonnene Überzeugung ausreicht oder ob zu ihrer Absicherung oder Überprüfung weitere Beweismittel heranzuziehen sind, ist auf der Grundlage von Verfahrensablauf und Beweislage des Einzel-falls zu beurteilen. Je weniger gesichert ein Beweisergebnis erscheint, desto größer ist der Anlass für das Gericht, trotz der erlangten Überzeugung weitere erkennbare Beweismöglichkeiten zu benutzen ([X.], Beschluss vom 19.
März 2013
5
StR 79/13, [X.], 725; Urteil vom 5.
Dezember 1995
1
StR 580/95, [X.], 249, 250). Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Auslands-zeuge
wie hier
Vorgänge bekunden soll, die für den Schuldvorwurf von zentraler Bedeutung sind ([X.], Beschluss vom 26. Oktober 2006
3
StR 374/06, [X.], 349, 351).
b) Die
[X.] hat im Urteil festgestellt, dass die
konkreten Um-stände bei der Übernahme des [X.] durch K.
A.
von seinem Bruder Ja.
A.
(ohne dessen Vernehmung) gerade nicht aufgeklärt werden konnten (UA S.
19, 38 f.). Die in
das Wissen des Zeugen gestellten Behauptun-gen zu den Umständen der Übergabe des [X.] an seine Geschwister waren aber von wesentlicher indizieller Bedeutung für die Feststellung des sub-jektiven Tatbestands der Hehlerei. Daher
besorgt der [X.]
bereits aufgrund der Beschlussbegründung, in der das [X.] lediglich pauschal auf die insoweit an die
Begründung zu stellenden Anforderungen vgl. [X.], Beschluss vom 13
14
-
8
-
20.
Dezember 2006
2
StR 444/06, [X.], 176), dass die [X.] bei ihrer Entscheidung den genannten Maßstab der Aufklärungspflicht (§
244 Abs.
2 [X.]) verkannt hat.
Dies gilt auch mit [X.]ick darauf, dass das [X.] im Urteil zur [X.] (bedingten) Hehlereivorsatzes des Angeklagten letztlich auf die Aussage der Zeugin F.
abgestellt hat (UA S.
35, 39). Zwar
hat die Zeugin bekundet, dass die bei der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände Ge-schenke von Ja.
A.
milie, [X.] sich schon gewuDie Zeugin F.
habe Bruder Ja.
A.
verschenkten Gegenstände lebhaft und überzeugend
schil-. Dem lässt sich jedoch schon nicht entnehmen, inwiefern der An-geklagte K.
A.
überhaupt in die geschilderten [X.] in-volviert war. Überdies berücksichtigt das [X.]
nicht, dass der Angeklag-te K.
A.
nach den Urteilsfeststellungen zum Tatzeitraum nicht in dem Mehrfamilienhaus der Großfamilie, sondern mit seiner Ehefrau in einer eigenen Wohnung unter einer anderen Anschrift
wohnte (UA S.
36, 38). Ein
Großteil des [X.] wurde aber nicht in der Wohnung des Angeklagten K.
A.
, sondern in dem
Mehrfamilienhaus, das von den anderen Familienmitgliedern bewohnt war, aufgefunden
(UA S.
27 ff., 36 ff.). Stattdessen geht das [X.] im Widerspruch dazu
in dem die Vernehmung des Zeugen ablehnenden Beschluss gemäß §
244
Abs.
5 Satz 2 [X.] nicht zutreffend davon aus, dass K.
A.
c) Es lagen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass oder weshalb eine Überstellung des in [X.] in Haft befindlichen Zeugen zum Zwecke seiner Vernehmung durch das Tatgericht (Art. 11 [X.]) nicht möglich gewesen wäre (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 6.
November 1991
2
StR 342/91
, [X.], 141; [X.], Urteil vom 29. Oktober 1981
4
StR 512/81). Aufgrund der 15
16
-
9
-
Erklärung seiner Aussagebereitschaft war davon auszugehen,
dass er weder von seinem Zeugnisverweigerungsrecht (§
52 Abs. 1 Nr.
3 [X.]) noch von sei-nem Auskunftsverweigerungsrecht (§
55 Abs. 1 [X.]) Gebrauch machen wollte und einer Überstellung zur Zeugenvernehmung (Art.
11 Abs.
1 Satz 2 Ziff.
a [X.]) zugestimmt hätte.
4. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechts-fehler beruht.
III.
Die
Revision des Angeklagten J.
A.
hat ebenfalls mit einer Aufklärungsrüge Erfolg, mit der der Beschwerdeführer die
Nichtvernehmung des [X.] Ja.
A.
beanstandet.
1. Der Angeklagte J.
A.
hat
wie der Beschwerdeführer K.
A.
die Vernehmung des [X.] in einem Schriftsatz vom 6.
Mai 2015 außerhalb der Hauptverhandlung beantragt und darin unter ande-rem unter Beweis gestellt, dass der Zeuge die [X.] begangen habe und er daran nicht beteiligt gewesen sei. Außerdem seien ihm die bei ihm [X.] Gegenstände von Ja.
A.
, der ihm gegenüber angegeben habe, er habe sie aus Einnahmen aus seinem
Gebrauchtwagenhandel bezahlt, geschenkt worden.
Das [X.] hat durch Beschluss vom 19.
Mai 2015 die Ladung des Zeugen gemäß §
244 Abs.
5 Satz
2 [X.] abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Zuordnung des [X.] nach dem Ergebnis der Be-weisaufnahme, soweit es sich nicht am Körper der Angeklagten befunden habe, ausschließlich aufgrund von am [X.] hinterlassenen Spuren denkbar sei, 17
18
19
20
-
10
-
weswegen es nach pflichtgemäßem Ermessen einer Vernehmung des in [X.] in Haft befindlichen Zeugen nicht bedürfe.
2. Als Aufklärungsrüge genügt die Verfahrensbeanstandung den Darle-gungsanforderungen des §
344 Abs. 2 Satz 2 [X.].
Dem
Revisionsvorbringen ist
nach dessen
Sinn und Zweck (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
März 1993
4 StR 31/93
mwN) zu entnehmen, dass mit der Verfahrensrüge die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen Ja.
A.
be-anstandet und diese Beanstandung (auch) als Aufklärungsrüge
geltend ge-macht wird. Dabei schadet es
wie
oben ausgeführt
auch nicht, dass aus der [X.] nicht hervorgeht, ob der schriftliche Antrag in der Hauptverhandlung mündlich gestellt worden ist (vgl. oben II.2).
3. Die Rüge
ist auch begründet.
a) Das
[X.]
hat bei seiner ablehnenden Entscheidung zwar [X.] als maßgebendes Kriterium angesehen, ob die Aufklärungspflicht die Erhebung der beantragten Beweise erfordere (vgl. [X.], Beschluss vom 19.
Januar 2010
3 [X.]
, [X.]R [X.] §
244 Abs.
5 Satz
2 Auslands-zeuge
15 mwN). Bei deren Prüfung hat das Tatgericht namentlich die Bedeu-tung und den Beweiswert der Aussage des benannten Zeugen vor dem Hinter-grund des bisherigen Beweisergebnisses zu würdigen; es ist bei dieser Prüfung auch vom Verbot der Beweisantizipation befreit (vgl. [X.], Beschluss vom 26.
Oktober 2006
3
StR 374/06, [X.]R [X.] §
244 Abs. 5 Satz 2 Auslands-zeuge 13; [X.], Urteil vom 18. Januar 1994
1
StR 745/93, [X.]St 40, 60). [X.] durfte daher den zu erwartenden Beweiswert der Aussage des Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses würdigen.
b) Allerdings hat die [X.] bei ihrer Abwägung den besonderen Umständen des vorliegenden Sachverhalts und der Beweislage nicht im not-wendigen Maße Rechnung getragen.
21
22
23
24
25
-
11
-
Das
[X.] hat bei seiner Entscheidung nicht ausreichend berück-sichtigt, dass der Aussage des in [X.] aufhältigen Zeugen eine heraus-gehobene Beweisbedeutung zukommt. Bei dem Zeugen Ja.
A.
, der sich
hat (offenkundig im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Taten), handelt es sich möglicherweise um den einzigen zur Verfügung stehenden unmittelba-ren Tat-
und Entlastungszeugen
hinsichtlich der [X.]. Die Beweisla-ge im Übrigen war auch nicht derart gesichert, dass die [X.] sich zum Versuch weiterer Aufklärung durch die zeugenschaftliche Einvernahme von Ja.
A.
nicht hätte gedrängt sehen müssen (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 28.
Januar 2010
3
StR 274/09, [X.]St 55, 11, 23).
So kamen hinsichtlich
der Verurteilung wegen [X.] (Fälle
12 und 16, Ziff. [X.],
b der Urteilsgründe) nach dem verlesenen kriminaltechnischen Gutachten zu den am [X.] von zwei Wohnungseinbruchsdiebstählen sichergestellten Schuhabdruckspuren, welches das wesentliche Indiz für die Täterschaft des Angeklagten J.
A.
darstellt (UA S.
31 f.), die Schuhe des Angeklagten aufgrund von Profilübereinstimmungen und der Gleichartigkeit der [X.] als Spurenverursacher zwar in Betracht. Allerdings konnte die [X.] keine sichere Übereinstimmung der [X.] mit den Schuhen des Angeklagten feststellen, weil es hierfür an besonderen Merkmalen fehlte, die die Spur einzigartig oder sonst individuell unterscheidbar machten. Die [X.] hätte
es deshalb geboten, den Zeugen Ja.
A.
hinsichtlich der im Zusammenhang mit den [X.] unter Beweis gestellten Umständen zu vernehmen.
Dies gilt im Übrigen auch mit [X.]ick auf
die in das Wissen des Zeugen ge-stellten Behauptungen zu den Umständen der Übergabe des [X.] an den Angeklagten. Das [X.], das hierauf in seinem ablehnenden [X.] nicht eingegangen ist, musste sich auch diesbezüglich zur Vernehmung des Ja.
A.
gedrängt sehen (vgl. oben II.3).
26
27
-
12
-
4. Auf dem Rechtsfehler beruht das Urteil auch. Der [X.] kann
nicht ausschließen, dass das [X.] zu einer anderen Würdigung der Beweise gelangt wäre, wenn der Zeuge Ja.
A.
die in sein Wissen gestellten Um-stände bestätigt hätte.
5. Für die neue Hauptverhandlung
weist der [X.] darauf hin, dass die Vorgehensweise des [X.], einzelne Beweisbehauptungen aus den An-trägen der
Verteidiger der
Beschwerdeführer auf Vernehmung des Zeugen Ja.
A.
gleichsam wie eine Einlassung der Angeklagten
in seine Beweiswür-digung miteinzustellen (UA
S.
34 f., 38 f.), rechtsfehlerhaft war.
Beweisbehaup-tungen, die in einem von dem Verteidiger gestellten Beweisantrag enthalten sind, dürfen nicht in eine Einlassung des Angeklagten umgedeutet werden, so-fern sich dieser hierzu nicht erklärt ([X.], Beschlüsse vom 7.
August 2014
3
StR 105/14, [X.], 207, 208; vom 12.
April 2000 -, 1
StR 623/99, [X.], 495; vom 29.
Mai 1990
4 [X.], NStZ 1990,
447, 448). Ob die Angeklagten entsprechende Erklärungen abgegeben haben, lässt sich dem Ur-teil vorliegend nicht entnehmen.
[X.]
Hinsichtlich
der Angeklagten N.
A.
hat die Überprüfung des [X.] auf die Sachrüge einen Rechtsfehler zu
ihrem
Nachteil ergeben, der zur [X.] führt.
1. Nach den Feststellungen brach die Angeklagte unter Mitwirkung weite-rer unbekannter Täter am Morgen des 28.
Januar 2013 in ein Wohnhaus der Geschädigten L.
in T.
ein, indem die Täter das Zugangsfenster zur Küche mittels eines Pflastersteins einschlugen. Auf diesem Weg gelangten die Angeklagte und ihre
Mittäter in das Wohnhaus, suchten dort nach stehlens-28
29
30
31
-
13
-
werten Gegenständen und entwendeten
gemeinsam Bargeld, Schmuck
und andere Wertgegenstände
im Gesamtwert von etwa 45.000
Euro
(Fall
9).
2. Die Beweiswürdigung des [X.] im Fall
9 hält [X.] Nachprüfung nicht stand.
a) [X.] hat die Angeklagte N.
A.
im Wesentlichen deshalb als überführt
angesehen,
weil innerhalb des Wohnhauses der Geschä-digten
L.
der Angeklagten zuzuordnende DNA-Spuren aufgefunden wurden (UA S.
40). Diese von ihr hinterlassenen Spuren seien nicht anders zu erklären als mit dem Eindringen
der Angeklagten
in das Wohnhaus und dem damit verbundenen Entwenden der dort befindlichen Wertgegenstände, zumal keine Anhaltspunkte gegeben seien, die den Aufenthalt der Angeklagten dort anderweitig erklären könnten
(UA S.
42). Hinzu trete, dass beim Wohnungsein-bruch entwendete Gegenstände im näheren Umfeld der Angeklagten, nämlich in den von ihr und ihren Familienmitgliedern bewohnten Wohnungen, aufgefun[X.] wurden (UA S.
42).
Das [X.] hat hierzu
ausgeführt, dass im Rahmen der Spurensi-cherung am [X.] des Wohnungseinbruchs
an dem Griff eines Schlüssels für eine Öffnungsblende am Doppelbett im Schlafzimmer ein Abrieb genommen wurde, an dem eine DNA-Spur festgestellt worden sei, die mit dem [X.] der Angeklagten N.
A.
übereinstimme. Zudem gehe aus
einem
verlesenen Gutachten der Firma E.
GmbH hervor, dass der Abrieb von der genannten Schlüsselreide unter-festgestellt worden sei; bei einem direkten Abgleich mit Tatverdächtigen oder ,
(UA S.
41).
Weiter seien
in der vom 24.04.2013 ([X.]. 81-, die Treffermitteilung des [X.] vom 18.03.2014 ([X.].
verlesen 32
33
34
-
14
-
tabellarische Übersicht ([X.].
des [X.] in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Aus der Ergänzung zum
Behör[X.]gutachten gehe
hervor, dass unter anderem ein Mundhöhlenabstrich der
m-mung des [X.]s der Angeklagten N.
A.
mit dem Abrieb der Schlüsselreide hervor (UA S.
41).
Nähere Erläuterungen
zu dem [X.] der Angeklagten, der sichergestellten [X.] und der molekluargenetischen Vergleichsuntersuchung enthalten die [X.]gründe nicht.
b) Dies genügt den Anforderungen nicht, die an eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung zu stellen sind. In Fällen,
in denen
das Tatgericht
dem [X.] eines Sachverständigen folgt, sind die wesentlichen Anknüpfungstatsa-chen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittel-gericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen [X.] beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den [X.] des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der [X.] möglich sind
(st. Rspr., vgl. [X.], Urteil vom 21.
März 2013
3
StR
247/12, [X.]St 58, 212, 217
mwN). Für die Darstellung des Ergebnis-ses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist jedenfalls erforderlich, dass der Tatrichter mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinst-immungen in den untersuchten Systemen ergeben haben
und
mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist
([X.], Beschluss vom 12.
April 2016
4
StR 18/16; Beschluss vom 22.
Oktober 2014
1
StR 364/14, [X.], 87, 88; Urteil vom 5.
Juni 2014
4
StR
439/13, NJW 2014, 2454; Urteil vom 21.
März 2013
3
StR
247/12, [X.]St 58, 212, 217).
35
-
15
-
c) Daran gemessen leidet das Urteil des [X.] an durchgreifen[X.] Darlegungsmängeln. Den
Ausführungen
der [X.] zur DNA-Vergleichsuntersuchung
lässt sich weder entnehmen, wie viele Systeme bei der [X.](misch)spur und dem [X.] der Angeklagten detek-tiert und untersucht wurden, noch mit welcher Wahrscheinlichkeit die festge-stellte Merkmalskombination zu erwarten ist. Nähere Darlegungen hierzu
waren
schon
deswegen nicht entbehrlich, weil im vorliegenden Fall die
Besonderheit gegeben ist, dass mehr als eine Person als Spurenleger angenommen werden kann
([X.])
und eine Verwandtschaft zwischen möglichen spurenbeteilig-ten Personen in Betracht kommt (vgl. [X.], Urteil vom 24.
März 2016
2
StR 112/14; [X.], Urteil vom 5.
Juni 2014
4
StR 439/13, NJW 2014, 2454).
d) Da
das [X.] seine Überzeugung von der Täterschaft der [X.] N.
A.
im Wesentlichen auf ihre Spurenlegerschaft
und damit auf das Ergebnis der [X.] gestützt hat, kann der [X.] ein Beruhen des Urteils auf diesem [X.] nicht ausschlie-ßen.
V.
1. Da das Urteil bereits auf die Verfahrensrügen
der Angeklagten K.
A.
(vgl. oben unter II.) und J.
A.
(vgl. oben unter III.) sowie auf die Sachrüge der Angeklagten N.
A.
(vgl. oben unter [X.]) vollstän-dig aufzuheben ist, braucht der [X.] auf die darüber hinaus
erhobenen [X.] im Einzelnen nicht einzugehen.
2. Für die neu zu treffende Entscheidung weist der [X.]
auf Folgendes hin:
36
37
38
39
-
16
-
Sollte
die neue Hauptverhandlung wiederum
zu einer Verurteilung der Angeklagten führen, wird die nunmehr zur Entscheidung berufene [X.] im Rahmen der Gesamtstrafenbildung
insbesondere Folgendes zu berücksich-tigen haben:
a) Das [X.] hat den [X.] hinsichtlich der am 7.
Mai 2013 durch das Amtsgericht W.
gegen den Angeklagten J.
A.
verhängten Geldstrafe
(9 Cs
613
Js 203697/13) wegen der Tat vom 21.
Februar 2013, die an sich gesamtstrafenfähig ist,
nicht mitgeteilt. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass die verhängte
Geldstrafe
im Zeitpunkt der [X.] des angefochtenen Urteils noch nicht erledigt war. Sollte
sie erledigt sein und deshalb eine Gesamtstrafenbildung gemäß §
55 Abs.
1 StGB aus-scheiden, wäre ein Härteausgleich möglich (vgl. [X.], Beschlüsse vom 15.
März 2016
4
StR 7/16
und vom 2.
Dezember 2015
4
StR 423/15).
b) Die vom Amtsgericht W.
mit Urteil vom
11.
März 2014 (9
Ds 711
Js
209920/13)
gegen die Angeklagte N.
A.
ausgesprochene, nicht vollständig erledigte Freiheitsstrafe von sechs Monaten wegen der Tat vom 19.
September 2013 wäre mit einer Strafe
wegen der Tat vom 28.
Januar 2013
des angefochtenen Urteils
und der Strafe aus dem rechtskräftigen Strafbefehl vom 28.
Februar
2013 (8
Ds
538
Js
203310/10) nicht gesamtstrafenfähig. Wenn die neu abzuurteilende Tat
wie hier
vor zwei rechtskräftigen, unerledigten Vorverurteilungen begangen wurde, ist mit der Strafe aus der ersten [X.] eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden; diese erste Vorverurteilung bil-det eine Zäsur, so dass die zweite Vorverurteilung selbständig bestehen bleibt (vgl. [X.], Beschluss vom 7.
Mai
2004
2
StR 24/04; [X.], StGB, 63.
Aufl., §
55 Rn. 9, 11 mwN). Nach diesen Grundsätzen entfaltet die
(offenbar) noch nicht erledigte Bewährungsstrafe aus dem Strafbefehl vom 28.
Februar
2013 Zäsurwirkung, so dass im Fall einer erneuten Verurteilung der Angeklagten N.
A.
wegen der Tat vom 28.
Januar 2013 eine Gesamtstrafenbildung 40
41
42
-
17
-
lediglich mit dieser zäsurbildenden Freiheitsstrafe in Betracht kommt, nicht aber mit der durch
Urteil des [X.] vom 11.
März 2014 (9
Ds 711
Js
209920/13) verhängten Freiheitsstrafe. Da das [X.] die letztge-nannte Strafe rechtsfehlerhaft in die Gesamtstrafe einbezogen hat, wird das neue Tatgericht im Fall einer Verurteilung bei der Strafzumessung mit [X.]ick auf das [X.] das Verschlechterungsverbot (§
358 Abs.
2 Satz
1 [X.]) in den [X.]ick zu nehmen haben.
[X.] [X.] [X.]
Eschelbach
Rin[X.]Dr. [X.] ist aus
tatsächlichen Gründen an
der Unterschrift gehindert.
[X.]
Meta
21.07.2016
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2016, Az. 2 StR 383/15 (REWIS RS 2016, 7806)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 7806
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 StR 383/15 (Bundesgerichtshof)
Strafverfahren: Umfang der gerichtlichen Aufklärungspflicht bei Antrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen
2 Ss 29/05 (Oberlandesgericht Hamm)
1 StR 78/14 (Bundesgerichtshof)
4 StR 263/22 (Bundesgerichtshof)
Strafverfahren: Hinreichende Bestimmtheit eines Beweisantrags; Ablehnung eines Beweisantrags auf Vernehmung eines Auslandszeugen
3 StR 272/17 (Bundesgerichtshof)
Keine Referenz gefunden.