Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.10.2002, Az. XII ZR 345/00

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 948

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:30. Oktober 2002Küpferle,[X.] Geschäftsstellein der [X.]:ja[X.]Z: neinZPO §§ 322 Abs. 1, 640; BGB § 1599 Abs. 1Ergänzt ein Kläger, dessen Ehelichkeitsanfechtungsklage (jetzt Vaterschaftsanfech-tungsklage) in einem früheren Prozeß mangels ausreichender Indiztatsachen, dieberechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft begründen könnten, abgewiesen wurde, ineinem erneuten Anfechtungsverfahren seinen auf denselben Lebenssachverhalt ge-stützten Vortrag lediglich um weitere Einzelheiten oder Beweismittel, so steht seinerKlage die materielle Rechtskraft des Erstprozesses entgegen (Fortführung des [X.] vom 22. April 1998 - [X.] - [X.], [X.], Urteil vom 30. Oktober 2002 - [X.]/00 -OLGKoblenzAGMainz- 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 30. Oktober 2002 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 11. Zivilsenats- 3. Senat für Familiensachen - des [X.] 8. Dezember 2000 aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er nicht der Vater der [X.]. Er und die Mutter der Beklagten haben am 25. August 1972 geheiratet. [X.] Dezember 1977 wurde die Beklagte geboren. Die Ehe des [X.] mit [X.] der Beklagten wurde durch Urteil des [X.]s vom18. September 1986 geschieden.Der Kläger hatte bereits in einem früheren Statusverfahren versucht, sei-ne Vaterschaft mit der Begründung anzufechten, die Mutter der Beklagten- seine damalige Ehefrau - habe in der [X.] eine intime Beziehung- 3 -zu [X.] gehabt. Das [X.] hatte die damalige Klage unter Berufung [X.] Senatsurteil vom 22. April 1998 ([X.] - [X.], 955) nachder Vernehmung von Zeugen - ohne ein Sachverständigengutachten einzuho-len - abgewiesen mit der Begründung, der Kläger habe keine Umstände [X.] können, die bei objektiver Betrachtung geeignet seien, Zweifel an seinerVaterschaft zu wecken. Eine Berufung des [X.] gegen dieses Urteil hattekeinen Erfolg; das Berufungsurteil ist rechtskräftig.Der Kläger stützt die vorliegende Statusklage erneut auf die Behauptung,die Mutter der Beklagten habe in der [X.] eine intime Beziehung zu[X.] unterhalten. Er trägt vor, nach Erlaß des Berufungsurteils in dem [X.] habe er ermittelt, daß [X.] inzwischen verstorben sei. Er habe aber [X.] dessen Witwe aufnehmen können. Diese habe ihm berichtet, daß die [X.] Beklagten mehrmals bei ihr - der Zeugin - angerufen und in dem [X.] habe, daß sie [X.] der Zeugin liebe. Wegen dieses Verhält-nisses sei es häufiger zu Handgreiflichkeiten zwischen den Eheleuten [X.] ge-kommen.Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen mit [X.], die Rechtskraft des im [X.] ergangenen Urteils stehe [X.]. Die Berufung des [X.] hatte keinen Erfolg.Die Mutter der Beklagten ist in den Vorinstanzen nicht beteiligt worden.Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen [X.] 4 -Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.1. Die Aufhebung und Zurückverweisung ist erforderlich, weil das Verfah-ren der Vorinstanzen an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden unheil-baren Verfahrensmangel leidet. Nach § 640 e Abs. 1 ZPO ist ein Elternteil- hier: die Mutter der Beklagten - in einem Statusprozeß, an dem er - wie [X.] - nicht selbst als [X.] beteiligt ist, in der Weise zu beteiligen,daß er unter Mitteilung der Klage zum Termin zur mündlichen Verhandlung zuladen ist. Er kann dann der einen oder der anderen [X.] als Streitgenossebeitreten. Diese zwingend vorgeschriebene, von Amts wegen vorzunehmende(Musielak/[X.], ZPO 3. Aufl. § 640 e Rdn. 3; Coester-Waltjen in [X.] 2. Aufl. § 640 e Rdn. 5) Beiladung des nicht als [X.] beteiligten Eltern-teils haben die Vorinstanzen unterlassen. Wird ein Dritter entgegen einer zwin-genden Vorschrift nicht am Verfahren beteiligt, stellt das in entsprechender An-wendung des § 551 Nr. 5 ZPO a.[X.] (§ 547 Nr. 4 ZPO n.[X.]) einen von Amts we-gen zu berücksichtigenden absoluten Revisionsgrund dar, der die Zurückver-weisung der Sache in jedem Fall erforderlich macht (Senatsurteil vom 27. März2002 - [X.] - FamRZ 2002, 880, 881 f.; [X.], Urteil vom 11. Juni 1992- III [X.] - NJW 1992, 2636, 2637; Beschluß vom 28. Juni 1983 - KVR7/82 - NJW 1984, 494 f.; Musielak/[X.] aaO Rdn. 4; [X.] in [X.] aaO § 551 Rdn. [X.] es sich um einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 551 ZPOa.[X.] handelt, hat das Revisionsgericht nicht zu prüfen, ob das [X.] diesem Mangel beruht (Senatsurteil vom 27. März 2002 aaO S. 882 und[X.], Beschluß vom 28. Juni 1983 aaO S. 495). Die Mutter hat einen Anspruch- 5 -darauf, schon in den Tatsacheninstanzen beteiligt zu werden, damit ihr auf [X.] Weise jedenfalls die Möglichkeit eingeräumt wird, sich rechtliches Gehör zuverschaffen. Es ist zumindest nicht von vornherein auszuschließen, daß dasBerufungsgericht andere oder ergänzende tatsächliche Feststellungen getroffenhätte, die für die Entscheidung relevant sein könnten, wenn es die Mutter [X.] ordnungsgemäß beteiligt hätte (Senatsbeschluß vom 27. März 2002aaO m.[X.]).2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:Nach der Rechtsprechung des Senats reicht für eine Vaterschaftsan-fechtungsklage (nach früherer Terminologie: Ehelichkeitsanfechtungsklage) [X.] das Vorbringen, er sei nicht der Vater des beklagten Kindes undseine Vaterschaft könne durch Sachverständigengutachten ausgeschlossenwerden, nicht aus. Der Kläger muß vielmehr Umstände vortragen und notfallsbeweisen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Ehelich-keit des Kindes zu wecken und die die Möglichkeit der Abstammung von [X.] als nicht ganz fernliegend erscheinen lassen (Senatsurteil vom22. April 1998 aaO). Auf dieser Rechtsprechung beruhte das im [X.] er-gangene Berufungsurteil. Dem Kläger, der schon im [X.] geltend ge-macht hatte, seine geschiedene Ehefrau - die Mutter der Beklagten - habe inder [X.] ein Verhältnis zu [X.] unterhalten, war es nicht gelungen,Tatsachen nachzuweisen, die geeignet waren, einen solchen Verdacht zurechtfertigen.In dem erwähnten Urteil vom 22. April 1998 hat sich der Senat u.a. miteinem Argument der Gegenmeinung auseinandergesetzt, die geltend gemachthatte, der Ehemann könne in eine schwierige Situation geraten, wenn er einengewissen Verdacht habe, aber nicht wisse, ob dieser Verdacht ausreichend sei.- 6 -Warte er mit der Erhebung der Anfechtungsklage ab, laufe er Gefahr, die An-fechtungsfrist zu versäumen. Erhebe er die Anfechtungsklage, müsse er be-fürchten, sein Anfechtungsrecht ohne Klärung der Abstammung endgültig zuverlieren, wenn das Gericht die Klage abweise, weil es die Verdachtsmomentefür nicht ausreichend ansehe.Diesem Argument hat der Senat entgegengehalten, die objektiven [X.] der materiellen Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils seien einge-schränkt, wenn sich aus den Gründen ergebe, daß das Gericht seine Entschei-dung bewußt nur auf einen bestimmten Gesichtspunkt gestützt und einen ande-ren rechtlichen Gesichtspunkt bewußt außer Betracht gelassen und nicht ge-prüft habe. Wenn eine Ehelichkeitsanfechtungsklage mit der Begründung ab-gewiesen worden sei, der Kläger habe keine Umstände dargetan, die Zweifelan seiner Vaterschaft begründen könnten, und deshalb sei ein etwa bestehen-des Anfechtungsrecht nicht durchsetzbar, dann sei über die Abstammung selbstnicht rechtskräftig entschieden. Einer erneuten [X.] Ehemannes, die auf neue, nach der letzten mündlichen Verhandlung [X.] hervorgetretene Umstände gestützt werde, stehe deshalb dieRechtskraft eines so begründeten Urteils nicht entgegen (Senatsurteil vom22. April 1998 aaO S. 956 f. m.w.[X.] diesen Ausführungen, an denen festzuhalten ist, schließt die [X.] zu Unrecht, daß ein Kläger, dessen Statusklage in einem [X.] aus dendargelegten Gründen abgewiesen worden ist, diese Statusklage ohne weitereswiederholen kann, wenn er nur den schon im [X.] vorgetragenen Sach-verhalt durch neue Einzelheiten ergänzt.Würde man dem folgen, so hätte das im [X.] ergangene [X.] keine Rechtskraftwirkungen. Dies ist jedoch nicht richtig. In materielle- 7 -Rechtskraft erwächst die Entscheidung des Gerichts über den Streitgegenstand(Musielak/Musielak, aaO § 322 Rdn. 16 m.[X.], auch aus der Rechtsprechungdes [X.], in [X.]. 30). Der Streitgegenstand (der prozessuale An-spruch) wird nach ständiger Rechtsprechung des [X.] durchden Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genomme-ne Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt ([X.]), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. [X.]Z 117,1, 5 m.[X.]). Der Streitgegenstand des [X.] ergab sich demnach ausdem Antrag des [X.], den Status des beklagten Kindes durch Gestaltungs-urteil zu ändern, und dem hierzu vorgetragenen Lebenssachverhalt, zu dem alsKern gehörte, die Mutter des beklagten Kindes habe während der [X.] eine intime Beziehung zu [X.] unterhalten.Über diesen Streitgegenstand ist in dem [X.] aber nicht uneinge-schränkt entschieden worden. Es ist weder positiv noch negativ über die Ab-stammung - den Status - des Kindes entschieden worden, sondern nur darüber,daß der vom Kläger vorgetragene Lebenssachverhalt ihn nicht berechtige, [X.] bestehendes Anfechtungsrecht im Prozeß durchzusetzen ([X.] 22. April 1998 aaO S. 956).Entsprechend dieser eingeschränkten Entscheidung über den Streitge-genstand sind auch die in dem Senatsurteil vom 22. April 1998 angesproche-nen objektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft des im [X.] ergan-genen Urteils zu bestimmen. In materielle Rechtskraft ist somit der Aussprucherwachsen, der Kläger könne aufgrund des "abgeurteilten" [X.] ein etwa bestehendes Anfechtungsrecht nicht durchsetzen.Eine zweite Anfechtungsklage desselben [X.] wäre demnach nurdann zulässig, wenn die Darlegung eines "Anfangsverdachts" auf einen neuen,- 8 -selbständigen, nach der letzten mündlichen Verhandlung im [X.] zutagegetretenen Lebenssachverhalt gestützt wäre. Zu der Annahme, es liege einneuer, selbständiger Lebenssachverhalt vor, genügt es aber nicht, wenn dieSachverhaltsdarstellung des [X.] lediglich abgewandelt, ergänzt oderkorrigiert wird ([X.], Urteil vom 11. November 1994 - [X.] - NJW 1995,967, 968; Musielak/Musielak aaO § 322 Rdn. 18, jeweils m.w.[X.]). Wie das Be-rufungsgericht zutreffend ausführt, kann es erst recht nicht ausreichend sein,wenn der Kläger für seine schon im [X.] aufgestellte Behauptung, [X.] der Beklagten habe in der [X.] ein Verhältnis zu [X.] unterhal-ten, lediglich eine neue Zeugin benennt. Das gilt auch dann, wenn er durch [X.] Zeugin im [X.] nicht vorgetragene Tatsachen beweisen will, die ledig-lich als Indiztatsachen zum Nachweis der Richtigkeit seiner schon im [X.]aufgestellten Behauptung dienen sollen.HahneGerber[X.][X.]Ahlt

Meta

XII ZR 345/00

30.10.2002

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.10.2002, Az. XII ZR 345/00 (REWIS RS 2002, 948)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 948

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