Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2006, Az. II ZR 108/05

II. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1703

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 25. September 2006 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 823 Abs. 2 Be; StGB § 266 a; Der Geschäftsführer einer GmbH ist wegen Vorenthaltens von [X.] zur Sozialversicherung auch dann gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a StGB haftungsrechtlich verantwortlich, wenn die GmbH zwar zum [X.] nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, er es jedoch [X.] unterlassen hat, die Erfüllung dieser Verpflichtung durch Bildung von Rücklagen, notfalls auch durch Kürzung der Nettolohnzahlung sicherzustellen (st. Rspr. vgl. [X.] 134, 304, 309). [X.], [X.]eil vom 25. September 2006 - [X.] - [X.] - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2006 durch [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 8. März 2005 aufgehoben. Die Berufung des [X.]n gegen das [X.]eil des [X.] - 41 C 253/04 ([X.]) - vom 27. Oktober 2004 wird [X.]. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat der [X.] zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der [X.] war im Jahr 2003 Geschäftsführer der C.

GmbH, auf deren am 24. April 2003 gestellten Antrag am 1. Juni 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die spätere [X.] zahlte dem bei ihr tätigen Arbeitnehmer [X.]für den Monat Februar 2003 den Nettolohn, blieb jedoch den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung in Höhe von 609,49 • schuldig; sie beglich diesen ausstehenden Betrag auch 1 - 3 - nicht, als im April 2003 eine Zahlung von 50.000,00 • bei ihr einging. Die [X.] - zum 1. Januar 2005 mit der zuständigen [X.] vereinigte - Be-triebskrankenkasse verlangt von dem [X.]n, gestützt auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a StGB, Ersatz dieses Betrages. 2 Der [X.] hat sich darauf berufen, ihm sei die Abführung des [X.] zum Fälligkeitszeitpunkt (15. März 2003) nicht möglich gewesen. Die Gesellschaft habe nicht über die erforderlichen Zahlungsmittel verfügt, sie habe sich Ende Februar/Anfang März 2003 in einem erheblichen Liquiditäts-engpass befunden. Er habe auf die - nicht eingehaltenen - Zusicherungen der [X.] Muttergesellschaft vertraut, dass der Gesellschaft Ende März bzw. Ende April liquide Mittel zufließen würden. Die Gesellschaft sei spätestens zum 1. März 2003 wegen Eintritts der Zahlungsunfähigkeit [X.]. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision - verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen [X.]eils zur Zurückweisung der Berufung des [X.]n und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen [X.]eils. 4 [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt: 5 - 4 - Die spätere Insolvenzschuldnerin habe am 15. März 2003, dem [X.] der Arbeitnehmerbeiträge für Februar 2003, nicht über die finan-ziellen Mittel verfügt, um diese Verpflichtung zu erfüllen. Die Klägerin sei der sie treffenden Darlegungs- und Beweislast, dass dem [X.]n die Abführung der Arbeitnehmeranteile möglich gewesen wäre, nicht nachgekommen. Die Nicht-begleichung der [X.] aus den der Gesellschaft im April 2003 zuge-flossenen [X.] führe nicht zur Haftung des [X.]n nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a StGB, vielmehr lasse die Unmöglichkeit der Pflichterfüllung zum Fälligkeitszeitpunkt die Tatbestandsmäßigkeit des § 266 a StGB entfallen. 6 [X.]. Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 7 1. Im Ausgangspunkt noch zutreffend ist allerdings die Annahme des Be-rufungsgerichts, dass der Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a StGB nicht haftet, soweit ihm die Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zum Fälligkeitszeitpunkt mangels verfügbarer Mittel nicht möglich war, und dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Möglichkeit normgemäßen Verhaltens des Geschäftsführers bei der [X.] liegt ([X.] 133, 370, 379 f.; [X.], [X.]. v. 11. Dezember 2001 - [X.], [X.], 261, 262 f. und - [X.]/00, [X.], 524; [X.].[X.]. v. 18. April 2005 - [X.] ZR 61/03, [X.], 1026, 1028). 8 2. Wie die Revision mit Recht rügt, hat das Berufungsgericht jedoch ver-kannt, dass die Tatbestandsmäßigkeit i.S.des § 266 a Abs. 1 StGB hier nicht wegen Unmöglichkeit der Entrichtung der geschuldeten Beitragsleistung auf-grund fehlender Mittel ausgeschlossen ist, weil der [X.] den Nettolohn für den betreffenden Monat in voller Höhe ausgezahlt hat. 9 - 5 - Der Geschäftsführer hat als Arbeitgeber i.S.von § 266 a StGB dafür Sor-ge zu tragen, dass ihm die zur ordnungsgemäßen Abführung der - auf den ge-schuldeten Lohn entfallenden - Arbeitnehmeranteile notwendigen Mittel bei Fäl-ligkeit zur Verfügung stehen. Drängen sich wegen der konkreten finanziellen Situation der [X.] auf, dass zum Fälligkeitszeit-punkt ausreichende Zahlungsmittel vorhanden sein werden, muss der [X.] nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ([X.] 133, 370, 379 f.; [X.] 134, 304, 308 f.; [X.].[X.]. v. 15. September 1997 - [X.] ZR 170/96, [X.], 42, 43 = [X.] 136, 332; [X.], [X.]. v. 14. November 2000 - [X.], [X.], 80, 81) durch Bildung von Rücklagen, notfalls durch Kürzung der [X.] sicherstellen, dass am Fälligkeitstag die [X.] zur Sozialversicherung fristgerecht an die zuständige Einzugs-stelle entrichtet werden können. 10 Gegen diese Pflicht hat der [X.] verstoßen. Er hat am 7. März 2003 - nur wenige Tage vor Fälligkeit des für Februar 2003 geschuldeten [X.] - den Nettolohn für diesen Monat ungekürzt ausgezahlt, obwohl er wusste, dass er die [X.] bei Fälligkeit nicht würde erfüllen können. Denn nach seinem eigenen Vorbringen konnte er nicht erwarten, dass der [X.], die schon Ende Februar/Anfang März einen erheblichen Liquiditäts-bedarf hatte, bis zum Fälligkeitszeitpunkt am 15. März liquide Mittel zufließen würden. 11 Dafür, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt der verspäteten Lohnzahlung im insolvenzrechtlichen Sinne zahlungsunfähig war, ergeben sich aus dem in sich widersprüchlichen und nicht konkretisierten Vortrag des [X.]n keine hinreichenden Anhaltspunkte. 12 - 6 - 3. Das Berufungsurteil unterliegt deshalb der Aufhebung, ohne dass es auf den - von den Instanzgerichten für maßgeblich erachteten - späteren Liqui-ditätszufluss und die von dem Berufungsgericht für rechtsgrundsätzlich erachte-te Frage ankommt. 13 Goette [X.] Strohn

[X.] Reichart Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 27.10.2004 - 41 C 253/04 ([X.]) - [X.], Entscheidung vom [X.] - 2 S 71/04 -

Meta

II ZR 108/05

25.09.2006

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2006, Az. II ZR 108/05 (REWIS RS 2006, 1703)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1703

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