Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2018, Az. AnwZ (Brfg) 52/17

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2018, 12925

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:050318BANWZ.BRFG.52.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 52/17
vom

5. März 2018

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-
2
-

Der Bundesgerichtshof, [X.], hat
durch die Präsidentin des [X.] [X.], die [X.] [X.] und [X.] sowie den Rechtsanwalt Dr.
Lauer und die Rechtsanwältin Merk

am
5. März 2018

beschlossen:

Der Antrag des
[X.]
auf Zulassung der Berufung gegen das
am 3.
Juli
2017
verkündete Urteil des 5.
Senats des [X.] wird abgelehnt.

Der
Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des
Zulassungsverfahrens
wird auf 50.000

Gründe:

I.

Der
Kläger ist seit dem 19. Dezember 1974
zur Rechtsanwaltschaft
zugelassen.
Mit Bescheid
vom 9. August
2016
widerrief die Beklagte die Zu-lassung des
[X.]
zur Rechtsanwaltschaft wegen [X.] (§
14 Abs.
2 Nr. 7 [X.]).
Die hiergegen gerichtete Klage hat der [X.] abgewiesen. Der
Kläger beantragt die
Zulassung der Berufung
gegen das Urteil des [X.]s.
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3
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II.

Das Urteil des [X.]s, dessen Rechtsmittelbelehrung [X.] entgegen § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 117
Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 6 VwGO nicht von
den Unterschriften der [X.] gedeckt und damit nicht Bestandteil des Urteils war (vgl. hierzu [X.], [X.], 190, 191; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 23. Aufl., § 117 Rn. 4 mwN), ist den Pro-zessbevollmächtigten des [X.] in ordnungsgemäß berichtigter Form am 21.
November 2017 zugestellt worden (vgl. [X.],
aaO,
zum Erfordernis der Zustellung des Urteils in berichtigter Form, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht von den Unterschriften der [X.] gedeckt war). Die Berichtigung einer Rechtsmittelbelehrung wird nicht durch die Anbringung eines Berichtigungs-vermerks
gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. §
118 Abs. 2 Satz 2 VwGO, sondern durch die Zustellung des Urteils in der berichtigten Form [X.] ([X.], NVwZ-RR 2006, 582, 583; [X.] in [X.]/[X.], aaO,
§
118 Rn. 8; [X.] in [X.]/von
Oertzen, VwGO, 16.
Aufl., §
118 Rn. 5; [X.] in [X.] VwGO, §
118 Rn. 9 [01.04.2017]). Diese ist vorliegend nach den vom Senat getroffenen Feststellungen -
in Gestalt der Zustellung des mit dem Urteil durch Heftung und Siegelung verbundenen [X.] vom 13. November 2017 -
erfolgt.

III.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
Ein Zulassungsgrund nach §
124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 [X.], § 124a
Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils 2
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bestehen nicht (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulas-sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 28. Oktober 2011 -
AnwZ ([X.]) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 mwN). Daran fehlt es.

1.
Der Kläger macht unter Vorlage eines "Certificate of Discharge"
vom 31. Oktober 2017 geltend, ihm sei an diesem Tag in dem von ihm in [X.] betriebenen Insolvenzverfahren mit Wirkung vom 26. Oktober 2017 Restschuldbefreiung erteilt worden; diese sei nach den Bestimmungen der [X.] Insolvenzverordnung auch in [X.] anzuerkennen. Er sei mithin nicht als vermögenslos anzusehen. Schon zum Zeitpunkt des Erlasses des [X.] sei erkennbar gewesen, dass er seine [X.] in absehbarer Zeit wieder in Ordnung bringen könne.

a) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der Rechtsprechung des Senats allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder -
wenn das nach neuem Recht grund-sätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist -
auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwick-lungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr.;
vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Dezember 2016 -
AnwZ ([X.]) 53/16, [X.], 1181 Rn. 4; vom 9. Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 16/15, juris Rn. 7
und vom 29. Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn. 9 ff.; jeweils mwN).

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Dementsprechend ist in Bezug auf das Vorliegen eines Vermögensver-falls des [X.] allein auf den Zeitpunkt des [X.] vom 9.
August 2016 abzustellen. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt in [X.] geraten. Nach den Feststellungen des [X.]s befan-den sich in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis (§ 882b ZPO) vier den Kläger betreffende Eintragungen mit der Folge, dass der Eintritt des [X.] vermutet wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]). Dagegen kann nach den vorstehenden Grundsätzen eine über ein Jahr nach dem maßgebli-chen Zeitpunkt des [X.] in [X.] erteilte Restschuld-befreiung nicht berücksichtigt werden. Ihre Beurteilung bleibt einem Wiederzu-lassungsverfahren vorbehalten.

b) Entgegen der Auffassung des
[X.] war zum Zeitpunkt des [X.] vom 9. August 2016 auch nicht erkennbar, dass seine
Vermö-gensverhältnisse in absehbarer Zeit nachhaltig geordnet sein würden (vgl. hier-zu Senat, Beschluss vom 5. November 2015 -
AnwZ ([X.]) 28/15, juris Rn. 3 mwN). Letzteres ergibt sich insbesondere nicht aus den vom Kläger vorgeleg-ten Schreiben und Beschlüssen aus dem ihn betreffenden [X.] Insol-venzverfahren. Diese datieren ausnahmslos nach dem -
maßgeblichen -
Zeit-punkt des [X.] vom 9. August 2016. Sie
können daher bei der Beurteilung der Frage, ob zum Zeitpunkt des [X.] erkennbar war, dass die Vermögensverhältnisse des [X.] in absehbarer Zeit nachhaltig geordnet sein würden, nicht herangezogen werden.

2.
a) Nach der in §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertung ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Im vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden kann sie nur in seltenen Aus-6
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6
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nahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschlüsse
vom 16. März 2015 -
AnwZ ([X.]) 47/14, juris Rn. 5; vom 2. Oktober 2014 -
AnwZ ([X.]) 30/14, juris Rn. 7
und
vom 15. März 2012 -
AnwZ ([X.]) 55/11, juris Rn. 9). Die Annahme einer derar-tigen Sondersituation setzt zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine [X.] Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit die-ser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. März 2015,
aaO; vom 2. Oktober 2014,
aaO
und
vom 5. September 2012 -
AnwZ ([X.]) 26/12, NJW-RR 2013, 175 Rn. 5; jeweils mwN). Hierbei hat der Senat besonde-ren Wert auf die Überprüfung der Einhaltung der Beschränkungen durch die Sozietätsmitglieder gelegt. Wesentlich ist, dass effektive Kontrollmöglichkeiten bestehen, wobei es letztlich immer einer ausreichend engen tatsächlichen Überwachung bedarf, die gewährleistet, dass der Rechtsanwalt nicht bzw. nicht unkontrolliert mit Mandantengeldern in Berührung kommt (Senat, Beschluss vom 5. September 2012, aaO mwN).

b) Eine solche Ausnahmesituation ist hier nicht gegeben. Soweit der Klä-ger anführt, angesichts
der ihm in [X.] am 31. Oktober 2017 erteilten Restschuldbefreiung liege eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht vor, wird auf die vorstehenden Ausführungen (zu 1 a) Bezug genommen. Danach kann zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des [X.] vom 9. August 2016 nicht auf die über ein Jahr später erteilte Restschuldbefreiung abgestellt werden. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens. Dies gilt auch hinsichtlich der Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden infolge des zu diesem Zeitpunkt bestehen-den [X.] des Rechtsanwalts.

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c) Der Kläger macht weiter geltend, eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden sei ausgeschlossen, da er -
entgegen der Annahme
des An-waltsgerichtshofs -
nicht Gesellschafter der Prof. Dr. T.

-
Prof.
Dr. B.

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T.

Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
sei. Vielmehr sei er seit Juli 2015 ledig-lich als angestellter wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Kanzlei tätig und erfül-le diese Tätigkeit aus der Ferne von L.

aus ohne jede [X.]. Damit sei sichergestellt, dass er nicht mit Mandantengeldern befasst sei.

Indes ergibt sich aus dem von den Prozessbevollmächtigten des [X.] mit Schriftsatz vom 13. September 2017 vorgelegten Schreiben der Prof. Dr.
T.

-
Prof.
Dr. B.

-
T.

Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vom 24.
August 2017
und dem an die Beklagte gerichteten Schreiben des [X.] vom 17. Mai 2016, dass der Kläger nicht lediglich als angestellter wissenschaft-licher Mitarbeiter für die vorgenannte Rechtsanwaltsgesellschaft tätig, sondern ihr Geschäftsführer ist
und dies auch bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] vom 9. August 2016 war. Damit ist er ebenso wie ein Ge-sellschafter verantwortlich für den Umgang mit Fremdgeld. Dass er mit diesem als Geschäftsführer nicht beziehungsweise nicht unkontrolliert in Berührung kommen kann, ist nicht anzunehmen und wird vom Kläger auch nicht dargelegt.

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8
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IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

[X.]
Bünger

Remmert

Lauer

Merk

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 03.07.2017 -
BayAGH I -
5 -
9/16
-

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Meta

AnwZ (Brfg) 52/17

05.03.2018

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2018, Az. AnwZ (Brfg) 52/17 (REWIS RS 2018, 12925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12925

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