Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.02.2012, Az. IX R 27/10

9. Senat | REWIS RS 2012, 9436

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Gegenstand

Volle degressive Jahres-AfA bei Rechtsnachfolge


Leitsatz

NV: Bei unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern des Privatvermögens setzt § 11d Abs. 1 EStDV die Berechtigung des Rechtsnachfolgers zum Abzug der AfA voraus, nicht jedoch auch die Verwirklichung eines Tatbestands der Einkunftsart durch den Rechtsvorgänger.

Tatbestand

1

I. 2005 erwarb die Erblasserin von einem Bauträger eine (zu erstellende) Eigentumswohnung (ETW) in [X.], die sie nach [X.]ertigstellung selbst zu nutzen beabsichtigte. Die ETW wurde vertragsgemäß und bezugsfertig am 15. Dezember 2005 an die Erblasserin übergeben.

2

Am 29. Dezember 2005 verstarb die Erblasserin, sie wurde von [X.] und M je zur Hälfte als Rechtsnachfolger und Beteiligte der Klägerin und [X.] (Klägerin) beerbt. Die ETW war bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezogen worden und wurde von der Klägerin ab 1. Juli 2006 fremdvermietet.

3

In ihrer [X.]eststellungserklärung für 2005 (Streitjahr) machte die Klägerin gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 c des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden [X.]assung (EStG) für die ETW Absetzungen für Abnutzung ([X.]) in Höhe von 9.757 € (4 % aus unstreitigen Anschaffungskosten von 243.915,70 €) geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das [X.]inanzamt --[X.]A--) gewährte die [X.] nur zeitanteilig für die drei Tage des Bestehens der Klägerin.

4

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das [X.]inanzgericht ([X.]G) der Klage statt und führte zur Begründung aus: Der Klägerin stehe im [X.]ertigstellungsjahr der ETW die degressive [X.] gemäß § 7 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht nur zeitanteilig, sondern in Höhe des Jahresbetrags zu.

5

Mit der Revision rügt das [X.]A die Verletzung materiellen Rechts (§ 7 Abs. 5 EStG, § 11d Abs. 1 der [X.] --EStDV--). Das [X.]A meint, dass die degressive [X.] nach § 7 Abs. 5 EStG den Rechtsnachfolgern der Erblasserin nur zeitanteilig zustehe.

6

Das [X.]A beantragt,

unter Aufhebung des [X.]G-Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt unter Verweis auf die Begründung des [X.]G, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zu Recht hat das [X.] der Klägerin die degressive [X.] nach § 7 Abs. 5 EStG in Höhe des [X.] zuerkannt.

9

1. Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, also durch sie veranlasst sind. Sie müssen also mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit zusammenhängen und zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des [X.] --BFH-- vom 20. Dezember 1994 [X.], [X.], 50, [X.] 1995, 534, und vom 18. Dezember 2001 [X.], [X.] 2002, 904, m.w.[X.]). Unter diesen Voraussetzungen können auch Anschaffungs- oder Herstellungskosten (des [X.]) als Werbungskosten im Rahmen der [X.] zu berücksichtigen sein (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG; BFH-Urteil vom 26. Januar 2011 [X.], [X.] 2011, 1480).

a) Nach § 7 Abs. 5 i.V.m. § 7 Abs. 5a EStG können bei im Inland belegenen Eigentumswohnungen, die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind, abweichend von Abs. 4 als [X.] im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden Jahren in degressiv gestaffelten Sätzen abgezogen werden. Nach § 7 Abs. 5 Satz 3 EStG gilt aber § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG, der eine Minderung um jeweils ein Zwölftel für jeden vollen Monat vor Anschaffung oder Herstellung vorsieht, nicht, so dass im Jahr der Anschaffung oder Herstellung die volle degressive Jahres-[X.] zu gewähren ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Dezember 2005 [X.], [X.] 2006, 1452).

b) Bei unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern (des Privatvermögens) bemessen sich die [X.] --soweit hier von [X.] nach den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Rechtsvorgängers und nach dem Hundertsatz, der für den Rechtsvorgänger maßgebend sein würde, wenn er noch Eigentümer des Wirtschaftsguts wäre, und zwar nur bis zur Höhe des vom Rechtsvorgänger noch nicht ausgeschöpften [X.]-Volumens (§ 11d Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStDV). Die Vorschrift regelt lediglich die Bemessungsgrundlage und über den Hundertsatz den Abzugszeitraum, setzt aber, weil keine selbständige Anspruchsgrundlage für den Abzug von [X.], die Berechtigung des Rechtsnachfolgers zum Abzug der [X.] voraus (vgl. BFH-Urteile vom 4. Dezember 1991 [X.], [X.], 346, [X.] 1992, 295; vom 5. November 1996 [X.]/93, [X.] 1997, 339; vom 20. März 2001 [X.], [X.] 2001, 1114). Für die Inanspruchnahme muss der Rechtsnachfolger in seiner Person --und entgegen der Ansicht des [X.] nicht auch der [X.] den objektiven und subjektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklichen (vgl. auch BFH-Urteile vom 4. September 1990 [X.], [X.], 404, [X.] 1992, 69; vom 7. August 1991 [X.], [X.], 267, [X.] 1992, 736; jeweils zu § 7b EStG).

2. Nach diesen Maßstäben hat das [X.] der aus den Rechtsnachfolgern der Erblasserin bestehenden Klägerin zutreffend die [X.] nach § 7 Abs. 5 EStG in Höhe des (vollen) [X.] gewährt.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) war die Klägerin bereits im Streitjahr unstreitig zur Inanspruchnahme der [X.] berechtigt. Denn sie hat mit Einkünfteerzielungsabsicht den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung durch Vermietung der geerbten ETW (ab Juli 2006) verwirklicht. Die [X.] bemisst sich mithin nach den der Erblasserin entstandenen Anschaffungskosten. Unerheblich ist, dass die Erblasserin die ETW nicht vermieten, sondern selbst bewohnen wollte. Da die degressive [X.] nach § 7 Abs. 5 EStG keine zeitanteilige, sondern eine Jahres-[X.] ist (§ 7 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 EStG), die Erblasserin keine [X.] in Anspruch genommen hat und die Rechtsnachfolge im Jahr der Fertigstellung --wenn auch erst kurz vor dessen [X.] eingetreten ist, steht der Klägerin die (volle) Jahres-[X.] zu. Auch [X.] der Einkommensteuer-Richtlinien 2005 steht im Streitfall --wie aus den Gründen des [X.]-Urteils ersichtlich-- der Gewährung der vollen Jahres-[X.] nicht entgegen.

Meta

IX R 27/10

07.02.2012

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 18. Mai 2010, Az: 13 K 1288/07, Urteil

§ 7 Abs 5 S 1 EStG 2002, § 7 Abs 5 S 3 EStG 2002, § 11d Abs 1 EStDV 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.02.2012, Az. IX R 27/10 (REWIS RS 2012, 9436)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9436

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