Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2009, Az. 4 StR 148/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2009, 3375

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[X.] vom 26. Mai 2009 in der Strafsache gegen wegen Körperverletzung u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] - zu 3. auf dessen Antrag hin - und des Beschwerdeführers am 26. Mai 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. November 2008 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Vollstreckung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird [X.]. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung sowie der Beleidigung und der Sachbeschädigung jeweils in zwei Fällen wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die hiergegen vom Ange-klagten eingelegte Revision hat mit einer Verfahrens- und der Sachrüge in dem 1 - 3 - aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Dem Angeklagten die Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung zu versagen, hält bereits der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand. 2 Die Anordnung der Maßregel selbst weist allerdings keinen Rechtsfehler auf. Insbesondere sind die Schuldunfähigkeit des Angeklagten und seine [X.] Gefährlichkeit infolge seines Zustandes (Vorliegen von Schwachsinn sowie einer —organischen Persönlichkeitsstörungfi als Folge eines Verkehrsunfalls mit Schädigung der Hirnsubstanz) hinreichend belegt. Auch handelt es sich bei den - nach den von der [X.] für überzeugend erachteten Ausführungen des Sachverständigen - mit —hoher Sicherheitfi zu erwartenden —ähnlichen Deliktenfi jedenfalls insofern um erhebliche Taten im Sinne des § 63 StGB, als sie der im angefochtenen Urteil festgestellten Körperverletzung entsprechen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Februar 2004 - 1 [X.]). 3 Jedoch ist nach § 67b Abs. 1 Satz 1 StGB die Aussetzung des Vollzugs der Unterbringung geboten, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfer-tigen, dass der Zweck der Maßregel auch ohne deren Vollzug erreicht werden kann. Bei dieser Prüfung sind zwar auch die vom [X.] herangezogenen Umstände zu berücksichtigen, nämlich dass der Angeklagte keine Krankheits-einsicht zeigt, eine Therapie ablehnt (vgl. [X.], Beschluss vom 15. November 2001 - 4 [X.]) und nicht gewillt ist, sein derzeitiges [X.]s Umfeld zu verlassen. Jedoch hätte die [X.] erörtern müssen, ob sich die vom [X.] ausgehende Gefahr insbesondere durch die Begründung eines Be-treuungsverhältnisses nach §§ 1896 ff. [X.] (vgl. [X.] NStZ 2002, 367; [X.] 4 - 4 - NStZ-RR 1997, 290 f.) und durch geeignete Weisungen im Rahmen der [X.] (§ 268a Abs. 2 StPO) und der mit ihr verbundenen Führungsaufsicht (§§ 67b Abs. 2, 68b StGB) abwenden oder jedenfalls so stark abschwächen lässt, dass ein Verzicht auf den Vollzug der Maßregel gewagt werden kann. Denn die damit verbundenen Überwachungsmöglichkeiten und das dem Angeklagten zu verdeutlichende Risiko, bei Nichterfüllung solcher Weisungen mit dem Vollzug der Unterbringung rechnen zu müssen, können geeignet sein, die vom Sach-verständigen und der [X.] angeführten Voraussetzungen einer erfolg-versprechenden ambulanten Therapie herbeizuführen, zumal der Angeklagte zur Einhaltung solcher Regeln bereit ist, die seinen Interessen dienen ([X.]; vgl. auch [X.] NStZ 2007, 465 m.w.N.). Dies gilt umso mehr, als sich der An-geklagte trotz seines Zustandes bis zur Begehung der verfahrensgegenständli-chen Taten weitgehend straffrei geführt hat und auch danach ohne weitere re-levante Auffälligkeiten auf freiem Fuß verblieben ist (vgl. [X.] NStZ 2002, 367; [X.] NStZ-RR 1997, 290 f.). 2. Im selben Umfang hat auch die Verfahrensrüge Erfolg, mit der der [X.] die Ablehnung des Beweisantrags auf Vernehmung des [X.]beanstandet. Dies führt zur Aufhebung der vom [X.] zur Aussetzung der Maßregel zur Bewährung getroffenen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). 5 a) Zwar ist es zulässig, im Frei- oder Strengbeweisverfahren zu klären, ob Gründe für die Ablehnung eines Beweisantrags vorliegen (vgl. [X.] 51. Aufl. § 244 Rdn. 7). Das [X.] durfte daher den Ange-klagten zu der von seinem Verteidiger aufgestellten Behauptung anhören, dass der Zeuge [X.]—aus eigener [X.] über das Verhältnis des [X.] zu den Dorfbewohnern und die ständigen Provokationen und [X.] - 5 - leien des Angeklagten durch einige Gemeindemitglieder berichten kann. [X.] der Mitteilung des Angeklagten, —dass der Zeuge das nur aus [X.] der Mutter und des Angeklagten [X.], war das [X.] jedoch nicht berechtigt, die Beweisbehauptung des Verteidigers entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut dahin zu verstehen, der Zeuge könne lediglich über Berichte des [X.] und seiner Mutter über Provokationen der Dorfbewohner Angaben machen und durfte es den Beweisantrag nicht mit der Begründung ablehnen, die so verstandene Beweisbehauptung könne als wahr behandelt werden. Die [X.] hat damit unbeachtet gelassen, dass dem Verteidiger ein selbst-ständiges und vom Willen des Angeklagten unabhängiges Beweisantragsrecht zusteht, mit dem er - hier auf Grund des Schreibens des Zeugen L. vom 11. August 2008 - mögliche, sich mit dem Vorbringen des Angeklagten nicht notwendigerweise deckende Behauptungen unter Beweis stellen kann (vgl. [X.] in [X.] 6. Aufl. § 244 Rdn. 73, 97). Das [X.] hat zudem den zulässigen Rahmen der Auslegung eines Beweisantrags (dazu [X.] aaO Rdn. 39) überschritten und die Beweisbehauptung nicht mehr ohne jede Einengung, Verschiebung oder sonstige Änderung als wahr behandelt (vgl. [X.] aaO Rdn. 71 m.w.N.), weil es im Urteil —keinerlei [X.] dafür als gegeben erachtet, dass der Angeklagte von der Dorfgemeinschaft ausgegrenzt werde ([X.]), und feststellt, dass der Angeklagte nur in einer [X.] —wahnhaften Vorstellung gefangenfi sei ([X.]) und er sich selbst —ins Ab-seits gestelltfi habe ([X.]). b) Auch auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil indes nur, soweit die Vollstreckung der Unterbringung des Angeklagten in der psychiatrischen Anstalt nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen und Ausfüh-rungen der [X.] war für die Anordnung der Unterbringung nämlich die auf den Zustand des Angeklagten zurückzuführende erhebliche Störung seiner 7 - 6 - Impulskontrolle sowie der Fähigkeit, angemessene Lösungen für konflikthafte [X.] Situationen zu finden, maßgeblich ([X.]). Ob solche Konflikte auf die —wahnhafte Vorstellungfi des Angeklagten, von der Dorfgemeinschaft seines Heimatortes missachtet und ausgegrenzt zu werden, oder auf Provokationen von Gemeindemitgliedern zurückzuführen waren, hatte demgegenüber ersicht-lich allein Bedeutung bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung zur [X.]. Waren die [X.] Konflikte nicht auf wahnhafte Vorstellun-gen des Angeklagten, sondern in erheblicher Weise auf Provokationen von Dorfbewohnern zurückzuführen, so könnte ein im Rahmen des [X.] veranlasster Wechsel des Aufenthaltsorts des Angeklagten der [X.] erneuter Rechtsverstöße maßgeblich entgegenwirken. Dies liegt umso nä-her, als der Zeuge [X.] in dem im Zusammenhang mit dem Beweisantrag seines Verteidigers in die Hauptverhandlung eingeführten Schreiben vom 11. August 2008 dargelegt hat, dass der Angeklagte in der Vergangenheit be-reits gezeigt hat, dass in einer ihn akzeptierenden Umgebung solche Konflikte - 7 - nicht entstanden sind oder jedenfalls nicht zu rechtswidrigen Taten durch den Angeklagten geführt haben. Tepperwien Maatz Athing [X.] Mutzbauer

Meta

4 StR 148/09

26.05.2009

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2009, Az. 4 StR 148/09 (REWIS RS 2009, 3375)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3375

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